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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.01.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-01-26
- Erscheinungsdatum
- 26.01.1903
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- Deutsch
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714 Nichtamtlicher Teil. ^ 20, 26. Januar 190S. Nichtamtlicher Teil Zum Urheberrecht. Können Sortimentsbuchhändler für Verbreitung nachgedruckter Exemplare haftbar gemacht werden? Fl Es ist bei der bisherigen Anwendung des Urheber rechtsgesetzes schon wiederholt bemerkt worden, daß sich in der Behandlung desselben eine Tendenz zur Ausdehnung seiner Vorschriften und der Tragweite derselben über die Grenzen hinaus die für den Gesetzgeber die maßgebenden waren, bemerkbar macht. Zwar bietet die bisherige Recht sprechung der Gerichte kaum eineu Anlaß hierüber zu klagen; vielmehr läßt sich die Anerkennung nicht zurückhalten, daß die Judikatur bestrebt ist, den Auslegungsversuchen entgegen zutreten, aus die man das bekannte Wort anwenden könnte, daß man niemals so weit gehe, als wenn man nicht wisse, wie weit man gehe. Um so mehr macht sich aber diese Tendenz in der Erörterung bemerkbar, die das Gesetz in der Presse findet, und den im Verlauf derselben zum Ausdruck ge kommenen Ansichten ist es vor allem zuzuschreiben, daß in den Kreisen der Interessenten eine gewisse Unsicherheit über manche urheberrechtliche Frage bemerkbar ist, bezüglich der vor dem Erlaß des neuen Gesetzes ein Zweifel eigentlich nicht bestand. Dahin gehört auch die in der allerjüngsten Zeit wieder holt in der Tagespresse erwähnte Frage, ob eine rechtliche Möglichkeit bestehe, wegen der Verbreitung uachgedruckter Exemplare den diese verbreitenden Sortimenter — sei es strafrechtlich, sei es nur zivilrechtlich — verantwortlich zu machen. Die Frage ist, genau genommen, nicht neu. Sie hat die gutachtliche Tätigkeit der literarischen Sachverständigen oereine unter der Herrschaft des frühem Rechts schon hin und wieder beschäftigt und ist, soweit sich übersehen läßt, im allgemeinen verneinend beantwortet worden. Auf dem Standpunkt dieser Auffassung stehen auch die Motive des gelteuden Gesetzes. Diese haben es mit Recht für wichtig genug gehalten, dieser Eventualität Erwähnung zu tun. Sie sind dabei von der Feststellung der Pflichten ausgegangen, die dem Sortimenter nach den Anschauungen des bestehenden Verkehrs dem Verleger sowohl, als auch dem Publikum gegenüber obliegen, und man kam unter diesem Gesichtspunkt zu einem verneinenden Ergebnis, sowohl mit Rücksicht auf die strafrechtliche Seite als auf die zivil- rechtliche. Was zunächst die strafrechtliche Beurteilung anlangt, so ist bekanntlich nach dem geltenden Recht nur die vor sätzliche Verletzung des Urheberrechts mit Strafe bedroht. Um den Sortimenter auf Grund der betreffenden Vorschrift verurteilen zu können, müßte also festgestellt werden, daß er vorsätzlich ein Werk unter Verletzung des Urheberrechts des Urhebers gewerbsmäßig verbreitet hat. Der Eventual vorsatz genügt indessen nach anerkannter Auslegung auch zur Feststellung der subjektiven Voraussetzungen des Tat bestands. Da der Sortimenter mit der Herstellung des Werks nichts zu tun hat, auch nicht verpflichtet ist, in An sehung der ihm von dem Verleger in verkaufsfertigem Zustand zugeschickten Bücher sich vor der Verbreitung darüber zu vergewissern, ob nicht durch ihre Her stellung eine Urheberrechtsverletzung begangen worden ist, so wird regelmäßig für die Möglichkeit einer straf rechtlichen Verfolgung derselben unter dem Gesichtspunkt der gewerbsmäßigen Verbreitung ein Raum nicht gegeben sein. Nur ausnahmsweise wird die Sachlage es ermöglichen, auch den Sortimenter strafrechtlich zu verfolgen, z. B. dann, wenn der Sortimenter, nachdem ihm bekannt geworden ist, daß ein ihm von dem Verleger überschicktes Werk mittelst einer Verletzung des Urheberrechts hergestellt worden ist, den Verkauf desselben gleichwohl fortsetzt. Dies kommt aber so selten vor, daß dieser Fall nicht sowohl als ein praktischer, als vielmehr als ein für die Bedürfnisse des Lehrunterrichts konstruierter bezeichnet werden kann, und dem entspricht denn auch die Thatsache, daß die Verurteilung von Sorti mentern wegen vorsätzlicher und gewerbsmäßiger Verbreitung unter Verletzung des Urheberrechts hergestellter Werke in der Hauptsache in Deutschland unbekannt ist. Es braucht daher auch hierauf nicht weiter eingegangen zu werden, und wir können uns der Frage zuwenden, ob der Sortimenter zivil- rechtlich für die gewerbsmäßige Verbreitung solcher Werke haftbar gemacht werden kann. Die fahrlässige, gewerbsmäßige Verbreitung zu Unrecht hergestellter Exemplare verpflichtet zum Schadenersatz. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen leichter und schwerer, ein facher und qualifizierter Fahrlässigkeit; sondern es kennt nur eine Art derselben und erblickt in der Verletzung der Auf merksamkeit und Vorsicht, die man in den konkreten Ver hältnissen von jemand verlangen kann, das fahrlässige Ver halten. Berücksichtigt mau dies, so ergibt sich ohne weiteres, daß dem Sortimenter die gewerbsmäßige Verbreitung zu Unrecht hcrgestellter Exemplare nur dann als Fahrlässigkeit ungerechnet werden könnte, wenn nach den im Buchhandel bestehenden Anschauungen und Gebräuchen der Sortimenter für verpflichtet zu erachten wäre, sich über die ihm zum Vertrieb zugehendeu Bücher und sonstigen Druckwerke zu er kundigen, um festzustellen, ob ihre Herstellung in legaler oder illegaler Weise geschah. Eine solche Pflicht obliegt dein Sortimenter im allgemeinen nicht. Nicht nur kann von dem Bestehen einer Rechtspflicht dieses Inhalts keine Rede sein; sondern es läßt sich auch nicht einmal von einer moralischen Verpflichtung dieser Art sprechen. Nur ganz ausnahmsweise kann die Gestaltung der tatsächlichen Verhältnisse eine derartige sein, daß man dem Sortimenter einen Vorwurf daraus wird machen dürfen, daß er es unter lassen habe, sich vor dem Beginn des Vertriebs über diesen Punkt zu vergewissern. Eine derartige Gestaltung würde beispielsweise dann angenommen werden können, wenn der Sortimenter von einem Verleger, von dem er weiß, daß er es mit der Beachtung der Urheberrechte nicht genau nimmt und deshalb schon zivilrechtlich mit Erfolg in Anspruch ge nommen worden ist, eine Anzahl Exemplare eines Werks zu geschickt bekommt, das schon seitens eines andern Verlags angezeigt ist, oder wenn der ausländische Verfasser gegen eine Übersetzung öffentlich Einspruch erhoben und diese als Ver letzung seiner Rechte bezeichnet hat. Auch diese Fälle sind verhältnismäßig selten, und wenn oben von Schulbeispielen die Rede gewesen ist, bei deren Konstruktion mehr der Gesichtspunkt des Lehruuterrichts als derjenige der Praxis der maßgebende gewesen ist, so wird man diese Qualifikation auch auf vorstehenden Fall anwenden können. In den gutachtlichen Äußerungen, die aus der Zeit des frühern Rechts über die Frage der Haftpflicht des Sortimenters vorliegen, ist ausdrücklich betont, daß diesem kein fahrlässiges Verhalten zur Last gelegt werden könne, wenn er es unterlassen hat, über den gedachten Punkt vor dem Beginn des Vertriebs Nachforschungen auzustellen. Au dieser Auffassung muß heute um so mehr festgehalten werden, als einerseits die Achtung vor dem Ürheberrecht ohne Zweifel eine erheblichere geworden ist und demgemäß auch die zu verfolgenden Verletzungen desselben seltener Vorkommen als früher, anderseits aber auch der Umfang der buchhänd lerischen Produktion eine so bedeutende Ausdehnung gewonnen hat, daß eine ausnahmslose Erkundigung des Sortimenters
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