Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.10.1902
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1902-10-17
- Erscheinungsdatum
- 17.10.1902
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19021017
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190210172
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19021017
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1902
- Monat1902-10
- Tag1902-10-17
- Monat1902-10
- Jahr1902
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
8390 Nichtamtlicher Teil. 242, 17. Oktober 1S02. holung die Zeit geboten. Seit etwas mehr als 45 Jahren, d. h. als ich noch im Westermannschen Hause, noch nicht mein eigner Herr war, ist ein Teil meiner Zeit am Sonn tage dem Geschäft gewidmet gewesen. Kaum jemand hat mich davon abbringen können. Mit der Zeit und angesichts der günstigen Resultate ungestörten Nachdenkens und Schrei bens habe ich, wenn nicht das Wetter allzu verlockend war oder andres mich abhielt, einen größern Teil der Sonntags stunden zu Arbeiten für das Geschäft benutzt. Das hat mich nicht zum Atheisten gemacht, hat meiner Moral und auch meiner Gesundheit nicht geschadet. Im Gegenteil, um so vergnügter bin ich am Montag früh mit meinen Vorarbeiten für die Gehilfen an mein Pult gegangen. Es klingt recht schön: -Von sechs Uhr an gehöre ich ganz meiner Familie.« — Warum sollte das nicht sein für diejenigen, die sich das leisten können? Aber sie sollten's denen, die nicht so günstig gestellt sind, nicht verdenken, wenn diese nicht gleich pünktlich um sechs Uhr das Lokal schließen bezw. mit der Arbeit aufhören. Es klingt auch schön: »Unser Geschäftslokal wird von neun bis fünf Uhr geöffnet sein. »Wie aber, wenn ein Kon kurrent, der dieselben Artikel wie die neue Firma führt, aus Rücksicht auf die Kundschaft von acht bis sechs Uhr offen hält? Diesen Gegenstand gestatte ich mir der Beachtung und Ueberlegung aller derer anheimzugeben, die mit Konkurrenz zu rechnen haben. Ohne Zweifel sind so manche Existenzen nicht vorangekommen, weil Prinzipal und auch Gehilfen sich's bequem machten. » Neben solchen giebt es bekanntlich andre Leute, die trotz aller Mühe, aller Gewissenhaftigkeit, infolge ungünstiger Umstände nicht vorwärts kommen. Und anderseits giebl's wieder Leute ohne sonderliche Intelligenz, ohne sonderliche Arbeitskraft u. s. w., die vom Glück begünstigt sind und »Geld wie Heu« machen. Das hält aber gewöhnlich nicht sehr lange aus, erweist sich nicht zu ihrem Vorteil. Mir ist das wenige lieber, was ich mit vieler Mühe erworben habe. * * * Die vorstehenden Skizzen habe ich für die jüngern Leute auf's Papier gebracht, für Anfänger, die noch in der Lage sind, sich des Angewöhnens überflüssiger Bedürfnisse zu enthalten, noch jung genug, um sich zu flerßigen, gewissen haften, verläßlichen Geschäftsmännern heranzubilden. Ein Mann, der mit Lust und Liebe bei der Arbeit ist, sich nicht um dies und jenes herumdrückt, sondern lieber etwas mehr thut als seine Schuldigkeit, ist in dieser Zeit der ver kürzten Geschäftsstunden bezw. des Antagonismus zwischen Arbeitgebern und Arbeitern ziemlich sicher, Anerkennung zu finden. Das liegt füglich im Bereiche eines jeden außer etwa desjenigen, der, reicher Eltern Kind, den Nachteil hat, in Bezug auf Genüsse und Vergnügungen verzogen worden zu sein. Ferner ist noch zu erwähnen, wie junge Buchhändler, die ihren Weg in der Selbständigkeit machen wollen, sich klar darüber werden sollten, daß ihr flottes Leben (vulZo »Bummeln«) auf der einen Seite, auf der anderen aber ihr arbeitsames und solides Leben, bei der Krediteröffnung eine wichtige Rolle spielt, bezw. den Erfolg ihres Unternehmens entscheidet. In Amerika wird von Bradstreet und Dun L Co. darüber berichtet — vermutlich thut Schimmelpseng dasselbe. Das steht doch schon lange fest, daß der lustigste Gesell schafter nicht immer der prompteste Zahler, der wünschens werteste Geschäftsfreund ist — und, als Einer, hüte ich mich vor solchen Leuten; ordentliche, wenn auch »trockene« und schweigsame, sind mir viel lieber. Das ist das Resultat meiner Erfahrung. Ja, mit der Zeit wird man klüger und ändert seine Anschauungen. Ich stehe nicht an zu erklären, daß ich mit meiner jetzigen Er fahrung Unzähliges nicht wieder thun würde, was ich vor Zeiten gethan habe. Aber die Zeiten kommen nicht wieder, und die Gelegenheiten, etwas besser zu machen, auch nicht. * * * Um nochmals auf meine Biographie zurückzukommen. Herr 8. spricht von einer neuen, revidierten Ausgabe, die ich mit Zusätzen herausgeben solle. Dagegen wiederhole ich, daß mein Buch mit all seinen Mängeln dazu dienen soll, eine Anzahl Berufsgenossen zn veranlassen, daß sie ihre Erlebnisse zusammenstellen und veröffentlichen. Es ist, wie gesagt, nicht schwer, ein Buch zu liefern, das besser ist als das meinige. Und dieser Gedanke soll die andern aufmuntern. Weiter will ich bemerken, daß natürlich niemand imstande gewesen wäre, richtig darzustellen, was ich in meiner Bio graphie und in diesen »Plaudereien« über mich gesagt habe — darum habe ichs selbst gethan. Herr 8. bittet, daß ich mit meinen Vorschlägen (in Be kämpfung des Schleuderns) nicht zurückhalte. Nun, dieses Ersuchen hat mich zu den gegenwärtigen weitschweifigen Plaudereien veranlaßt, weil ich der Meinung bin, daß eine genaue Kenntnis der Verhältnisse in Nord amerika vorhanden sein muß, bevor man Anlräge stellen und Vorschläge machen kann. Das zu thuu, will ich den Herren Verlegern in Deutschland überlassen, die in der Angelegen heit interessiert sind. Ein jeder wird nun ungefähr beurteilen können, ob für diesen oder jenen seiner Artikel in Nordamerika die Möglichkeit eines Erfolges vorhanden ist. Er wird nun auch wissen, daß es nicht genügt, Briefe mit der Bitte um Verwendung zu schreiben. Mehrmals habe ich solche Briefe erhalten, die angeblich an mich allein gesandt waren. In Wirklichkeit hatten andre Kollegen hier gleichlautende An träge bekommen. Eins aber will ich beantragen, nämlich: daß Verleger aufhören, deutschländischen Buchhändlern erhöhten Rabatt zu geben auf die Angabe hin, das Bestellte sei »für Export«. Ein jeder Verleger sollte vorsichtig darin sein. Nicht un wahrscheinlich ist, daß mit »erhöhtem Rabatt« infolge solcher Angaben die nordamerikanischen Buchhändler geschädigt werden — und der Verleger hat keinen Vorteil. Und dann muß — selbstverständlich — die Ansicht auf hören, daß in Anbetracht der Schenkungen, welche für Biblio theken gemacht werden, die amerikanischen Buchhändler »un verschämt« seien, weil sie mehr als 25 Prozent Rabatt beanspruchen (s. Börsenbl. 85, S. 3163). Ferner ist es zwecklos, amerikanischen Buchhändlern Partien anzubieten, von deren Bezug ein höherer Rabatt satz abhängt. Die gewöhnliche Folge ist, daß an dem übrig bleibenden Teile einer Partie viel mehr verloren wird, als an den mit Mühe und Kosten poujsierten und abgesetzten Exemplaren profitiert worden war. Was in dieser Be ziehung amerikanische Buchhändler etwa früher gethan haben, ist bei den ungünstiger gewordenen Verhältnissen heutzutage nicht mehr von ihnen zu erwarten. Unter andern Umständen können Verleger nicht mehr auf das Interesse der amerikanischen Buchhändler rechnen. Weiter will ich bemerken, daß Probe-Exemplare gratis kommen müssen. * Da meine »Plaudereien« viel Unangenehmes enthalten, so verhehle ich mir nicht, daß sie bei vielen einen unlieb samen Eindruck machen und mir keine neuen Freunde zu führen werden. Sei es so! Ich will trotzdem versuchen, heiter und zufrieden und bis ans Ende meiner Tage meiner Ueber- zeugung entsprechend zu wirken im Interesse des deutschen Buchhandels. New Uork, 18. September 1902.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder