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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.10.1902
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- 1902-10-28
- Erscheinungsdatum
- 28.10.1902
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- Deutsch
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8744 Nichtamtlicher Teil. 251, 28. Oktober 1902. auch von despotischen Maßnahmen des heimischen Regiments betroffen. Auch gute und glückliche Jahre sind ihm beschieden gewesen, persönliche Förderung durch wohlgeneigte Landes herren, die es von Markgrafen zu Königen und Kaisern hat aufsteigen sehen, glückbringende Unternehmungen, wachsender Wohlstand, Achtung und Ansehen. In dieser wcchselvollen Gestaltung birgt die Geschichte des einzelnen Hauses zugleich ein Kulturbild von großer Unmittelbarkeit der Darstellung und von geschichtlichem Wert. Wir wollen versuchen, das Bild nachzuzeichnen, in knappen Zügen der Erzählung des Verfassers zu folgen. Freilich müssen wir uns dabei auf nüchterne Umrißlinien, auf trockne thatsächliche Berichter stattung beschränken. Die Gründer des Hauses waren die Brüder Hans und Samuel Kalle, denen der Markgraf Johann Siegismund am 10. Mai 1614 das Privileg zur Errichtung einer Buch handlung in Berlin erteilte. Nicht daß es bis dahin an einer Buchhandlung in der markgräflichen und kurfürstlichen Residenzstadt gefehlt hätte. Der erste und älteste Berliner Buchhändler war Hans Werner, der sein Privileg am 18. Oktober 1594 von Johann Georg empfangen hatte und am 14. Oktober 1600 durch Joachim Friedrich in seinem Besitz bestätigt worden war. Allein Hans Werner hielt es in dem lebhaften Theologenstreit zwischen Lutheranern und Reformierten mit ersteren und weigerte sich, die Schriften der Reformierten zu führen, obwohl Johann Siegismund das wünschte, nachdem er sich am Weihnachtstag 1613 öffent lich zur kalvinistischen Lehre bekannt hatte. Der Kurfürst griff zu einem wirksamen Mittel, um seinem Willen Ge horsam zu schaffen. Er setzte dem widerspenstigen Hans Werner einen Konkurrenten zur Seite. Zwar bekehrte er ihn damit nicht, scheint ihn aber nachhaltig geschädigt zu haben. — Religiöse Streitigkeiten sind es also, die die Kallesche Buchhandlung ins Leben gerufen haben, das Stammhaus der Haude L Spenerschen, die nun bald auf drei Jahr hunderte zurückblicken wird und bei weitem die älteste Buchhandlung der Reichshauptstadt ist. (Als ihr im Alter zunächststehende kommen folgende drei Buchhandlungen in Betracht: die Weidmannsche sgegründet 1680j, die Nicolai- sche s1682j und die Vossische s1693j). Bemerkenswert ist, daß beide Gebrüder Kalle keine »ge lernten« Buchhändler waren, sondern als Söhne des Buch bindermeisters Kaspar Kalle der ehrsamen Zunft des Vaters angehörten. Zwischen Buchhändlern und Buchbindern bestand damals ein völlig andres Konkurrenzverhältnis, als die Gegenwart es zeigt. Die Ansprüche der Parteien haben inzwischen gewechselt. Während es jetzt der Buchhändler ist, der mit Verdruß auf den buchhändlerischen Sortimentsbetrieb des Buchbinders blickt, empfand es die damalige Buchbinder- Innung als Gewerbestörung und als Uebergriff, wenn der Buchhändler sich unterstand, seine litterarische Ware anders als in rohen Bogen zu verkaufen. Daraus ergab sich denn mancherlei Gezänk, das uns Nachgeborne sonderbar anmutet. Das Gesellschaftsverhältnis der beiden Brüder dauerte nur ein Jahr. Samuel Kalle trat schon 1615 in sein Hand werk zurück. Als alleiniger Inhaber verblieb Hans Kalle, der als ein hochfahrender, streitsüchtiger Mann geschildert wird, mit der Buchbinder-Innung, dem Bruder und auch dem eignen Sohne in Unfrieden lebte, doch auch das Zeug dazu in sich gehabt zu haben scheint, um sein Schifflein durch die Schrecken des dreißigjährigen Krieges zu steuern Was er von einstigem Gewinn und Besitz aus diesen Stürmen schließlich in den Hafen gebracht hat, scheint freilich ein übel zugerichtetes Wrack gewesen zu fein. Der Laden Hans Kalles war an der »Stechbahn« ge legen, in der Nachbarschaft des kurfürstlichen Schlosses. Neben dem Kleinverkauf bethütigte sich der unternehmende Mann auch im Verlag. Gustav Schwetschkes Meßjahrbücher (6oäsx nunckirmrius gsrms.vig.8 Iit8rg.t»s bissenlarich verzeichnen in den Jahren 1615 bis 1632 mit Unterbrechungen je ein bis sechs Verlagswerke, die Johann Kalle aus Cölln an der Spree nach Leipzig zur Messe gebracht hat. Nach 1632 scheinen die Kriegsnöte hemmend in die weitere Verlagsthätigkeit ein gegriffen zu haben. Erst später, 1645, und dann noch ein mal, 1657, findet sich wieder ein Buch aus Kalles Verlag bei Schwetschke verzeichnet. Das Buchhandlungsprivileg Hans Kalles war 1640 vom Großen Kurfürsten erneuert worden. Aber der Krieg mit seinen Begleiterscheinungen hatte auch in Berlin-Cölln so schrecklich gewütet, daß die Einwohnerzahl von 12 000 auf 6000 gesunken war, viele Häuser leer standen, viele von der Pest durchseucht waren, an geregelten, gewinnbringenden Handel nicht zu denken war. So verkaufte denn im Jahre 1659 Hans Kalle die Buchhandlung an Rupert Völcker, der diese schon in den letzten Jahren zuvor verwaltet hatte. Rupert Völcker war nicht, wie Kalle, der neben der Buchhandlung noch eine Buchbiuderwerkstatt gehalten hatte, Buchbinder, sondern eröffnet die Reihe der berufsmäßigen Buchhändler, die von nun ab im Besitz des Geschäfts in langer Reihe einander folgen. Diese Eigenschaft als Buchhändler hat ihm durch unablässige Anfeindung der in ihren Rechten gekränkten Buchbinder das Leben schwer gemacht. Erst 1690, also nach mehr als dreißig jährigem Kampf, machten Vergleichsvorschläge Völckers unter Vermittlung des Kurfürsten Friedrich III. dem von den Buchbindern mit Erbitterung geführten Streit ein Ende und schufen dem Beruf des Buchhändlers endlich die selbst ständige, von Jnnungsbeschränkungen des Buchbinderhand werks unabhängige Stellung, die seiner Bedeutung zukam. Die Verlagsthätigkeit Rupert Völckers war nicht un bedeutend. Von 1660 bis 1697 hat er 306 Verlagswerke zur Messe nach Leipzig gebracht. Doch erfuhr seine Unter nehmungslust eine starke Verminderung, als ihm 1693 in Johann Michael Rüdiger, dem Gründer der späteren Vossi- schen Buchhandlung (und Zeitung) ein gefährlicher Konkurrent erwuchs. Unter seinen Verlagswerken befanden sich übrigens zwei recht gangbare Werke, nämlich das 6orpus juris milltsri8 von Schultz und die sehr verbreitete »König liche Frantzösische OrLmmsttos« von äss Usplisrs. — Außer seiner Berliner Handlung betrieb Rupert Völcker noch Zweig geschäfte in Frankfurt a/Oder und andern Städten der Mark. Er scheint also ein unternehmender, geschäftstüchtiger Mann gewesen zu sein. Rupert Völcker starb 1697, und zwar (infolge der Konkurrenz Rüdigers) von Geldsorgen hart bedrängt, so daß sein Sohn und Nachfolger Johann Völcker das Berliner Geschäft nicht halten konnte und sich auf das Frankfurter Zweiggeschäft zurückzog. Das Berliner Geschäft verkaufte er am 9. Oktober 1700 an den Buchhändler Johann Christoph Papen. Dieser hatte den Buchhandel bei Georg Heinrich Frommann in Leipzig erlernt. Vor der Geschäftsübernahme war er bei Heinrich Johann Meyers Erben in Berlin in Stellung. Er ist in der Geschichte des deutschen Buchhandels, nicht zu seinem Vorteil, durch seinen Nachdruck der von Völcker nicht mit übernommenen Pepliersschen Grammatik bekannt geworden, vr. Albrecht Kirchhofs hat im Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels darüber berichtet (Band 15, Seite 197 u. f.). Von Bedeutung für Papens Geschäft war die im Jahre 1700 durch den Kurfürsten Friedrich III. (den spätem König Friedrich I.) erfolgte Begründung der Akademie der Wissenschaften, die das litterarische und wissenschaftliche Leben Berlins bereicherte. In Papens Verlage erschienen 1710 und 1723 die beiden ersten Bände der Veröffent-
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