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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.07.1902
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1902-07-26
- Erscheinungsdatum
- 26.07.1902
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- Deutsch
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^ 171 2K Juli 1S02. Nichtamtlicher Teil. 5SK7 so mangelhast hergestelltes Buch dem Erfinder in die Schuhe schieben wolle. Und da Schösser, der später den erweiterten Zustand der Type benutzte, aus technischen Gründen nicht als Drucker in Betracht kommen kann, so solgcrte Hölscher: diese ursprünglich gutenbergischen Typen seien Eigentum Schöffers geworden, non diesem jedoch wegen ihrer Unvoll kommenheit nicht benutzt, sondern an einen Dritten weiter- gegeben worden, der dann das Missale damit gedruckt hätte. Das ist der Standpunkt, den Hölscher meiner ersten Abhand lung gegenüber eingenommen hat und von dem aus er jetzt die ziveite beurteilt. — So einfach wie ineine Annahme, daß nämlich das Buch von dem gedruckt sei, der nachweislich seine Typen geschaffen habe, ist die Hölschersche Annahme nicht. Was hat Herr Hölscher nun gegen das Naheliegende und für den großen Unbekannten vorzubringcn? Nichts, gar nichts anderes, als daß der liturgische Inhalt des Missale zu mangelhast sei und der Druck in Bezug ans Technik hinter dem der 42zeiligen Bibel*) zurückstehe. — Was den liturgischen Inhalt anbetriffr, so habe ich darüber kein eigenes Urteil, sondern kann nur bestätigen, daß Kenner, ivie Misset und Wcale, erklären, er weiche von dem Inhalte aller andern Missalien erheblich ab und sei namentlich überaus unvollständig, so daß Wcale die Zusammenstellung desselben seitens eines Laien für gewiß erklären zu können meinte. Misset konstatierte die Zugehörigkeit des Meßbuches zur Diözese Constanz und setzte aus liturgischen Gründen den Druck noch früher, als ich ihn anfänglich gesetzt hatte, nämlich vor das Jahr 1450. Um so bestimmter kann ich mich über den zweiten Be weggrund Hölschers, den technischen Zweifel aussprechcn. In meiner ersten Abhandlung**) hatte ich konstatiert, es seien im Llissalo sxeeisle der Kanon und gewisse Anfangssciten gut bis sehr gut, das meiste aber weniger gut, manches un sauber, nachlässig und sogar ganz schlecht gedruckt, das ganze Buch aber mit der Feder nachgebesscrt worden. Als nun in einem Kloster Kärntens das ölissals abbrsviatum auf- gesunden und mir zur Vergleichung anvcrtraut wurde, da bemerkte ich, daß in diesem — das, kurz gesagt, einen gleich zeitig gedruckten, aber zuin Teil abgeändcrte» Auszug aus dem Aiesslo Specials darstellt — ganz dieselben Seiten gut gedruckt, die Federkorrekturen aber nur in den ersten zwei Lagen durchgesührt worden seien. Ferner konnte ich nun drei verschiedene Drucker unterscheiden, und zwar um so zweifel loser, als diese nicht nur in der Qualität des Drucks, sondern auch in der Orthographie und im Gebrauche der Interpunktionen charakteristisch von einander abweichen. — Schwenke hat an der zweiundvierzigzciligen Bibel sechs ver schiedene Setzer beschäftigt gefunden, die alle inehr oder we niger gleich gut arbeiteten. Wen» nun diese Bibel das erste gedruckte Buch gewesen sein soll, — woran hatten dann diese Setzer gelernt? — Ferner wissen wir, daß Guten berg von Fust zum Bibeldruckc ein Kapital von nach unserm Gclde etwa 15 000 Mark erhielt und dieser sich gleichzeitig zu einer jährlichen Zahlung von fast 5000 Mark verpflichtete. Wir wissen aber auch, welch ein klug berechnender Geschäfts mann Fust gewesen ist. Sollte ein solcher sich zu solchen ') I» Betreff der Bibel möchte Herr Hölscher einen Wider spruch zwischen meiner ersten und zweiten Abhandlung Nachweisen. Mit Unrecht. Ich habe die Angabe der Kölner Chronik, daß 1450 init dem Drucke einer Bibel begonnen wurde, nie bcziveisclt. Daß aber die zwei mächtigen, vortrefflich gedruckten Folianten der weiundvicrzigzciligcn Bibel das erste gedruckte Buch gewesen eien, wie die Chronik ausdrücklich sagt, diese -historische- Nach richt habe ich nie geglaubt, und auch kein Fachmann wird sie glauben können. Ich hatte diesen Passus der Chronik als eine poetische Ausschmückung erklärt, und wenn Hölscher dagegen meint, der gleichen sei von den Chronikschreibern nicht anzunehmcn, denn das wären meist trockene, langweilige Gesellen gewesen, so irrt er sehr. ") Ein Lliesalo epseialo, ein Vorläufer des llsaltoriuws von 1457, München 1838. Zahlungen bloß aus Gutenbergs Worte und allenfalls kleine Probeblättchen hin haben bewegen lassen? Ist es bei dieser Sachlage aus der Luft gegriffen, wenn ich (S. KS) schrieb: »Ehe an den Druck mächtiger Folianten gegangen werden konnte, mußte der Drucker, und ehe er mächtige Summen vorschoß, mußte der Unternehmer sich durch Handgriff und Augenschein überzeugt haben, daß mit der neuen Kunst ein ganzes Buch in vielen Exemplaren auf einmal hcrgestcllt werden konnte. Vor dem Beginn des Bibeldrucks, darüber kann kein Fachmann im Zweifel sein, muß schon wenigstens ein Buch fertig gedruckt Vorgelegen haben. Daß dies Buch oder eins dieser Bücher das Missale gewesen sei, davon über zeugt der einzig mögliche, indirekte Beweis, nämlich die tech nische Prüfung.« Dagegen macht Herr Hölscher nun geltend, das Missale sei zu schlecht, als daß es als Probe der neuen Kunst hätte dienen können: »Eine Probe pflegt meist besser zu sein als die spätere Lieferungsware i daß sic schlechter ist, als man sie unfertigen kann und zu liefern verspricht, dürste so selten Vorkommen, daß wir Gntenberg nicht wohl eine so unkluge und psychologisch so wenig wahrscheinliche Handlung zuschrcibcn dürfen« .... Ob der etwas ins Un solide spielende Vergleich aus die ersten Ausübungen einer neuen Kunst im allgemeinen paßt, lasse ich dahingestellt sein; auf Gutenberg im besonder» paßt er nur dann, wenn man sich diesen als einen »Buchdrucker» im Sinne der Gewerbc- zählung vorstellt. Ich kann mir nicht denken, daß der geniale Kopf einen Band von 380 Seiten, wie das Missale es ist, selbst gesetzt, eingefärbt und abgcdruckt habe, halte es im Gegenteil gerade für psychologisch wahrscheinlicher, daß Guten berg nur den Kanon und die wenigen andern durch Satz und Druck sich auszeichnenden Blätter selbst setzte und druckte, das andere aber seinen Leuten überließ. So erklärt sich der sonst unerklärliche Gegensatz von sehr guter und sehr schlechter Technik im Missale, so erklärt sich die Federnachbesserung des ganzen Buches, und so erklärt es sich, daß die Setzer der Bibel, wie Schwenke schreibt, im großen und ganzen merk würdig übereinstimmend gearbeitet haben — sie hatten eben vorher schon unter Gntenberg zusammen gearbeitet Viel leicht ließe sich so auch der merkwürdige liturgische Inhalt des Buches erklären: es mochte dem Erfinder mehr ans eine Gelegenheit zur Bethätigung seiner neuen Erfindung und zur Hebung seiner Leute als auf den Inhalt des Buches an- kommen. Es spricht noch anderes gegen de» Standpunkt Hölschers, das ich aber nur kurz andeuten will Warum hätten Fust und Schöffer, wenn sie eine so grobe Schrift überlauten, die sic nicht brauchen konnten, bei ihrem schnell ausblühenden Geschäft und also großen Bedarf an Schriftzeug, diese Schrift nicht lieber einschmclzen, als sich durch deren Verkauf einen Konkurrenten schaffen sollen? Auch habe ich nachgewiescn, daß nicht nur im Missale einige Schriftzeichen Vorkommen, die dem Psalter schien, sondern daß auch unterm Druck noch Versuche zur Schaffung neuer Formen von Ligaturen gemacht wurden (S. 37). Der Drucker war also der Typener zeugung kundig oder hatte einen Mann dasür an der Hand. Warum hätte er nun — wenn man schon annchmcn will, er habe lieber eine ausrangierte Schrift erworben, statt eine neue zu schneiden — nicht wenigstens das Versus- und das Kreuzzeichen als Typen geschnitten, wie sie ihm im Psalter von 1457 doch Vorlagen, als jedesmal deren Raum zu handschriftlichem Einträge frei zu lassen? Und end lich, wie verträgt cs sich mit der späteren Datierung des Druckes, wenn Kenner wie W. L Schreiber, W. Schmidt u. a. den Holzschnitt des LIissols adbrevistmn einstimmig ans: um 1450 taxieren? Diese und alle anderen Fragen lösen sich nur dann leicht und ohne Rest, wenn man beim Nahe- 783'
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