Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.02.1882
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1882-02-20
- Erscheinungsdatum
- 20.02.1882
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18820220
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-188202207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18820220
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1882
- Monat1882-02
- Tag1882-02-20
- Monat1882-02
- Jahr1882
-
777
-
778
-
779
-
780
-
781
-
782
-
783
-
784
-
785
-
786
-
787
-
788
-
789
-
790
-
791
-
792
-
793
-
794
-
795
-
796
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
780 Nichtamtlicher Theil. 4L, LO. Februar. das Wort sich vom griechischen „Tragos" (Bock) herleitet, denn wo irgend ein rechter Bock geschossen wird, da heißt es gleich „tragisch". Unentbehrlich sind mir ferner einige Ausdrücke, die mir bei allem Lob doch ein Hinterpförtchen offen lassen. Ich kann Bücher, die ich höchst geschmacklos finde, „geschmackvoll" nennen, denn über den Geschmack läßt sich bekanntlich nicht streiten und einem Andern mag ja das Zeug ganz gut gefallen. Ich stehe keinen Augenblick an, ein Buchdrama, das mich in hohem Grade langweilt, „interessant" zu nennen, denn mein Gott, was mich langweilt, kann einen Andern unterhalten, ich habe nicht das Recht, die Aufnahmsfähigkeit meines Geistes als die durch schnittliche der Menschheit zu betrachten. „Langweilig", das wäre ein subjectives Urtheil, „interessant" ist ein objektives, weil cs allen Standpunkten gerecht zu werden sucht. Sehr wohlklingend und nach dieser Richtung zweckmäßig ist auch das so beliebte Wort „sympathisch". Sympathien sind eben unmeßbar, unwägbar, sie sind die Imponderabilien der Geschmackswelt. Es gibt schlechterdings nichts, was nicht Jemandem sympathisch sein könnte. Ich nenne also mit ruhigem Gewissen Alles sympathisch, was meine Antipathie erregt, denn gerade das wird wahrscheinlich bei anders organisirtcn Leuten Sympathie erwecken, und ich schreibe ja nicht für mich, sondern für Andere. Nur noch einen Kunstausdruck möchte ich hier anführen, der mir im Lause der Jahre ein wahrer Segen geworden ist, besonders wenn ich sogenannte „Geschenkliteratur", angebliche Prachtwerke zu kritisiren hatte, bei denen der Einband die Hauptsache war. Wenn ich so ein effectvolles (s. oben) Object vor mir habe, mit Zierrathen aller Art in Blinddruck, Hoch druck, Buntdruck, Golddruck überladen, nach gothisch-romanisch- byzantinisch-orientalischen Motiven, so nenne ich das ohne Zögern „stilvoll", denn es ist ja wirklich aller möglichen Stile voll. Dieses Wort hat seither in den kritischen Rubriken der Zeitungen unerhörten Anklang gefunden und wird nach meinem Vorgänge (wie ich wohl rühmen darf) jetzt so ziemlich aus Alles an gewendet. Die neue Villa des Herrn Bankiers Goldstaub, das Jubilänms-Album, welches dem Herrn Direktor der Stolpe- Danziger elektrischen Eisenbahn überreicht wurde, die Toiletten auf dem Costümballe der Frau von Müllermayer, das herrliche Blumenkissen für die gefeierte Ballerina Signora Conamore re., das ist nach der einstimmigen Versicherung der Localcorrespon denzen und Reporter im höchsten Grade „stilvoll". Mit diesem Ausdrucke, der auf Alles paßt, fordert man die ganze moderne Kunstindustrie in die Schranken. Doch genug. Ich habe mich gedrungen gefühlt, diese öffentliche Generalbeichte abzulegen. Wenn ich Sünden begangen habe, so that ich dies doch nicht in der Absicht, dadurch einen Tugendpreis zu verdienen. Nein. Verdamme mich, wer will. Verzeihe mir, wer kann. Vor allem aber verstehe mich recht, wer künftighin meine Bücherkritiken liest. Miscellen. Anfrage. — Ist ein Verleger rechtlich verpflichtet, baar mit Remissionsberechtigung bis zu einem bestimmten Termine gelieferte Verlagswerke dann noch zurücknehmen, bez. baar wieder einzu lösen, wenn der genau bestimmte Termin bereits (eventuell selbst nur um einen Tag) verflossen ist? — Beispiel: Der Verleger L. offerirt eine Novität mittelst Circular fest oder baar mit Remissions berechtigung bis 31. Dec. Sortimenter 8. und 0. bestellen unter letzterer Bedingung Exemplare, welche den Bestellern unter Bei fügung (Anheftung an der Factura) des betreffenden Original- Verlangzcttels (worauf die betreffende Remissions-Notiz befindlich) ausgeliefcrt werden. Sortimenter L.'s Retourpackct wird nun beim Verleger am 2. Jan. n. I., das des 0. am 9. Jan. zur Rück- lösnng präsentirt. Ist nun der Verleger verpflichtet, diese ihm zu spät zurückgegebcnen Pallete noch zu honoriren bez. anzu nehmen? — Wenn ich auch, unter Berücksichtigung der Verhält nisse, keinen Anstand genommen habe, auch solche Remittendcn noch einzulösen, die mir in der ersten Woche des Jan. Präsentirt wurden, obschon ich dazu schwerlich verpflichtet war, so glaubte ich doch solche mit Recht zurückweisen zu dürfen, die mir erst in der zweiten Woche des Jan. vorgelegt wurden. — Da mir aus einen derartigen Fall hin von Seiten eines Sortimentes ein geharnischter Brief zuging, in welchem er die Zurücknahme erzwingen wollte und mir drohte, falls ich mich noch länger weigern würde, sein Packet (in der 2. Woche mir Präsentirt!) retourzunehmen, mein Verfahren im Börsenblatt bekannt zu geben, so wäre es mir sehr angenehm, über diesen streitigen Punkt ein definitives Wort an dieser Stelle zu hören. — x. — Verbot von Zola's „Nana". — Vor der vierten Straf kammer des Berliner Landgerichts wurde dieser Tage eine Anklage gegen drei Buchhändler, die Herren Neuenhahn, Klönne und Steinitz, wegen des Vertriebes von Emile Zola's ins Deutsche übertragenem Roman „Nana", welcher in Pest verlegt ist, verhandelt. Der Anklage lag nur das erste Hest des Buches zu Grunde, das in allen noch Vorgefundenen Exemplaren in den Geschäften der An geklagten confiscirt worden ist. Der Staatsanwalt verzichtete aus jenen Theil der Anklage, der sich auf die subjektive Schuld der Angeklagten in Bezug auf die Verbreitung unsittlicher Schriften bezog, da nach der Vernehmung der Angeklagten angenommen werden mußte, daß dieselben keine Kenntniß von dem Inhalte des durch sie verbreiteten Romanes gehabt hätten und ihnen mithin ein Dolus nicht nachgewiesen werden konnte. Dagegen entschied der Gerichtshof, daß die Beschlagnahme aufrecht zu erhalten sei, da gewisse Stellen des Romans gegen das Strafgesetzbuch ver stoßen. Dem Einwande des Vertheidigers, daß Zola nicht nach einzelnen Stellen seines Buches verurtheilt werden könne, sondern nach dem Zusammenhänge jener Romanreihe der Rougon-Macquart, die Culturbilder der französischen Gesellschaft vorsühren, setzte der Gerichtshof entgegen, daß er durchaus nicht daran zweifle, daß Zola beabsichtigt habe, seiner Nation einen Spiegel ihrer Sittenlosigkeit vorzuhalten; allein das könne doch keineswegs für den Gerichtshof maßgebend sein, der es hier lediglich mit den einzelnen Ausschreitungen zu thun habe. (Allg. Ztg.) Während der zweiten Hälfte des Monates Mai wird in Madrid ein pädagogischer Congreß und gleichzeitig eine Aus stellung von Lehrmitteln stattfinden. Anmeldungen von Aus stellungsobjekten aus dem Auslande sind an die Lzoneia inter national I>ara comisionos literarias in Madrid, Tudescos 39, (Leipziger Commissionär: Eduard Kummer) in deutscher, franzö sischer oder spanischer Sprache zu richten. In Frankreich gibt es gegenwärtig, wie die letzte Volks zählung ergeben haben soll, 1200 Romanschriftstellerinnen, 400 Uebersetzcrinnen belletristischer Werke des Auslandes, 300 Verse veröffentlichende Damen und an 100 Journalistinnen. Personalnachrichtcn. Herr H. Michaelis in Könitz i/Wpr. ist vom Prinzen Friedrich Carl von Preußen zu seinem Hoflieferanten ernannt worden.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht