Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.09.1902
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1902-09-22
- Erscheinungsdatum
- 22.09.1902
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19020922
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190209221
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19020922
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1902
- Monat1902-09
- Tag1902-09-22
- Monat1902-09
- Jahr1902
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
gemalte Bild vom deutschen Buchhandel gemacht hat, das er durch 2000 deutsche Zeitungen verbreitet hat. Hamburg, 18. September 1902. Der Vorstand des Hamburg-Altonaer Buchhändler-Vereins. Otto Meißner, Justus Pape, erster Vorsitzender. erster Schriftführer. Die Vüchersmlflut?) Die litterarische Sintflut und einige ihrer tieferen Gewässer behandelt ein sehr anregendes Buch, das soeben in London erschienen ist. Wenn das Buch hauptsächlich englische und amerikanische Verhältnisse schildert, so verdient es doch in hohem Grade das Interesse auch der deutschen Leser, da bei uns ähnliche bedenkliche Verhältnisse herrschen, lieber die Bücherüberschwemmung der letzten Jahre hört man von allen Seiten klagen. Man weiß nicht, wo man zu lesen anfangen, wo man aufhören soll. In England erscheinen jährlich an 6000 und 7000 Bücher, von denen nur etwa 1500 neue Ausgaben sind. Diese Ziffern sind in Amerika noch nicht erreicht worden; aber man ist ihnen sehr nahe. In einigen Ländern sind die Ziffern noch unheimlicher; in Italien 9560, in Frankreich 13 000, in Deutschland 23 000. Es ist allerdings wichtig, hier daran zu erinnern, daß in Italien, Frankreich und Deutschland Tausende von Veröffent lichungen als Bücher gezählt werden, die im eigentlichen Sinne des Wortes als solche nicht anzusehen sind. E. C. Richardson, der Bibliothekar der Princeton Universität, hat ausgerechnet, daß unter den 9500 italienischen Büchern etwa 4000 weniger als 25 Seiten haben, während von den französischen mehr als die Hälfte nur Broschüren im amerikanischen Sinne sind. Er zeigt ferner, daß, wenn diese Art der Zählung in Amerika angewendet würde, die Ziffer der amerikanischen Erscheinungen eine viel höhere wäre, da z. B. im Jahre 1899 15 125 solcher eingetragen wurden, die man Bücher nennen könnte, von denen aber nur 5824 wirklich als solche zu betrachten sind. Richardson glaubt, daß in Amerika jedes Jahr wenigstens 10 000 Broschüren von 25 und mehr Seiten heraus kommen. »Droit ä'^atour« schätzt die Zahl der in einem Jahre auf der ganzen Welt erscheinenden Bücher auf etwa 70 554. Nach allen für neue Auflagen und Ueber- setzungen gemachten Abzügen bleiben diese Ziffern immer hin noch sehr erhebliche. Kein vernünftiger Mensch, wenn er nicht in bibliographischer Beziehung dabei in Frage kommt, kann sich an einer größern Anzahl dieser Bücher interessieren. Der Markt für diese Tausende von Büchern erfordert ein Publikum mit äußerst verschiedenen Interessen und Neigungen. Darunter befinden sich allerdings viele technische Werke, Schulbücher, Adreßbücher, privat gedruckte Bücher, Kataloge u. s w., so daß, wie niederdrückend die Aussichten für gute Litteratur auch sein mögen, die Gesamt summe offenbar nicht so schlimm erscheint. Es ist nun ein ganzes Menschenalter her, seit das Publikum mit Büchern überschüttet wird, und einige An gaben mögen zeigen, wie ungeheuer die Bücher zugenommen haben. Von der Erfindung der Buchdruckerkunst bis zum Beginn des sechzehnten Jahrhunderts sind, wie man an nimmt, nicht mehr als 30 000 Bücher in der ganzen Welt hervorgebracht worden. Als Beweis für die Schnelligkeit der Zunahme von jener Zeit bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts ist die Zahl der auf den deutschen Messen während fünfundzwanzig Jahren angebotenen Bücher inter essant. 1650 waren es nur 948 Bücher, bis 1725 zeigte *) 8 8.1s 8^, 1' r. IV., Our titsrur^ äaluAS u-uä sorus ok its ässpsr rvutsrs. (X, 255 x.) 8". llonäou 1902, Oruut Ilioüurüs, clotü 3 sü. 6 cl. sich keine nennenswerte Vermehrung; die Zahl war auf 1032, 1750 auf 1290 gestiegen. Aber mit Beginn des neuen Jahrhunderts stieg sie auf 4012 und 1846 auf 10 536. In Amerika zählte man von 1640—1776 einschließlich der Kalender, Predigten und Gesetze nur etwa 8000, während für die fünfundzwanzig Jahre zwischen 1876 und 1900 der ^.msrieiw Oillalogrw 170 000 Bücher oerzeichnete und für das einzige Jahr 1900 das llruäs löst ^wwu.1 eine Zahl von 150 000 Titeln gab. Wenn Bücher aus der Presse kommen, werden sie that- sächlich schnell das, was Zeitungen und Zeitschriften gewesen sind: Veröffentlichungen, denen nur ein Eintagsleben be schicken ist. Sie bleiben einen Monat oder möglicherweise ein Jahr in der Gunst des Publikums, und nach einem kurzen Erfolge werden sie von ihrem Schicksal ereilt; sie sind vergessen. Nicht zehn Prozent der Bücher eines Jahres haben die Aussicht, ein Jahr nach ihrer Veröffentlichung noch im Gedächtnis des Publikums zu haften. Das Bücherschreiben ist zu einer Gewohnheit ausgeartet, die noch beständig wächst. Es gab eine Zeit, wo der Ver fasser eines Buches eine gewisse Auszeichnung genoß. Auf Männer und Frauen wies man als Verfasser hin, und ihre ihre Bücher wollte man kennen lernen, wenn sie einmal in gebildeten Kreisen erwähnt wurden. Heute ein Buch ge schrieben zu haben, ist nur das, was tausend andere gethan haben oder zu thun im Begriff sind. Es läuft auf wenig mehr hinaus als auf die Feststellung, daß irgend jemand ein neues Gebäude entworfen, eine Arbeitssparmaschine er funden oder eine neue Straßenbahnschiene konstruiert hat. Obwohl nun die Verleger mit Manuskripten über schüttet werden, so muß es doch dankbar anerkannt werden, daß nur ein sehr kleiner Teil der Schreibthätigkeit seinen Ausdruck in gedruckten Büchern findet. Vor einigen Jahren erklärte Frederick Macmillan in London öffentlich, daß sein Haus von 315 eingereichten Manuskripten nur 22 an genommen hätte. Ein anderer Verleger nahm noch viel weniger an: 13 von 500. Da wir geneigt scheinen, die Verleger wegen der Büchersintflut zu tadeln, so können uns diese Thatsachen zeigen, daß wir den Verlegern dafür nur dankbar sein dürfen. Sie haben dadurch sehr wirksam einen Damm aufgerichtet. Andere Ziffern lassen uns noch mehr erschrecken. Die Leistungsfähigkeit von New Jorker Druckereien und Buch bindereien ist auf 100 000 Bände wöchentlich geschätzt worden. Man nimmt an, daß weitere hunderttausend Bände Schul bücher und billige Werke in einer Woche hergestellt werden können. Ein NewZjorker Haus übernahm am Montag morgens den Auftrag, 2000 Exemplare eines 350 Seiten starken Buches bis zum folgenden Mittwoch nachts herzu stellen. Der Satz wurde in einer einzigen Nacht vollendet; am nächsten Tage wurden die Pressen in Bewegung gesetzt, und am dritten Tage waren die Decken an den Büchern. Am Ende der Woche waren 10 000 Exemplare fertig. Auch die Autoren sind von der Gewohnheit fieberhaft rascher Hervorbringung erfaßt worden. Wenn sie erst zu einigem Rufe gelangt sind, bestreben sie sich immer mehr, der Nachfrage nach neuen Schriften ihrerseits zu entsprechen; ein Vorgang, der unnachsichtlich ihre Kunst zerstören muß. Nur wenige widerstehen der Versuchung. Ein Autor stellt fest — als ob er stolz auf diese Großthat wäre —, daß er regel mäßig tausend Worte an einem Tage Hervorbringen könne. Ein anderer kann 1500 niederschreiben, während ein dritter mit 4000 in dieser Beziehung den Vogel abschießt. Trollope erzählt uns, daß er durchschnittlich 10 000 Worte in der Woche fertig bringen, und, wenn er gedrängt wurde, diese Zahl verdoppeln konnte. Aber Schreiberei mit solcher Geschwindigkeit ist keine Litteratur und kann keine sein. Es Börsenblatt für den deutschen Buchbandel, kg. Iabraana. 986
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder