Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.04.1902
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1902-04-15
- Erscheinungsdatum
- 15.04.1902
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19020415
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190204156
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19020415
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1902
- Monat1902-04
- Tag1902-04-15
- Monat1902-04
- Jahr1902
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^ 85, 15. April 1902. Nichtamtlicher Teil. 3163 Darum bin ich immer beschäftigt gewesen, habe auch abends und an Sonntagen gearbeitet, habe mir seit 41 Jahren keine Ferien genommen; — gewissenhaft alles wahrnehmen gewährte mir mehr Befriedigung. Das ist nach Anschauung mancher Freunde, die in der angenehmen Lage sind sich mehr freie Zeit zu gestatten, nicht recht. Wohl ihnen! Sie sind in der Wahl ihrer Eltern vorsichtig gewesen oder haben ausnahmsweise wie einer aus Hunderten besonderes Glück gehabt, und überdies stehen ihnen Geschäftsteilhaber oder verläßliche Mitarbeiter zur Seite; sie sind nicht unentbehrlich. Sie können allerdings im Sommer eine Reise machen oder auch zwei, können sich begnügen, die übrige Zeit des Jahres von 9—12 und von 2—6 Uhr auf dem Kontore zu sein, dürfen um 6 Uhr aber pünktlich das Ge schäft »an den Nagel hängen«. Wer wird's ihnen verdenken, da sie sich's erlauben können? Die 99 anderen, deren Mittel und Umstände nicht gleich günstig sind, möchten's meistens wohl auch gern so machen, wenn sie's dürften. Und der und jener thut's auch — mit dem Gelds seiner Kreditoren. Nun, wenn z. B. mein ehemaliger Kollege, den ich hier nicht zu nennen brauche, auch so eifrig gearbeitet hätte wie ich, so wäre ich neben ihm vermutlich gar nicht aufgekommen. Und er würde nicht dreimal »Unglück« gehabt haben; ich würde nicht in die Lage gekommen sein, erst einen Teil seines Lagers und dann den Rest desselben beim Zwangsverkaufe zu erstehen. Anscheinend steht mein Geschäft teilweise auf den Trümmern des seinigen. Thatsache ist aber, daß ein anderer Kollege einen Gehilfen von jenem engagierte, durch den er die alte Kundschaft besuchen ließ. Ohne die Kund schaft war aber das alte Lager das Geld nicht wert, das ich bei der Auktion dafür bezahlte. Andere, nicht weniger zutreffende Beispiele von dem Untergange sehr großer Firmen infolge der Vernachlässigung seitens ihrer Prinzipale liegen mir vor — ich will sie aber jetzt nicht anführen. Deutscherseits wird zumeist übersehen oder ist überhaupt unbekannt, daß der buchhändlerische Verkehr hierzulande ver schieden von dem in Deutschland geführt wird. Bücher werden nicht L condition, sondern fast ohne Ausnahme nur auf feste Rechnung und kurzen Kredit verkauft. Bei etlichen amerikanischen Zeitschriften wird ein Remissionsrecht auf einige Wochen zugestanden, und wir Jmporter deutscher Zeit schriften sind in dieser Beziehung auch liberal. Ansichtssendungen von Büchern werden in der Regel an Private nicht gemacht; es lohnt sich selten. Das Publikum wird durch Lager-Kataloge, Bibliographien, Prospekte u. s. w auf neue Erscheinungen aufmerksam gemacht. Ohne im Namen anderer sprechen zu wollen, stehe ich nicht an zu erklären, daß meiner Erfahrung nach die Kosten der Ein führung eines Buches (ich will nicht von anderen, teuren Artikeln sprechen, mit denen hin und wieder ein Reisender Erfolg hat) durchschnittlich nicht durch das Resultat gedeckt werden. Ich scheue aber manchmal solch voraussichtlich un profitables Agitieren nicht, weil es wünschenswert ist, vor dem Publikum zu bleiben. Wie schon gesagt, die deutschen Buchhändler im Lande sind zum größten Teile verschwunden, und die noch existieren den halten ein nur kleines deutsches Bücherlager. Es ist darum kein Wunder, daß auch aus den größten Städten des Landes Bücherkäufer, der Kürze halber, direkt an mich schreiben. Umgehend erhalten sie einen oder mehrere meiner 35 Lager-Kataloge, nach denen sie wählen können, was ihnen passend erscheint. Oder aber, sie bestellen ein gewisses Buch und erhalten dieses in den meisten Fällen umgehend von meinem Lager. Für Tausende von Leuten existieren nur diejenigen Bücher, die in meinen Katalogen verzeichnet sind; andere bleiben ihnen nahezu unbekannt. Das bedingt natürlich für mich ein Sortiment deutscher Bücher, so groß, wie keine andere Firma hierzulande eines hält, ein Lager mit vielen Tausenden oder gar Zehntausenden von Büchern, die kaum mehr wert sind als Makulatur, so lange niemand danach fragt; sie sind aber sehr will kommen, wenn ich sie bei etwaiger Bestellung sofort liefern kann. Direkt bringen sie Verlust, mindestens an Zinsen, indirekt aber lassen sie Gewinn, insofern sie weitere Be stellungen, auch auf alltägliche Artikel, nach sich ziehen So schicken wohl die meisten deutschen und amerikanischen Händler im Lande ihre Bestellungen auf Bücher, die sie sofort brauchen, jetzt an mich, und auch die hiesigen Kollegen lassen jeden Tag viel mehr importierte Bücher bei mir holen, als ich um gekehrt von ihnen erhalten kann, wenn mir zur sofortigen Ausführung einer Bestellung etwas fehlt. Bei dieser Veranlassung erinnere ich mich, wie im Sommer 1893 ein Verleger mir auf meine Anfrage, ob er einen ge wissen Artikel nicht besser als mit 25 Prozent rabattieren könne, schrieb: »Ihr Amerikaner seid unverschämt mit Eurem Ver langen nach billigerem Preise; Ihr habt ja eben erst mehr als eine Million geschenkt erhalten.« Damit bezog er sich auf mehrere größere Schenkungen, die, laut Zeitungsberichten, im Laufe des vorhergehenden Jahres verschiedene Leute an einige Universitäten und andere Anstalten gemacht hatten. Wohl zu beachten: nicht für deren Bibliotheken, noch weniger aber zur Verteilung unter die amerikanischen Buchhändler! Thatsache ist über dies, daß ein Buchhändler mit um so geringerem Profit liefern muß, je größer die Summe ist, die ein Bibliothekar zur Verfügung hat, um Bücher zu kaufen. Bei der hervorragenden Stellung des betreffenden Ver legers muß ich annehmen, daß seine Ansichten für korrekt angesehen und weiter verbreitet worden sind. Darum er wähne ich sie hiermit. Bei mir haben sie natürlich die Folge gehabt, daß seine Artikel zu gunsten anderer vollständig ignoriert worden sind; mag er selbst dafür sorgen, daß sie in Amerika bekannt werden und daß Nachfrage nach ihnen entstehe. Es ist klar, daß ich für mein Lager und zur Aufnahme in meine Kataloge solche Bücher bevorzuge, die mir mit Extra-Rabatr geliefert werden. Während ich auf solche Artikel Zinsenverlust, Lokalspesen, das Risiko des Veraltens und Nichtverkaufens u. s. w. habe, genießen die davon be troffenen Verleger den Vorteil, daß sie Exemplare auf diese Weise in Amerika absetzen, die sie sonst nicht dorthin ver kaufen würden; ein geringerer Nutzen an diesen Exemplaren ist besser als gar keiner. Dabei kommt noch in Betracht, daß ich die importierten Bücher den deutschen und amerika nischen Händlern mit Rabatt liefere. Dieser Rabatt bezw. mein Nettopreis richtet sich nach meinem Einkaufspreise; d. h. ein Buch, das ich mit 50 Prozent Rabatt erhalte, liefere ich dem Händler billiger als ein gleich teures, auf das ich nur 40 Prozent bekomme. Und selbstverständlich zieht der Händler das elftere vor. Das bringt mich noch darauf, daß durchschnittlich jede Woche ein Angebot von Restauflagen kommt. Man scheint zu denken: »Für Amerika immer noch gut genug.«: Das ist aber eine irrige Anschauung. Wir hüten uns vor Täuschung des Publikums. Besonders heiter ist's, wenn der Rest einer alten Auflage eines Schulbuches angeboten wird. Ja, was Schulbücher anlangt, so haben die deutschen Verleger sich selbst zuzuschreiben, daß diese aus dem ameri kanischen Markte verdrängt worden sind, weil sie sich von jeher darauf kaprizieren, fort und fort neue Ausgaben oder Auflagen oder auch nur unveränderte Titelauflagen zu 419*
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder