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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.05.1902
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1902-05-07
- Erscheinungsdatum
- 07.05.1902
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
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- Saxonica
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^ 104, 7. Mai 1902. Nichtamtlicher Teil. 3791 erfahrenen Praktikers, der die Enttäuschungen des Geschäfts von Grund aus kenne» gelernt und auch den letzten Rest einer idealen Auffassung längst an den Nagel gehängt hat. Natürlich war der glatt dahinfließende Dialog reich durch persönliche Anspielungen gewürzt, deren unfehlbare Lach erfolge die Darstellung fröhlich belebten. Das muntere Merkchen wird in diesen Tagen als Manuskript gedruckt ausgegeben werden und zum Besten des Unterstützungsfonds beim Kantate-Festausschuß zu haben sein. Noch größeren Erfolg hatte die Aufführung eines im Programm geheimnisvoll angekündigten »Theaterstücks, eigens für diesen Abend verfaßt«. Ein kurz vor der Auf führung verteilter Theaterzettel verkündigte, daß im »Theater des Börsenvereins« heute zum ersten Male »Der große Brockhaus«, Schwank in einem Aufzuge, in Scene gehen sollte. Ort der Handlung: »Pyllemanus Wohnung in Neustadt, einer ganz kleinen deutschen Stadt«, Zeit: »das Jahr 1910«. Pyllemann, Rentier und Stadtverordneter in Neustadt, hat vom dortigen »börsenvereinlich konzessionierten, privilegierten und kontrollierten« Buchhändler Schwalbe den großen Brockhaus zur Ansicht erhalten. Ergötzlich ist die Unruhe geschildert, die dieses verdienstliche Werk mit seiner Anregung des Wissensdurstes, seinen unverstandenen Aus künften und besonders den »schrecklichen« Verweisungen von einem Wort auf ein anderes in den Frieden dieses kleinen Hauswesens hineinträgt. Außer dem Hausherrn besteht dieses Ensemble noch aus der Tochter Anna und dem Dienstmädchen Auguste. Auguste liest sich aus dem Blockhaus alle erdenklichen Krankheiten an, Anna bedarf seiner zur Vorbereitung für das Kaffeekränzchen, Pyllemann selbst aber ist bei der Lektüre seines geliebten Neustädter Tageblatts beständig unterwegs vom Lehnstuhl zum Bücherregal und zurück, um sich zu unterrichten, wenn ihm in der Zeitung irgend eine unbe kannte Größe begegnet, deren es bei ihm die Fülle giebt. »Heute noch muß mir das Buch aus dem Haus« ist schließlich der unabänderliche, von der Verzweiflung diktierte Befehl, und dem Befehl folgt die Aus- Ausführung trotz des Einspruchs der Weiblichkeit und der Gegenvorstellungen des zum Besuch erschienenen Buch händlers Schwalbe, des »Idealisten« und in Pyllemanus Augen »unpraktischen Menschen«, übrigens trotz allem schließlich erfolgreichen Bewerbers um die Hand der Tochter. Denn der »große Brockhaus« behauptet siegreich das Feld. Schon hat er sich unentbehrlich gemacht und wird bandweise zurück- geholt. Sein größtes Verdienst aber ist, daß er Pyllemann zum Stadtrat macht trotz heftiger Opposition unter Führung eines Brauers. Denn der »Brockhaus« hat Pyllemann Gelegenheit geboten, ein »glänzendes Referat« über die ge plante Gasfabrik abzuschreiben, wobei freilich der Teufel die Hand im Spiele gehabt und den Unachtsamen am Schluß sanft in den Artikel »Gasthäuser« hinüber geleitet hat. Wie der Bürgermeister treuherzig versicherte, hätte im Stadt- verordneten-Kollegium niemand das bemerkt. Nur der Bier brauer hätte sich durch den Schluß des Referates sympathisch berührt gefühlt und seine Opposition fallen lassen. Diese ergötzlich ausgearbeitete Handlung, die mit witzigen Einfällen nicht kargt, insbesondere manche lustige Meldung über Persönlichkeiten und Vorkommnisse des buchhändlerischen Lebens aus dem Neustädter Tageblatt des Jahres 1910 verlauten läßt, bildet den Rahmen für eine amüsante Schilderung der allgemeinen Lage des Buchhandels in jenem Zukunftsjahre. Der Börsenvein hat in seinen Kämpfen um Verbesserung der Lage des Provinzial - Sortiments auf der ganzen Linie gesiegt. Folgerichtig hat er sich und den Buch handel von Grund aus »neu organisiert«. Das geschah im Jahre 1905. Die Fabel von den Fröschen, die einen starken König haben wollten, wurde Wirklichkeit. Sie bekamen den Storch. Der Storch aber ist niemand anders als der »Herr Generalagent« des Börsenvereins. Er ist der Herr und Ge bieter. Er weist dem Sortimenter seine Stelle an, er schreibt ihm die Grenzen seines Wirkens vor. Er bestimmt das Lager, empfängt regelmäßige Berichte und erscheint ge legentlich zur Revision. Ja, er hat auch Gewalt über das Privatleben seiner Untergebenen, und Wilhelm Schwalbe in Neustadt, der »Buchhändler Nr. 4233« bedarf zu seiner Verehelichung des Heiratskonsenses des Börsenvereins, den er »nach reiflicher Erwägung und nach Anhören unseres Herrn Generalagenten in Uebereinstimmung mit diesem« auch glück lich empfängt. »Lostoriptuw. Höchstzahl der börsenvereinlich gestatteten Kinder: zwei.« — Mit der Frage Augustens: »Jungen oder Mädels?« und der feierlichen Antwort Schwalbes: »Das bestimmt von Fall zu Fall der Herr Generalagent« schließt das lustige Stück. Eine recht vergnüglich gezeichnete Figur ist auch der Schwalbesche Markthelfer Otto Kneppchen, früher »bei Koehlersch in Leipzig«, der Augusten gelegentlich seine stolzen Erinnerungen anvertraut. Er und sie verloben sich natürlich auch und helfen als zweites glückliches Paar dem Schwank zum richtigen herkömmlichen Schluß. Auch dieses prächtige Stück ist zu gunsten des Unter stützungsvereins als Manuskript gedruckt worden und beim Festausschuß für eine Mark zu haben. Für die Aus stattung hat man, den Jahren vorauseilend, den Geschmack des Jahres 1910 gewählt. Man hofft, ihn getroffen zu haben. Um die Darstellung des ersten Stückes haben sich die Herren Gred er als Mephisto und Huth als Schüler, um die des zweiten die Herren Greder (Pyllemann), Huth (Schwalbe), Greiner (Bürgermeister) und die Damen Fräulein Heusgen (Anna) und Fräulein Dalldorf (Auguste), sämtlich Mitglieder des Leipziger Stadttheaters, verdient gemacht. Beide Schwänke wurden flott und fröhlich gespielt; man fühlte am heiteren Flusse ihres Spiels, daß die Darsteller vor einer dankbaren Aufgabe standen, die ihnen selber Ver gnügen machte. Daß die andächtig lauschende Hörerschaft den Verlauf der Aufführungen mit ununterbrochener Heiterkeit begleitete, und daß des Beifalls am Schluffe kein Ende war, ist ein Verdienst des bescheiden im Hintergründe sich haltenden Autors, der es in glücklichster Weise verstanden hat, in schneller Folge witzige Einfälle zu jagen, wie eben ein recht schaffener Schwank das fordert, und doch als fröhlicher Spötter nirgend anzustoßen oder zu verletzen. Sein großes Verdienst um den wohlgelungenen Verlauf des Abends auch an dieser Stelle zu würdigen, ist dem Berichterstatter eine angenehme Pflicht. Dem Festausschuß, den Herren Richard Einhorn, Johannes Hirsch seid, Ferdinand Lomnitz und Oscar Virch, die in wochenlanger mühevoller Vorbereitung und in an gestrengter persönlicher Leitung des dreitägigen Festes große Hingebung gezeigt haben, sprach am Schluffe des Abends unter dem Beifall der Versammlung der erste Schriftführer des Börsenvereins, Herr 0,. Wilhelm Ruprecht, herzlichen Dank aus. In das von ihm ausgebrachte Hoch auf den Festausschuß stimmte die Versammlung jubelnd ein. Erst nach Mitternacht fand das schöne Fest sein Ende. Die Versammlung trat den Heimweg an und füllte in langen Wanderzügen die angrenzenden Straßen. Die Meßtage, soweit sie in festlichen Veranstaltungen in Erscheinung treten, waren damit zum Schluß gekommen. Sie hatten auswärtige Kollegen diesmal zahlreicher als in den letzten Jahren nach Leipzig geführt. Wir hoffen, daß es allen Besuchern in Leipzig gefallen hat, daß sie befriedigt heimgekehrt sind und ihren Meßbesuch gern wiederholen. Dazu wünschen wir ihnen Gesundheit und ein glückliches neues Geschäftsjahr!
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