Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.08.1902
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1902-08-29
- Erscheinungsdatum
- 29.08.1902
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19020829
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190208291
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19020829
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1902
- Monat1902-08
- Tag1902-08-29
- Monat1902-08
- Jahr1902
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
20V, 29. August 1902. Nichiamtttcher Tett. 676? des menschlichen Verkehrs möglichst erträglich und bequem zu ordnen; und da ist es nicht zu billigen, aus irgend einer Konsequenzmacherei heraus Ordnungen zu schaffen, von denen die regelmäßigen Vorkommnisse sich als Ausnahmen dar stellen; für diese gewöhnlichen Sachlagen sind die Gesetze paßrecht zu machen. Leider entspricht diesen gesunden Grund sätzen auch der Entwurf in einigen Fällen nicht. VI. Im VI. Abschnitte sucht Röthlisberger das bis dahin Ausgeführte durch die Berufung auf einige Fälle der Praxis zu erhärten. Der erste, sehr bekannt gewordene Fall, wo das Besitzer paar einer Villa, die auf Befehl des Großherzogs von Baden ausgenommen werden sollte, den Wunsch ausdrückte, auf dem Bilde mit ausgenommen zu werden, und dann so un liebenswürdig war, auf Grund seines »Persönlichkeitsrechtes« die Verbreitung des Bildes zu verbieten, und das seine Forde rung auch gerichtlich durchsetzte, ist in sich etwas verworren geartet, und seine Entscheidung beruht auf Schweizer Recht, ist also für deutsche Verhältnisse nicht vorbildlich. Die Klage hätte allerdings auch nicht auf das Urheberrecht begründet werden können. Indessen ist diese Scheidung zwischen Ur heberrecht und Persönlichkeitsrecht in Bezug auf diejenigen, die mit Bezug auf eine photographische Aufnahme irgend ein Recht geltend machen wollen, so lange mindestens schwankend, wie der beinahe einzige Schutz des Persönlich keitsrechtes auf Bestimmungen im Urheberrechtsgesetze be ruht und bei uns — bisher — sogar nur die Form des Urheberrechtes hat. Denn unser noch gellendes Recht leitet aus dem Wunsche, das Persönlichkeitsrecht zu wahren, für den Auftraggeber auf eine Persouenausnahme nur den un weigerlichen Uebergang des Urheberrechtes auf diesen Be steller her. Daß das ungeschickt und ungenügend ist, darüber ist alle Welt einig. Aber man muß auch zugeben, daß daraufhin das Persönlichkeitsrecht lediglich als Urheberrecht verfolgt werden kann. Der zweite Fall ist der sensationelle mit den Mariani- Wein-Reklamen, bei dem sich einige unklare Köpfe unter den auf den Fittichen dieser Reklame durch die Welt getragenen französischen Berühmtheiten über ein ganz selbstverständliches Urteil der französischen Gerichte aufgeregt haben. In Frankreich geht das Urheberrecht bei bestellten Bildnissen nicht auf den Besteller über, weil es dort überhaupt ein präzisiertes Photographienrecht nicht giebt. Infolge dessen kann ausschließlich der Photograph als Urheber be trachtet werden und eventuell — das heißt nach franzö sischem Rechte: wenn der Richter dem Werke überhaupt wegen »künstlerischer« Qualitäten ein Urheberrecht zugesteht, — Urheberrechte geltend machen. Nun hatte eine An zahl von Berühmtheiten aus gedankenloser Gefälligkeit oder aus Eitelkeit jenem Wunderwein-Fabrikanten gestattet, ihre Anerkennungsschreiben mit ihren von Reutlinger in Paris angefertigten Photographien zu illustrieren. Dazu hatten sie selbstverständlich kein Recht. Aus dem Per sönlichkeitsrechte — es mag so unzweideutig wie nur immer möglich festgestellt sein — kann gegenüber dem Urheberrechte niemals etwas weiteres als ein Verbietungsrecht abgeleitet werden. Man kann selbst den berechtigten Urheber unter Umständen verhindern, mit der eigenen Person im Bilde irgend einen unliebsamen Unfug zu treiben; aber man hat nicht das Recht, über das eigene Bildnis, dem von irgend jemand Anderem künstlerische Form gegeben ist, selbständig zu verfügen. Man kann die Ausübung des Urheberrechtes untersagen, aber man kann nicht über diese Ausübung eigen mächtig Bestimmung treffen Dieser ganze Fall beruht also einfach auf einer Begriffsverwirrung der betreffenden Herren. Persönlichkeitsrecht kann niemals Gestattungsrecht über fremdes Eigentum sein, — oder mit Röthlisbergers ganz zutreffenden Worten: »Die Modelle dürfen kein Recht ver äußern, das sie gar nicht besitzen.« Der am Schluffe dieses Abschnittes aufgestellten Be hauptung, daß das Recht, gegen mißbräuchliche Aufnahme und Verwendung des eigenen Bildes aufzutreten, aus »allgemeinen Rechtsgrundsätzen« folge, wird unmittelbar darauf (am Anfänge des folgenden Abschnittes) insofern widersprochen, als der Verfasser da die Forderung aufstellt, daß für diejenigen Fälle, in denen Besteller und Dargestellter nicht identisch sind, auch dem letzteren ein Einspruchsrecht gegen mißbräuchliche Benutzung seines Bildes zuzuerkennen sei (wie zukünftig bei uns geschehen soll). Wenn es dazu erst einer gesetzlichen Bestimmung bedarf, so folgt es natürlich nicht aus »allgemeinen Rechtsgrundsätzen«. Diese Rückblicke auf die Praxis erweisen sich also als ziemlich unfruchtbar VII. Auch der folgende Abschnitt VII fördert kaum. Danach soll die Berechtigung zum Ausstellen und Verkaufen des Portraits dem »ersten Photographen« jederzeit gegen Entschädigung entzogen werden können. Darauf muß er doch erst eingehen wollen; ihn dazu zu zwingen, giebt es kein Recht. Wenn wirklich französische Gerichte der Ansicht gewesen sein sollten, daß der Besteller selbst die Zerstörung der Originalplatte gegen Entschädigung verlangen könne, so ist das eine etwas starke Anwandlung von Selbständigkeit, die bei uns unter normalen Verhältnissen weder zugemutet noch hingenommen werden würde. Allerdings ist ja auch bei uns in dem be kannten Falle der Friedrichsruher Photographie von der klägerischen Partei das Petitum gestellt und von den Gerichten als berechtigt anerkannt worden, das Originalnegativ zu zer stören. Aber diese Forderung beruhte auf der behaupteten und gerichtlich »festgestellten« Unrechtmäßigkeit der Her stellung dieses Bildes. (Es kann bei dieser Gelegenheit auf sich beruhen bleiben, ob nicht die gesamten Rechtskonstruk tionen bei diesen Prozessen auch noch sehr anfechtbar wären.) Ein rechtmäßig hergestclltes Negativ, das samt den daran haftenden Urheberrechten dem Photographen gehört, aus welchem Grunde es auch sei, zerstören zu lassen, dieses Recht kann unmöglich einem Dritten zugestanden werden. Hierbei würde bewußt oder unbewußt ein Zwischenstadium über sprungen, nämlich das der Enteignung. Dem Photographen müßte erst das Eigentumsrecht an seiner Platte zu gunsten des die Zerstörung verlangenden Dritten aberkannt werden, worauf diesem dann selbstverständlich an seinem eigenen Besitztum das Recht der Zerstörung zukäme Aber wo läge ein Rechtsgrund zur Aberkennung des Eigentumsrechtes vor? Bemerkenswert ist das Zugeständnis Röthlisbergers, daß die Platte einer Bildnisaufnahme, sobald deren Benutzung von der Einwilligung des Bestellers oder des Dargestellten abhängig ist, ganz wertlos wird. Das ist immerhin von Wichtigkeit, namentlich wenn man hinzunimmt, daß nach ihm der Verfertiger, insofern er das Negativ aufbewahrt, für jeden Mißbrauch desselben verantwortlich bleibt. Ist dies richtig, dann ist dieser Verfertiger jedenfalls ein Thor, wenn er das Negativ nicht lieber dem Besteller überliefert. Auf diese vernünftige Sachlage führt alles hinaus, was sich an verständigen Erwägungen an diese Frage anknüpfen läßt. Es ist daher, wenn nicht bedauerlich, dann gleichgiltig, daß die »Bemerkungen« zu dem neuen Entwürfe den Photo graphen von der Verpflichtung zur Herausgabe der bestellten (Bildnis-) Platte ausdrücklich freisprechen. Die ganz ungeheuerlichen, gewaltsamen Rechtskonstruk tionen führen naturgemäß zu den Palliativmitteln von Ein schränkungen und Ausnahmen, wie z. B. derjenigen, daß auch bei Vergrößerungen, die einem Photographen aufgetragen 890'
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder