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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.03.1902
- Strukturtyp
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- Band
- 1902-03-05
- Erscheinungsdatum
- 05.03.1902
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- Deutsch
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Schulen festgestellten Rechtschreibung« bearbeitete, das von Julius Huth herausgegeben wurde (Wien, Verlag von Moritz Perles). Dem österreichischen Buche können einige Vorzüge nachgerühmt werden, auf die hier jedoch nicht näher einzugehen ist. Erwähnt sei nur, daß es keine Doppelschrei bungen bietet (was Duden im deutschen Buche nicht durch führen konnte, wenn er auf die Verordnungen der Einzel staaten Rücksicht nehmen wollte) und daß im österreichischen Buche die schwierigen Teilungen angegeben sind. Die Schweiz hatte, soweit das deutschsprachige Gebiet in Betracht kommt, gleichfalls ihre Orthographie-Misere. Es gab dort auch eine alte neben einer neuen schweizerischen Orthographie, und daneben galt in gewissem Maße der Duden. Bei Huber L Co. in St Gallen ist ein »Rcchtschreibebüch- lein. Regel- und Wörterverzeichnis für die Rechtschreibung und Zeichensetzung in den deutsch-schweizerischen Schulen« erschienen, das Rektor Erbe erwähnt. Nunmehr ist durch die interkantonale Orthographie-Konferenz in Bern (24. August 1892) die preußische, dort »Dudensche« genannte Orthographie vorgeschrieben. Es bliebe nun noch übrig, der allerjüngsten Ereignisse zu gedenken, die jedoch jedem selbst noch mehr oder weniger im Gedächtnis sein werden. Es ist die bekannte Geschichte: Als in der Einführung der Puttkamerschen Orthographie jetzt endlich ein sichtbarer Erfolg zu verzeichnen war und man die durch zwei Jahrzehnte hindurch von den Gegnern gemachten Schwierigkeiten zum größten Teil beseitigt glaubte, da wurde die Hoffnung, die neue Orthographie vielleicht doch noch in allgemeiner Anwendung zu sehen, durch neue Maß nahmen der Regierung beeinträchtigt. Es hieß zu Anfang des Jahres 1900, daß abermals eine Neuregelung der Recht schreibung bevorstehe. Diese Nachricht wurde von fast allen Seiten mißgünstig ausgenommen. Am wenigsten erfreut waren die Angehörigen des graphischen Gewerbes, nun wieder mit neuen Scherereien belästigt zu werden. Der Börsenverein der Deutschen Buchhändler, als die am meisten davon berührte Körperschaft*), ergriff in seiner Hauptversammlung am 13. Mai 1900 sofort die nötigen Maßnahmen, den preußischen Unter richtsminister vr. Studt zu überzeugen, daß dem Verlagsbuch handel unverhältnismäßige Verluste erwachsen würden, die um so weniger gerechtfertigt erschienen, als ja gerade die letzte Ortho graphie eben erst in das Stadium der eigentlichen Durchführung eintrete. Es wurde eine Eingabe mit Statistik über das Jahr 1899 gemacht, worin ziffernmäßig dargelegt war, daß über fünf Sechstel alter Bücher und fast drei Fünftel der Zeitschriften bereits in der sogenannten neuen Orthographie gedruckt seien und es nur des Hinzutritts der Behörden noch bedürfe, um eine allgemeine Anwendung dieser Rechtschreibung durch- zusctzen. Eine Abordnung der Buchhändler erhielt auch am 18. Juli 1900 Audienz beim Minister vr. Studt und konnte mit der beruhigenden Nachricht heimkehren, daß weittragende Aenderungen an der Puttkamerschen Orthographie bei der bevorstehenden Neuregelung nicht geplant seien und so dem Buchhandel, besonders dem Schulbücheroerlag keine drücken den Lasten auferlegt werden würden, weil bis zur endgül tigen Durchführung der beabsichtigten Orthographie eine rigorose Zurückweisung der in Puttkamerscher Rechtschreibung gedruckten Schulbücher nicht nötig sein werde. Soweit hätte auch die Sache gar nicht so schlimm gestanden, wenn nicht gleichzeitig noch mit einer anderen Bewegung in der Ortho- graphiefrage zu rechnen gewesen wäre. Das Bürgerliche Ge setzbuch war erschienen, und es gab Leute, die die Begriffe *) Vergleiche die Schrift: Der Kampf um die deutsche Schul schreibung im Jahre IttOO. Urkundliche Beiträge zu einem nicht unwichtigen Kapitel der Geschichte unserer Muttersprache. Leipzig 1900, Verlag des Börsenvcreins der Deutschen Buchhändler. Preis 50 etwas schwerer auseinanderhalten als gut ist, und diese er wärmten sich sonderbarer Weise dafür, das Gesetzbuch auch zum Sprachkodex zu ernennen und die darin zur Anwendung gekommene Schreibweise als vorbildlich anzusehen und ihren Allgemeingebrauch zu empfehlen. Unterstützung fand diese »Richtung« in dem Vorgehen der Reichspostverwaltung, die in ihrem Ressort die Orthographie des »Bürgerlichen Ge setzbuchs« anweudete. Der geheime expedierende Sekretär Noeter besprach im »Archiv für Post und Telegraphie« (1899, Nr. 24) diese Orthographie eingehend. Oberpvstassisteut O. Nitschke in Berlin stellte sogar aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch und den neueren Veröffentlichungen des Reichs postamts ein ausführliches Wörterverzeichnis zusammen, dem er sprachliche Bemerkungen hinzufügte und sich dabei auf Wustmaun und Heintze stützte. Diese Arbeit enthält um so mehr Subjektives, als erstens jene Veröffentlichungen der Postbehörde in ihrer Schreibweise nicht immer mit der des Bürgerlichen Gesetzbuchs ganz übereinstimmten, zweitens aber weder aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch noch aber aus den Posterlassen die Materie genügend erschöpft werden kann, da der behandelte Stoff bei beiden hierzu nicht ausreicht und vielfach ganz ungeeignet ist. Die Bewegung zog dennoch weite Kreise, und es bedurfte erst des sehr nachdrücklichen Einschreitens tüchtiger Kenner der Schriftsprache, um das Begehren nach Verallgemeinerung der Orthographie des Bürgerlichen Gesetzbuchs endgültig zurück zuweisen. Besonders wertvoll ist in dieser Beziehung ein Aufsatz des verdienstvollen Gymnasialdirektors vr. Konrad Duden im Septemberheft 1900 der Zeitschrift für das Gymnasialwesen (Berlin, bei Weidmann), worin nachgewiesen ist, daß die vielgepriesene Orthographie des Bürgerlichen Gesetzbuchs überhaupt weiter nichts sei als eine der ver schiedenen Hausorthographien der Reichsdruckerei, also eine Art Ssväsrs rnäivivus oder die Negation des Fortschritts. Wir müssen uns hier leider versagen, auf diese vortreffliche Zurückweisung dieser »vorbildlichen Schreibweise« näher ein zugehen und möchten nur noch eine in weiteren Kreisen be kannt gewordene Arbeit des Gymnasialrektors Erbe in Lud wigsburg erwähnen, der in einem Aufsatz über »Die drohende Verschlimmerung des Rechtschreib - Elends im Deutschen Reiche« im »Stuttgarter Neuen Tagblatt« vom 17. und vom 18. Mai 1900 dem großen Publikum ein Licht aufsteckte, wie vollkommen verwirrt diese Orthographie sei und wie unbegründet es wäre, von unserer einen Fortschritt zum Besseren bekundenden »neuen« Orthographie auf diese alte zurückzugreifen, die sehr viele bedenkliche Widersprüche enthalte. »Als ob es gar keine deutsche Sprachwissenschaft und noch gar keine Regel für die Schreibung des Deutschen gäbe, läßt man den reinen Zufall oder die Laune einiger Abschreiber und Setzer darüber ent scheiden, welches Kleid unsere herrliche Muttersprache fortan tragen solle!« sagt Erbe in seinem Aufsatz mit fast zu scharfer Spitze. Man kann das deutsche Volk beglückwünschen, daß jener Streich abgewehrt worden ist, denn wer sich nur ein wenig eingehender mit unserer Schriftsprache bekannt gemacht und im Berufe damit zu thun hat, der weiß, daß wir in der neuen oder nunmehr neuesten Orthographie immer noch ein besseres Gewand für unsere Sprache habe», als mit der des Bürgerlichen Gesetzbuchs, dessen Verfasser gar nicht berufen waren und sich auch gar nicht anmaßten, gleichzeitig auf dem Gebiete der Sprache Regeln aufzustellen oder gar re formierend zu wirken. Die neue Rechtschreibung mag ihre Mangel haben, jedenfalls trägt sie den Verhältnissen noch besser Rechnung als jene des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die im wesentlichen auf der alten, doch noch ein bischen regel loseren Orthographie beruht.
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