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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.09.1902
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1902-09-24
- Erscheinungsdatum
- 24.09.1902
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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bevölkerung kann bei einer solchen Zusammenstellung der Bücherschränke keine Rede sein; sie ist absolut ausgeschlossen, weil sich kein einziges verständiges Buch zu mäßigem Preise unter der Masse befindet. Ein Käufer, der Kenntnisse und eine verständige Lektüre sucht, steht gar nicht erst hin. Noch schlechter steht es im Eisenbahnbuchhandel mit der periodischen Presse. Der Russe zeichnet sich gewiß nicht durch einen besondern Hang oder ein lebhaftes Bedürfnis zum Lachen aus (besonders nicht zu einem dummen, schmutzigen, grundlosem Lachen); betritt er aber den Waggon, so ist er nach der Meinung der Eisenbahnbuchhändler auf einmal wie umgewandelt; er verlangt — und deshalb wird sie ihm angeboten — die plumpste, abgedroschenste russische Humoristik mit Sommerfrischlern, Schwiegermüttern, treu losen Weibern und andern unvermeidlichen Gegenständen des täglichen Klatsches. Und für alles dieses längst bekannte und abgeschmackte Zeug läßt man sich zwei-, ja viermal so viel zahlen, als es am Orte der Herstellung kostet. Gerade bezüglich der Zeitungen haben die russischen Eisenbahnlinien einen eng parteilichen Charakter angenommen. Es giebt Linien, die im hohen Grade liberal sind; auf ihnen kann man stets nur die »klovwbti« finden, die andern Zei tungen sind dort beständig »schon vergriffen«. Es giebt konservative Linien, auf denen man nichts weiter als die »NosLovsLija >Vjsäowosti« verkauft; es giebt endlich auch Linien, wo in fast souveräner Weise »klovoj« ^Vrewja« herrscht, ja sogar solche, wo man überhaupt keine Zeitung der Residenzen finden kann. Diese sonderbaren Eigenschaften, sowie auch alle hier bezeichneten Mängel des russischen Eisenbahnbuchhandels erklären sich daraus, daß alle russischen Eisenbahnlinien an fünf bis sechs Personen verpachtet sind, die für das Recht des Handels unsinnige Summen an die Bahnverwaltung zahlen und nun natürlich ihrerseits suchen, dies alles mit Wucher von den Passagieren wieder einzubringen. Die meisten dieser sogenannten Kontrahenten haben ihr eigenes Verlagsgeschäft, für das der Eisenbahnbuchhandel ein wichtiges Absatzfeld bildet. Wie leistungsfähig dieser Markt ist, kann man daraus ersehen, daß nur für ihn allein einige spezielle Verlagsunternehmungen geschaffen worden sind. Dahin ge hören die Verlagsgeschäfte von Gringmut und Jefimow in Moskau. Und wie sehr sich in Rußland die Ansicht ein gebürgert hat, der russische Reisende sei leichtsinnig, beweist unter anderm die folgende Thatsache. Herr Gringmut, der sich in den Spalten der von ihm herausgegebenen Zeitung »Nosstovskija IVjoäowostl« so viel vergebliche Mühe giebt, die russischen »Phantasten«*) zu veredeln und zu zügeln, läßt für seine Bücherschränke durch ihren Cynismus widerwärtige Albums von allerlei »Pariser Salons«, leicht fertige Boulevard-Romänchen und -Geschichtchen ungehindert durchgehen. Zur Ehre des russischen Reisenden muß man aber sagen, daß die ihm zugedachte Ware dieser Art lange auf den Bücherregalen stehen bleibt. Als die Entwicklung in dieser Richtung vor sich ging, brachte der Eisenbahnbuchhandel den Monopol-Inhabern lange Zeit große Gewinne. Allein das Steigen der Einnahmen der Verleger und Kontrahenten entging der Aufmerksamkeit der Inhaber der Eisenbahnlinien nicht, und parallel damit begann nun auch die Pachtsumme kür das Recht des Handels zu wachsen. Es giebt Linien, wo diese Summe gegenwärtig 40 000 Rubel jährlich beträgt. Zu Anfang war sie hier um einige Male kleiner. Es ist nun zwar in dieser Zeit sowohl der Umfang des Handels, als auch überhaupt des Reiseverkehrs gestiegen; aber in jedem Falle hat das Steigen der Pacht ganz unverhältnismäßig das Steigen des *) D. h. die Leute mit liberalen Bestrebungen. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 69. Jahrgang. Wertes der gepachteten Gegenstände überschritten. Die früheren großen Einkünfte der Kontrahenten sind wesentlich zurückgegangen; die Mehrzahl derselben klagt schon über ihre Lage und führt das einmal eingerichtete Geschäft nur aus Gewohnheit fort. Sonach genügt das gegenwärtige System des Eisenbahn buchhandels nicht nur nicht den Interessen des Publikums, sondern nicht einmal denen seiner Besitzer; es ist nur vorteil haft für den Bahnhaushalt, der ohnehin durch einen hohen Prozentsatz der Rentabilität gesichert ist. Man sagt, der von den Kontrahenten in Bezug auf den Handel mit Preß- erzeugnissen erhobene Betrag werde zu wohlthätigen Zwecken beim Eisenbahnpersonal verwendet. Das wäre ja ganz schön, wenn es für diesen Zweck nicht andre Einnahmequellen geben könnte In einer Wirtschaft aber, wo der normale Prozentsatz der Rentabilität nicht nach Einern, sondern nach Zehnern bemessen wird, und wo die Direktoren größere Gehalte beziehen als die Minister — in einer solchen Wirtschaft das System der internen Wohlthätigkeit auf der Grundlage des Buches zu errichten, scheint uns ungerecht und nicht normal zu sein, weil sich unter diesen Bedingungen das Buch und eine gute Lektüre als Gegenstände des Luxus, nicht aber des ersten Bedürf nisses erweisen. Wir haben hier nur die wichtigsten Mängel und Lücken in der Organisation des russischen Eisenbahnbuchhandels angeführt und im Laufe des Artikels besprochen. Es stellt sich ganz naturgemäß die Frage ein, wie sie beseitigt werden können. Das Hauptübel liegt unsrer Ansicht nach in dem System der Pachtungen, das auf diesem Gebiete ge übt wird. Die Konkurrenz von fünf bis sechs Personen, die das ganze russische Eisenbahnnetz unter sich verteilt haben, erhöht fortwährend die Pachtsumme; es werden daher allerlei Maßregeln ergriffen, um möglichst viel Ware abzusetzen. In der Hast nach diesem Absatz läßt man sich sogar auf so un saubere Mittel ein, wie die Reizung der sinnlichen Triebe des Menschen eins ist. Es wird dem Passagier wissentlich Schmutzliteratur vorgelegt, nur um Nachfrage nach ihr zu schaffen Solche Manipulationen schädigen natürlich den Buch handel und setzen ihn in den Augen des Publikums herab. Aber es läßt sich auch kaum rechtfertigen, daß der Eisenbahn buchhandel in den Händen einiger Personen monopolisiert wird zum Nachteil der Mehrheit Er muß allen nach gleichem Recht überlassen werden. Als einigendes Element könnte in diesem Falle der russische Verein der Buchhändler und Verleger dienen. Bei einer kollektiven Einrichtung des Handels würde sich das Netz der Bücherschränke zweifellos erweitern, und diese würden, mit den Verlagswerken aller am Geschäft Beteiligten gefüllt, die gewünschte Mannig faltigkeit und Vollständigkeit des Inhalts erhalten. Dann könnte auch von dem größten Teil der oben erwähnten Er scheinungen nicht mehr die Rede sein. L. Kleine Mitteilungen. Die ungeteilte Arbeitszeit in deutschen kauf männischen Betrieben. — Nach den Erhebungen der Reichs- kommtssion für Arbeiterstatistik, die in einem soeben ver öffentlichten Berichte der Kommission niedergelegt sind, giebt der -Deutsche Reichsanzeiger- einen Auszug über die Versuche mit Einführung der ungeteilten, durchgehenden täglichen Arbeitszeit. Mit Bezug auf deren Einführung in Fabriken und Werkstätten bemerkt die Kommission, daß man praktische Erfolge in größerem Umfange in absehbarer Zeit mit ihr nicht erzielen wird, da die Verhältnisse in Industrie und Gewerbe sich ihr ent gegenstellen und eine Umgestaltung nur auf dem Wege langsamer Entwickelung möglich ist. Im kaufmännischen Beruf hat man dagegen in den letzten Jahren zahlreiche Versuche mit der Einfüh rung der durchgehenden Arbeitszeit nach englischem Vorbild ge macht, und man scheint überall mit dem Erfolge zufrieden 996
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