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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.04.1901
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1901-04-29
- Erscheinungsdatum
- 29.04.1901
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- Deutsch
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Börsenblatt f. d. denttchen Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 3147 sUr. Nieberding.) Weltsprache. Die in Deutschland geschriebenen Noten gehen in alle Welt, werden überall verstanden und werden überall ge nossen. So kommt cs. daß wir hier ganz besonders mit einem internationalen Markte zu rechnen haben, der für das verschieden artige Recht der einzelnen Staaten sehr empfindlich ist. Nun haben wir fa das Gebiet der internationalen Union; der größte Teil der europäischen Kulturwelt gehört diesem an, auch Deutsch land. Dieses Gebiet bildet einen geschlossenen internationalen Markt für die musikalischen Werke, auch für die Werke Deutsch lands; aber dieses Gebiet steht unter dem vertragsmäßigen Grundsatz, daß der Schutz der einzelnen Werke zwar in allen Staaten gewährleistet ist, daß aber in keinem Lande, wenn das selbe auch längere Schutzfrist besitzt, der Schutz fremder Werke eine längere Dauer haben kann als in dem Ursprungslands des Werkes. Wie gestalten sich nun die praktischen Verhältnisse? Frankreich hat 50 Jahre Schutz, Belgien ebenfalls 60, Deutsch land 30. Der deutsche Musiker, der seine Werke in Deutschland verlegen läßt, hat für seine Aufführung in Frankreich nur einen 30 jährigen Schutz, weil sein Werk in Deutschland erschienen ist. Was liegt da wohl für die musikalischen Produktionen näher, als sich die Frage vorzulcgen: weshalb sind wir denn so wenig betriebsam, unsere Werke in Deutschland verlegen zu lassen? Ob Musikalien in Berlin oder Leipzig, in Paris oder Brüssel verlegt werden, ist für den Absatz vollständig gleich; aber der große Unterschied crgicbt sich, daß, wenn der deutsche Komponist seine Kompositionen in Brüssel oder Paris verlegt, er auch in diesen Ländern einen 50 jährigen Schutz genießt, während, wenn er sie in seiner Heimat verlegt, er auch in den Ausländern nur 30 Jahre Schutz zu erwarten hat. Wer kann es den Autoren verdenken, meine Herren, daß sie dann auf den Rechts schutz in ihrem Hcimatlandc verzichten und sich dem Auslande zuwenden, um ihre Werke dort verlegen zu lassen? So treiben Sie durch derartige differente Sätze in der Schutzfrist die deutschen Komponisten mit ihren Werken aus dem Heimatlande heraus. Aber das nicht allein! Wenn die deutschen Komponisten mit ihren Werken nach Frankreich und Belgien gehen, so ist es ein Gebot des wirtschaftlichen Bedürfnisses, daß die deutschen Ver leger ihnen folgen. Der Herr Berichterstatter hat vorher schon auf einen Vorgang in der Geschichte der Musik hingcwiesen, der in dieser Beziehung ein warnendes Beispiel liefert. Als zwischen Oesterreich und Deutschland zu ungunsten Oesterreichs ein weniger wirksames Schutzrecht bestand, trat das Ereignis ein, daß der österreichische Verlag, der früher der erste in der ganzen Welt war, dahinschwand, daß große Verleger Wiens nach Deutschland übersiedelten und hier zur Blüte des deutschen musikalischen Ver lages die Grundlage legen halfen. Jetzt, meine Herren, unter dem Einfluß der differenten Dauersätze des Schutzes in Frankreich und in Deutschland sehen wir schon die Anfänge einer weitcr- gehenden Entwickelung, ähnlich der früheren Entwickelung zwischen Oesterreich und Deutschland, sich vollziehen zwischen Deutschland und dem weiteren Westen. Angesehene Firmen sind schon jetzt nach Brüssel hinübergegangen, weil sie dort einen günstigeren Boden für ihren Verlag finden, denn sie können dort den deut schen Komponisten einen 50 jährigen Schutz mit Sicherheit garantieren, während sie, wenn sie in Deutschland wären, nur einen 30 jährigen Schutz garantieren können. Es ist nicht un möglich, daß dieser EntivickelungSprozeß weiter führt, und das Ende wird sein, daß, wie in Wien der große Verlag geschwunden ist, er auch in Leipzig, in Berlin, in Stuttgart weiter schwindet, und daß die großen Verleger auf musikalischem Gebiete in Zukunst in Brüssel und Paris zu finden sind. Meine Herren, keiner, der der die wirtschaftliche und nationale Bedeutung unseres musi kalischen Verlags kennt und würdigt, würde eine solche Ent wickelung nicht beklagen. Aber wenn Sie den Vorschlag der Re gierung ablehnen und bei der bisherigen Schutzfrist bleiben, dann werden Sie eine solche Entwickelung fördern. Nun hat der Herr Abgeordnete vr. Spahn — damit will ich schließen — in einem Aufsatze eine Bemerkung gemacht, die hier von dem Herrn Abgeordneten Richter bereitwillig aufgegriffen und als Waffe gegen unseren Vorschlag verwendet worden ist. In dieser Bemerkung spricht Herr Lr. Spahn sich dahin aus, daß, wenn die Schutzfrist für musikalische Werke in Deutschland auf 50 Jahre verlängert werde, dies nur der Anfang sei für weitere Schritte, die auch für die litterarische Produktion einen 50 jährigen Schutz bei uns begründen. Meine Herren, nichts ist unrichtiger als das. Eine solche Entwickelung ist durchaus nicht in Aussicht zu nehmen. Niemals haben die verbündeten Regierungen bei der Vorbereitung dieser Vorlage daran gedacht. Was den deut schen Buchhandel betrifft, so hat er sich ausdrücklich eine Ver längerung der Frist für die litterarischen Werke verbeten, indem er sagte, die gegenwärtige Frist sei unter allen Umständen, auch bei Verlängerung des musikalischen Schutzes, ausreichend, und für den litterarischen Markt bedürfe es einer Verlängerung nicht. Wenn also jetzt von dem Herrn Abgeordneten Richter darauf hingewiesen wird, daß dies ein erster Schritt sei zu einer weiteren verhängnisvollen Entwickelung, so möchte ich Sic warnen, meine Herren, das für bare Münze zu nehmen. Das ist einer der vielen Schreckschüsse, die im Laufe dieser Verhandlungen schon ab gefeuert sind, um denjenigen Herren, die die Verhältnisse nicht bis in den Grund übersehen, einige Bangigkeit einzuflößen. Meine Herren, lassen Sie sich dadurch nicht bestimmen, bleiben Sie bei der Vorlage der Regierung! Sie handeln nach dem Wunsche und im Interesse der Komponisten und der Verleger, Sie handeln nicht gegen das Interesse der Allgemeinheit, und Sie stützen den deutschen Autor und den deutschen Verlag in seiner Hciniat und schützen ihn vor der Auswanderung, und das ist auch eine Aufgabe, die uns bei dieser Gesetzgebung zufällt. Dietz, Abgeordneter: Meine Herren, der Herr Staats sekretär hat seine Ausführungen soeben mit einem Schreckschuß geschlossen und uns vorgeführt, daß der große, mächtige, mit vielen Kapitalien gesegnete deutsche Musikalienverlag, wenn wir die fünfzigjährige Schutzfrist für die Aufführung nicht annehmen, in das Ausland wandern würde. Das ist die alte Geschichte, die uns immer erzählt wird, wenn wir mit Steuervorschlägen u. s. w. kommen: -ja, wenn wir die direkte Einkommensteuer auf 5, 6 und mehr Prozent erhöhen würden- — so heißt es — -dann wandert der Kapitalist in das Ausland!» Bislang ist, soweit mir bekannt, kein Kapitalist in das Ausland gewandert; Deutschland hat ihm immer einen sehr guten Boden für die Ausbeutung geboten, und wenn irgend ein Geschäft in Deutsch land prosperiert, dann ist es der Musikalienverlag. Fast alle bedeutenden Musikalienverlegcr sind wohlhabend geworden bei dem heutigen Zustande der Dinge. Das sollte der Herr Staats sekretär doch in erster Linie in Betracht ziehen. Dann hat er eingangs seiner Rede uns zugeschoben, daß wir in das Gesetz Eingriffe, Einschnitte zu ungunsten der Komponisten gemacht hätten. Ich kann daraus nur erwidern, daß die 88 22 und 27 nicht von uns verfaßt worden sind, sondern von der Re gierung. Hat jemand Einschnitte und Eingriffe in die Rechte der Komponisten gcthan, so war es die Regierung, wir nicht. Wir haben aber gerade diese Bestimmungen als recht vernünftig an gesehen und sind ihr hier gefolgt; nichts weiter. Dagegen können wir ihr bei ihrem Vorschlag, wie er in 8 33 enthalten ist, nicht vlgen. Es ist ganz richtig, daß in der Kommission in der zweiten Lesung die Majorität dafür war, die Regierungsvorlage, wie sie ursprünglich lautete, an das hohe Haus zu bringen. Ich habe in der ersten Lesung bereits scharfe Stellung gegen die Fassung des 8 33 genommen, und in der Kommission habe ich das Gleiche gethan. Wenn Sie gefälligst die Ausführung auch derjenigen sich ansehcn wollen, die dagegen gesprochen habe», so bitte ich Sie, auf Seite 64 u. ff. des Kommissionsberichtes das nachzulesen. Wir haben nun, als die Sache bei der zweiten Lesung in der Kommission zur Entscheidung stand, uns gefragt, ob es nicht besser sei, die ganze Angelegenheit zu vertagen und sie in der ursprünglichen Fassung an das hohe Haus zu bringen; man könne während der Zeit noch Untersuchungen anstellen, Nach- und Umfragen halten, um dann definitiv bei der zweiten Lesung Stellung dazu zu nehmen. Das ist geschehen. Wenn nun behauptet wird, daß die Komponisten heute nicht besonders viel, mitunter auch gar nichts für ihre Kompositionen erhalten, so mag das für junge Komponisten zutreffen. Soweit Komponisten in Betracht kommen, die wirklich etwas können, habe sie auch gute Einnahmen; sie würden noch viel erheblichere Einnahmen haben, wenn sie nicht oftmals so thöricht wären, ihr Urheberrecht für alle Fälle an die Verleger zu verkaufen. Ich erinnere nur an den Komponisten Wagner, der in Deutschland alle Bühnen und Konzerte beherrscht. Erhalten die Angehörigen, die Nachkommen desselben nicht einen hohen Ertrag aus der von ihm geleisteten Arbeit? Wird das jemand leugnen wollen? Nur von denjenigen Opern und größeren Kompositionen, bei denen Wagner in der Jugend fahrlässig genug war, das Aufführungsrecht mitzu verkaufen, geht der Familie der Gewinn verloren. In dem Besitz des Aufführungsrechts liegt der springende Punkt für alle Kom ponisten, für berühmte und solche, die es werden wollen. Auf diesem Gebiete ist ihnen allein zu helfen. Die Uebertragbarkeit des Urheberrechts sollte gesetzlich eingeschränkt oder doch erschwert werden. Das gilt natürlich nur für größere Werke. Man wird auch nicht sagen können, daß heute die Bühncn- chriftsteller nichts verdienen. Es ist kürzlich durch die Zeitungen bekannt geworden, was die Dichter Hauptmann, Hartleben, Suder mann u. a allein von einem einzigen Theater an Honorar be kommen haben. Das geht in die Hunderttausende. Wo ist das rüher der Fall gewesen? Ein jüngerer Dichter der neuesten Zeit, der zwei Theaterstücke geschrieben hat, soll in kurzer Zeit von diesen Stücken ein Honorar von cirka 150000 Mark erzielt haben. 449*
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