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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.08.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-08-10
- Erscheinungsdatum
- 10.08.1903
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
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- Saxonica
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6108 Nichtamtlicher Teil. ^ 183, 10. August 1903. »Lektüre« ein Buch aus einem andern Verlag, und wenn derselbe Lesestoff in derselben Klasse im neuen Schuljahr wiederum gelesen werden soll, so wird ganz sicher eine Ausgabe aus einem andern Verlag in Gebrauch genommen, die der betreffende Lehrer inzwischen als Freiexemplar zur Einführung zugeschickt erhalten hat. Diese Praxis der Schulen bringt den Sortimentern Verdruß und Verluste, den Verlegern aber wohl Verdienst, denn es würden sich sonst nicht immer wieder Verleger finden, die nach den bereits existierenden zwölf Schulausgaben eines Werkes noch die drei zehnte mit natürlich viel geistvolleren, aber auch ebenso über flüssigen Erklärungen versehene Ausgabe in Verlag nehmen. Der nächste Mißstand, auf den der Minister aufmerksam zu machen wäre, ist die Änderung oder — richtiger gesagt — die Verschlechterung der Schulbücher-Einbände der Verleger. Da war z. B. bisher ein wissenschaftlicher Leitfaden in Halbleder mit Goldtitel gebunden, dessen Preis 1 75 ^ ist; jetzt hat das Buch in derselben Auflage einen wunderschönen hellgrünen mit schwarzen Ornamenten im Jugendstil verzierten Leinwand-Einband erhalten und kostet 2 20 -H. Ganz abgesehen davon, daß die Schulkinder das Buch nur in diesem Einbände nehmen wollen, und dem Sorti menter Schwierigkeiten bei Verkauf der Bücher in altem Einbande entstehen, ist der neue Einband für ein Schulbuch so unpraktisch wie nur irgend möglich. Schon beim Vorlegen in der Schulbücher- zeit sind auf diesen zarten rosa, grün oder grau angehauchten »mo dernen«, jetzt von vielen großen Verlegern gebrachten Einbänden die Fingcrspurcn des Verkäufers und Käufers zu sehen, oft wird ein Buch dieser Staubflecken wegen zurückgewiesen; wie aber sehen diese schönen Einbände nach Gebrauch in einigen Monaten aus! Mit der Feuerzange möchte man das Buch anfassen! Was sollen diese Einbände eigentlich für ein Schulbuch? Soll sich das Schulkind an den Einbänden erfreuen? Soll der Schönheitssinn eweckt werden oder soll das Buch sogleich einen schwarzen einwandbezug erhalten? Letzteres ist der Fall, auch erforderlich, und die Schule verlangt es! Nun, dann täte es der frühere Schulbüchereinband auch, den die Varsortimenter so solid her stellten! Oder ist die Herstellung des neuen Einbands im Jugend stil so billig, daß die Verleger ein gutes Geschäft machen, zumal das schöne Äußere eine Erhöhung des Preises zu rechtfertigen scheint? So wird es wohl sein, und die Rücksicht auf den Geld beutel der Eltern der Schulkinder wird hintangesetzt! Die Einführung der neuen Rechtschreibung hat wohl kaum die großen Verleger geschädigt, da sie kein Exemplar der neuen Ausgabe ausliefern, ehe nicht das letzte Exemplar der alten Aus gabe abgesetzt worden ist. Die Sortimenter allein sind und werden noch geschädigt; denn nach Erscheinen eines Buches in neuer Rechtschreibung sind die noch am Lager befindlichen Exem plare der alten Ausgabe unverkäuflich, und alle vom Börsenverein zur Schonung des Buchhandels veranlaßten Verfügungen des Ministers ändern nichts daran. Die Verleger machen den Sorti mentern sogar den Verkauf von Lehrbüchern in alter Recht schreibung noch dadurch unmöglich, daß sie die Titelblätter der neuen Auflagen mit dem Zusatz versehen: »Gedruckt in der neuen Rechtschreibung». Vor weitern Schädigungen kann sich der Sortimenter nur dadurch schützen, daß er Schulbücher in alter Rechtschreibung nicht mehr wieder bestellt und sie lieber auf seinem Lager fehlen läßt, wenn der Verleger sich nicht ver pflichtet, die nach Erscheinen der neuen Auflage noch auf Lager befindlichen Exemplare umzutauschen. Auf den Bescheid: »Erscheint wahrscheinlich in diesem Schuljahre nicht in neuer Rechtschreibung - sollte der Sortimenter nichts geben. Nun noch eine kleine Ergänzung des im Börsenblatt Nr. 156 besprochenen Falles. Unter den am 27. März bestellten fünfundzwanzig lateinischen Übungsbüchern der Ausgabe für Sexta befanden sich, wohl nur irrtümlich, fünf Exemplare der Ausgabe L. Auf meine Reklama tion erhielt ich mit Faktur vom 9. April fünf Exemplare der Aus- gabeV wiederum in der alten Ausgabe, obwohl der Verleger am gleichen Tage, wie ich festgestellt habe — die Faktur liegt vor mir —, an eine andere Königsberger Handlung die neue Ausgabe lieferte. Der Verleger hat auch diese fünf Exemplare, ebenso die irrtümlich gesandten fünf Exemplare der Ausgabe L, nicht zurück genommen. Es wäre interessant festzustellen, an welchem Tage der Ver leger Freiexemplare der neuen Ausgaben, worin Vorreden vom 15. März datiert sind, an die Lehrer versandte und dadurch den Verkauf der alten Ausgaben erschwerte oder ganz verhinderte. Den vielen Herren Kollegen, die mich mit Zuschriften be ehrten, sage ich besten Dank. Ich bedaure nur lebhaft, daß die Zuschriften nicht veröffentlicht werden können; die Herren Ver leger würden aus ihnen ersehen, welche Mißstimmungen in Sortimenterkreisen herrschen. Königsberg i/Pr., 20. Juli 1903. Eugen Heinrich. VIII. Ein Herr Kollege, der sich um den Sortimentsbuchhandel seit vielen Jahren große Verdienste erworben hat und dessen Stimme bei Beratungen über das Wohl und Wehe des Buchhandels gern gehört wird, beehrte mich am 23. Juli mit einer Zuschrift, die der größten Beachtung in weitesten Kreisen des Buchhandels würdig ist. Das Schreiben lautet: »Geehrter Herr Kollege! »Ich mag zu dem von Ihnen veröffentlichten Fall mich nicht im Börsenblatt äußern. Was an dieser Stelle gesagt ist, wird Ihnen sicher nicht zum Trost und zur Hilfe gereichen. Ihr Fall ist aber so eklatant, daß er nicht ruhen darf. Würde er mir passiert sein, so würde ich, wie man zu sagen pflegt, Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um einer Wiederholung vor zubeugen. »Ich nehme an, daß es bei Ihnen in Königsberg ebenso liegen wird wie bei uns, nämlich, daß auch die resp. Eltern über die ewigen neuen Auflagen und die damit verknüpften Geldausgaben höchst ungehalten sind. Vor Jahren schon sind darüber in dem »Sprechsaal« hiesiger Zeitungen und an andern Orten Klagen laut geworden. Das hat unsrer Schulbehörde Veranlassung gegeben, von allen in Frage kommenden Ver legern sich einen Revers ausstellsn zu lassen, worin diese sich verpflichten, bei Neu-Auflagen ihrer Schulbücher keine Ver änderungen zu treffen, oder doch nur solche, die den Gebrauch der neuen Auflage neben der alten zuließen. Diese Einrichtung hat uns und die Eltern nicht absolut vor jedem Schaden geschützt, aber sie hat doch günstig gewirkt. Einmal ist sie einem Verleger gegenüber schneidig in Anwendung gebracht. Der Fall mag etwa zehn Jahre zurückliegen. Das Schulbuch wurde in acht hiesigen Realschulen gebraucht. Da kam in ähnlicher Weise, wie es Ihnen jetzt erging, eine veränderte Auflage, neben der die alte nicht mehr zu gebrauchen war. Kaum merkte ich das, als ich sofort zu dem damaligen Schulrat hinging, um ihm den Fall zu erzählen. Der ließ durch beschleunigte Umfrage bei den Schulen und Buchhandlungen feststellen, um wieviel Exem plare es sich handelte (es waren etwa 70 Exemplare) und schrieb dann an , daß, wenn er nicht sofort in Postpaketen diese 70 Exemplare an die Schulbehörde zum Umtausch einsende, sein Buch abgeschafft werden würde. Das half! Die Behörde be werkstelligte den Umtausch, wir Buchhändler hatten nichts damit zu tun. »Nun meine ich, müßte es auch bei Ihnen nicht schwer werden, Stimmen in den Zeitungen und an andern Orten (Bürgervereine rc.) über den Unfug der Schulbücher - Auflagen laut werden zu lassen. Das ist verhältnismäßig leicht zu machen. -Dann würde ich mit einer ausführlichen Eingabe an das Kultusministerium mich wenden und darauf Hinweisen, daß es doch eine böse Sache wäre, wenn auf solche Weise, wie es Ihnen ergangen ist, das sauer erworbene Geld nach wanderte. Zu einer ähnlichen Eingabe muß der Buchhändler-Verein der Provinz auch veranlaßt werden, womöglich die Nachbarvereine auch. Es kommt dabei auf eine geschickte Ausarbeitung und Benutzung der inzwischen laut gewordenen Zeitungs- und andrer Stimmen an. -Desgleichen müssen Vorstellungen an das Provinzial- Schulkollcgium gerichtet werden. -Endlich, und das scheint mir das Wirksamste zu sein, haben Sie doch ein Abgeordnetenhaus. Gelegentlich der Be ratung des Kultusetats muß Ihr neu zu wählender Königs berger Abgeordneter oder ein andrer die Sache generell und speziell zur Sprache bringen. Das wird ein Echo im ganzen Lande finden, denn überall drückt diese Schulbücher-Kalamität. Es müßte doch mit dem Teufel zugehen, wenn nicht Abhilfe geschaffen werden könnte. Den oben mitgeteilten Fall könnten Sie dabei gern mit allen Einzelheiten und Namen verwenden. Der jetzt emeritierte Schulrat der die Väter und Sorti mentsbuchhändler entschieden vor Willkürlichkeiten und Schä digungen seitens der Schulbücher-Autoren und -Verleger geschützt hat, würde sich, so glaube ich, nur freuen, wenn sein schneidiges Vorgehen öffentlich anerkannt würde. »Verfolgen Sie die Sache nur mit ostpreußischer Hartnäckig keit und Zähigkeit, Sie werden sich dann künftig vor Schaden schützen.« Dieses Schreiben gibt einen Weg zur Abhilfe der besprochenen Mißstände an, der zum Ziele führen muß, wenn er von den Kreisvereinen oder dem Verbandsvorstande derselben betreten wird. Königsberg i/Pr., 4. August 1903. Eugen Heinrich.
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