Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.01.1901
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1901-01-16
- Erscheinungsdatum
- 16.01.1901
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19010116
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190101167
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19010116
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1901
- Monat1901-01
- Tag1901-01-16
- Monat1901-01
- Jahr1901
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
13, 16. Januar 1901. Nichtamtlicher Teil. 467 (vr. Müller fMeiningenj.) musikalischen Geschmacks durch diese »Marterwerkzeuge- stattfindet, so werden wir uns in der Kommission noch darüber zu unterhalten haben, wie auch darüber, welches Interesse selbst die Fabrikanten an einem Schutz der Autoren haben. Ich glaube aber andererseits, daß nicht ge leugnet werden kann, daß in 8 23 die Interessen einer großen Zahl kleiner Musiker, die heute schon unter der Konkurrenz, vor allem der Militärmusiken leiden, gewaltig betroffen werden; mit vollem Recht haben gerade sie geltend gemacht, daß, wenn ein soziales Moment in dieses Gesetz hineingetragen werden könnte, es der Schutz der kleinen Musiker wäre. Eine Verschlechterung des Gesetzes enthält auch der 8 24, von dem merkwürdigerweise, soweit ich hörte, keiner der Herren Vorredner gesprochen hat. Satz 2 hebt nämlich einen große» Teil dessen, was die Urheber durch das neue Gesetz bekommen, wieder auf: es soll nämlich nach dem Gesetzentwurf vor allein der »Schulbüchervcrfertigcr«, nicht bloß das Recht wie bisher haben, daß er sich aus den Werken anderer Autoren ein Schulbuch zusammenschreibt, und daß er dafür dem Autor gar nichts be zahlt, sondern er soll auch noch eine Autorzensur ausüben. Er soll das Recht haben, die Werke, wie er will, abzuändern. Ja, wenn wir so weit gehen, so würden wir gerade das äroit moral, von dem ich vorhin sprach, wieder aufheben, und wir kämen zu einer so lächerlichen Zensur von seiten der Schulbuchverleger, wie ich sie an einigen Beispielen beleuchten werde. Meine Herren, vor einiger Zeit ist durch die deutsche Presse eine ganze Reihe solcher typischer Fälle von Zensur von Schulbuchvcrsertigern gegangen, und cs haben sich dabei ganz köstliche Proben dichterischer Verböserung ergeben. Man hat z. B. das schöne Volkslied: In einem kühlen Grunde, Da geht ein Mühlenrad, Mein Liebchen ist verschwunden, Das dort gewöhnet hat, bekanntlich so abgeäudert, daß, damit die Jugend nicht verderbt werde, das »Liebchen« verschwunden ist und dafür der Onkel cingetrcten ist. — (Heiterkeit.) Man hat das schöne Volkslied: Kommt ein Vogel geflogen, Setzt sich nieder auf mein Fuß, Hat ein' Zettel im Schnabel, Von der Liebsten einen Gruß, so abgeändert, daß statt der Liebsten die Mama gesetzt ist. — (Heiterkeit.) Gestrichen hat man bekanntlich in dem Liede »Heil dir im Sieger kranz- den Vers: Nicht Roß, nicht Reisige' Schützen die steile Höh', Wo Fürsten steh'n, u. s. w. Man hat natürlich gedacht: zu was soll die Jugend bereits derartige demokratische Gedanken bekommen? und hat infolge dessen diese» Vers gestrichen. — (Hört! hört! links.) Heute ist mir erst wieder ein neues Beispiel, wie mit den Autor werken nmgegangen wird, zngckommcn. Das schöne Gedicht von Johann Wolfgang Goethe: Ueber allen Wipfeln ist Ruh ist in einer wirklich klassischen Weise in einem Liederbuche verhunzt worden. Der erste Vers ist vollständig geblieben, wie er ist; Goethe hat ja auch keinen weiteren dazu geschrieben. Nun geht es aber weiter: Unter allen Monden ist Plag Und alle Jahr und alle Tag Jammerlaut! — (Heiterkeit.) — Das Laub verwelket im Walde, Warte nur, balde Welkest auch du! — (Große Heiterkeit) — Auch der dritte Vers ist frei erfunden, und am Schluffe heißt es dann: nach Johann Wolfgang Goethe von Johann Falk. — (Heiterkeit.) So, das heißt durch Z 24, werden derartige Lächerlichkeiten, Ver hunzungen und Verballhornisierungen einzelner Autoren gewissermaßen zur Regel gemacht werden. Ich meine doch, wen» sich die Herren ab solut darauf kaprizieren, daß sie zu ihren Schullesebüchern alles zusammen stehlen müssen, dann sollten sie sich doch damit begnügen, bei der großen Menge gcmeiufrcicr Litteraturwerke nur solche Werke hcrauszugreifen, bei denen sic solche Lächerlichkeiten nicht begehen können, welche sie ohne jede Aeuderung abdrucken können und dürfen. Das können die Autoren mit vollem Recht verlangen. Deswegen muß ich mich mit aller Schärfe gegen 8 24 Satz 2 wenden. Was Z 27 anlangt, so kann ich bloß die Hoffnung aussprechen, daß die Interessen der Autoren und Verleger auf der einen Seite und der deutschen Gesangvereine auf der anderen Seite in einer für alle Teile erfreulichen Weise ausgeglichen werden. Ich habe das feste Vertrauen zu den Leitern der projektierten privaten Tantiömegcsellschaft, die nun endlich auch einmal bei »ns in Deutschland eingerichtet werden soll, daß sie nicht einseitige Interessen wahren, sondern vor allem die Entwicklung des deutschen Musiklebens im Auge behalten; dann werden auch alle Zweifel und Bedenken, die gegen sie heute noch erhoben werden, ver schwinden. Ich glaube insbesondere, daß auch die Befürchtung, die der Herr Abgeordnete Schräder ausgesprochen hat, daß nämlich die Kom ponisten sich an diese Gesellschaft nicht anschließen werden, doch nicht eintreten wird. Soweit ich über die Sache selbst informiert bin, ist die Sache schon sehr weit; wir können demnach hoffen, daß endlich ein Zu stand eintritt, der auch vom nationalen Standpunkte aus ein großer Fortschritt genannt werden muß. Denn, meine Herren, es ist doch wirk lich eine Schande, daß z. B. die Erben eines Brahms, eines Richard Wagner zum Schutze ihrer Werke nach Frankreich sich wenden müssen, um die französische Societv dafür zu gewinnen, daß ihre Werke bei ihnen geschützt werden. Was die Frage der Verlängerung der Schutzfrist auf 80 Jahre be züglich der musikalischen Werke und der Bühnenwerke anbelängt, so möchte ich heute nicht in sxtsnso darauf eingehen; denn es ist eine un- gemein schwierige und wichtige Frage. Man kann sie wie eine Reihe anderer Fragen nicht einfach aus dem Handgelenk hier in erster Lesung abmachen. Es gehört dazu ein großes statistisches Material und vor allem der Hinweis aus die ausländische Gesetzgebung, die wir gerade bei diesem internationalsten aller Rcchtsgebilde unter alle» Umständen immer im Auge behalten müssen. Auch die wichtige Frage deS Heimfallrechtes an den Fiskus möchte ich heute nicht näher beleuchten, sondern der Behandlung in der Kom mission Vorbehalten. Ich möchte nur bezüglich des Gedankens einer Goethe-Stiftung, wie sie in der Petition, die vor einigen Tagen an uns gegangen ist, vorgeschlagen wird, bemerken: der Gedanke ist mir sehr sympathisch, allein die Idee läßt sich im Rahmen des jetzigen Gesetzes unter keinen Umständen verwerten. Die Herren sind etwas zu spät ge kommen, und ich wüßte nicht, wie wir die Idee, von der die Herren Ge suchsteller Avenarius und Genossen selbst zugeben müssen, daß sie noch unreif sei, für den jetzigen Gesetzentwurf fruktifizieren können. Ebenso wichtig und schwierig wie die vorgenannten Fragen ist die Frage der Bestrafung des fahrlässigen Nachdrucks. Nichts illustriert die Schwierierigkeit mehr als die Verhandlungen deS deutschen JuristcntageS. Der deutsche Juristcntag ist im ganzen eine Korporation, die sich gegen die Ausdehnung der Kriminalität ausspricht. Ich kann aber aus eigener Wahrnehmung konstatieren, daß der Beschluß für die Beibehaltung der Bestrafung der Fahrlässigkeit gefaßt worden ist von einer überwältigenden Mehrheit; bloß drei Herren haben dagegen gestimmt. Es wird sich auch in der Kommission Gelegenheit und Zeit finden, ganz eingehend auf diese ungemein wichtige Frage einzugehen. Der größte Segen ist, daß der 8 44, die sogenannte -Isx Stumm», aus diesem Gesetz weggeblieben ist. Es wäre auch zu traurig, wenn gewisse geistige Elaborate (Briefe), die vom moralischen und politischen Standpunkte aus ganz interessant sein mögen, aber litterarischen Wert nicht besitzen, auch noch als -Geistes werke» geschützt würden. — (Sehr richtig! links.) Was die Schlußbestimmungen anlangt, so ist eine der bestrittensten Fragen, die noch mit keinem Worte berührt worden ist, die Frage der Einbeziehung der Ausländer in den Schutz des Gesetzes. Auch hier stehen sich zwei Standpunkte schroff gegenüber; ich hoffe, daß wir in der Kom mission vielleicht durch Einfügung der Reziprozitätsklausel zu einer Eini gung kommen werden. Auch was die Uebergangsbestimmungen anlaNgt, so ist kein Redner bisher darauf eingegangen. Ich halte dies nicht für ein besonderes Unglück; denn die Uebergangsvorschristen sind meiner An sicht nach lediglich Buchstaben auf dem Papier. Sie werden zum größten Teil, wie auch die Praxis ergeben wird, überhaupt keine Ausführung finden können. Ich erinnere nur an den 8 62. Ich wüßte gar nicht, wie eigentlich der Verfasser den Verleger zwingen sollte, noch nachträglich den musikalischen Vorbehalt anzubringen. Der Schlußparagraph des Gesetzes zeigt, wie notwendig es eigentlich wäre, daß die beiden Rcichs- ämter, welche die Urheberrechte bearbeiten, mehr Hand in Hand mit einander gehen würden. Jetzt haben wir, wenn wir dieses Gesetz an- uehmen, den merkwürdigen Zustand, daß wir zwei verschiedene Urheber rechte haben: als Grundlage für die Photographie und Künstler das Gesetz vom Jahre 1870 und für die Materie des musikalischen und litte rarischen Urheberrechts dieses neue Gesetz. Das hätte sich sehr gut ver meiden lassen. Damit es in Zukunft vermieden wird, möchte ich den Herrn Staatssekretär des Reichs-Jnstizamts bitte», er möchte doch dafür sorgen, daß diese merkwürdige Zweiteilung endlich einmal verschwinde. Was soll denn diese rein äußerliche Kompetenzeintcilung? Wir haben bei verschiedenen internationalen Kongressen die Wahrnehmung gemacht, daß man im Auslande eine derartige büreaukratische Kompetenzeintcilung lächerlich findet. Ich meine, cs sollte das ganze Urheberrecht, das so einheitlich ist, daß es in vielen Gesetzen des Auslandes in einem Gesetz geregelt wird, bei uns von einem Reichsamt d. h. dem Reichs-Justizamt in die Hände genommen werden. Biel kürzer kann ich mich bezüglich der zweiten Materie, die »ns beschäftigt, bezüglich des Vertragsrechts halten, und zwar deshalb, weil dasselbe nur eine subsidiäre Bedeutung erlangen kann. Es stehe» sich in dem Verlagsrecht die Interessen und Anschauungen der Verleger und Verfasser natürlich diametral gegenüber. Aber eins möchte ich den Herren Verlegern, die ja die Güte hatten, mich wegen einiger Bemerkungen, die ich im vorigen Jahre bei dem Etat des Reichs-Justizamts gegen sie richtete, ziemlich scharf in ihrer Presse herzuuehmcn, doch sagen: ich möchte ihnen den guten Rat geben, sie möchten weniger empfindlich sein, wenn 63'
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder