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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.11.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-11-27
- Erscheinungsdatum
- 27.11.1899
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- Deutsch
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9032 Nichtamtlicher Teil. /S 275, 27. November 18ZS. es ganz unlogisch seinerseits sein, wenn er ihr Unglück in dieser Weise falsch auslegen wollte, und wir wüßten auch nicht, daß Sir Walter sich durch Logik übermäßig auszeichnete. Mag dem sein, wie ihm wolle, jedenfalls ist nicht im ge ringsten daran zu zweifeln, daß sich gegenwärtig das englische Verlagsgeschäft in einer höchst krankhaften und unbefriedigen den Lage befindet. Als Ganzes betrachtet, kann das Ge schäft kein sicheres sein, ungeachtet der zahlungsfähigen Ver leger; in verhältnismäßig kurzen Zwischenräumen kommen riesige Verluste vor, die den Abgrund erweitern, in dem das ganze Geschäft versinkt. Soviel wie möglich werden alle Einzelheiten dieser Schwierigkeiten verheimlicht. Viel leicht bildet man aus dem Wrack eine neue Gesellschaft, oder auch eine Verschmelzung zweier oder dreier Gesell schaften oder Firmen, und die Vorzugsgläubiger, die Schuld scheine oder irgend ein anderes Vorrecht auf die Aktiven besitzen, führen die Geschäfte zu dem Zwecke fort, ihr Geld zurückzubekommen, mag aus allen übrigen Gläubigern werden, was da will. Manchmal bekommen sie allerdings ihr Geld auch nicht zurück; aber jedenfalls gestalten sich, wenn alles wahr ist, was man hört, die Dinge immer schlimmer. Diese Personen müssen alsdann mehr Kapital finden, fahren fort, Bücher herauszugeben und Autoren zu bezahlen, und neue Verluste werden auf die alten gehäuft. Dieses System ist geradezu abscheulich. Innerhalb der letzten Wochen hat man wieder mehr als einmal von dem Schicksal einer Firma im Kolonial- Buchhandel gesprochen, deren Verbindlichkeiten sehr bedeutende sein sollen, und im Verlagsgeschäft bedingen große Ver bindlichkeiten immer Gefahr. Was sich in diesem Falle ereignet hat, ist nur das, was man nach früheren Erfahrungen hätte voraussehen können. Es ist das übliche Ver fahren innegehalten worden: nicht zu realisierende Forderungen wurden als sichergestellte Außenstände behandelt, so daß die Geschäfte fortgeführt werden konnten, als wenn nichts passiert wäre. Uneingeweihte lassen sich auf diese Weise täuschen; wir aber können wirklich nicht sehen, wo der Nutzen dabei liegt. Es verlängert nur den Todeskampf und vergrößert die Unsicherheit für eine Weile, wobei der Verleger immer zwischen Hoffnung und Verzweiflung schwebt. Das hauptsächlichste und einzig wahre Heilmittel für den gegenwärtigen un befriedigenden Stand des Verlagsgeschäftes ist eine gründ liche Beseitigung der Zersetzung und ein vollständiges Ver schwinden der zahlungsschwachen Firmen. So lange der Handel mit den Geschäften einer Anzahl Firmen oder Gesellschaften überladen ist, die durch ihre Lage zu wag halsigen Unternehmungen gezwungen werden, so lange wird er auch an Uebeiproduktion leiden. Das zahlungsunfähige Haus muß ganz wie das zahlungsfähige fortfahren, Bücher zu kaufen und auf den Markt zu bringen, nur um den Schein zu wahren. Dieses Verfahren setzt sie nicht etwa in den Stand, ihren alten toten Vorrat leichter als sonst zu ver kaufen; es häuft nur noch weitere Massen auf diesen Vorrat, die das unverkäufliche Lager entweder noch vergrößern oder zurückwandern in die Papiermühle. Wir empfinden warme Sympathieen für das ums Da sein kämpfende Verlagsgeschäft, das unter Bedingungen dieser Art arbeiten muß, und bedauern, daß kein besseres Mittel als die radikale Beseitigung der zahlungsunfähigen Häuser anzuraten ist; aber wir haben noch nie einen Geschäftszweig gekannt, der durch Stützen und Aufrechterhalten seiner bankerotten Häuser besser geworden wäre. Es ist auch ver gebliche Mühe, wenn schiffbrüchige Verlagshäuser ein Buch nach dem andern und immer billigere Ausgaben populärer Autoren auf den Markt werfen. Es ist ferner zwecklos, daß sie solvente Konkurrenten unterbieten und durch Gewährung immer größeren Rabatts Käufer anlocken wollen. Die Lage solcher Häuser wird immer schlimmer, und sie sehen sich beispielsweise oft -— wie sie meinen, durch die Not der Umstände — gezwungen, die Veröffentlichung von Lieferungswerken fortzusetzen, die ihnen nur Verlust bringen. »Wir können die Veröffentlichung nicht ein stellen«, ist ihr Argument, »weil sonst die Leute argwöhnen könnten, daß etwas nicht ganz in Ordnung ist«. So siechen sie weiter von Jahr zu Jahr und schaden nicht nur ihrer eigenen Stellung immer mehr, sondern schwächen auch das ganze Geschäft bis zu eiuem Ende, das wir uns thatsächlich nicht ausmalen möchten. Es ist ein sehr schlimmer Fall, und ein Umstand macht ihn vielleicht zum allerschlimmsten, nämlich daß die Engländer kein Volk sind, das Bücher kauft oder sie in nennenswertem Umfange liest. Sie »durchfliegen« periodische Schriften und leichte Litteratur, die ihnen einige Pence die Woche kosten, oder leisten sich das Abonnement auf die Ortsbibliothek, oder sie borgen Bücher in den Frei bibliotheken, die jetzt reichlich über das ganze Land bis in die kleinsten Flecken verstreut sind. In den Mittelklassen ist ein Haus mit einer guten Familienbibliothek selten; Bücher sind keine begehrenswerten Möbel in den Augen der großen Masse des Volkes. Wenn also die Verleger jede Woche und jede Saison Hunderte und Tausende von Büchern aus der Presse bringen, so versuchen sie mit ihren verzweifelten Anstrengungen nur, den Gang des Absatzes zu beschleunigen, der jedoch in Wirklichkeit gar nicht existiert; und da er eben nicht existiert, so wird das Geschäft zum Glücksspiel, wobei der Verleger durch die Notwendigkeit gezwungen wird, ein Buch nach dem andern herauszubringen in der Hoffnung, daß doch etwas einmal »fangen« wird. Wenn ein Rudyard Kipling oder ein Hall Caine oder ein Grant Allen populär wird, so produzieren anderseits eine Menge Nachahmer Manuskripte und bombardieren die Verleger damit, wodurch sie letztere verlocken, es zu versuchen, auch sie in Flor zu bringen. Es würde unmöglich sein, die Zahl solcher in jeder Saison erzeugten wertlosen Bücher abzuschätzen, Bücher, die ebenso schnell ver gehen, wie sie entstanden sind, vollständig vernachlässigt von einem Publikum, das gleichgiltig ist gegenüber der flammenden Beredsamkeit einer gewissen Klasse litterarischer Zeitschriften, die es sich angelegen sein lassen, alles in genau derselben Höhe zu verherrlichen, wie solche das Annoncenkonto des Ver legers bei ihnen erreicht. Das Publikum folgt kaum jemals der »Führung« eines »Revuen«-Schreibers, wahrscheinlich, weil jene Führung schon oft und gründlich als wertlos befunden worden ist. Auf diese Weise ist eine peinliche Lage geschaffen worden, von welcher Seite wir sie auch betrachten mögen; und was das Ende davon sein wird, möchten wir nicht sagen, obgleich zu fürchten ist, daß umwälzende Veränderungen stattfinden müssen, ehe wir hoffen können, eine Besserung zu sehen. Nicht nur in dieser Weise haben die alten Verlagshäuser zu leiden, sondern es entstehen auch neue Firmen, die sich dem Billig- Populären widmen und mit den elfteren derart in Konkurrenz treten, daß dadurch die Chancen für eine Besserung noch weiter zerstört werden, wenn man von einem Vorhandensein solcher überhaupt sprechen kann. Kleine Mitteilungen. Vom Reichsgericht. (Nachdruck verboten.) — Das Reichs gericht verhandelte am 24. November über zwei Fälle, in denen Verletzung der Sittlichkeit durch die Presse in Frage kam. Das Landgericht I in Berlin hat am 24. April den Antrag des Staatsanwalts auf Unbrauchbarmachung der Schrift --Eine Nacht in Venedig- von Casanova, Verlag von Reinhold Krüger, zurückgewiesen. Der Staatsanwalt legte gegen dieses Urteil Revision ein und erklärte die Unbrauchbarmachung für geboten, da das Buch unzüchtigen Inhalts sei. In der Verhandlung vor dem Reichs gericht beantragte der Reichsanwalt die Verwerfung der Revision, da festgestellt sei, daß die Verletzung der Sittlichkeit mehr neben-
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