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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.12.1902
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1902-12-29
- Erscheinungsdatum
- 29.12.1902
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- Deutsch
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10672 Nichtamtlicher Teil. 30V, ZS. Dezember 1SSZ. berücksichtigung der klägerischen Ansprüche. Die vom Be klagten für die Ablehnung gewählte Motivierung: er verlange vorerst Vorlage des Originaloffertschreibens vom Kläger, um sich durch dessen Einsicht von der Richtigkeit der geltend ge machten Gewährsansprüche zu überzeugen, konnte Kläger jederzeit mit Recht von sich abweisen unter dem Hinweis, daß gemäß 8 38, Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs Beklagter in der Lage sei, sich jene Ueberzeugung an der Hand der eignen Geschäftsausweise zu verschaffen. Kläger hat diesen Hinweis unterlassen, weil er hierzu nicht verpflichtet, und weil er auch ohne ihn zur Erhebung der Klage berechtigt war. nachdem Beklagter zur Rücknahme der Lieferung sich nur bedingt bereit erklärt hatte. Beklagter hat sich vor Gericht zur Rechtfertigung der vor läufigen Ablehnung der klägerischen Ansprüche auf einen Handelsgebrauch berufen, nach dem jeder Buchhändler, dessen Lieferung auf Grund des Offertschreibens bemängelt werde, das Recht haben soll, die Vorlage der Original offerte mindestens von Kommissionär zu Kommissionär zu verlangen. Die mit der Sache befaßten Gerichte haben jedoch unterlassen, eine vorherige Feststellung dahin vvr- zunehmen, in welchen Fällen ein derartiger Handelsgebrauch, wie ihn Beklagter behauptete und Kläger auch teilweise ein- rnumte. thatsächlich Platz greise. Das faktische Bestehen eines Handelsgebrauchs muß dem Gericht stets nachgewiesen werden Das in Frage stehende Gericht hatte zwar eine dahingehende Beweisaufnahme verfügt, hat diese aber im Laufe des Prozesses wieder fallen lassen, lediglich deshalb, weil Kläger das Bestehen einer gebräuchlichen Vorlage des die Gewährschaftsansprüche begründenden »Materials» von Kommissionär zu Kommissionär auch im antiquarischen Buchhandel ohne nähere Bezeichnung der Fälle, in denen ein solcher Gebrauch Platz greife, vor Gericht einräumte Nach unserm Dafürhalten kann aber der Richter das Bestehen von Handelsgebräuchen nicht aus Grund beiderseitigen bloßen Parteivorbringens annehmen und seiner Ent scheidung zu Grunde legen. Ein Handelsgebrauch, der einem Urteil zur Unterlage für die Sachentscheidung dienen und gemäß Z 346 des Handelsgesetzbuchs für die Bedeutung und Wirkung von Handlungen oder Unterlassungen einer Partei von Einfluß sein soll, muß stets voll bewiesen werden. Im andern Fall hat er keinen Anspruch auf Berücksichtigung. In welchen Fällen aber der von beiden Teilen vor Gericht eingcräumte Handelsgebrauch in der buchhändlerischen Geschäfts praxis Platz greife, darüber wurde weder Beweis angeordnet, noch findet man im Urteil hierüber eine Feststellung. In Anbetracht, daß S 38. Absatz 2 des Handelsgesetz buchs es jedem Kaufmann zur Pflicht macht, seine abge- sendetcn Handelsbriefe in Abschrift auszuheben, um eben, z. B. bei Gewährleistungsansprüchen aus Lieferungen. Form und Inhalt der betreffenden Offerte gleich nachprüsen zu können, gäbe ein Handelsgebrauch wie der in Rede stehende nur da einen Sinn, wo es sich um Fälle handelt, bei denen der Offertsteller aus irgend einem triftigen Grund den Verlust der Abschrift des Offertbriefs in seinem Geschäft zu beklagen hat. Nicht aber könnte ein solcher Handelsgebrauch, wenn er selbst nachweislich seststände, von der in Z 38. Absatz 2 des Handels gesetzbuchs Kaufleuten auferlegten gesetzlichen Pflicht zur Fer tigung und Aufbewahrung von Abschriften abzusendender Geschäftsbriefe befreien. Entschuldbare Verlustfälle ausge nommen. können durch einen Handelsgebrauch, der dem andern Teil die Pflicht zur Vorlage der empfangenen Handelsbricse auf Wunsch des Gegners auferlegt, die aus der Nichtherstellung und Nichtaufbewahrung einer Abschrift für den Offerenten sich ergebenden nachteiligen Folgen ge meinhin nicht zu Lasten der Originalbriefempfänger ge schrieben werden. Es müßte sonst nicht der Offerent. sondern der Offertbriesempfänger für die Unterlassung der Herstellung einer Abschrift des Offertbriefs aufkommen. so fern er nicht zur Vorlage des Originaloffertschrcibens auf Wunsch des nachlässigen Offerenten sich verstände. Eine solche Wirkung kann ein Handelsgebrauch gegenüber einer zwingenden gesetzlichen Vorschrift wie diejenige von K 38 Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs aber gemeinhin nicht äußern seit I. Januar IS00. Unsrer Meinung nach war aber auch die vom Kläger vor Gericht gemachte Einräumung, daß auch im antiqua rischen Buchhandel dem Lieferanten auf Verlangen das »Material« dafür, daß er nicht bestellungsgemäß geliefert habe, zugänglich zu machen sei. nur so zu verstehen, daß der Besteller das in Empfang genommene Buchmaterial, wenn er es als nicht offertgemäß nachträglich beanstandet, dem Lieferanten aus Wunsch vorzulegen habe, damit dieser sich von- den behaupteten Fehlern und Mängeln überzeugen könne. Ein solcher Handelsgebrauch gäbe einen Sinn, weil ja der Lieferant mit der Absendnng der Bücher sich dieser vollständig entäußert hat. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber gar nicht um eine derartige nachträgliche Fest- stellungsermöglichung von Buchdefekten seitens des Em pfängers zur Kontrolle des Verkäufers, denn die vom Kläger am Buch gerügten Mängel hatte der Beklagte nicht in Frage gezogen und bestritten. Es handelte sich vielmehr im gegebenen Fall um die vom Gegner gewünschte Vorlage seines Originalosfertschreibens zu dem Zweck, daß sich Gegner, der eine Abschrift davon nicht besaß, den Inhalt jenes Schreibens wieder vergegenwärtigen könne. Ob in solchen Fällen im antiquarischen Buchhandel und im Buchhandel überhaupt ein Handelsgebrauch besteht, der den andern Teil ans Verlangen zur Vorlage außerhalb des Prozesses von Kommissionär zu Kommissionär unter allen Umständen verpflichtet, muß fraglich erscheinen. Ein Beweis hierfür wurde im gerichtlichen Verfahren nicht er hoben und auch nicht erbracht. Gegenüber der zwingenden Bestimmung von Z 38, Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs würde es sich aber immerhin fragen, welche Bedeutung und Wirkung einem solchen Handelsgebranch beigelegt werden könnte, und ob ihm überhaupt irgend welche rechtliche Wirkung in Anbetracht dessen bsigelegt werden könne, daß gemäß Z 38. Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs jeder Kauf mann verpflichtet ist. sich den Beweis des Inhalts seiner Geschäftsbriefe selbst, und zwar dadurch sicherzustellen, daß er eine getreue Abschrift jener Briefe vor deren Absendung fertigt und diese zehn Jahre lang sorgfältig bei sich auf bewahrt. Hieraus dürfte hervorgehen, daß doch nur in den Aus nahmefällen des unverschuldeten Verlustes der Briefkopie ein auf einen Handelsgebrauch sich stützender außergericht licher Anspruch auf Vorlage der in Händen des Gegners befindlichen Originalschreiben mit der Wirkung geltend ge macht werden kann. daß. so lange der besitzende Teil dem Verlangen zur Einsichtnahme nicht nachkommt, der andre Teil mit der Erfüllung der sich auf das Schreiben stützenden Ansprüche nicht in Verzug gerät. Nicht aber wird es als zulässig gelten können, daß z. B. ein Kaufmann die gesetzlich vorgeschriebene Abschriftnahme seiner Offert- und sonstigen Geschäftsbriefe unterläßt, weil er, im Fall der Offertbrief empfänger aus dem Brief, z. B. wegen nicht offertgemäßer Lieferung. Regreßansprüche für sich ableiten sollte, nach Handelsgebrauch die außergerichtliche bedingungslose Vorlage des Originalbriefs vom Empfänger zu verlangen schlechthin für berechtigt gelten muß. Es könnte auf diese Weise der wirtschafts- und verkehrspolitische Zweck der Gesetzesbestimmung von 8 38 Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs durch einen handelsgeschästlichen Mißbrauch vollständig vereitelt werden
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