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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.08.1902
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1902-08-18
- Erscheinungsdatum
- 18.08.1902
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- Deutsch
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^ 190, 18. August 1902. Nichtamtlicher Teil. 6473 geglaubt, daß sie, die Tochter eines verstorbenen Frankfurter Senators, sehr wohlhabend sei; als er vernahm, daß sie nur eine geringe Mitgift zu gewärtigen habe, drängte es den - Dichter zu jenem Schritte. lieber diesen Geschäftsabschluß ist nun in der erwähnten biographischen Einleitung folgendes zu lesen: Da der geschäftsgewandte Verleger nur widerstrebend dem Drängen des Dichters nachgab, so glaubte sich dieser zu großem Danke verpflichtet, als endlich der Vertrag zu Stande kam. Als in der Folge Freunde Lenau aufmerksam machten, daß er durch diesen Vertrag benachtheiligt und, da keine Verzinsung der be dungenen später auszuzahlenden Summen ausgemacht war, für's erste seine Lage gar nicht verbessert sei, steigerte diese Erkenntniß seine Aufregung in einem hohen Grade. Der Vertrag war in der That eine kluge Ucbervortheilung des arglos vertrauenden Bräu tigams. Als in der Folge Lenaus Werke immer steigenden Absatz fanden, sein Vermögen aber zur Deckung der durch die Krankheit verursachten Kosten nicht ausrcichte, bestand die Cotta'sche Verlags buchhandlung den berechtigten Vorstellungen der Verwandten gegenüber auf ihrem Scheine. Wie eine zur Einschüchterung be stimmte Antwort auf billige Vorschläge der Verwandten Lenaus brachte die im Cotta'schen Verlage erscheinende »Allgemeine Zei tung- die gemeinsten Verleumdungen gegen den trefflichen »felsen biederen» Schurz und seine um des Bruders Trauerlos klagende Gattin. Nachdem ich bei neuerdings vorgenommenen Lenau- Studien auf diese Stelle gestoßen war, die mich im höchsten Grade befremden mußte — steht sie doch mit allem in Wider spruch, was ich in meiner Geschichte des »Jungen Deutsch lands« über den Charakter Georg v. Cottas und der da maligen Redakteure der Allgemeinen Zeitung feststellen konnte —, hat es mir keine Ruhe gelassen, zu untersuchen, auf welchem Schein von Wahrheit etwa diese Angaben be ruhen könnten. Die bloße Thalsache, daß der treffliche, »felsenbiedere« Anton Schurz, Lenaus Schwager, nach des Dichters Tob seine Biographie »Lenaus Leben« für den I. G. Cottaschen Verlag schrieb und in diesem erscheinen ließ, sprach mit aller Entschiedenheit gegen die Möglichkeit der behaupteten Vorgänge. Liest man aber erst Schurzens Lenau-Biographie und sucht nach den Stellen, die jene Be hauptungen begründen könnten, so gerät man aus einem Staunen ins andere über den Widerspruch, der zwischen den schlichten, für Cotta nur ehrenvollen Angaben dieses Kron zeugen und jenen Vorwürfen besteht. Hören wir zunächst, wie Schurz, der in dieser Frage auch als Vertreter der Erben Lenaus in Betracht kommt, den Abschluß des Vertrags von 1844 darstellt: Niembsch war vor allem sehr darum zu thun, einen Ver mögensstamm sich zu bilden, woran er und die künftigen Seinigen mit Beruhigung sich zu lehnen vermöchten. Er konnte zwar in folge der schon vollendeten Auflagen seiner Gedichte und des Savonarola, dann der noch bevorstehenden der Albigenser über mehr als 4000 fl. rheinisch verfügen; die genügten ihm aber nicht zu einer Grundfeste für einen häuslichen Herd, wie solchen ein so gefeierter Dichter zu wünschen berechtigt war. Wenn er auch wohl noch die Hoffnung hegte, daß auch von Seite seiner Braut ein ansehnlicher Beitrag zur Errichtung ihrer gemeinschaftlichen Wirtschaft würde geleistet werden können, so glaubte er sich die nötige Stütze doch nur allein durch völligen Verkauf aller seiner bisher erschienenen gleichwie auch der noch künftig anzuhosfcnden Werke verschaffen zu können. Zu diesem Ende reiste er von Baden (— Baden-Baden, wo er Marie Behrends kennen gelernt hatte —)> vorerst nach Stuttgart, und da er Freiherrn von Cotta dort nicht! traf, zu ihm auf dessen Besitzung Dotternhausen. Cotta ging bei der Wichtigkeit des Geschäfts nur auf das heftige Andringen von Niembsch in die augenblickliche Abschließung ein, wobei es diesem gänzlich überlassen ward, die Bedingungen selbst zu stellen. Als solche wurden im wesentlichen festgesetzt: -Herr v. Niembsch überläßt der I. G. Cottaschen Buchhandlung das immerwährende und ausschließliche Verlagsrecht seiner sämtlichen Schriften, der schon vorhandenen sowohl als der noch zu erwartenden, für welches Verlagsrecht er 20000 fl. im Vierundzwanzigguldenfuße erhält. Außerdem sind dem Herrn Verfasser für jeden Band der erst zu erwartenden Schriften ein für allemal 2500 fl. zu ent richten. Die Auszahlung aber des Hauptehrensoldcs von 20,000 fl. erfolgt innerhalb fünf Jahren von Ostern 1845 anfangend in je Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 69. Jahrgang. zwei Jahreszielern zu Ostern und Michael.« Dieser höchst be schleunigte Vertrag wurde von Niembsch mehr aufgedrungen als eingegangen zu Dotternhausen am 30. Juli 1844. Niembsch eilte damit, ganz selig darob, nach Frankfurt. Richtig ist allerdings, daß Lenau sehr bald seine Meinung über die Vorteile des Kontrakts änderte, und zwar geschah dies infolge der Bedenken und Einwände, die gerade Schurz, den der Dichter bald darauf in Wien besuchte, diesem in den Kopf setzte. Schurz, der als Mann von Lenaus Schwester Therese im Hinblick auf die Zukunft ein gewisses Recht zu allerlei Bedenken gegen den Vertrag hatte, fand den Ab lösungsbetrag nicht hoch genug, auch tadelte er, daß in dem Vertrag von einer Verzinsung der erst allmählich zu zahlenden Beträge nicht die Rede sei. In »Lenaus Leben« erzählt Schurz selbst hierüber: Einmal übergab ich ihm eine sehr ausführliche und vielseitige schriftliche Erörterung und zifferweise Auseinandersetzung: warum und in welchem Maße ich seinen neuen Verlagsvertrag als un günstig für ihn hielte, und ich deutete darin zugleich die Aende- rungen an, die er auf freundlichem Wege noch im Vertrag zu erwirken bemüht sein sollte. Ich glaubte damit meine Pflicht als sein älterer und bedächtlicherer Bruder zu tun. Oft schlägt's aber anders aus, als wir armen Blinden wähnen. Er nahm die Be rechnung mit nach Stuttgart, wo er oft darüber gebrütet haben soll, und selbst dann stundenlang gerechnet. So vermehrte ich noch seine Not, anstatt, wie ich gewünscht, sie ihm zu erleichtern. Auch Lenaus Seelenfreundin, Sophie v. Löwenthal in Wien, die alles daran setzte, um ihm den Gedanken an die Heirat mit Marie Behrends auszureden, bestärkte ihn in den nun erwachten Bedenken. Als er Ende September wieder in Stuttgart war, schrieb er an Sophie, daß er bei Cotta gewesen sei, um bei diesem auf die nachträgliche Verzinsung des Kapitals bis zu dessen allmählicher Auszahlung zu dringen; leider sei derselbe an der sofortigen Entscheidung verhindert, da er der Zustimmung seines Geschäftsteilhabers bedürfe. Am 12. Oktober aber konnte Lenau der Freundin melden: Cotta wird ohne Zweifel das Kapital verzinsen. Marie hat, wie ich nach Aeußerung eines ihrer Vettern irgend hier in Stutt gart gehört habe, 20,000 Gulden zu erwarten, wenn auch nicht gleich, doch nach dem Tode ihrer Mutter. Tatsächlich war die Frage der »Verzinsung« sehr un erheblich gegenüber den Sorgen, die in jenen Wochen dem Dichter der geistige Kräfteverfall bereitete, den er an sich plötzlich beobachten mußte. Die Aufregung über diese Geldfrage war nur ein Symptom der allgemeinen Auf regung, in der sich der neurasthenisch längst erkrankte Mann befand, und in dessen Krankheit bereits jetzt die Schatten des Irrsinns fielen. Als der unglückliche Dichter dann im Irrenhaus an seinem zum Ausbruch gelangten Leiden langsam dahin siechte, soll nach der angezogenen Darstellung sein Ver mögen zur Deckung der durch die Krankheit verursachten Kosten nicht ausgereicht haben; »den berechtigten Vor stellungen der Verwandten gegenüber« — heißt es — »be stand die Cotta'sche Buchhandlung auf ihrem Schein!« Wie? Am 22. August 1850 starb Lenau in der Heilanstalt Oberdöbling. Bis Ostern 1850 zahlte die Cotta'sche Buch handlung an das Kuratorium jährlich 4000 Gulden. Was aber waren die jährlichen Kosten von Pflege und Unterhalt des Kranken? Auch darüber erteilt die Biographie von Schurz getreulich Auskunft. Ueber den Aufenthalt Lenaus in Winnenthal bei Hofrat Or. Zeller bis Mitte Mai 1847 heißt es in dem Buche: Er lebte dort recht billig, denn es waren vierteljährlich für Kost, Wohnung, Wäsche, Heizung, Bedienung, Arzt und Arznei nur bei 115, also jährlich bei 460 Gulden Konventionsmünze zu bezahlen; und dabei war Niembsch in der höchsten der drei Zahlungsklassen und hatte als Ausländer um ein Viertel mehr als Einheimische zu entrichten. Die Kosten in der Privatirrenanstalt zu Oberdöbling 851
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