Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.05.1902
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- 1902-05-03
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- 03.05.1902
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8678 Nichtamtlicher Teil. ^ 101, 3. Mai 1902. Staatssekretär des Reichs-Justizamts vr. Nieberding ferner: fuhren nur von seiten des Herrn Abgeordneten Heine die heftigsten Angriffe wegen der »Unklarheit des Ausdrucks-, und heute tragen die Herren Antragsteller kein Bedenken, diesen selbst für die Motive nach ihrer Ansicht -unbrauchbaren, unklaren- Ausdruck in das Gesetz selbst aufzunehmen! Darüber kann ich ja eine gewisse Genugthuung empfinden. Es zeigt, daß Kritisieren viel leichter ist als Bessermachen. Um auf meine Beispiele zurückzukommen: das strafbare Buch, es wird im Lande verbreitet und geht an die Sortimenter. Ein Sortimenter hat mehrere Exemplare auf Lager, er giebt das Buch zur Ansicht aus, einer von den Empfängern schickt es am nächsten Tage zurück, weil er es nicht brauchen kann; der Sortimenter giebt es dann weiteren Personen zur Ansicht oder verkauft es. Da liegt ein Fall vor, daß ein Buch an das Publi kum ausgegcben und weiterverbreitet wird, also es findet hier ein Ausschluß des fliegenden Gerichtsstandes nicht statt, es kann also an dem neuen Thatort der Verbreitung verfolgt werden. Nein, meine Herren, das würden wir nicht wollen, wir würden in diesem Falle den fliegenden Gerichtsstand ausschließen; Sie führen cs aber in diesem Falle dahin, daß an jedem Verbreitungsorte angcklagt werden kann. Ein Beispiel anderer Art auf dem Gebiete der periodischen Presse: es kommt vielfach vor in der Nähe großer Städte, daß kleine Orte, umliegende Dörfer sich derart mit ihren Zeitungen versorgen, daß die kleinen Geschäftsleute, die frühmorgens in die Stadt kommen, hier Milch absetzen und Brot, für sich und ihre Bekannte ein paar Exemplare des Blattes, das dort gelesen wird, hier mitnehmen und dann mit nach Hause fahren, dort wird das Blatt im Dorfkrug oder Wirtshaus des Städtchens niedergelegt und da holen die Leute ihre Exemplare ab. Die Exemplare sind im Publikum verbreitet, der Gastwirt oder der Krugwirt hat sie weitergegeben an andere Leute. Es treffen zweifellos die Voraus setzungen der Vorschrift zu, die von den Herren Antragstellern hier formuliert ist: Die Exemplare sind ins Publikum gekommen und weitergegeben; infolgedessen findet die Vorschrift nicht An wendung. Infolgedessen kann der fliegende Gerichtsstand auch ferner hier in Anwendung gebracht werden; infolgedessen können die Berliner Zeitungen, die in dieser Weise verbreitet werden, vor die Gerichtsstelle in Potsdam oder sonstwo geladen werden; Sie vernichten auf diese Weise, was Sie erreichen wollen, und treten durch Ihre Bestimmung der Tendenz entgegen, die wir verfolgen. In solchen Fällen wollen wir den fliegenden Gerichts stand ausschliehen, Sie wollen ihn konservieren. Das zeigt deut lich, wie schwer derartige Bestimmungen zu formulieren sind und wie gefährlich es ist, solche Definitionen aufzunchmen. Ich kann Ihnen also nur in eigenem Interesse raten, lassen Sie diese Vor schrift fallen, Sie schaden Ihrer Sache. Ich bin vom Standpunkte der verbündeten Regierungen aus der Meinung, wir nehmen so etwas nicht auf, es entspricht nicht der Absicht, welche die Regie rung verfolgt, die in solchen Fällen den fliegenden Gerichtsstand nicht zulassen will. Das habe ich zu sagen zu den Anträgen, die den Herren Albrecht und Genossen allein zustehen. Ich komme nun auf die Anträge — es sind nur noch drei, ich muß nur noch auf einige Augenblicke die Aufmerksamkeit des hohen Hauses in Anspruch nehmen —, die den Herren gemeinsam sind mit den Herren Beckh und Genossen. Der erste dieser Anträge wünscht, daß die Vorschrift nicht beschränkt werde auf periodische Druckschriften oder auf Zeitungen und Zeitschriften, die in ge ringeren als vierwöchentlichen Fristen erscheinen, sondern daß auch nichtperiodische Druckschriften darunter gebracht werden. Für diese Vorschrift ist zunächst ins Feld geführt worden, daß auch hier Uebelstände hervorgetreten seien, denen man abhelfen müsse, indem man den fliegenden Gerichtsstand beseitige. Nun muß ich sagen, seit 1894, seitdem diese Frage hier im Hause ventiliert wird und ich die Ehre habe, hier im Plenum oder in Kommis sionen über diese Frage mit Mitgliedern zu verhandeln, seitdem ist in Wort und Schrift bis in die letzten Jahre der Standpunkt festgehalten worden, daß ein Bedürfnis allein bestehe für perio dische Erscheinungen, daß für die nichtperiodische Presse ein Be dürfnis nicht vorhanden sei. Ich meine doch, wenn diese That- sache vorliegt, wenn wir in diesem Punkt einfach das acceptieren, was das Plenum des Reichstags früher beschlossen hat, dann können wir doch — darauf hat auch der Herr Abgeordnete vr. Rintelen gestern aufmerksam gemacht — mindestens erwarten, daß uns das Bedürfnis für eine Erweiterung der Vorschrift nach gewiesen wird. Was hat man aber in dieser Beziehung denn gethan? Man hat einfach sich darauf berufen, daß in einzelnen Fällen auch Bücher an anderen Orten als dem Erscheinungsort verfolgt worden sind. Ich leugne das gar nicht, ich leugne nur, daß, da solche Unbequemlichkeiten und Schwierigkeiten vorge kommen sind, man genötigt wäre, den Weg der Gesetzgebung zu beschreiten; im Gegenteil, ich behaupte bis zum Beweis eines andern, daß in solchen Fällen besondere und berechtigte Gründe Vorlagen, an einem anderen Orte als am Erscheinungsorte die Verfolgung einzuleiten. Also, meine Herren, da ist doch für den Beweis noch gar nichts geschehen; nun würde ich trotzdem, wenn es sich hier nur um Bücher handelte, eigentliche Buchwerke, gar kein Bedenken haben, auch einem unmotivierten Anträge zuzu stimmen, wenn es wirklich im Wunsche des hohen Hauses läge, in diesem Punkte eine Erweiterung der Vorlage eintrelen zu lassen. Aber, meine Herren, der wichtigste Teil dieser Frage beruht nicht bei den Büchern, sondern er beruht bei der sogenannten Tages- littcratur, die sich mit schwebenden Zeitfragen beschäftigt in Form von nichtperiodischen Broschüren oder von Flugblättern. Das ist der entscheidende Punkt, der mich hinderte, einem Wunsche, wenn er auch von einem großen Teile des Hauses ausgesprochen wird, nachzugeben. In diesem Punkte, glaube ich allerdings, liegt ein wichtiges Interesse vor, die nichtperiodischen Schriften nicht auf zunehmen. Man hat hier behauptet, die periodischen und nichtperiodischen Druckschriften ständen sich im wesentlichen gleich. Das bestreite ich. Es liegt ein wesentlicher Unterschied vor, der eine abweichende Behandlung wohl rechtfertigt: bei den periodischen Druckschriften die große Hast der Arbeit, wo man nicht alles sorgfältig über legen kann — Herr Or. Spahn betonte das neulich schon —, bei den nichtperiodischen kann -man alles, was ausgenommen werden soll, sorgfältig überlegen und fein austifteln, was man da alles in eine Ausführung hineinlegen will. Sodann aber: bei den periodischen hat der Verfasser des Artikels cs vollständig nicht in der Hand, wohin der Artikel kommt, und an welchem Orte die Ver folgung eintreten kann. Wenigstens nur bis zu einem gewissen Grade: er kann sich die Zeitung wählen; aber dann ist er gebunden an den Ort; wohin die Zeitung geht, wo die Zeitung verbreitet wird, wird der Artikel verbreitet; dort, wohin die Zeitung nicht kommt, dahin kommt auch der Artikel nicht. Das ist ganz anders bei Broschüren und Flugblättern. Da sucht der Verfasser sich den Ort, wo die Druckschrift erscheinen soll, nach seinem Belieben aus, er hat das allein und ganz in der Hand, und von diesem Orte, wo er seine Arbeit erscheinen läßt, wirft er Exemplare vielleicht in ganz andere Gegenden. Cr bestimmt also, wo der Ort der Verfolgung liegen soll, und kann bestimmen, daß das eine Stelle ist weitab von dem Orte, wo die Wirkung eintreten soll. Die Herren Antragsteller haben sich immer beschwert über den fliegenden Gerichtsstand, weil da eine Willkür in der Wahl des Orts der Verfolgung bestehe; aber wo ganz dasselbe eintreten kann, nur in viel bedenklicherer Weise — denn nicht die Behörde, sondern der einzelne Interessent, der seiner strafbaren That wohl bewußt, thut es — haben Sie nichts dagegen zu erinnern, daß solche Willkür Platz greift. Nehmen Sie an: es handelt sich darum, eine Klassenverhetzung, z. B. im oberschlesischen Kohlenrevier eintreten zu lassen; der Verfasser der Hetzschrift wohnt in der Gegend und sagt sich mit vollem Recht: wenn ich meinen Aufsatz hier erscheinen lasse, dann ist die Verfolgung viel zu leicht, hier kennen die Leute alle Verhältnisse, er läßt die Schrift deshalb weitab, z. B. in Straßvurg im Elsaß, erscheinen. Das hat er ja in der Hand; es kann dort der wirkliche Verlag sein, so daß kein Zweifel besteht, daß dort der Erscheinungsort ist. Dann ist nach dem Vorschläge der Herren nicht zuständig Staatsanwalt und Gericht im ober schlesischen Bezirk, wo die Dinge bekannt sind und die Zeugen leicht herbeigeschafft werden können, sondern der Staatsanwalt in Straßburg hat die Verfolgung einzuleiten und muß mit dem ganzen schriftlichen Apparat eines Verkehrs zwischen ihm und den oberschlesischen Behörden arbeiten, der mangelhaften kommissa rischen Zeugenvernehmung u. s. w. Das sind die Wirkungen, die hervorgerufen werden lediglich nach dem willkürlichen Ermessen des Thäters — und das ist selbstverständlich von egoistischen Mo tiven geleitet. Uns wurde gesagt, es beschränke die Freiheit der Presse, wenn nichtperiodische Schriften hier weggelassen werden, sogar gesagt, der Buchhandel leide darunter — um auch noch den Buchhändlern Angst zu machen. Der Zustand, den unsere Vorlage aufrecht er hält, daß Bücher, Broschüren, Flugblätter überall da, wo die Ver breitung stattfindet, verfolgt werden können, der Zustand, den wir für die periodische Presse beseitigen wollen, besteht un angefochten in Frankreich und Belgien, und dort nicht bloß für die nichtperiodische Presse, sondern auch für die periodische Presse. Ich lasse die periodische Presse aber beiseite. In Frankreich und Belgien können Bücher strafbaren Inhalts an jedem Verbreitungs orte verfolgt werden, und darüber haben sich die Buchhändler noch kein graues Haar wachsen lassen. Dieser Grundsatz besteht nicht erst von gestern auf heute, sondern ist bei der ersten modernen Kodifikation des Strafprozeßrechts begründet worden. Die Theorie hat diesen Rechtszustand angenommen und auch der Kassations hof vertritt ihn, ohne daß er in der Oeffentlichkeit so verunglimpft und mit so verletzenden Acußerungen bedacht wird, wie bei uns das Reichsgericht es erfahren muß. Niemals ist darüber Klage geführt worden, kein Bedenken ist laut geworden, daß in dieser
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