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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.09.1902
- Strukturtyp
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- 1902-09-04
- Erscheinungsdatum
- 04.09.1902
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- Deutsch
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6932 Nichtamtlicher Teil. ^ 205, 4 September 1902. Deutschen Reiches es nicht gestatteten, die verhältnismäßig geringe Summe zu gewähren, die zum Ankauf dieser Sammlung nötig war. Wie diese beiden großen germanistischen Bibliotheken, so sind noch mehrere ebenso bedeutende der stärkeren Kauf kraft der neuen Welt zum Opfer gefallen: Bechsteins Bücher schätze besitzt jetzt die University of Pennsylvania in Phila delphia, die Scherers stehen im Adalbert-College in Cleve land, die Lexers zum größten Teil in der Universität der Stadt New Dort. Auf andern Gebieten der Philologie steht es nicht besser. Die schöne Sammlung von Erasmusdrucken, die Jacob Bernays mit so vieler Liebe lange Jahre hindurch zusammengebracht, sein Bruder Michael dann als teures Vermächtnis gehütet hat, ziert jetzt die Bibliothek der University of Toronto; Franz Bopps Bücher, die die erste, glorreiche Periode der vergleichenden Sprachwissenschaft ver körpern, haben, ebenso wie die Zarnckes, in der Cornhill- Nuiversity in Jthaca ein Heim gefunden, und auch Max Müllers einzige Sammlung mit ihrem Reichtum au den seltensten indischen Handschriftei: ist über den Ozean ge wandert, zwar nicht nach Amerika, aber, nur noch weniger für uns zugänglich, nach der Universität von Tokio. Die klassische Philologie beklagt den Verlust der Biblio theken Sauppes (jetzt in Brun Mawr College), Martin Hertz' (University of Virginia, Charlotteville), Otto Ribbecks (Mc Gill College, Montreal) und Ernst Curtius' (Pale- College, New-Haven), des kostbaren Handapparats Langes (Williams College, Williamstown) und des Archäologen Heinrich Brunn (Vassar-College, Pough Keepsee). Die Liste ließe sich noch um viele Namen vermehren; doch sei, um die Geduld der Leser nicht zu ermüden, nur noch an einige besonders schmerzliche Einbußen an deutschem Nationaleigentum erinnert. Leopold von Rankes Namen tragen die Werke, die jetzt den Stolz der Syracuse-University bilden, Du Bois-Reymonds vielseitige Forschung kommt den Benutzern der Newberry Library in Chicago zu gute, und die große, für Theologie, Kirchengeschichte und Kirchenrecht gleich wertvolle Sammlung von Hinschius dient den Studien an dem Theologie Seminar^ in Princeton. Ich meine, der Beweis dafür, daß hier wirklich eine Gefahr für unsre Wissenschaft und für unsre Bibliophilie vorliegt, ist erbracht. So freudig im Interesse der Volks wirtschaft die steigende Ausfuhr zu begrüßen ist, der Wissen schaft entzieht sie unersetzliche Schätze, für die durch noch so reichliche Bezahlung kein Gegenwert geboten wird. Die Verhältnisse liegen hier eben ganz anders als auf allen andern Gebieten, auch auf dem am nächsten benachbarten der Kunst. Denn dort können wir uns für das, was durch fremde Sammler uns entführt wird, an dem gleichwertigen Besitz der Ausländer schadlos halten, und in der jüngsten Zeit ist durch die eifrigere Thätigkeit unserer Museums verwaltungen und Privatsammler so viel an bedeutsamen Kunstwerken erworben worden, daß die Bilanz sicher zu unseru Gunsten ausfallen würde. Wer hätte dagegen je gehört, daß eine bedeutendere ausländische Bibliothek für Deutschland angekauft worden wäre? Müssen wir es doch schon mit besonderer Freude begrüßen, daß Frank furt am Main die Sammlung Gustav Freytags, Leipzig die Heinrich von Treitschkes, Tübingen die ägyptologische Bibliothek Heinrich Brugschs erwarb, und daß Theodor von Bunsens großer Bücherschatz in Auer von Welsbach einen neuen deutschen Besitzer und Benutzer fand. Wie gering an Zahl sind diese Beispiele patriotischer Opfer willigkeit für einen rein idealen Zweck im Vergleich zu den Verlusten, die durch den Mangel an Verständnis für die Bedeutung dessen, was hier auf dem Spiele steht, und aus Mangel an verfügbaren Mitteln verschuldet sind. Besonders der letztere Umstand trägt die Hauptschuld daran, daß das Ausland uns eine Bibliothek nach der andern entrissen hat, trotzdem die Leipziger Buchhandlung Gustav Fock, der die meisten der genannten Sammlungen zum Verkauf übergeben worden sind, es niemals an Be mühungen hat fehlen lassen, sie dem Vaterlande zu erhalten. Man fragt sich, ob dieser betrübenden Sachlage auf irgend eine Weise abzuhelfen sei. Ausgeschlossen erscheint es, daß wir uns etwa mit Hilfe der Gesetzgebung schützen könnten, wie es Italien und Griechenland in Bezug auf ihre alten Kunstwerke thun. Die Wissenschaft ist inter national, und es geht nicht an, die Hilfsmittel, deren sie bedarf, andern Völkern vorenthalten zu wollen. Nur von der Stärkung des nationalen Wohlstandes, des Verständnisses der Regierungen und der begüterten Kreise für ideale Auf gaben ist Besserung zu erhoffen, indem sich Männer finden werden, die einen Teil öffentlichen oder privaten Eigentums dem Erwerb unersetzlicher Bibliotheken opfern. Zumal der privaten Opferwilligkeit im großen Stil steht hier ein weites Feld offen. Auch Amerika hat viele Sammlungen nur durch Spendeu seiner Millionäre erwerben können. Aber bis es bei uns so weit kommt, hat es wohl gute Wege, und so bleibt auch hier gewiß noch lange Zeit das Goethesche Wort in Geltung: -Amerika, du hast es besser Als unser Kontinent, der alte!- Georg Witkowski. II. Von verschiedenen Seiten wurde dem vor einiger Zeit an dieser Stelle*) veröffentlichten Aufsatz über deutsche Biblio theken aus der Auswanderung nach Amerika lebhaftes Interesse entgegen gebracht und der Wunsch ausgesprochen, die dort gebotene Aufzählung, die nur eine Reihe von Belegen geben wollte, ergänzt zu sehen. Ich nenne deshalb heute noch eine Reihe von deutschen Sammlungen, die über den Ozean gewandert sind, und denke dadurch den Beweis für die Energie, mit der die neue Welt sich der litterarischen Schätze der alten bemächtigt, noch zu verstärken. Es sind nicht nur die öffentlichen Institute der Vereinigten Staaten, die bei jeder Gelegenheit als die kaufkräftigsten Bieter heroortreten, auch die amerikanischen Gelehrten können dank der reicheren materiellen Belohnung, die wissenschaft licher Thätigkeit dort zu teil wird, häufig in siegreichen Wettbewerb treten, während in Europa die beschränkten Mittel den meisten Männern der Wissenschaft nur einen all mählichen und vielfach beschränkten Erwerb des wissenschaft lichen Rüstzeugs für ihre Arbeit gestatten. So hat Professor Howard A. Kelly, der große Gynäkologe in Baltimore, jenen umfangreichen Handapparat zur Geburtshilfe und Gynäkologie erworben, der aus den: Besitz des Geheimen Rats Professor Kaltenbach in Halle stammt und nicht weniger als 960 Ab handlungen aus dem Gebiete der Gynäkologie und 2220 Spezialschriften über Geburtshilfe umfaßt. Die Bibliothek des Ophthalmologen Professor Nagel in Tübingen ging in den Besitz seines New Parker Fachgenossen Professor Noyes über. Professor Hatfield in Evanston im Staate Illinois wurde der Besitzer der prachtvollen Kollektion von Werken der deutschen Dichter und Schriftsteller, zumal des klassischen Zeitalters, die niit besonders glücklichem Erfolg durch den Sammeleifer des Geheimen Rats Schneider in Schleswig vereinigt wurde. Sie enthält Goethes Werke in zahlreichen Originalausgaben, darunter »Herrmann und Doro thea« sechsmal; Schiller, mit dem seltenen Schwäbischen *) Nationalzeitung (Berlin) Nr. 228 v. 10. Avril 1902.
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