Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.07.1902
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1902-07-29
- Erscheinungsdatum
- 29.07.1902
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19020729
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190207296
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19020729
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1902
- Monat1902-07
- Tag1902-07-29
- Monat1902-07
- Jahr1902
-
6017
-
6018
-
6019
-
6020
-
6021
-
6022
-
6023
-
6024
-
6025
-
6026
-
6027
-
6028
-
6029
-
6030
-
6031
-
6032
-
6033
-
6034
-
6035
-
6036
-
6037
-
6038
-
6039
-
6040
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^ 173, 29. Juli 1902. Nichtamtlicher Teil. «021 Nichtamtlicher Teil. In Schillers Heimat. In wenigen Monaten wird in unmittelbarer Nähe des Geburtsortes Schillers ein Museum und Archiv eröffnet werden, das fllr die Dichterforschung von außerordentlichem Werte sein wird. Nicht allein werden dort die in Marbach aufgehäuftcn Schillcrandenkeu in systematischer Ordnung zu finden sein, sondern es wird auch die Nachlässe einer ganzen Reihe anderer schwäbischer Dichter aufnehmen. Aus diesem Anlaß ist es vielleicht gerechtfertigt, von einem Besuche zu sprechen, den ich kürzlich in der Stadt gemacht habe, aus der unser großer Schiller hervorgcgaugen ist. Wer von der zweiten wllrttembergischen Residenzstadt Ludwigsburg aus nach dem Geburtsort unseres Dichterfürsten mit der Eisenbahn zustrebt, dem zeigt sich bald zur Linken aus einer Anhöhe ein burgähulichcs weitläufiges Gebäude mit gewaltigem Turm, das lange Zeit im Gesichtskreise des Reisenden bleibt. Es ist der Hohenasperg. noch heute wie vor einem Jahrhundert Festungsstrasanstalt, dessen Name sofort die Gestalten des von Hauff verewigten Jud Süß und Schubarts vor unserm geistigen Auge aussteigen läßt Noch nicht ein Jahr saß hier der früher allmächtige Finanzmiuister. bis er 1738 aufgehäugt wurde, »ihmc zur wohlverdienten Straff, jcdermänniglich aber zum abscheu lichen Exempel», aber zehn Jahre lang büßte der Dichter hier ein unvorsichtiges Epigramm auf den Herzog Karl, und nur der Fürsprache des Prcußenkönigs verdankte er schließ lich seine Befreiung, nachdem er ein gebrochener Alaun ge worden war. Nicht lange nach dem Verschwinden dieses trutzigen Berges wendet sich die Bahn und läuft dem fernen Thal des Neckar parallel, um ihn endlich auf einem 350 », langen und 30 w hohen Viadukt zu überschreiten. Einen lieblichen Anblick bieten von hier die sauberen Häuser von Marbach, die von ihrer Höhe hinabschaueu in das ties eingeschnittcne Thal. So hoch über den Neckar uns die Bahn auch erhoben hat. so müssen wir doch vom Bahnhof noch ein gutes Stück aufwärts gehen, bis wir das originelle Stadtthor durch schreiten können. Ucbec einem, mächtig die Schwingen breitenden Adler und zwei Wappen weist es eine rätselhafte Inschrift auf. die aus lauter Anfangsbuchstaben besteht. Uin sie zu entziffern, muß man wissen, daß das Thor 1882 gründlich renoviert worden ist. und die Wappen diejenigen des Herzogs Karl Alexander und seiner Gemahlin A. M. von Thurn und Taxis sind. Dieser Oberthorturm, ein richtiger schweizerischer »Zeit- glockenturm», ist das einzige, von der alten Befestigung Marbachs stehen gebliebene Thor. Fürchterlich haben die Franzosen im pfälzischen Erbfolgekriege hier gehaust, nachdem die Stadt am 25. Juli 1893 in ihre Hände gefallen war. Sie wurde zuerst geplündert und daun angezündet, und so fielen mehr als vierhundert Häuser in Schutt und Asche. Marbach war ein bedeutender alter Ort. Nicht allein hatten die Römer hier ein Kastell, von dem vier Straßen ausgingcn. sondern schon um 1212 erhielt cs von Kaiser Friedrich II. Stadtrcchte, und der württembergische Hof hielt auf dem Schlosse, das nach verschiedenen Zerstörungen jetzt dem Amts gericht eine Heimstätte bietet, mehrmals Hoflager. Schnell, aber ziemlich unregelmäßig wurde die Stadt nach ihrer Vernichtung wieder aufgebaut, und nicht wesentlich anders, als sie heute aussieht, wird sie auch gewesen sein, als Schiller hier am 10. November 1759 der Welt geschenkt ivurdc. Natürlich ist das Geburtshaus des Dichters das erste Ziel jedes Fremden. Bald nach Passierung des Oberthores folgen wir, durch Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 69. Jahrgang l ein Schild zurechtgewiesen, nach rechts der abwärts führenden Niklasthorstraße, an der 1700 wieder aufgebauten, . ursprünglich spätgotischen Stadtkirche vorbei und gelangen ^ bald an das altertümliche Häuschen, das eine einfache Tafel als das Schillerhaus kennzeichnet. An dem verhältnismäßig hohen Giebel des mit Zurechnung des Parterres zweistöckigen : Hauses ist eine Hängelaterne befestigt, deren Petroleumlicht > ivie zu der Väter Zeiten über der Mitte der Straße schwebt. > Elektrische Beleuchtung produzieren nämlich die Marbacher nur für Stuttgart, nicht für sich selbst. Unten am Neckar laufen für die württembergische Hauptstadt vier Turbinen von 1200 Pferdestärken, die das Elektrizitätswerk der in der Luftlinie, etwa 20 lim entfernten Stadt Stuttgart betreiben. Rechts von dem breiten, zweiteiligen Fenster mit Butzen scheiben gewährt ein zweiflügeliges hohes Thor Einlaß, während auf der »Bel-Etage« zwei gleiche Fenster die Front des Hauses ausmachen. Im Giebel ist noch ein kleineres Fenster angebracht, über dem sich hoch oben unter dem Dachfirst noch ein winziges fünftes Fensterchen befindet. Das Haus ist in Fachwerk mit sichtbarem Holzwerk errichtet. Die Stadt Marbach hat stets sehr pietätvoll das An denken an ihren großen Sohn bewahrt. Schon in seinem Todesjahre 1805 ist dort der Beschluß gefaßt worden, ein Schillerdenkmal zu errichten, der freilich trotz der vor handenen Mittel nicht zur Ausführung gelangte, weil ein späterer Beschluß den gesammelten Fonds für Schillers Familie zu verwenden bestimmte. Die erste Schillerstatue aber war die am 8. Mai 1839 zu Stuttgart enthüllte. Schon vorher jedoch war auch in Marbach der Deukmals- gedanke wieder aufgegriffsn worden. Dreißig Jahre nach dem Todestage, am 18. Juni 1835, war der »Marbacher Schillerverein» mit dem Zwecke ins Leben getreten, einen neuen Fonds für die Errichtung eines Denkmals und zum Ankauf des Geburtshauses des Dichters zu sammeln. Mit Begeisterung wurden seitdem die Gedenktage in Deutsch land begangen, die sich auf Schiller bezogen. Das Ergebnis von Erinnerungsfeiern, die am 9. Mai 1855 an sechzehn deutschen Bühnen stattfanden, war auf An regung des Dresdener Dichters Julius Hammer die deutsche Schillerstistung. Als aber 1859 das Jahrhundert seit der Geburt des Dichters sich vollendet hatte, da durchzog ein Sturm der Begeisterung die deutschen Gaue. Marbach hatte verstanden, ihn für sich auszunutzen, indem von hier aus im Mai 1858 ein Aufruf an das deutsche Volk zum Ankauf und zur Instandsetzung des Geburtshauses ausging. Das Ziel wurde erreicht: das Haus des ehemaligen Secklers Schöllkopf, das schon 1812 auf Grund der proto kollarischen Aussagen von fünfzehn Personen, meist Zeit genossen von Schillers Eltern, als das Geburtshaus des Dichters sestgestellt worden war, konnte am 10. November 1859 feierlich eingeweiht werden, und am selben Tage voll zog sich auch die Grundsteinlegung zu dem Schiller denkmal, das heute von dem damaligen Schelmeugrüble, der jetzigen Schillerhöhe, die Gegend zum Neckarthal weithin be herrscht. Des Dichters Familie schenkte dem Verein zahlreiche Urkunden, Briefe und sonstige Andenken; die Deutschen in Moskau sandten die heute in der Alexanderkirche hängende Schillerglocke Concordia nach Marbach mit der Bestimmung, daß ihr metallener Mund nur am Todes- und Geburtstage je eine Stunde lang ertönen solle. Sieben Hanauer Gym nasiasten übersandten als ein von 52 deutschen Gymnasien zusammengebrachtes Kapital 1455 Gulden, wovon 1355 zum Ankauf und zur Wiederherstellung des Hauses bestimmt waren, von den Zinsen der weiteren 100 Gulden aber all jährlich ein Lorbeerkranz in das Geburtszimmer angeschafft 7S0
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht