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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.02.1901
- Strukturtyp
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- 1901-02-18
- Erscheinungsdatum
- 18.02.1901
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- Deutsch
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1422 Nichtamtlicher Teil. 41, 18. Februar 1901. selbst durch die Miuiaturmalerei künstlerisch ausgestaltet, es trat etwa eine Darstellung des klösterlichen Schutzpatrons hinzu, ein Bibelvers oder ein Sinnspruch wurde dazugesetzt, oft nur in den lateinischen Anfangsbuchstaben; etwas später wurden dann auch symbolische Darstellungen aus der christ lichen Mythologie in das Bibliothekzeichen hineiugeflochten. So entwickelte sich allmählich, noch bevor die Druckkunst er funden war, der bildnerische Schmuck der Ux libris. Nachdem um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts die Buchdruckerkunst erfunden, die Bücher — natürlich in be schränktem Sinne — wohlfeiler geworden waren und die deutsche Kultur sich zu jener glänzenden, in sich geschlossenen Blütezeit erhob, deren Gipfel in der Kunst Dürers Riesen gestalt bezeichnet, da erstanden auch in der Kleinkunst des Lx libris herrliche Schöpfungen von großer Schönheit. In den graphischen Künsten — dem Holzschnitt, Kupferstich und der Radierung — erzählten die Künstler die Kulturgeschichte ihrer Epoche. Die Ux übrig jener Zeit bilden uns eine willkommene Ergänzung zu diesen vielseitigen Zeitspiegeln in Bildern. Kein einziger dieser großen Meister, die — als Vorbilder — wie leuchtende Gestirne deutschen Geisteslebens das strahlende Licht ihrer innigen Knnst bis in unsere Tage ergießen, ist aus falsch angebrachter Vornehmthuerei zurückgescheut vor solcher Kleinarbeit; wir finden aus dieser Zeit Ux 1ibri8 von Dürer, Lucas Cranach, Jost Ammann, Burgkmair, Hans Sebald Beham, Holbein und noch anderen. Sehr viel wurden in dieser ersten Blütezeit der Ux libris-Kunst Wappendarstellungen verwandt; hier und da auch das Por trät des Besitzers mit Namen und Wahlspruch und reichem ornamentalen Schmuck. Der dreißigjährige Krieg hat ja dann die ganze deutsche Kunst und Kultur zu Grunde gerichtet. Die zweite Glanz periode der Ux 1ibri8-Kunst füllt ins achtzehnte Jahrhundert, in die Zeit des Rokoko; ihr Gebiet liegt aber nicht nur in Deutschland, sondern namentlich jenseits des Rheins, in Frank reich. Duftige Zartheit und liebliche Grazie, pikante Anmut voll intimer Reize ist — korrespondierend mit dem Zeitgeiste — das Charakteristikum dieser französischen Ux libris. Ihr Darstellungskreis hat sich wesentlich erweitert; Allegorien und mythologische Figuren, Ansichten von Bibliothekinterieurs, Landschaften, schalkhafte Schäferscenen, arkadische Idyllen, reizende Frauengestalten und dergleichen mehr werden in zier lichen Umrahmungen aufs mannigfaltigste verwandt. Gleich zeitig arbeitete in Deutschland der wackere Chodowiecki und schuf mit seinem treuherzigen Gemüt und seinem sauberen Stift mehrere hübsche Blätter; in England blüht zur selben Zeit der Chippendale-Stil, ein Abglanz des französischen Sonnenzeitalters, der sich nur gering von dem dominierenden Stile Frankreichs unterscheidet. Das Ende des achtzehnten Jahrhunderts bedeutete auch den Zusammenbruch einer Welt des tollsten Uebermutes, der heitersten Glückseligkeit und der galantesten Frivolität; die Ernüchterung war bitter und herb. Es giebt keine Epoche in der Kunstgeschichte, die so trostlos öde und leer ist wie die erste Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, eine Armut, die sich aus der Geschichte Europas hinreichend erklärt. Die Kunst lag schwer darnieder. Daß in solcher Zeit, in der auch die Buchkunst gänzlich mißachtet und degeneriert war, nichts Sonderliches in der feinen und sinnigen Klein kunst der Bibliothekzeichen geschaffen wurde, ist leicht erklärlich. Die Tradition des Gebrauches von Ux libris allerdings war noch lebendig im Volksgeiste; aber daß cs je eine Kunst und eine große Kunstbethätigung auf diesem Gebiete gegeben hatte, das schien vergessen zu sein. In dieser Zeit war es vielfach Sitte, sich einfach Zettel drucken zu lassen mit dem Namen des Besitzers und diese langweiligen Zettel in die Bücher einzukleben; durch diese geschmacklosen und kunstfremden Marken wird der Niedergang der Ux libris-Kunst am zu treffendsten gekennzeichnet; es kommen allerdings hier und da auch noch Ux libris-Zeichnungen vor; aber sie sind steif, schlecht und meist ohne jedes künstlerische Empfinden hingesudelt. Erft die Zeit nach 1871, als der deutschen Kunst ein neuer Frühling erblühte, hebt die Ux libris-Kunst allmählich wieder auf eine würdige Höhe und zwar nicht allein in Deutsch land, sondern in der ganzen Welt. Aus England ist be sonders der Altmeister Charles W. Sherborn in London zu nennen, dessen Stil sich an altdeutschen Meistern, besonders an Hans Sebald Beham gebildet hat. Ec ist seit ca. 1860 thätig und hat seit dem über 300 Ux libris entworfen): und gestochen, die sich zum allergrößten Teil (268 Stück) im Besitz des Grafen Leiningen befinden, ein Schatz, um den ihn sowohl deutsche wie englische Sammler beneiden, da die Sherborn-Blätter unendlich schwer, teilweise gar nicht mehr zu bekommen sind. Sherborn vertritt, wie schon angedeutet, die alte Schule; man verstehe aber ja nicht darunter etwa einen unselbstän digen Nachtreter traditioneller Vorbilder. Es klingt in jeder seiner Schöpfungen eine stark individuelle Eigenart durch; außerdem beherrscht er die Technik in einer seltenen und be wundernswerten Vollkommenheit; Licht und Schatten sind stets mit entzückendem Geschmack und feiner Sorgfalt ver teilt; dabei ist die oft sehr mannigfaltige Komposition der einzelnen Blätter, die ohne Ausnahme bis ins kleinste Detail ausgearbeitet sind, klar und glänzend angelegt. Die Sherborn-Abteilung in der Sammlung des Grafen Leiningen gewährt einen ganz besonderen Genuß. Es läßt sich denken, daß eine so stark ausgeprägte Individualität auf die eng lischen und amerikanischen Künstler einen nachhaltigen domi nierenden Einfluß ausgeübt hat; von seinen Schülern aber hat keiner ihn auch nur annähernd erreicht. Dieser antikisierenden Richtung diametral gegenüber stehen die modernen Symbolisten, die sich allerdings auch oft historischer Formensprachen bedienen — aber doch gewisser maßen den neuen Stil repräsentieren, der in der Ux libris- Kunst bisher nicht mit allzu glücklichem Erfolge sich durch zusetzen vermochte. Auch hier sind viele interessante Künstler- typen, wie Bell, Ospovat, Snnpson, Beardsley, Macdonald u. s. w. (welch letztere Beide aber infolge ihrer Bizarrerien größtenteils mehr als groteske Erscheinungen interessant sind) künstlerisch hoch zu schätzen. Amerika bietet ebenfalls vieles Gute in neuester Zeit neben manchen tollen Künstlerschrullen, gerade wie in Eng land; der bedeutendste Amerikaner in der Ux libris-Kunst ist E. D. French, der auch in der Leiningenschen Sammlung außer ordentlich reich (fast vollzählig, 170 Stück) vertreten ist. Wenig bedeutsam sind die modernen Ux libris-Schöpfungen Hollands, Schwedens, Dänemarks und Belgiens, wo neben ganz vereinzelten Schöpfungen des großen Radierers Felicien Rops besonders Armand Rassenfosse hervorzuyeben ist; am schlimmsten aber steht es merkwürdigerweise in Frankreich. Von diesem Lande, das doch bekanntlich in neuester Zeit so viele tüchtige und geniale graphische Künstler hervvrgebracht hat, ist wenig Gutes zu vermelden. Deutschland dagegen hat in jüngster Zeit unstreitig in der Ux libris-Kunst das künstlerisch Beste und Meiste ge schaffen. Die Zahl der Künstler, die Bibliothekzeichen ent werfen und entworfen haben, ist seit 1880 und besonders im letzten Dezennium ins Ungeheuerliche gewachsen und läßt sich heute kaum noch übersehen. Allerdings findet sich neben hochkünstlerischen Schöpfungen oft Minderwertiges und auch viel völlig Unbrauchbares. Das dürfte besonders die Folge davon sein, daß erstens über den Zweck, die Bedeutung und Ausstattung, kurz überhaupt über das Aussehen eines
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