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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.04.1901
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1901-04-29
- Erscheinungsdatum
- 29.04.1901
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- Deutsch
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3446 98. 29. AM 1901. Nichtamtlicher Teil. fvr. Nieberdinq.) die Interessen der Allgemeinheit die Vermehrung des Schutzes, wie sie die Regierungsvorlage vorschlägt? Nun könnte ich mich in dieser Beziehung schon auf das Recht vieler anderer Kulturstaaten berufen, nicht nur auf das Recht des französischen Landes, auf das der Herr Abgeordnete Spahn in einem von dem Herrn Abgeordneten Richter berührten Aufsatze etwas zweifelnd hingcwicsen hat, sondern auch auf das Recht anderer Staaten, in denen eine ebenso lange Schutzfrist wie in Frankreich besteht, wie in Belgien, in Ungarn, oder in denen eine noch längere besteht, wie in Spanien und, zwar unter Modali täten, aber doch mit demselben Effekt, in Italien. Ich bin der Ansicht: wenn in diesen Ländern die allgemeinen Interessen, die an der Musik beteiligt sind, eine derartige Erweiterung des Schutzrechts gestatten, dann muß uns doch schon recht einleuchtend dargethan werden, daß das bei uns nicht zulässig sei, und das hat der Herr Abgeordnete Richter nach meiner Meinung nicht gethan. Aber, meine Herren, ich will ganz konkret aus unsere eigenen Verhältnisse eingehcn; ich will die Frage beantworten — und er laube mir dafür ihre Aufmerksamkeit zu erbitten —: welche Wirkung wird die Verlängerung des Schutzes bei uns in Deutsch land ausüben? Danach werden wir ja beurteilen können, ob in der Thal der Vorschlag der Regierung, wie ihn die Kommission aeceptiert hat, so bedenklich ist, wie der Herr Abgeordnete Richter meint. Ich konstatiere zunächst, daß der ganze Notenvertrieb, an den sich die Hausmusik knüpft, überhaupt die private Benutzung von Noten von dem Vorschläge nicht berührt wird. Das Verlags recht bleibt auf 30 Jahre beschränkt; nach 30 Jahren werden die Noten frei; jeder Privatmann kann zu seinem Privatbedarf die Noten unter freiem Wettbewerb kaufen, für den Bedarf des eigenen Hauses oder der Familie; das Privatpubliknm wird gar nicht betroffen. Dieser Teil der Allgemeininteresscn des deutschen Volkes scheidet also für die Frage aus. Es scheidet ferner aus das Vcreinsleben. Auch das Vereinsleben wird von diesem Paragraphen nicht berührt; denn das Vereinsleben steht nach dem Beschlüsse zu 8 27 überhaupt nicht unter der Verpflichtung, Honorar zu zahlen. Für die musikalische Vcrcinsthätigkeit ist also gleichgiltig, ob ein Schutz besteht und wie lange, ob er dreißig oder fünfzig Jahre oder wie lange sonst nach dem Tode des Autors er besteht. Privatleben und Vereinsleben scheiden aus, sind an dieser ganzen Frage nicht beteiligt. Beteiligt sind die Theater und Konzerte. Die Frage ist: liegen hier erhebliche Eingriffe vor durch die Verlängerung der Schutzfrist, daß man diese mit Rücksicht auf das Theater- und Konzertwesen nicht gestatten kann? Nun, meine Herren, das Publikum ist bei Theater und Kon zerten nur insofern beteiligt, als cs Eintrittsgeld zahlen muß, wenn es an den Genüssen, die ihm dort geboten werden, teil- habcn will. Eintrittsgelder aber sind unabängig von den Hono raren, die den Autoren bezahlt werden. Niemals wird ein Theaterdirektor, niemals ein Konzcrtunternehmer dahin kommen können aus dem Grunde, weil zuweilen Stücke, die unter der Honorarpflicht stehen, gegeben werden sollen, seine Eintrittspreise zu erhöhen. Dagegen sprechen praktisch die Erfahrungen und theoretisch die Wirkungen der Konkurrenz. Es folgt daraus, daß dem Publikum, welches Theater und Konzerte besucht, es voll ständig gleichgiltig ist, wie lange die Schutzfrist dauert. Nur in einem Punkte könnte ich mir einen Einfluß denken, nämlich, daß die Theater und Konzerte versuchen würden, abgabepflichtige Stücke seltener zu geben, weil sie davon besondere Unkosten haben. Ich will zugebcn, meine Herren, daß das bei Theatern möglich ist, weil die Konkurrenz unter den Theatern gering ist, obwohl alle diejenigen Theater, die unter staatlicher oder städtischer Regie stehen, und dos sind die wichtigsten, sich davon nicht leiten lassen werden. Bei den Konzerten, meine Herren, kommt die Frage aber überhaupt nicht in Betracht. Da sorgt die Konkurrenz angesichts der zahlreichen Unternehmer dafür, daß dort keine Preiserhöhung cintreten kann. Daraus folgt, meine Herren — ich wiederhole das —, daß für das Publikum die Verlängerung der Schutzfrist gleichgiltig ist, auch für dasjenige Publikum, das Theater und Konzerte besucht. Eine Rolle spielt sie nur für Theater- und Konzertunternehmer, für das Unternehmertum. Die Unternehmer von Theateraufsührungc», die Leiter von Konzerten werden aller dings genötigt sein, den Autoren für ihre Werke auch über das dreißigste Jahr hinaus, wenn die Vorlage angenommen wird, ein Honorar zu zahlen. Das sind die einzigen Leidtragenden, meine Herren, und wenn Sie zu diesem Schluffe kommen, dann frage ich Sie: welches Interesse steht Ihnen höher, das Interesse der Autoren und ihrer Angehörigen oder das Interesse der Unter nehmer, die von den Werken der Autoren ihre Einnahmen ziehen? Oder, um mich etwas milder auszudrücken, ist es nickt billig, daß auch noch dreißig Jahre seit dem Tode der verhältnismäßig reiche Ertrag, der aus den Vorstellungen den Theaterunternehmern und Konzertgebern zufällt, zum Teil an die Autoren übergeht, aus deren geistiger Arbeit der Erwerb dieser Unternehmer doch beruht? So müssen Sie die Frage formulieren, und dann können Sie nach meiner Meinung nur zu dem Schlüsse kommen: es ist nicht nur unbedenklich, sondern es ist eine Pflicht des Anstandes und der Gerechtigkeit, den Autoren, so lange es irgend angängig ist, einen Anteil aus dem Ertrage ihrer Werke, freilich auf Kosten der Unternehmer, aber nicht auf Kosten des Publikums zu gewähre». Nun, meine Herren, kommen auch noch andere Interessen für die Autoren in Betracht. Für einen Autor, der ein Buch in die Welt wirst, ist es verhältnismäßig leicht, bekannt zu werden. Sein Werk kommt gleich auf den ganzen deutschen Büchermarkt, jeder kann cs lesen und genießen ohne weitere Vermittelung, die Reccnsionen sind aller Welt zugänglich, in kurzer Zeit ist die Oeffentlichkeit über den Wert des Werkes sich klar. Da liegt aber das erste große Hindernis für die Autoren von musikalischen Kompositionen. Wenn die ihre Werke, die auf den Vortrag durch Orchester oder künstlerischen Gesang berechnet sind, der Oeffenllich- keit zugänglich machen wollen, dann müssen sie das Medium der Theater und Konzerte in Anspruch nehmen und hier erzwingen, daß die Aufwendungen gemacht werden für die Aufführung eines neuen Stückes, daß die Kräfte gewonnen werden, die unter Um ständen unentbehrlich sind. Das ist in der Thal nicht leicht, und darunter leiden die musikalischen Autoren erheblich, vor allem aber leiden darunter die Autoren ernster, gehaltvoller Werke. Die Autoren der leichteren Musik sind an der Sache kaum beteiligt. Die leichte Musik, überhaupt die leichtere dramatische Produktion, hat eine kurze Lebensdauer, sie lebt nach der Mode, mit dem Ge schmack des Tages und verschwindet regelmäßig lange vor den dreißig Jahren, die das bestehende Gesetz als Schutzfrist giebt. Die ernste Musik aber steht unter ganz anderen Lebensbedingungen, sie braucht Jahre, bevor sie ini Lande bekannt und verstanden wird, und erst, nachdem das geschehen, ergiebt sich die Möglichkeit für den Komponisten, von dem Ertrage seines Werkes etwas zu ziehen. Darin, daß auf diese Weise in Wirklichkeit die Schutzfrist für die Autoren der Bühnenwerke ernster Art später beginnt, als für alle anderen Autoren, darin liegt die Ungerechtigkeit des gegen wärtigen Zustandes für die beteiligten Autoren. Gerade dem wollen wir dadurch cntgegentreten, daß wir die Schutzfrist ver längern. Das ist keine Ausnahme von den allgemeinen Regeln, die eigentümlich erscheinen könnte, sondern eine besondere Rege lung, die in den besonderen Verhältnissen des Lebens begründet ist, die nach meiner Meinung dnrch eine gerechte Rücksicht auf die Autoren begründet wird. Die Verhältnisse liegen in dieser Be ziehung so klar zu Tage, daß cs da gar keiner weiteren Nachweise bedarf. Aber ich möchte Sie doch daran erinnern, um zu zeigen, wie spät verhältnismäßig verdiente Autoren zu ihrer Anerkennung und später natürlich zu ihrem Lohne kommen, daß beispiels weise die neunte Symphonie von Beethoven zur allgemeinen Geltung gelangte, daß die Balladendichtungen von Löwe erst nach dem Tode des Dichters zur größeren Verbreitung gekommen sind, daß Komponisten, die jetzt zu den Lieblingen des deutschen Publikums gehören, wie Nicolai, Lortzing, hingestorben sind, daß ihre Familien haben sehen müssen, wie die Schutzfrist verging, ehe die Werke in der Oeffentlichkeit allgemeine Anerkennung fanden. Das beweist doch klar, daß die geltende Frist für manche Ver hältnisse zu gering ist. Nun hat der Herr Abgeordnete Richter, indem er betonte, daß nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Komponisten daran beteiligt sei, gefragt, ob es denn lohne, für diesen kleinen Teil so lange Schutzfrist einzusühren. Ja, für die übrige Welt schadet es doch nichts! Die übrigen Autoren sind von dem Markte ver schwunden, und das Publikum fragt nicht mehr danach, wird also auch nicht durch ihre Schutzfristen behelligt. Sollte cs unter diesen Umstünden nicht recht und billig und unbedenklich sein, daß die Angehörigen dieses kleinen Teiles verdienter Meister, meistens derjenigen Meister, die die edelsten Schöpfungen auf den Markt des deutschen Lebens gebracht haben, noch einen längeren Schutz genießen? Meine Herren, ich muß nun auch noch auf die internationalen Beziehungen kommen, obschon der Herr Abgeordnete Richter ja schon vorher gewissermaßen mit dem Finger gedroht hat, wenn man wieder darauf kommen sollte. Er hat mir neulich vor geworfen, daß ich in dieser Beziehung keinen gleichmäßigen Stand punkt cinnehme, daß ich bei 8 22 das internationale Recht beiseite gelassen, mich aber an anderer Stelle darauf berufen hätte. Das ist ein Irrtum. Ich habe bei 8 22 auch mich auf das inter nationale Recht gestützt, aber nicht so, wie es das Reichsgericht bei uns auslegl, sondern ivie cs in der übrigen Welt ange wendet wird. Insofern besorge ich für mich keine Inkonsequenz, wenn ich auf die internationalen Beziehungen zu sprechen komme. Was aber diese Beziehungen betrifft, so muß ich Sie bitten, eines zu erwägen. Die musikalische Produktion steht abweichend von der litterarischen Produktion unter ganz be- ^ sonderen Gesetze» iin internationalen Verkehr; sie sprechen eine
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