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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.12.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-12-18
- Erscheinungsdatum
- 18.12.1899
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- Deutsch
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9706 Nichtamtlicher Teil. -8 293, 18. Dezember 18SS. Nichtamtlicher Teil ^ Friedrich Schroll. (Aus der gedruckten -Erinnerung- und der mündlichen von Freunden.) *) In den Nachmittagsstunden des 29. Oktober — ein Sonntag war's und ein Reformationsfest zugleich — durch flog das Rauhe Haus die bange Kunde, daß unser verehrter Herr Schroll eben in Frieden entschlafen sei. Die Haus genossen mußten sich schon lange sagen, daß des alten Herrn Tage gezählt seien; aber so innig war das Band, das selbst die, die ihn nur von Ansehen kannten, mit ihm verknüpfte, und so sehr hatten sich alle an die Hoffnung gewöhnt, daß der gebrechliche Körper dem Todesengel, wie so oft, auch diesmal siegreich widerstehen werde, daß die Kunde fast un glaublich und das Ende unerwartet plötzlich erschien. Das Rauhe Haus hüllte sich in Trauer, und als in der Abend andacht nach Verlesung des 90. Psalms das Geschehene ver kündigt wurde, ging ein Zug der Wehmut über den herben Verlust, den nicht nur die Angehörigen, sondern das ganze Haus, vor allem die Brüderanstalt erlitten, durch die Haus gemeinde. Wir haben viel in ihm verloren, in dem Menschen, in dem Leiter der Agentur, in dem Bruder, in dem Beamten, in dem Freund. Johann Erdmann Friedrich Schroll ward geboren am 24. Juni 1826 zu Ratibor in Oberschlesien. Er ist also durch Gottes Gnade dreiundstebzig Jahre und vier Monate alt geworden. Sein Vater war ursprünglich Oekonom. Er machte als freiwilliger Jäger die Freiheitskriege mit und ist auch in Paris eingezogen. Nach seiner Rückkehr aus den Feldzügen wurde er in Ratibor Polizeisekretär. Er genoß als Mensch allgemeinste Achtung und Liebe und als Beamter den Ruf größter Treue und rastlosen Fleißes. Erst äußerste Gebrechlichkeit zwang ihn, sein Amt niederzulegen. Er be schloß sein irdisches Leben im Alter von 85 Jahren. In die Liebe dieses Vaters teilten sich mit Friedrich Schroll drei Geschwister, die noch sämtlich, bei einem Alter von 80, 79 und 72 Jahren, leben. Sie alle genossen eine selten schöne und ungetrübte Jugend in einem von Herzlichkeit durch drungenen und erfüllten Familienleben. Nach des Vaters Tode wurde das Hauswesen von den Geschwistern aufrecht erhalten, so daß der in der Ferne weilende'Friedrich durch die innigsten Bande mit der alten irdischen Heimat verknüpft blieb. Er seinerseits pflegte das zarte Verhältnis, indem keine Woche verging, die nicht den alten Schwestern einen Brief von »Fritz« gebracht hätte, und als die zitternde Hand den Dienst versagte, ließ er schreiben. Gerade in den letzten Krankheitszeiten dachte er besonders oft an die alten Schwestern, um die er sich sorgte. Nicht nur in diesem regen Familiensinn glich er dem Vater, mehr vielleicht noch in der Pflichttreue, die bis ins kleinste ging, in der nie ermüdenden Thätigkeit, sowie in einer Bescheidenheit, die die eigene Person völlig zurücktreten ließ. Nachdem Friedrich das Gymnasium seiner Vaterstadt bis Sekunda absolviert hatte, wurde er von ?. Redlich kon firmiert mit dem Spruch: »Bleibe fromm und halte dich recht; denn solchen wird's zuletzt wohl gehen«. Er trat in die Lehre beim Buchhändler Hirt, das erste Jahr in Ratibor, die folgenden in Breslau. Nachdem er bei Harnecker in Frank furt a/O., in Stuttgart bei Steinkopf, mit dem er bis zu seiner letzten Stunde in treuester und innigster Freundschaft verbunden blieb, bei A. Krabbe in Stuttgart Stellungen bekleidet hatte, trat er am 1. Juli 1854 in die Agentur des Rauhen Hauses ein, deren Leitung er am 1. Juli 1856 übernahm. Dies Amt hat er mit seltener Treue und Ge wissenhaftigkeit, selbst in den Tagen äußerster Gebrechlichkeit und Kränklichkeit geführt. Sobald und so lange seine Kräfte es ihm irgend gestatteten, nahm er seinen gewohnten Arbeits platz in der Agentur ein, und wenn sie versagten, verhandelte er die Geschäfte vom Krankenbett aus. Die Ehe, die er am 15. Juli 1860 mit Sophie, der dritten Tochter v. I. H. Wicherns geschlossen hat, war, obwohl kinderlos, sehr glücklich. Doch war der kinderliebe Mann für Nichten und Neffen ein gütiger, fürsorgender, väterlicher Freund. Wiederholt nahm er Pflegekinder ins Haus, zu denen er wie ein Vater stand, und die ihm noch jetzt in Dankbarkeit anhängen. Die beiden, die ihm bis zuletzt wie Kinder zugehörten, werden nun auch seiner Witwe zu Stütze und Trost heranwachsen. Nach dem Heimgang v. I. H. Wicherns und seiner Gattin war das Haus Schroll stets der eigentliche Mittelpunkt und Sammel punkt für die weitzerstreuten Glieder der Familie, deren jedes ihm unendlich vielen Dank schuldet. Besonders war der Heimgegangene auch dem Vorsteher des Rauhen Hauses jahraus, jahrein ein treuer und weiser Berater und Helfer in allen schwierigen Lagen bis in die letzten Jahre hinein. Jahrzehntelang ist Herr Schroll Mitglied des Ver waltungsrats des Rauhen Hauses, speziell Mitglied des Kura toriums der Brüderanstalt gewesen. Als solches verwaltete er mit größter Treue und Gewissenhaftigkeit die Hilfskasse der Brüderschaft, während ihm zugleich die Führung der Hauskasse des Rauhen Hauses anvertraut war, welche beiden Aemter er erst aus der Hand gab, als ihn vor Jahresfrist sein körperliches Leiden dazu nötigte. Schon durch die Ver waltung der Hilfskasse blieb er in stetem Zusammenhang mit der gesamten Brüderschaft, der er im Jahre 1858 als Freibruder beigetreten war. In ihren Reihen zählte er eine sehr große Zahl warmer Freunde und Verehrer, denen er einst durch persönlichen Verkehr in der Anstalt nahe getreten war, und deren viele einst in seinem Hause eine Heimstätte finden durften. Seine Teilnahme geleitete sie in die Ferne und in das Amt; die eingehenden Fragen nach ihrem Wohl ergehen bewiesen das, und so oft ihre Wege sie später ins Rauhe Haus führten, fanden sie bei ihm herzliches Will kommen und konnten mit ihm alte Erinnerungen aus- tauschen. Bei dem beständigen Wechsel, dem das Anstalts leben notwendig unterliegt, war dieser Patriarch im Rauhen Hause die lebendige Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Auch für Personen, die ihn selbst kaum näher kannten, hatte er Interesse. Mit manchen, denen die alte Arbeitsstätte ohne ihn aus dem Gesichtskreis entschwunden wäre, hielt er durch Briefwechsel die Verbindung aufrecht. Mit der Wichernschen Familie und dem Rauhen Hause trauern auch die Herausgeber und Mitarbeiter der Fliegenden Blätter. Der Heimgegangene verstand es, wie selten jemand, den geschäftlichen Verkehr durch seine liebenswürdige Freund lichkeit zu einem intimeren zu gestalten. An den Fliegenden Blättern hat er mit nie ermüdendem Eifer mitgearbeitet, ohne daß je sein Name genannt wäre. Am 1. November fand die Beerdigung statt auf dem Neuen Hammer Friedhof. — Schroll gehörte nicht zu den leichten Naturen, die ohne viel Anstrengung die Aufgaben des Lebens erledigen, aber manchmal bei großer Begabung selber auf der Oberfläche bleiben — ihm war es nicht erspart, mit Anstrengung sich heraufzuarbeiten, und von Jugend auf that er das mit eisernem Fleiß und mit Treue. Auf diesem Wege ist er ein Vorbild geworden des richtigen Buchhändlers, der in zäher, unermüdlicher Arbeitsamkeit über dem Kleinen wie über dem Großen Auge und Hand hält, selbstlos seinem Beruf und seiner Pflicht lebt, dabei aber mit den höheren, idealen Auf- h Vgl. auch Nr. 266 d. Bl. Red.
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