Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.02.1882
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1882-02-22
- Erscheinungsdatum
- 22.02.1882
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18820222
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-188202223
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18820222
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1882
- Monat1882-02
- Tag1882-02-22
- Monat1882-02
- Jahr1882
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
814 Nichtamtlicher Theil. 44, 22. Februar. Nutzen und Seligkeit, wenn sie wollen, kommt davon Denjenigen, die gedruckte Bücher machen oder bereiten Helsen, wie das auch sein mag." „Für die, welche Kunst und Ehre lieb habe», ist jetzt eine angenehme güldene und selige Zeit, daß sie den Acker ihres Verstandes mögen Pflanzen und besäen mit so unzähligem wunderlichen Samen oder auch erleuchten ihren Verstand mit so manchen göttlichen Strahlen. Aber von Denjenigen, die Kunst nicht lieb haben, noch ihre Seele, sage ich: wollen sie, sie mögen mit halber Arbeit so viel lernen in einer kurzen Zeit, als zuvor Einer mochte in vielen Jahren." So äußerten sich Zeitgenossen über die neu ersundene Kunst. Schon Jacob Wimpheling hebt im Jahre 1507 die That- sache hervor, daß man von der Regsamkeit und Vielseitigkeit des deutschen Geisteslebens jener Zeit im Allgemeinen durch nichts eine bessere Vorstellung gewinnen könne, als durch die Betrach tung der raschen Ausbreitung der Buchdruckerkunst, die nicht allein Deutschland in allen größeren und in vielen kleineren Städten mit geistigen Werkstätten bedeckt, sondern auch in Italien, Frankreich, Spanien, selbst im hohen Norden binnen wenigen Jahrzehenden durch Deutsche «ne sichere Zufluchtsstätte ge funden habe. Nachdem „das wunderbare Geheimniß" seit der Eroberung von Mainz durch den Erzbischof Adolf von Nassau im Jahre 1462 in alle Lande ausgegangen, erfolgte eine so überraschende Ver breitung, daß sich noch jetzt bis zum Jahre 1500 die Namen von mehr als tausend Buchdruckern, größtentheils deutschen Ur sprungs, Nachweisen lassen. In Mainz selbst wurden noch im Zeitalter der Wiegendrucke nicht weniger als fünf, in Ulm sechs, in Basel sechzehn, in Augsburg zwanzig, in Cöln einundzwanzig Buchdruckereien errichtet. In Nürnberg wurden bis zum Jahre 1500 fünfundzwanzig Buchdrucker als Bürger ausgenommen. Der be deutendste unter den dortigen Druckern war seit dem Jahre 1470 Anthoni Koburger, der mehr als hundert Gesellen beschäftigte, mit vierundzwanzig Pressen arbeitete und auch noch auswärts, vornehmlich in Basel, Straßburg und Lyon drucken ließ. Eine fast ebenso große Thätigkeit, wie Koburger, entfalteten Hans Schönsperger in Augsburg und die Baseler Meister Johann Amerbach, Wolsgang Lachner, Johann Froben; letzterer gehört zu den wissenschaftlichsten Buchdruckern, welche es je gegeben hat. Eine große Reihe der tüchtigsten Männer verwandte ihre Kräfte auf die Vervollkommnung der neuen Kunst. Bereits im Jahre 1471 fing der berühmte Buchdrucker Conrad Schweynheim an, Land karten in Metallplatten zu drucken; Erhard Ratdolt machte im Jahre 1482 den ersten Versuch, mathematische und architektonische Figuren durch die Presse zu vervielfältigen; Erhard Oeglin er- sand die Kunst des Notendruckes mit beweglichen Lettern*). Während so in Deutschland ein fröhliches Schaffen sich Bahn brach, verbreiteten deutsche Drucker die neue Kunst nach Subiaco und Rom, nach Siena, Venedig, Foligno, Perusia, Modena, Ascoli, Urbino, Neapel, Messina und Palermo. Bis zum Ende des fünfzehnten Jahrhunderts tras man in Italien über hundert deutsche Buchdruckereien an. Einem deutschen Drucker in Foligno, Johann Numeister, verdankt Italien die erste Ausgabe von Dante's „Göttlicher Comödie" vom Jahre 1472, und ebenfalls einem deutschen Meister die erste mit einem Com- mentar versehene Ausgabe vom Jahre 1481. Eine säst ebenso rasche Verbreitung wie in Italien fand die Typographie durch deutsche Meister in Frankreich und Spanien. In Spanien belief sich die Zahl der deutschen Druckereibesitzer bis etwa zum Jahre 1500 auf mehr als dreißig, die in Valencia, *) Unabhängig von der Erfindung des Ottaviano dei Petrucci. Saragossa, Sevilla, Barcelona, Tolosa, Salamanca, Burgos und in anderen Städte», nach dem Zeugniß Lope de Vega's, als „Waffenschmiede der Bildung" thätig waren. Der Nürnberger Arzt Hieronymus Münzer, der im Jahre 1484 —1495 die Pyrenäische Halbinsel bereiste, fand sogar in dem erst zwei Jahre vorher von der arabischen Herrschaft befreiten und noch von Arabern bewohnten Granada drei Buchdrucker aus Straßburg, Speyer und Gerleshofen. Zwei andere Buchdrucker aus Nördlingen und Straßburg ließen sich auf der ungesunden afrikanischen Insel St. Thomas nieder. Unter den vielen deutschen Buchdruckern in Portugal wurde Valentin Ferdinand im Jahre 1503 zum Schildträger der Königin Leonore ernannt; alle Drucker erhielten dort durch Teeret des Königs Johann II. die Rechte der Edelleute des königlichen Hauses. Im Aufträge des Königs Don Immanuel gab der deutsche Buchdrucker Hermann van Kempen im Jahre 1516 in Lissabon den Cancioneiro des Garcia de Resende heraus, eine umfassende Sammlung von Liedern der höfischen Dichterschule, ein Werk von grundlegender Wichtigkeit für die Geschichte der portugiesischen Literatur. Nach Ofen wurde die „deutsche Kunst" im Jahre 1473, nach London 1477, nach Oxford 1478, nach Dänemark 1482, nach Stockholm 1483, nach Mähren 1486 verpflanzt.*) „Wie ehemals die Sendboten des Christenthums hinaus zogen", sagt Wimpheling, „so ziehen jetzt die Jünger der heiligen Kunst aus Deutschland in alle Lande aus, und ihre gedruckten Bücher werden gleichsam Herolde des Evangeliums, Prediger der Wahrheit und Wissenschaft." „Wieviel jedwede Classe der menschlichen Gesellschaft", schrieb im Jahre 1487 Adolf Occo, der Leibarzt des Augsburger Bischofs Friedrich, an den Drucker Ratdolt, „heutzutage der Druckkunst verdankt, welche durch des allmächtigen Gottes Erbarme» in unserer Zeit ausleuchtetc, das wird jeder Vernünftige unschwer zu beurtheilen wissen. Wenngleich alle ihm zu Dank verpflichtet sind, so ist es doch in ganz besonder»! Grade Christi Braut, die katholische Kirche, welche infolgedieserKunstneu verherrlicht, nunmehr reicher geschmückt ihrem Bräutigam entgegengeht, da dieser sie mit Büchern göttlichen Wissens in Ueberfluß ausgestattet hat." Alle edleren Geister der Zeit wollten die neue Kunst nicht etwa bloß als ein Geschäft zur Erzielung materiellen Gewinnes betrachtet wissen, sondern als ein neues Mittel christlicher Missions- thätigkeit, die vor allem dem Glauben, der Kirche und damit zugleich auch aller Wissenschaft und Bildung zu gute komme. Darum nannten die „Brüder vom gemeinsamen Leben" in Rostock in einem ihrer ersten Drucke vom Jahre 1476 die Buchdrucker kunst „die Lehrerin aller Künste zum Besten der Kirche"; sich selbst bezeichneten sie wegen ihrer Thätigkeit im Drucken als „Priester, die nicht durch das Wort predigen, sondern durch die Schrift". Aus gleichem Grunde wurden auch von Seiten der Bischöfe, zum Beispiel von Rudolf von Scherenberg und Lorenz von Bibra von Würzburg, Ablässe für den Kaus und die Ver breitung der Bücher ertheilt. Ueberhaupt fand, gemäß dieser Ausfassung des Bücherdruckes einerseits und gemäß der Aufgabe des Klerus anderseits, die neue Kunst gerade unter diesem die rührigsten und kenntniß- reichsten Unterstützer. Allerwärts entstanden Klosterdruckereien, zum Beispiel im Aargauer Chorherrenstist Beromünster im Jahre 1470, im Benedictinerstift St. Ulrich und Asra in Augs- *) Nach den neuesten Forschungen scheint es sich zu bestätigen, daß die (kölner Buchdruckerkunst die Mutter der holländischen und englischen gewesen ist, vergl. v. d. Linde 259 u. ff.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder