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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.03.1902
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- 1902-03-25
- Erscheinungsdatum
- 25.03.1902
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2598 Nichtamtlicher Teil. 69, 25. März 1902. Nichtamtlicher Teil. Wilhelm Busch. Zum siebzigsten Geburtstag des Meisters. 15. April 1832 — 15. April 1902. Wilhelm Busch wird siebzig Jahre alt! Dieser Tag wird für den lachenden Philosophen und den großen Zeichner-Humoristen unendlich reich an Ehrungen werden, und zahllose Festartikel werden die Bedeutung seines Lebenswerkes allen seinen Ver ehrern wieder in Erinnerung bringen. Viele lieben ihn, diesen klugen Lebenskünstler und fröhlichen Spötter! Es giebt wohl keinen Deutschen, dem Wilhelm Busch nicht bekannt wäre, keinen, der sich nicht erinnerte an manche trauten Stunden, da die lustigen Geschichten und grotesken Zeichnungen des Meisters ein unauslöschliches und befreiendes Gelächter in ihm erweckten. Und doch möchte man zweifeln, ob die Persönlichketr des Dichters und Zeichners von seinen nach Millionen zählenden Verehrern immer richtig eingeschätzt wird. Man ist im allgemeinen gar zu leicht ge neigt, ihn nur als einen derben Spaßmacher zu nehmen und den ernsthaften Kern, der jedem seiner Werke zu gründe liegt, zu über sehen und zu unterschätzen. Er hat Nichts mit dem Geiste der neueren deutschen Karikatur gemein, wie er sich in Wilke, Feldbauer, Heine, Paul, Pankok, Engl u. a. offenbart. Busch schließt sich direkt an Richler, Schwind, Spitzweg und Kaulbach an; er ist jenen Kari katuristen zuzurechnen, die mit dem Herzen zeichnen und deren Erfindungen aus einem tiefen und warmen Gemütsleben empor- steigen. Niemals ist über die Lippen von Wilhelm Busch eine Derbheit, eine Bitterkeit oder ein Spottvers um ihrer selbst willen ober um geistreich zu scheinen gekommen, auch nicht um Streit zu suchen oder um den Gefühlen Ser Mitmenschen wehe zu thun; die leise und vornehme Art seiner sentimentalkomischen Satire, die auch in der Schärfe ihre Vornehmheit nicht verleugnet, Hai immer ethische Eigenschaften. Darin isr er ein echter Deutscher von reinstem Wasser; ja wir dürfen sagen, daß in ihm der deutsche Volksgeist einen wuchtigen, klassischen Ausdruck fand. Der Lako nismus seiner Vortragsweise, die trockene Art seines Humors und die prächtige, geniale Stenographie seiner Zeichenkunst machen den Hauptwerk seiner humoristischen Epen aus. Nun ist Busch schon seit über fünfzehn Jahren still geworden und hat sich in sein Heimat dorf zurückgezogen, wo er fern vom Getriebe des lauten Tages in beschaulicher Einsamkeit den Abend seines reichen Lebens verbringt. Wiedensahl im Hannöverschen ist sein Geburtsort. Dort er blickte er am 1b. April 1832 das Licht der Welt. Seinen Vater nennen einige höfliche Biographen euren Kaufmann, während Busch selbst ihn in seiner Autobiographie einen Krämer nennt. Dieser Krämer scheint kein Kleinkrämer gewesen zu sein; wenigstens hat er seinen Söhnen tüchtige Erziehung angedeiyen lassen. Der eine, früh verstorbene, hatte studiert und darauf ats Prioaterzieher ge wirkt; nebenher verfaßte er einige Schriften über Schopenhauer, mit denen auch Wilhelm in späteren Jahren vertraut wurde; ein anderer Bruder fleht im öffentlichen Lehrfach, ein dritter starb als Fabrikant. Unser Wilhelm kam mit neun Jahren nach Ebergötzen zu dem Bruder feiner Mutter, einem freidenkenden Pfarrer; hier ward ihm eine gründliche und durchaus nicht pedantische Erziehung zu reit. Vornehmlich in diesen Jahren mag der Grund zu seinem — viel bestrittenen, aber sicher vorhandenen — rief religiösen Sinn gelegt worden sein; auch die Freude an der Bienenzuchr ist in diesen jungen Jahren in ihm erweckt worden, denn sein Onkel war ein eifriger Imker. Wie Busch dann in seinexn sechzehnten Lebensjahre die polytechnische Schule in Hannover bezog, von dort bald darauf nach Düsseldorf und später nach Ant werpen ging, das mögen seine Freunde in seiner launigen und außerordentlich charakteristischen Eelbstbiographie -Von mir über mich», dem Vorwort des -Pater Filucius-, selbst Nachlesen. Von diesen Wanderjahren kehrte Busch als Jüngling von einigen zwanzig Jahren nach Luethorst zu seinem Onkel zurück; dort in der ländlichen Cinsanikeit vertiefre er sich mit Ernst, Ausdauer und eingehendem Verständnis, das ihm ein mathematisch geschulter, durchdringender Verstand vermittelte, in Darwin und Schopen hauer. Mehrere Jahre später sagte er allerdings über Schopen hauers Werke: -Die Begeisterung für sie hat etwas nachgelassen. Ihr Schlüssel scheint mir ivohl zu mancherlei Thüren zu passen in dem verwunschenen Schlosse dieser Welt, nur nicht zur Ausgangs thür.» Die Früchte aller dieser Studien lassen sich in seinen Schriften, selbst in seinen tollsten Humoresken, Nachweisen. Um die Mitte der fünfziger Jahre kam Busch dann nach München. Hier wurde von Anfang an Kaulbach, der damals Akademie-Direktor war, auf den jungen Künstler aufmerksam. In dem aufstrebenden Künstlerverein -Jung-München», der in der Wahl des Namens schon einen gewissen, ihm innewohnenden Oppositionsgeist ahnen ließ, konnte er zuerst seine eigenartige Be gabung entfalten in gelegentlichen Karikaturen der Kollegen. Durch diese Zeichnungen, die auch in weiteren Kreisen Münchens bekannt wurden, wurde zuerst der alte Kaspar Braun, der eine Chef der Firma Braun L Schneider, auf den jungen Künstler aufmerksam und forderte ihn auf zur Mitarbeiterschaft an den Münchener Bilderbogen und den -Fliegenden Blättern». So entstanden gegen Ende der fünfziger und zu Anfang der sechziger Jahre seine ersten Zeichnungen für die Oeffentlichkeit: -Die Honigdiebe-, -Der kleine Maler mit der großen Mappe»; ferner -Der Bauer und der Wind müller-, mit dem er zum ersten Male auch als Dichter austrat; daran schließen sich: -Diogenes und die bösen Buben von Korinth», -Die beiden Enten und der Frosch-, -Der hohle Zahn» und nach und nach die ganze Reihe der anderen kleinen Histörchen, die wir heute im -Busch-Album», in -Kunterbunt- und in -Schnaken und Schnurren- gesammelt finden. Schon diese ersten Schöpfungen schlugen so ein, daß ein Pariser Zeichner an der Geschichte von dem hohlen Zahn zum Plagiator wurde; anderseits sind manche Verse aus diesen Geschichten zu geflügelten Worten geworden, wie beispielsweise: Die Nase blutet fürchterlich, Der Bauer denkt: -Was kümmerts mich?» oder: Drei Wochen war der Frosch so krank! Jetzt raucht er wieder, Gott sei dank! oder: Drei Thaler zahlt der gnäd'ge Herr, Da ist der Wirt schon höflicher. So war der Name Wilhelm Busch schon in die weitesten Kreise gedrungen, und der Absatz seiner Werke stieg von Jahr zu Jahr, so daß auch andere Verleger auf ihn aufmerksam wurden. Für Eduard Hallberger in Stuttgart schuf er die Werke: -Die tühne Müllerslochter-, -Der Schreihals-, -Die Prise-, -Hans Hucke bein-, -Das Pusterohr- und -Das Bad am Samstag Abend-, von denen -Hans Huckebein, der Unglücksrabe-, entschieden das populärste geworden ist. Darnach wandte sich der Dresdener Ver leger Richter, ein Sohn Ludwig Richters, an Busch, der in dessen Aufträge die -Bilderpossen- entwarf. Als unser Künstler dem selben Verleger später den -Max und Moritz- anbot, erhielt er ihn zurück, weil Richter sich davon tein Geschäft versprach. So haben denn Busch' erste Verleger, Braun L Schneider, auch dieses Werk übernommen, das seit über dreißig Jahren immer noch zu den gangbarsten Kinderbüchern gehört und mit der Zeit einen ebenso großen Absatz erzielt hat wie der -Struwwelpeter-. Ende der sech ziger Jahre erschien im Verlage von Adolf Schauenburg in Straß burg r. E. «Der heilige Antonius von Padua-, der schnell bekannt wurde und viel Aufsehen machte. Trotz des großen Erfolges dieses Buches brach Busch die Ver bindung mit Schauenburg wieder ab. Inzwischen hatte nämlich der Münchener Verleger Otto Bassermann die Verlagsbuchhand lung seines verstorbenen Vaters selbst übernommen; und er, der mit Busch schon seit seinen Jünglingsjahren befreundet war, griff niir beiden Händen freudig zu, als Busch ihni den Verlag der -Frommen Helene- anbot. Das war zu Anfang der siebziger Jahre. So kam dieses schöne Verhältnis zwischen Künstler und Verleger zu stände, das nunmehr schon gegen dreißig Jahre lang immer in derselben glücklichen und freundschaftlichen Werse fortbestcht. Wir sollen an diesem Jubiläumstage des Künst lers auch seines edlen und großherzigen Verlegers nicht vergessen, der tn wahrhaft idealer Begeisterung seinem begabten Freunde dienstbar gewesen ist, ohne daß eigennützige Interessen für ihn im Vordergrund standen. Mit Pietär pflegt Bassermann auch heute noch die vergangenen Tage des persönlichen Verkehrs mit seinem treuen Freunde. Den Buchhändlern werden ja hinlänglich alle Werke von Busch bekannt sein, die im Lause der Jahre im Verlage von Bassermann erschienen sind. Vom -Wilhelm Busch-Album-, dem -Humoristen-Hausschatz- erscheint soeben zum Ehrentage des Ju bilars das 63.—7U. Tausend, durch welche dieses Prachtwerk an Tausenden seiner Herstellung die gleiche Zahl erreicht, die dem Verfasser an Lebensjahren bcschieden ist. Am verbreitetsten ist, abgesehen von -Max und Moritz-, -Die fromme Helene-, von der im Jahre 1901 das 119.—125. Lausend ausgegeben wurde. Die Sortimentsbuchhändler möchte ich noch auf die prächtigen, leider nicht genug bekannten Prosaschriften -Der Schmetterling- und -Eduards Traum- Hinweisen und auf die beiden Kinderbücher: -Sechs Geschichten für Neffen und Nichten- und -Bilderpossen-, die sowohl an künstlerischer Qualität wie an gesundem Humor hoch über dem Durchschnitt der meisten modernen Kinderbücher stehen. Auch sie dürsten sich einer viel größeren Verbreitung er-
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