Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.04.1902
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1902-04-28
- Erscheinungsdatum
- 28.04.1902
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19020428
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190204287
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19020428
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1902
- Monat1902-04
- Tag1902-04-28
- Monat1902-04
- Jahr1902
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Nichtamtlicher Teil. 96, 28. April 1902. 8618 .Unsichtbaren', und die Vielschreiberei und Compendiensucht ver folgt er auch hier mit seinem Spott. Auch die massen haften Bibelcommentare erschienen ihm entbehrlich, denn zum Verständniß der heiligen Schrift reiche der gesunde Menschen verstand aus. Aber für die Ausbreitung der Lectüre der Griechen, in Uebersetzungen und im Original, legt er eine Lanze ein, und auch hier rückt er sofort mit dem praktischen Plan einer -Griechischen Bibliothek- hervor. Den Gebrauch der lateinischen Wissenschaft dagegen wünscht er zu Gunsten der Muttersprache eingeschränkt zu sehen. Sprachliche Fragen be schäftigen ihn, wie den Berliner Aufklärer Nicolai), auch sonst gern: er trägt auch eine Etymologie des Namens Mannheim vor. Auf schöngeistige Dinge kommt er nur selten zu reden, einmal läßt er einen lauckator tomxoris aoti vor seinem Enkel die Ausschreitungen der Genie- und Empfindsamkeits-Periode heruntermachen. - Soweit Minor. Ich hoffe, daß es mir noch möglich sein wird, die Originalaussätze Schwans, das von ihm gegebene Verzeichnis empfehlenswerter Bücher an anderer Stelle zum Abdruck zu bringen. Das Schwansche Haus erfreute sich bald großen Ansehens, und das Geschäft gelangte zu hoher Blüte. Schwan selbst erhielt 1778 den Charakter eines kurpsälzischen Hofkammerrats. Bedeutungsvoll wurde Schwans Wirken für die Ausbreitung der deutschen Geistesbildung. An allen derartigen Bestrebungen in Mannheim nahm er, wie wir sahen, den regsten Anteil. Kunst und Wissenschaft war immer am kurpsälzischen Hofe gepflegt worden, in den letzten Jahrzehnten war es jedoch nur höfische Kunst und jesuitische Gelehrsamkeit, von der nichts ins Volk drang, große Haupl- und Staatsaktionen waren die glänzenden Feste, die Karl Philipp und sein Vorgänger durch Opern verherrlichten, und auch Karl Theodor folgte in den ersten Jahrzehnten seiner Regierung diesem Zuge der Zeit. In Karl Theodors Persönlichkeit spiegelt sich der Charakter seiner Zeit wieder, er ist ein charakte ristischer Vertreter der großen Masse der regierenden Fürsten des achtzehnten Jahrhunderts, ein echtes Kind seiner Zeit, ein Mensch, in dem sich die seltsamsten Extreme vereinigten, ader trotz alledem eine Persönlichkeit, mit der man bei einer Charakteristik des acht zehnten Jahrhunderts zu rechnen hat, und insbesondere, wenn man das Gerstes- und Kunstleben dieser Zeit näher beleuchten will. Er selbst bezeichnet in einem Briese an Voltaire sein Jahrhundert das Jahrhundert der Kontraste und sagt unter anderem: es gleiche einer Sirene, deren schöner Oberkörper sich in einem häßlichen Fischschwanz sorlsetze. Karl Theodors große und wirkliche Verdienste liegen auf dem Gebiete der Kunst; für die Pflege von Kunst und Wissenschajt hat er in der Pfalz viel gewirkt Lurch Heranziehung von Künstlern und Gelehrten aller Art an seinen Hof, durch ihre thatkräftige Unterstützung und mannigfache Verwendung, sowie durch Be gründung künstlerischer und wissenschaftlicher Institute, für die er vis zum Jahre 1792 die Summe von 35 Millionen Gulden aus- gegeven haben soll. Italiener und Franzosen herrschten, wie überall, bis in die siebziger Jahre hinein, in der Oper und im Schauspiel; Walter giebt in seiner umfangreichen Geschichte des Theaters und der Musik am kurpsälzischen Hose eine erschöpfende Darstellung dieser Zeit und schildert die Herrschaft der Italiener, wenn auch bis weilen unter deutschen Dirigenten, in der Oper, dem Ballett und in der Kirchenmusik. Es ist natürlich, daß an einem Hofe, wo französisches Wesen so herrschte, wie in Mannheim, wo Voltaire mehrfach in trautem Verkehr mit dem Kurfürsten weilte und von diesem auss höchste geschätzt wurde, das französische Schauspiel herrschen mußte. Es war eine Thal, als 1770 diese französische Schauspielerlruppe entlassen und der deutschen Bühne zu Ansehen verholsen wurde; es war der erste Erfolg der deutschnationalen Bewegung, als deren Hauptjörderer wir Schwan betrachten dürfen. Seine eigenen schriftstellerischen Arbeiten dienten ja in erster Linie dazu, sür deutsche Sprache und deutsches Geistesleben Propaganda zu machen. Er sammelte einen Kreis Leute um sich, die seine Gedanken und Anregungen Weitergaben, so vor allen den Jesuiten Anton von Klein, der sich dann allerdings später das Verdienst der erfolgreichen Durchführung dieser deutjchnationalen Litteralur- bestrebungen in der Pfalz zuschrieb. Die Bibliothek des Jesuiten- Kollegiums, ja selbst der Kurfürst schafften die Werke deutscher Schriftsteller an. Es ist eine falsche Vorstellung, wenn man glaubt, daß erst seit 1770 deutsche Schauspieltruppen nach Mannheim gekommen wären; schon in srüherer Zeit, in den vierziger und fünfziger Jahren finden wir deutsche Schauspieler, in den sechziger Jahren werden Uebersetzungen französischer Stücke ausgejührt, vereinzelt auch deutsche, denen dann aber noch das unvermeidliche -lustige Nach spiel mit Hanswurst- folgte. Im Jahre 1767 erhielt die Gesell schaft des Prinzipals Joseph Felix von Kurz die Erlaubnis zu Aussührungen und errang größere Erfolge. Der kurfürstliche Hos besuchte mitunter die Vorstellungen. Aus diesem Grunde nannte Kurz seine Truppe, wie Walter anführt, -kurfürstlich deutsche Hof schauspielergesellschaft- und veranstaltete unter anderem mit ihr am 3. November 1768 -auf dem deutschen Hoftheater-, einer elenden Bretterbude, eine Festvorstellung zu Ehren des Namensfestes Karl Theodors. Den eigentlichen Grundstock zu einer deutschen Bühne sollte jedoch ein gewisser Sebastiani legen. Wie Schwan anführt, wäre derselbe kein eigentlicher Schauspieler gewesen, sondern hätte arme Kinder im Singen und Tanzen unterrichten lassen, wäre mit ihnen herumgczogen und hätte kleine Stücke nebst Operetten aufgeführt, die gewöhnlich mit einem Ballett beschlossen wurden. Es war im Anfang also eine umherziehende Truppe, die aber mit der Zeit ansehnlicher wurde und recht brauchbare Mitglieder gewann. Der Kurfürst und seine fürstlichen Gäste besuchten immer häufiger die Vorstellungen; 1768 ernannte Karl Theodor den Sebastiani zum -teutschen Hof - Comödianten-. Für diese Truppe übersetzte nun Schwan eine Anzahl französischer Theaterstücke, bearbeitete sic auch vielfach frei und trat dadurch in immer engere Beziehungen zu dem Unternehmen. 1769 errichtete Sebastiani, der nun schon recht gute Schauspieler, wie Marchand, Huch, Piloti und andere zu seiner Truppe zählte, eine große Bretterbude auf dem Markt, in der die Vorstellungen stattfanden. Nachfolger Sebastianis war 1771 Marchand, der schon als Schauspieler erwähnt wurde und dessen auch Goethe in -Wahrheit und Dichtung- gedenkt. Schwan bringt seine eigene Person in Beziehung mit der Verabschiedung der französischen Truppe durch den Kurfürsten. Cr schreibt in der Sclbstbiographie: -Um diese Zeit erschien in Frankreich ein Schauspiel unter dem Titel -Eugenik-, das in Paris viel Beifall fand und wovon alle Flugblätter mit großen Lobeserhebungen sprachen. Unser Kurfürst ivar begierig, dieses Stück auch auf der französischen Bühne zu sehen. Ein Rollenstreit der französischen Schauspieler verzögerte die Vorstellung zum größten Mißvergnügen des Kur fürsten auf eine geraume Zeit. Ich benützte diesen Umstand, übersetzte das Stück in der Geschwindigkeit und gab dem Herrn Marchand, der damals die Sebastianische Gesellschaft schon selbst als Direktor übernommen hatte, die fertigen Bogen stückweise, um gleich unter der Hand die Rollen ausschreiben und ein studieren zu lassen. Dies geschah in aller Stille, und nach Verlauf von vierzehn Tagen überreichte Herr Marchand dem Kurfürsten den gedruckten Komödienzettel, auf dem die Vorstel lung der -Eugenie- auf der deutschen Bühne angekündigt ivar und lud zugleich den Kurfürsten ein, solche mit seiner Gegen wart zu beehren. Dies geschah auch, und von diesem Augen blicke an war die Verabschiedung des französischen Theaters und die Errichtung eines deutschen beschlossen. Elftere erfolgte bald daraus, und zu letzterem wurden nun vorläufige Anstalten gemacht und allerhand Pläne entworfen. Eigentlich also war ich die erste Veranlassung zur Errichtung eines deutschen Theaters in Mannheim und wurde nachher bei der Ausführung dieses Planes auch beständig mit zu Rath gezogen.- Auch an Körner schrieb 1811 Schwan, daß er zur Errichtung des deutschen Schauspielhauses die erste Veranlassung gegeben habe. Zum Schauspielhaus wurde das alte Zeughaus bestimmt, 1775 wurde mit dem Umbau desselben begonnen und Neujahr 1777 die neue Bühne eröffnet. Gleichzeitig mit den, Neubau für eine deutsche Bühne erfolgte die Begründung der kurpsälzischen deutschen Gesellschaft, deren Zweck war, die Reinigung der Sprache und des Geschmacks in allen Ständen des Landes möglichst schnell und unmittelbar zu verbreiten. -Gelehrte und Schriftsteller-, schreibt Walter, -ver einigten sich in wöchentlichen Sitzungen zur Erreichung dieses Zwecks, den man auch als Aufklärung der Pfalz in der Vater landssprache bezeichnete, mit vornehmen Freunden der Litteratur und Wissenschaft.» Der Kabinetssekretär des Kurfürsten, Stephan von Stengel, entwarf den ersten Plan zu dieser Gesellschaft. Zu erst beschränkte sich die Gesellschaft, wie so viele ähnliche Gesell schaften jener Zeit, auf sprachlich-orthographische Fragen, später überwog die Beschäftigung mit der Literatur selbst und eine vielseitige publizistische Thätigkeit begann. Klopstocks Anwesenheit in Mannheim im Jahre 1775 soll die Gründung der Gesellschaft gefördert haben, irgend welchen Anteil daran hat er jedoch nicht gehabt. Zwar ist er im Februar 1775 vom Kurfürsten empfangen worden, und hat sich dem Fürsten gegenüber offenherzig ausgesprochen über die Gleichgültigkeit vieler deutscher Fürsten gegen die vaterländische Litteratur und Wissen schaft, aber in nähere Beziehungen ist er weder zum Kurfürsten noch zu den litterarischen Kreisen Mannheims getreten. Er wird, das darf bei seiner ganzen Anschauung sicher sein, Interesse für den Plan der Gründung der Geselljchast gezeigt haben; ein thätigcs Eingreifen dürste jedoch ausgeschlossen sein. Mit den Mannheimer Gelehrtenkreisen scheint er es verdorben zu haben, wenigstens schreibt Eva König unterm 5. Juni 1775 von Heidei-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder