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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.04.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-04-08
- Erscheinungsdatum
- 08.04.1903
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- Deutsch
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81, 8. April 1903. Nichtamtlicher Teil. 2837 Das Schaufenster im Rechtsverkehr. (Vergl. auch Börsenblatt Nr. 78.) In Nr. 10 der volkstümlichen Zeitschrift »Gesetz und Recht« (Verlar; von Alfred Langewort in Breslau) macht Herr Or. für. I. Biöerfeld das Schaufenster zum Gegenstand einer längeren juristischen Betrachtung, von der wir mit gütig erteilter Erlaub nis einen Auszug geben: Im modernen Erwerbsleben spielt das Schaufenster eine Rolle, von der man wohl sagen darf, daß sie von Tag zu Tag an Bedeutung gewinnt. Das Bestreben, die eigne Leistungs- fäbigkeit dem Publikum möglichst anschaulich vorzuführen, dasselbe auf die Güte, die Schönheit und den billigen Preis der feil gebotenen Waren hinzuweisen, es überhaupt darüber zu belehren, welche Artikel in dem Geschäft geführt werden, und hierdurch ugleich die Kauflust zu wecken, findet gerade in dem Schau- enster eine äußerst wirksame und nachhaltige Unterstützung, auf die wohl kaum jemand ohne zwingenden Grund Verzicht zu leisten geneigt sein dürfte. Geht man doch vielfach schon so weit, durch Zeitungsankündigungen auf Neuerungen in den Schaufensterauslagen oder auf besonders beachtenswerte Stücke, die sich darin befinden, aufmerksam zu machen. Im Zusammen hang hiermit hat sich ein eigenartiger kunstgewerblicher Berufs- zwcig, der des Schaufenster-Dekorateurs, herausgebildet, und wenn dereinst einmal eine Geschichte der Entwicklung des Schönheits gefühls im Volk geschrieben werden wird, so wird sich hierbei zeigen, ein wie wichtiger Bildungsfaktor gerade diese Schaufenster ausstattungen sind. Sie gewöhnen auch das Auge desjenigen, dem der Ankauf der ausqelsgten Waren wegen Ungunst seiner Verhältnisse nicht möglich ist, dennoch an schöne Formen, sie er wecken Wohlgefallen daran, Verständnis hierfür und tragen somit zur Verfeinerung der Sitten und auch des innern Empfin dens in einem Maße bei, das kaum unterschätzt werden kann. Angesichts solcher Umstände ist es klar, daß die Gesetzgebung bezw. die Rechtsprechung nicht gleichgiltig an dieser Einrichtung des Verkehrslebens vorübergehen kann. Wenn sich auch vielleicht in unfern Rcchtsbüchern das Wort Schaufenster kaum in nennens werter Häufigkeit findet, so sind anderseits dennoch diejenigen Vorschriften, die sich auf dasselbe erstrecken, die im Hinblick auf es getroffen werden, außerordentlich zahlreich. Man muß sich ver gegenwärtigen, daß derjenige, der eine Ware im Schaufenster auslegt, sich damit an die große Öffentlichkeit wendet, dem Publikum die Kenntnis von den Waren, die er führt, vermitteln, dasselbe zugleich aber auch zum Kaufe einladen will. Wer zu diesem Mittel greift, um sein Absatzgebiet und seinen Kundenkreis zu erweitern, kann zu allererst Gefahr laufen, gegen die Strafvorschriften des H 184, Ziffer 1 und Ziffer 3 zu verstoßen. Die angeführte Gesetzesstcllc aber besagt, daß mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe bis zu 1000 zugleich oder mit einer dieser beiden Strafen belegt werden soll, wer »unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen feil hält, verkauft, verteilt, an Orten, die dem Publikum zu gänglich sind, ausstellt oder anschlägt oder sollst verbreitet, sie zum Zweck der Verbreitung herstellt oder zu demselben Zweck vorrätig hält, nnkündigt oder anprcist; »Gegenstände, die zu unzüchtigem Gebrauch bestimmt sind, an Orten, die dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder solche Gegenstände dem Publikum ankündigt oder anpreist.« Im Zusammenhang hiermit ist es der Polizei gestattet, die Entfernung von solchen Ausstellungsgegenständen, die sie als an stößig erachtet, aus dem Schaufenster zu verlangen, um erst, wenn diesem Begehren nicht stattgegeben wird, die Bestrafung herbei zuführen. Daß die Ansichten darüber, was gegen das sittliche Empfinden und gegen das Schamgefühl verstößt und was sich mit ihm vereinbaren läßt, sehr weit auseinander zu gehen vermögen, bedarf kaum der Hervorhebung. Infolge dessen sind natürlich auch Mißgriffe der Polizei nicht ausgeschlossen, die dann allerdings vom Verkehr als äußerst störend empfunden werden. Hierher darf man den Fall rechnen, der sich unlängst ereignete, daß in einer rheini schen Stadt die Polizei anordnete, daß aus einem Schaufenster eine unbekleidete Gummipuppe, die in einer Badewanne saß, ent fernt würde. Innerhalb der Grenzen weiser Mäßigung an gewendet, sind aber die hier in Rede stehenden Vorschriften ohne Zweifel in hohem Grade dazu angetan, die sittliche Anschauungs weise auch der großen Masse des Publikums vor Verderbnis zu schützen. Die Erfahrung hat gelehrt, daß viele Geschäftsleute, frei von einem solchen Zwange, die Schranken des Erträglichen auch für den weniger feinfühligen in gröblichster Weise überschreiten und Dinge ausstellen, die jedem anständigen Menschen die Scham röte ins Gesicht treiben müssen. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 70. Jahrgang. Zu dem Sittenrichter, der kritischen Blicks das Schaufenster eines Gewerbetreibenden mustert, gesellt sich aber sehr bald auch der Konkurrent des Ladeninhabcrs, der die Auslagen daraufhin prüft, ob durch sie nicht unlauterer Wettbewerb getrieben werde. Als solchen bezeichnet das Gesetz vom 27. Mai 1896 Ausschreitungen im Reklamewesen bestimmter Art, die »in öffentlichen Bekannt machungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind«, erfolgen. Insbesondere gehören hieher unwahre Angaben tatsächlichen Inhalts, die sich auf die Herstellungsart der Ware, auf die Preisbemessung, auf die Art des Bezugs, auf die Bezugsquellen, auf den Besitz von Auszeichnungen uno auf den Anlaß oder Zweck des Verkaufs beziehen. Wenn jemand einen Regenschirm aus Gloriaseide im Schaufenster als einen rein seidenen Regenschirm bezeichnet, der für b verkäuflich sei, so begeht er damit unlauteren Wettbewerb, denn dieser kleine unscheinbare Zettel, auf dem nichts weiter steht als die Worte: »Reine Seide, 5 enthält unwahre Angaben über die Be schaffenheit und zugleich auch über die Preisbemessung der Ware. Die Auslage in einem Schaufenster kommt einer Mitteilung gleich, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt ist, nämlich für alle Passanten, deren Blick auf das Schaufenster fällt, und somit ist der Tatbestand erfüllt, bei dessen Vorhandensein das Gesetz dem Konkurrenten und den sogenannten gewerblichen Schutz- vcrbänden einen Anspruch ans Unterlassung derartigen Gebahrens gibt. Ja, da der Ladeninhaber vermutlich auch wissen wird, daß sein Regenschirm in Wahrheit nur aus Gloriaseide hergestellt ist, so kann er, wenn von einer der beiden Seiten der entsprechende Antrag gestellt wird, dieserhalb sogar bestraft werden Verlassen wir nun das Gebiet der Strafrechtspflege und wenden wir uns der Frage zu, mit welchen Augen vom Zivilrichter das Schaufenster angesehen werden muß, so wird man hierbei zunächst zu untersuchen haben, ob ein Geschäftsmann, der irgend einen Gegenstand im Schaufenster ausstellt, damit an das Publikum eine verbindliche Offerte richtet. Genauer präzisiert läßt sich dieser Gedanke in die Frage formulieren: Ist ein Kaufmann verpflichtet, auf Verlangen die Ware, die im Schaufenster steht, gegen den da selbst vermerkten Preis abzugeben? Das alte Handelsgesetzbuch enthielt in Artikel 337 eine Bestimmung, die folgendermaßen lautet: »Das Anerbieten zum Verkaufe, welches erkennbar für mehrere Personen, insbesondere durch Mitteilung von Preis listen, Lagcrverzcichnissen, Proben oder Mustern geschieht, oder auf welchen die Ware, der Preis, die Menge nicht bestimmt be zeichnet ist, ist kein verbindlicher Antrag zum Kauf.« Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß auch in der Auslage in einem Schaufenster iin Sinne der eben erörterten Gesetzesstelle ein Anerbieten zum Verkauf liege, das sich für mehrere Personen erkennbar macht, das also gemäß Artikel 337 unverbindlich ist, den Aussteller mithin nicht verpflichtet, jeden beliebigen Kauf lustigen zu befriedigen. Das neue Handelsgesetzbuch hat nun diese Bestimmung nicht übernommen, aber keineswegs deshalb, weil es sie fallen lassen wollte, sondern weil es der Meinung mar, daß darüber, ob unter den erwähnten Umständen ein ver bindlicher Antrag zum Kauf.vorliege oder nicht, die Entscheidung von Fall zu Fall dem Richter überlassen werden müsse. Es muß in der Tat auch in dieser Hinsicht sorgfältig je nach den begleitenden Momenten unterschieden werden. Mancher stellt in sein Schau fenster Sachen, die er garnicht verkaufen will, die nur dazu dienen, die Aufmerksamkeit des Publikums in besonders starkem Maß wachzurufen. Da wäre es denn für jeden Konkurrenten oder für jeden sonstigen Mißgünstigen gerade ein Leichtes, diese Ab sicht einfach dadurch zu vereiteln, daß er das Ausstellungs objekt ankauft, um es dann vielleicht sofort in sein eignes Schaufenster zu stellen. Es kann jemand auch von einer Ware nur einen beschränkten Vorrat haben, den er seinen ständigen Kunden reservieren will, von denen er daher fremden nicht abgeben möchte. Auch hier waltet auf seiner Seite ein rechtliches Interesse daran vor, den Passanten, der in den Laden tritt, um die ausgelegte Sache selbst oder gleichartige Gegenstände, die sich auf Lager befinden, zu kaufen, einfach ab zuweisen. Unter den Umständen, wie sie hier in Betracht kommen, liegt eben kein verbindlicher Antrag vor, den sich jeder Beliebige aneignen kann, so daß daraus ein endgiltiger Kaufvertrag würde. Anders verhält sich die Sache aber schon dann, wenn jemand an kündigt, daß er, um mit seinen Beständen zu räumen, gewisse Stoffe, die er näher bezeichnet, zu so und so viel abgebe, daß er auch alle andern Waren im Preise um 50 Prozent herabgesetzt habe, oder daß er gegen jedes nur irgendwie annehmbare Angebot seine Warenvorräte loszuschlagcn willens sei. Hier kann jeder, der einen annehmbaren Preis zu zahlen bereit ist, verlangen, daß ihm soviel, wie von der betreffenden Ware vorhanden ist, auch abgegeben werde, und er braucht sich nicht mit der Erklärung abspeisen zu lassen, es liege kein verbindlicher Antrag vor. Der 376
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