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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.05.1902
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1902-05-06
- Erscheinungsdatum
- 06.05.1902
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
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Nichtamtlicher Teil. 3749 .4k 103. 6. Mai 1902 150 Gedecke; ja man hatte bei sehr großer Be teiligung (beispielsweise bei der Einweihungsfeier, wo un gefähr 1200 Festgenossen gleichzeitig zu bewirten waren) sogar auch die Wandelbahn vor dem mittleren Festsaale mit Tafeln besetzt, und nirgends war ein Stuhl frei geblieben. Es konnte bei dieser nolgedrungenen Verteilung nicht ausbleiben, einerseits daß viele mit der Verweisung in Nebenräume nicht einverstanden waren — drang doch von den Festreden, die schon im Hauptsaale nur auf kurze Entfernung voll kommen verstanden wurden, kein Laut zu ihnen —, anderseits daß der unvermeidliche Festlärm der also Ausgeschlossenen die Redner und Hörer im Hauptsaale störte. Diesmal blieben die etwa 400 Festgenossen, unter denen man eine Reihe ange- gesehener Berufsgenossen bemerkte, die seit Jahren am Fest mahl nicht mehr teilgenommen hatten, auf den mittleren Saal beschränkt. Tatsächlich wurde denn auch den vielen Festrednern die achtungsvolle Aufmerksamkeit erwiesen, die ihnen gebührte und die die Würde des Festes unbedingt fordert Aber selbst die gegen früher so sehr beschränkte Zahl der Tafelnden bildete immerhin eine große Versamm lung, und ob bei der unverbesserlich schwachen Schallwirkung des Saales alle Redner diesmal auch von entfernt Sitzenden gut verstanden worden sind, bleibt nach den Auskünften, die der Berichterstatter eingeholt hat, zweifelhaft. Er selber muß sich des Urteils enthalten, dank dem vorzüglich gelegenen Platz, den ihm die Aufmerksamkeit des Festausschusses an gewiesen hatte. Es war wie immer eine glänzende Versammlung, die sich in dem schönen Saale unter dem entfalteten Banner des Börsenvereins zur Tafel niedergelassen hatte. Die Rednerbühne befand sich diesmal, wie beim Verleger kongreß, in der Mitte der Gartenfront, also gegenüber ihrem angestammten Platz. Dort, wo der Kantategast sie früher zu sehen gewohnt war, an der straßenwärts ge legenen Seite, zog sich über die ganze Länge des Saales die nur auf einer Seite besetzte Tafel hin, an der die Ehren gäste des Börsenvereins mit den jetzigen und früheren Vorstandsmitgliedern Platz genommen hatten. Weitere elf lange Tafeln liefen in der Querrichtung auf diese zu Uebcr der Mitte der Ehrentafel prangte, durch prächtigen dunkelroten Stoffbehang gehoben, im Pflanzenschmuck die Büste des Kaisers. Wie bekannt, schmücken die marmornen Büsten Kaiser Wilhelms I. und des Königs von Sachsen, sowie die erzenen der unvergessenen Helden Bismarck und Moltke als organisch angegliederte Teile des Jnnenbaus die vier Hauptpfeiler des Saales. Auch die Stunde des Beginns bot eine Neuerung, und wir glauben, daß die Hinausschiebung auf 3 Uhr den meisten willkommen gewesen ist und sich einbürgern wird, läßt sie den Börsenvereinsmitgliedern doch einen entsprechenden Zeit raum nach der Hauptversammlung frei, der in bequemerer Weise als früher ausgenutzt werden kann und namentlich wohl dem Besuch der Ausstellungen im Buchgewerbehause zu statten kommen wird. Dieses letztere hat sich dank den Bemühungen des Deutschen Buchgewcrbevereins auch in diesem Jahre wieder in anerkennenswerter Weise zum Empfange der Meßgäste gerüstet. Die Besprechung der dort ver anstalteten allgemeinen Ostermeß-Ausstellung des Buchhandels und mancher sehenswerten Sonderausstellung einzelner Ver leger wird einem besonderen Berichte an dieser Stelle Vor behalten bleiben. Die Reihe der Tafelreden eröffnete ein bewährter, von allen Teilnehmern hochgeschätzter Redner, das einzige Ehren mitglied des Börsenvereins, Herr Geheimer Rat Ur. Georgi, langjähriger früherer Oberbürgermeister von Leipzig. Er sprach folgendes: Börsenblatt für den beiilscke» Buchhandel. 69. Iahraana. -Hohe Festversammlung! -Die hohe Ehre, welche soeben in der Ankündigung des Herrn Festordners erwähnt worden ist, die der Börsenverein der Deutschen Buchhändler mir dadurch erwiesen hat, daß er mich zu seinem Ehrenmitglied gemacht hat, hat mir als einen Beweis fortdauernden Wohlwollens Ihres Vorstandes auch die Ehre ein gebracht, daß mir der Auftrag erteilt worden ist, in dieser Fest versammlung den Toast Ihnen vorzuschlagen, welcher immer an der Spitze dieser Versammlungen gestanden hat und stehen soll, den Toast auf unfern deutschen Kaiser und unfern König von Sachsen. Ich lege hohen Wert auf diesen Auftrag und bin darum trotz mancher Hindernisse zu Ihnen gekommen. Wird mir doch dadurch ein Beweis erbracht, daß Sie mich fortdauernd als einen der Ihrigen betrachten (Bravo), und wird mir damit doch auch die Ge legenheit geboten, vor Ihnen meine tiefe Ehrfurcht und meine treue Ergebenheit gegen die beiden hohen Fürsten zu bezeugen und in dem Ausdruck dieser Gesinnungen mich mit Ihnen zu vereinigen. -Stellen wir die Gestalten der beiden Fürsten vor unser geistiges Auge, den jungen, kräftigen Kaiser und den im Ehrfurcht heischenden Schmucke des Alters stehenden König von Sachsen. Ist es da nicht für uns ein erhebendes Gefühl, daß, wenn wir diese beiden Fürsten in einem Trinkspruch vereinigen, wir damit nur etwas verbinden, was schon in sich aus das engste ver bunden ist. -Der vor wenigen Tagen gefeierte Geburtstag unseres geliebten Königs hat uns Sachsen die erfreuliche Gewißheit gebracht — und ich glaube, unser ganzes deutsches Volk teilt mit uns diese Freude — daß das Verhältnis zwischen diesen beiden hohen Fürsten in alter Treue und Innigkeit besteht, daß sie gemeinsam sinnen, schaffen und wirken für das Wohl und Heil unseres gesamten Vaterlandes. Es wird dem zukünftigen Geschichtschreiber eine der interessantesten Aufgaben sein, den Charakter dieser beiden Fürsten zu schildern, die nicht nur durch ihre hohe Stellung, sondern auch durch ihre hohen geistigen und sittlichen Eigenschaften tief in die Entwicklung unserer Zeit hineingegriffen haben. Aber auch wir, die wir ihnen noch ins lebendige Auge sehen durften, die wir un mittelbar unter dem Einfluß ihres Wirkens stehen, wir vergegen wärtigen uns gern die Eigenart beider hohen Fürsten. -Betrachten wir zunächst das Bild unseres Kaisers, so müssen wir sagen, die Forderung, die Hegel in seiner Geschichtsphilosophie stellt: -der Mann sei ein Sohn seiner Zeit-, diese Forderung er füllt unser Kaiser im vollsten Maße. Ja, er ist ein rechter Sohn unserer Zeit, der Zeit, in der durch die modernen Verkehrsmittel Raum und Zeit immer mehr zusammengeschwunden sind, der Zeit, in welcher der Blick auf dem Weltmeer ruht, nicht mehr mit dem Gefühl einer endlosen Unermeßlichkeit, sondern als einer länder oerbindenden Brücke. -So steht unser Kaiser getreu der Mahnung, die sein großer Vorfahr (unterlassen hat, toujours su vsästts auf hoher Warte und umfaßt mit seinem durchdringenden Auge das ganze Erden rund. Nichts im geistigen und wirtschaftlichen Leben aller Völker scheint ihm zu entgehen, und in den großen Jnteressenkämpfen und Gegensätzen, die immer mehr den gesamten Erdkreis in sich um schließen, sucht er unserem deutschen Volke seine Stellung und seine Zukunft zu sichern und zu wahren. Darum hat er ein offenes Auge für die Fortschritte der Technik, darum giebt er sich gern den weiten Perspektiven hin, die sie eröffnet. Er liebt es, seine Worte mit geistigen Blitzen vor uns erklingen zu lassen, und er läßt uns gern schauen in die geistige Arbeit, die er in sich vollzieht. -Und auch an ein anderes Wort Hegels gemahnt uns manchmal unser Kaiser: -Wer die öffentliche Meinung nicht zu verachten ver steht, wird es nie zu etwas bringen-. Cs ist ein trotziges und mit der ersten Forderung scheinbar in Widerspruch stehendes Wort. Und doch, die Zeit, die einen Bismarck erlebt hat, sie kann den wahren Kern dieses Wortes nicht nur verstehen, sondern auch em pfinden. Gewiß soll damit nicht gesagt sein, daß die öffentliche Meinung immer unrecht hat, sondern das, worauf es ankommt, ist doch das, daß Jedermann charaktervoll seine Ueberzcugung sich bilden und sie sesthalten soll, auch wenn er die Meinung der Mehrheit gegen sich hat. Und wenn wir auch einmal eine andere Ueberzeugung haben als unser Kaiser, so sollen wir sie als Männer ebenso festhalten. Aber wir wollen darüber doch nicht vergessen, daß es ein hohes Glück für uns ist, einen charaktervollen, that- kräftigen, auf daS Beste gerichteten Mann an der Spitze unseres Reiches zu haben. (Bravo!) -Schon Goethe sagt einmal, daß es ihn bange mache, wenn er Jünglinge im Zeitstrom fortschwimmen sehe. Hier ist es, sagt er, wo ich immer darauf aufmerksam machen möchte, daß dem Menschen in seinem gebrechlichen Kahne eben deshalb das Ruder in die Hand gegeben ist, damit er nicht der Willkür der Wellen, sondern dem Willen seiner Einsicht Folge leistet. Der Kahn, in dem unserem Kaiser das Ruder in die Hand gegeben ist, trägt nicht nur sein Glück, sondern trägt das Glück unseres ganzen 495
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