Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.03.1902

2424 Nichtamtlicher Teil 64, 19. Mürz 19V2. Kugel und verbreiten, von dieser reflektiert, ein Licht, das sich als wahre Wohlthat für ermüdete Augen erwiesen hat. Die Bogenlampen sind den im Saale weilenden Personen nicht sichtbar, da man sic durch eigenartige Vorrichtungen so sorgfältig in den vier Zimmerecken verborgen hat, daß die von ihnen ausgehenden und direkt auf den in der Mitte der Decke hängenden runden weißen Körper gerichteten Strahlen nur dann wahrzunehmen sind, wenn man sich zurückbeugt und nach oben sieht. So erscheint denn die ein fache Holzkugel als die primäre Quelle, von der aus das seltsame neue Licht ausströmt. Man kann bei dieser Be leuchtung stundenlang in der Bibliothek lesen, ohne im Ge ringsten eine Anstrengung der Augen zu verspüren Der ganze Raum ist so hell, daß man die kleinste Schrift selbst im entferntesten Winkel deutlich lesen kann. Die größte Bibliothek der Vereinigten Staaten und aller Länder der Welt ist die Nationalbibliothek in Washington, nach neun Jahre währendem Bau im Jahre 1898 eröffnet. Das Gebäude ist aus weißem Granit und Marmor errichtet, mit vergoldeter Kuppel aus Aluminium bekrönt. Seine Aus dehnung beträgt 470 Fuß Länge und 340 Fuß Tiefe, ob gleich bei möglichster Vermeidung von Oberlicht die bebaute Fläche auf ein Drittel der ursprünglich geplanten verringert werden konnte. Reicher plastischer und malerischer Schmuck ziert die inneren und äußeren Flächenräume. Die weiten Säle des unteren Stockwerkes beherbergen eine Buchbinderei, Stapelräume, Kontors rc. Das Stockwerk zu ebener Erde enthält die eigentlichen Bibliotheksräume. Den Mittelpunkt bildet eine große Rotunde, die Lesehalle für 250 Leser, in deren Mitte, etwas erhöht, die Pulte des Superintendenten und seiner Gehilfen stehen. Hinter dem Aufsichtspulte steht die Maschine, die selbstthätig die im Magazin anfgelieferten Bücher heranbringt und sie später wieder zurückschafft. Unmittelbar darunter ist eine zweite derartige Maschine, die die im schräg gegenüberliegenden Kapitol bestellten Bücher durch einen Tunnel nach dem dortigen Lesesaale schafft. Nach jeder Seite hin schließen sich an die Centrale zwei weite eiserne Büchergestelle an, jedes 63 Fuß hoch in 9 Etagen zu je 7 Fuß eingeteilt, von denen jedes Gestell 800 000 Bände zu fassen vermag. Die Gestelle bestehen aus leichten, hohlen, dabei blank polierten Stäben ans Rollstahl. Jedes Fach ist durch eine Glasplatte staubdicht abgeschlossen, während die Lust von oben nach unten zwischen den Büchern hindurchstreichen kann. Weiße Mamorgänge führen längs den Stockwerken, so daß jedes Buch leicht dem Gestell ent nommen werden kann. Nach den verschiedenen Bücher- räumcn laufen von der Centralstelle aus zwei pneumatische Röhren, die die Aufträge befördern. In diesem ersten Stockwerke liegen auch die uns Buch händler» wichtigen Räume für die Niederlegung von Büchern, Photographien rc. in Angelegenheiten des internationalen Copyright, sowie die Spezial-Lesezimmer für die Senatoren, Repräsentanten und sür Blinde. Die Einzelräume des Hauses sind unter sich durch doppelte Eisenthüren abschließ bar. Zahlreiche große Fahrstühle machen das Gebäude bis in die Dachausbanten bequem zugänglich. Ein Raum dient als Restaurant und Cafe, die anderen zur Erweiterung der Sammlungen. Die Gesamträume bieten Platz zur Unterbringung von vier bis fünf Millionen Bänden, sie enthalten im ersten Stock eine benutzbare Bodenfläche von 111 000 Fuß, mährend das British Museum in London wenig mehr als 90 000 Fuß zu verwenden hat. Die Kosten dieses »Tempels der Künste«!, wie die Amerikaner ihre Nationalbibliothek gern nennen, belaufen sich auf 6 300 000 Dollars. L. 11. Kleine Mitteilungen. Oesterreichisches Gesetz vom 25. Februar 1902, betreffend die Abänderung und Ergänzung der Gewerbeordnung. — Das österreichische -Reichsgesetzblatt sür die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder- (XIX. Stück vom 15. März 1902) veröffentlicht das nachfolgende Gesetz: Mit Zustimmung beider Häuser des Reichsrates finde Ich an zuordnen, wie folgt: Artikel I. In Abänderung und Ergänzung der Gewerbeordnung (Gesetz vom 15. März 1883, R.G.Bl. Nr. 39) haben an Stelle der HZ 59 und 60 die nachfolgenden Bestimmungen zu treten. H 59. Aufsuchen von Bestellungen auf Waren durch Gewerbe inhaber und Handlungsreisende. Die Gcwerbeinhaber sind berechtigt, im Umherreisen außerhalb des Standortes selbst oder durch mit amtlichen Legitimationen versehene, in ihrem Dienste stehende Bevollmächtigte (Handlungs reisende) Bestellungen auf Waren bei Kausleuten, Fabrikanten, Gewerbetreibenden, überhaupt bei solchen Personen, in deren Geschäftsbetriebe Waren der angebotenen Art Berwendung finden, aufzusuchen; sie dürfen hierbei, außer auf Märkten, keine Waren zum Verkaufe, sondern nur Muster mitsühren. Das Aufsuchen von Bestellungen auf Waren bei Personen, bei denen die betreffenden Waren nicht in ihrem Geschäftsbetriebe Verwendung finden, ist den Gewerbeinhabern oder deren Bevoll mächtigten hinsichtlich des Vertriebes von Kolonial-, Spezerei- und Materialwaren innerhalb wie außerhalb des Standortes unbedingt verboten; hinsichtlich anderer Waren ist das Aufsuchen von Be stellungen außerhalb des Standortes bei den erwähnten Personen nur in einzelnen Fällen über ausdrückliche, schriftliche, auf be stimmte Waren lautende, an den Gewerbeinhaber gerichtete Auf forderung gestattet. Der Handelsminister ist jedoch ermächtigt, in rücksichtswürdigen Fällen, nach Anhörung der Handels- und Gcwerbckammer und der beteiligten Genossenschaften, für bestimmte Waren oder Bezirke oder sür einzelne Gewerbe, im Verordnungswege das Aufsuchen von Bestellungen aus Waren bei den im Absätze 2 erwähnten Personen auch ohne diese Ausforderung zuzulassen. H 59 a). H 59b). lieber den Inhalt und die Ausfertigung der sür Handlungs reisende bestimmten Legitimation werden die erforderlichen Be stimmungen nach Anhörung der Handels- und Gcwerbekammern im Verordnungswege erlassen. Ansuchen um diese Legitimationen sind längstens binnen acht Tagen zu erledigen und dürfen nur aus in der bezüglichen Ver ordnung bestimmten Gründen abschlägig beschicken werden. Jni Verordnungswege wird ferner bestimmt, inwiefern die im 8 59a) erwähnten Personen einer besonderen Legitimation des zuständigen Punzierungsamtes bedürfen. Z 59 e). Aufsuchen von Bestellungen auf Waren durch selbständige Handelsagenten. Handelsagenten, welche nicht im Dienste eines Gewerbe treibenden stehen, haben ihren Geschäftsbetrieb nach H 11 an zumelden. Dieselben dürfen den im H 59, Absatz 1, bezeichneten Personen Muster von Gegenständen, welche in deren Geschäftsbetriebe Ver wendung finden, zum Zwecke der Anknüpfung von Geschäften vor legen, ihnen die Preise der Waren Mitteilen und von ihnen Be stellungen auf Gegenstände der gedachten Art annehmen. Handelsagenten ist nicht gestattet, außer ihren Mustern noch Waren mit sich zu führen, Muster oder Waren für eigene Rech nung zu verkaufen und in Agcntiegeschäfte niit anderen Personen zu treten, als solchen, in deren Geschäftsbetriebe Waren der an gebotenen Art Verwendung finden. Handelsagenten, welche ihr Geschäft im Umherreiscn betreiben, dürfen keine eigenen Warenlager oder Magazine halten. Muster sind als solche vom Vollmachtgeber des Agenten zu bezeichnen. 8 59 ä). Vertrieb von Druckschriften. Auf den Vertrieb von Druckschriften und das Sammeln von Pränumeranten oder Subskribenten kommen die Bestimmungen der Hß 59, 59b) und 59e) nicht zur Anwendung; hierfür gelten lediglich die im Preßgesctze gegebenen besonderen Vorschriften. 8 59 e). Ausländische Handlungsreisende. Handlungsreisende, welche ausländische Industrie-, Gewcrbe- oder Handelsunternehmungen vertreten, unterliegen, sofern sie