Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.09.1902

216, 17. September 1902. Nichtamtlicher Teil. 7345 1. Der Kongreß ermächtigt das Centralbureau, sich als internationales Schiedsgericht zu konstituieren. 2. Das Schiedsgericht tritt nur für den Fall in Thätig- keit, wo die beiden streitenden Parteien zum voraus erklärt haben, daß sie sich seiner Entscheidung unterwerfen. 3. Es kann indessen selbst nach Anrufung einer einzigen Partei urteilen in denjenigen Fällen, in welchen es einen ausdrücklichen Verstoß gegen die Gesetze der Rechtlichkeit und Ehre als vorhanden erblickt. 4. Das Schiedsgericht kann berufen sein, nicht nur über Geldfragen seinen Spruch abzugeben, sondern auch über Fragen von Treu und Glauben, die zwischen Zeitungsdirektoren und den im Auslande thätigen Korrespondenten aufgeworfen werden können, sowie über Fragen, betreffend das litterarische Eigentum und andere Fragen, die zwischen Zeitungen ver schiedener Länder entstehen. 5. Es darf jedoch nicht in Thätigkeit treten, wenn es sich um Zeitungen und Journalisten des gleichen Landes handelt, da die unter solchen entstehenden Zwistigkeiten als unter die einheimische Rechtsprechung fallend zu betrachten sind. (V. Kongreß, Lissabon, 1898. Ein aus 12 Artikeln bestehendes Reglement ist vom VII. Kongreß in Paris angenommen worden.) x) Journalistische Berufsbildung. 1. Der Kongreß, von der Nützlichkeit der journalistischen Berufsbildung sowohl in praktischer Beziehung, wie hinsichtlich der Wahrung der Würde der Presse überzeugt, spricht den Wunsch aus, der internationale Ausschuß möge alle Programme der in den verschiedenen Ländern bestehenden Unterrichtskurse sammeln und dem nächsten Kongreß einen eingehenden Bericht vorlegen, um den Vereinen die Er richtung von Fachschulen und die Aufstellung von Pro grammen zu erleichtern. (II. Kongreß, Bordeaux, 1895.) 2. Der Kongreß, vom Wunsche beseelt, der Jugend die journalistische Laufbahn zu öffnen, spricht den Wunsch aus, es mögen unter der Mitwirkung der Vereine in jedem Lande unentgeltliche Vorträge und praktische Kurse für die jour nalistische Berufsbildung eingerichtet werden. Er beschließt, die Vereine der verschiedenen Länder sollen sich gegenseitig ihre Aufgabe durch Berichterstattung über ihre Arbeiten und durch Förderung der zur Vervoll ständigung ihrer Studien ins Ausland gesandten jungen Journalisten erleichtern. (V. Kongreß, Lissabon, 1898.) 3. Der VII. internationale Preßkongreß in Paris 1900, unter Bezugnahme auf die Beschlüsse von Bordeaux (1895) und Lissabon (1898) und von dem Wunsche beseelt, eine journalistische Berufsbildung auf zweckmäßiger und praktischer Grundlage zu organisieren, beauftragt den Direktionsausschuß, durch eine Umfrage bei allen Vereinigungen und Körperschaften der Welt die geeignetsten Mittel zur Errichtung journalistischer Fachschulen in den verschiedenen Ländern zu ermitteln. Zu diesem Zweck wird der Direktionsausschuß beauftragt, alles darauf bezüg liche Material, Statistiken und sonstige Nachweise zu sam meln. Ein Berichterstatter wird dem nächsten Kongreß einen vollständigen, von dem Direktionsausschusse genehmigten Entwurf zur Regelung aller Fragen vorlegen, die sich auf die Verwaltung, die Zulassung und den Unterricht der unter dem Schutz der internattonalen Preßvereinigung stehenden Schulen beziehen. (VII. Kongreß, Paris, 1900.) ll) Sonntagsarbeit. Der Preßkongreß spricht den Wunsch aus, die Sonn tagsarbeit für Zeitungen möge wegfallen oder doch, wenn Börsenblatt stir den deutschen Buchhandel. Kg. Jahrgang, die Beseitigung in gewissen Fällen ganz unmöglich erscheint, auf das unbedingt Notwendige beschränkt werden, wobei Einverständnis darüber herrscht, daß in Ausnahmefällen Extrablätter herausgegeben werden dürfen. (I. Kongreß, Antwerpen, 1894.) o. Gesetzliche, soziale und materielle Stellung der Journalisten in den verschiedenen Ländern. 1. Allgemeine Sammlung der Preßgesetzgebungen. Eine allgemeine Zusammenstellung der Preßgesetzgebung in allen civilisierten Ländern ist zur Vornahme vergleichender Studien vom Centralbureau und von den ersten Kongressen als nützlich erachtet worden. Bereits sind Monographien über die Preßgesetzgebung für Deutschland, England und Oesterreich von A. Osterrieth und für Frankreich von A. Bergougnan im Bulletin, Nr. 5, 1900, veröffentlicht worden. 2. Gesetzliche Stellung des Journalisten gegenüber den Zeitungen. Der sechste internationale Preßkongreß, in Erwägung, daß alle europäischen Gesetzgebungen übereinstimmend die Beziehungen der Zeitungs-Direktoren oder -Eigentümer zu ihren Redakteuren der durch den Lohn vertrag eingesetzten Herrschaft des gemeinen Rechtes unter stellen und daß demnach nichts entgegensteht, daß sich auch ein im Interesse Aller überaus wünschenswertes Einver nehmen in den durch die Gebräuche der verschiedenen Länder bedingten Anwendungen herstelle, beschließt, daß durch das Centralbureau ein vollständiges Regleinent über die gegenseitigen Beziehungen der Zeitungs-Eigentümer oder -Direktoren und deren Redakteure ausgearbeitet werde auf Grund und unter möglichst eingehender Berücksichtigung der in den verschiedenen Staaten Europas herrschenden Gebräuche, namentlich in Betreff der den plötzlich entlassenen Journalisten schuldigen Entschädigungen. (VI. Kongreß, Rom, 1899.) 3. Soziale und materielle Stellung der Journalisten. Der Kongreß beschließt, den Direktionsausschuß mit einer Erforschung der sozialen, moralischen und materiellen Berufs lage der Journalisten in den verschiedenen Ländern zu be auftragen. In jedem Lande sollen geeignete Berichterstatter gewählt werden, deren Berichte schließlich in einem Sammel berichte zusammengefaßt werden. (VII, Kongreß, Paris, 1900.) 4. Offizielles Bulletin. Ein offizielles Bulletin des Centtal-Bureaus der Prcß- vereine wird geschaffen. Dieses ausschließlich berufliche Bulletin wird durch das Direktions-Komitee veröffentlicht und erscheint mindestens viermal im Jahre. Es hat die von dem Centralbureau und dem Direktions- Komitee ausgehenden Dokumente und Mitteilungen, sowie die ihm zugehenden Mitteilungen der verschiedenen Preß- vereine zu enthalten. Es wird allen dem Verbände angehörenden Vereinen, sowie gewissen Verwaltungen unentgeltlich zugeschickt. Die Journalisten und Privatpersonen können sich gegen einen mäßigen Preis darauf abonnieren. (VI. Kongreß, Rom, 1899.) 966