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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.02.1902
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- 1902-02-07
- Erscheinungsdatum
- 07.02.1902
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1182 Nichtamtlicher Teil. 31, 7. Februar 1902. 4» — — des modernen Künstlers, im Gegensatz zu der des Künstlers von früher, vieles geändert. Die vornehme Zurück haltung, in der der ältere Künstler gewöhnlich gelebt hätte, habe der jetzige mit einer vollen Teilnahme am rastlos pul sierenden Leben vertauscht; er wolle ebenfalls an den Leiden und Freuden unserer Tage teilnehmen, er wolle Mitarbeiten an den Aufgaben unserer Zeit und Einfluß gewinnen im öffentlichen Leben und in der öffentlichen Meinung. Als Bei spiele für diese Bethätigung des modernen Künstlers führte der Herr Vortragende die Bildung verschiedener Künstler gruppen an: die der vereinigten Werkstätten in München, den Künstlerbund in Karlsruhe und die Darmstädter Künstler kolonie, die im vergangenen Jahre mit der von ihr veran stalteten Ausstellung auf dem Plan erschienen sei. Leider seien die Leistungen der Darmstädter noch keineswegs ihrem rechten Werte nach eingeschätzt worden und statt der Sympathien — die zu versichern Redner keine Gelegenheit vorübergehen ließe — sei den Darmstädter Künstlern von vielen Seiten nur Hohn und Spott zu teil geworden. Die veränderte Bethätigung der jetzigen Künstler beruhe hauptsächlich in dem Bestreben, nicht allein Gemälde und Bildwerke zu schaffen, sondern auch in kunstgewerblichen Arbeiten als Handwerker sich zu zeigen. Als solcher habe sich der moderne Künstler namentlich in der Graphik und auf diesem Gebiete hauptsächlich in der Lithographie geltend gemacht. Nach dieser Richtung hin habe besonders die letzte Dresdner Ausstellung ein hochinteressantes Bild geboten. Indem Redner nun zu der näheren Schilderung der Lithographie und Originalithographie überging, streifte er die geschichtliche Entwickelung der Lithographie nur kurz. In der Stadt Leipzig, in dieser Hochburg der graphischen Gewerbe, dürfe man annehmen, daß fast jeder Mensch die lithographische Technik kenne, die darin bestehe, daß man mit fetthaltiger schwarzer Kreide aus einen kalkhaltigen Stein zeichne und die so ausgcführte Zeichnung durch Aetzen druck fähig mache. Im Hinblick auf die verhältnismäßig leichte Erlernbarkeit der Technik halte Redner die gewöhnlich hierfür geforderte Lehrzeit von vier Jahren für viel zu hoch. Im Anfang der Verwertung dieser Technik durch den Erfinder sei sie nur für Arbeiten untergeordneter Art: für Notendrücke, Buchdrucksätze und autographische Arbeiten verwendet worden; erst später habe sie Mitterer in München zu rein künstle rischen Arbeiten ausgebildet. Zunächst habe sich ihre Aus führung nur auf Schwarzdrucke, und zwar auf die Aus führung von Portraits beschränkt. Was darin in den Jahren 1800 bis 1813 geleistet worden sei, stehe in technischer wie künstlerischer Hinsicht heute noch unerreicht da. Zu jener Zeit bis etwa um die Mitte des vorigen Jahrhunderts habe die Litho graphie ihre Stellung als Freundin des Hauses behauptet, bis ihr durch die Erfindung der Photographie der Todesstoß versetzt worden und der künstlerische Charakter in ihr nach und nach verschwunden sei. In der immer mehr zunehmen den Entwickelung der Chromolithographie, des Vielfarben drucks, sei das Hauptgewicht auf die vielseitige Ausbildung der Technik gelegt worden. Erst in den achtziger Jahren habe wieder eine Annäherung der Künstler an die Lithographie stattgefunden. Die Plakatkunst Frankreichs habe in Cheret, sowie die Kunst der Bilderbuch-Illustration in Walter Crane in England die vornehmsten Vertreter gefunden. In Deutschland hätten sich Menzel und Thoma mit der Litho graphie, jedoch vorwiegend im Charakter der Schwarz-Weiß- Zeichnung beschäftigt; erst neuerdings wende sich Thoma mehr der farbigen Darstellung zu. Die Aufgabe, die die Technik der Lithographie zu leisten habe, lasse sich in drei Gruppen zergliedern. Zunächst habe die Lithographie als Wand-, Zimmer- und Hausschmuck, dann als Buchschmuck und zuletzt zu Reklamezwecken Ver wendung gefunden. Wie versteht nun der Buntdruck dieser Aufgabe gerecht zu werden? Um auf diese Frage eine Antwort zu geben, verwies der Herr Vortragende auf einige von ihm erworbene und ausgestellte Blätter, von denen er zwei in ca. 10 bis 12 Platten ausgeführte landschaftliche Darstellungen als solche von der häufigsten, aber nicht von der besten Sorte bezeichnet^ und bemerkte zu dem Werde gang derartiger lithographischer Erzeugnisse, daß der das Original hierfür liefernde Maler gewöhnlich für seine Arbeit 50 und der das betreffende Bild wiedergebende Litho graph 300 bis 400 erhalte, mithin ein kleiner Bruchteil Kunst und ein großer Bruchteil Technik geboten werde. Welche Verbreitung trotzdem derartige Arbeiten fänden, gehe daraus hervor, daß die Auflagen derselben die Höhe von 10 000 bis 50 000 Stück erreichten. Dem Einfluß der Litho graphie begegneten wir überall im Leben. Sie mache sich geltend an Geburts- und Festtagen, auf den festlich ge- chmückten Tafeln sowohl wie bei religiösen Gebräuchen; leider hafte ihr zumeist die Schwäche an, daß sie der Technik ein zu großes Recht einräume. Ein Ausspruch Goethes: »Die Technik im Bündnis mit dem Abgeschmackten ist die Feindin aller Kunstr finde auch auf sie Anwendung. Die künstlerische Ausstattung der deutschen Bilderbücher lasse ebenfalls noch viel zu wünschen übrig. Einige lobens werte Ausnahmen vermöchten an dem allgemeinen Stand dieses Gebietes nichts zu ändern. Hierbei zeige sich der Lithograph einzig und allein als ein tüchtiger Fachmann, aber nicht als Künstler. Hinsichtlich der Reklamekunst ständen wir in Deutschland noch nicht auf künstlerischer Höhe. Weder unsere Kaufleute und Industriellen, noch die Inhaber von Druckereien hätten das ernstliche Bestreben, auf diesem Gebiete wirklich Künstlerisches zu bieten. Daß derartige Dinge für die große Menge berechnet seien, genüge meistens, um die hierbei Ausschlaggebenden zu veranlassen, von einer künstlerischen Ausführung, als unnötig, abzusehen. Dagegen fehle es uns keineswegs an künstlerischen Kräften, die sich hier mit Erfolg bethätigen könnten. Während wir in Deutschland noch keine Reklame-Kunst besäßen, habe sich eine solche in Frankreich und England bereits zusehends entwickelt. Eine ganze Anzahl tüchtiger, zum Teil sogar hervorragender Künstler seien in diesen Ländern auf dem Gebiete thätig. Man sei sich dort auch vollbewußt, welchen weittragenden Einfluß eine solche, auf die Massen berechnete Kunst aus üben könne und daß jeder Volkserzieher mit der Wirkung dieser Kunst zu rechnen habe. Sie sei vor allen anderen Künsten berufen, unmittelbar auf breite Volksschichten ein zuwirken, weil sie naturgemäß einen wesentlichen Faktor im öffentlichen Leben bedeute. Zu dem Verhältnis der Berufslithographie zur Künstler- Steinzeichnung bemerkte der Herr Vortragende, daß es sich bei der Berufslithographie um ein unbedingtes Kopieren eines feststehenden Originals handele, dagegen gehe die Künstler-Steinzeichnung entweder auf die freie Wiedergabe eines Originals aus, oder sie bilde von vornherein eine freie, selbständige, vom ausübenden Künstler erfundene Schöpfung. Was er künstlerisch empfinde, suche der Künstler- Stcinzeichner zum Ausdruck zu bringen, ohne die Technik zu vergewaltigen. Er kenne keine Geheimmittel, er bediene sich der einfachsten technischen Mittel, und deshalb drucke sich seine Zeichnung auch wesentlich leichter, als die mit allem technischen Raffinement ausgeführte Arbeit des Berufs lithographen. Anderseits müsse jedoch zugestanden werden, daß die Künstler-Steinzeichnung, die jetzt unter der Be zeichnung Original-Lithographie auftrete, keineswegs immer in technischer Hinsicht ganz einwandfrei sei, denn häufig er scheine sie unbehilflich, sogar oftmals roh in der Ausführung.
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