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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.05.1901
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- 1901-05-01
- Erscheinungsdatum
- 01.05.1901
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Z566 Nichtamtlicher Teil. 101, 2. Mai 1901. (Stadthagcn.) das Interesse der Allgemeinheit hier viel mehr noch für unsere Vorschrift spricht als das spezielle Interesse einzelner Schriftsteller. Wir erleben es ja des öfteren, daß bei Gesetzentwürfen bei den jenigen Punkten eine besonders große Debatte entbrennt, die ins gemein gar nicht Dinge sind, welche von so außerordentlich prak tischer Bedeutung sind, die in so sehr vielen Fällen Vorkommen, sondern es handelt sich fast immer um praktisch minder bedeut same Punkte, bei denen es sich darum dreht, ob man gesetzgeberisch niedersetzen will dasjenige, was nach der allgemeinen Anschauung bereits Rechtens sein sollte. Es handelt sich hier wieder einmal darum, gegenüber dem Geist der Juristenzunft Stellung zu nehmen, die es ja häufig so ansicht, als ob das Leben eine Art Sektions objekt ist für juristische Konstruktionen, während doch thatsächlich umgekehrt die juristischen Konstruktionen dem Leben zu folgen haben. Wie liegt es hier? Hier handelt es sich um den Kampf zwischen Besitz und Arbeit. Die Entwickelung des Besitzes gegenüber der Arbeit ist ja eine jahrtausendlange, und die Vcrkehrsinteressen, die ökonomischen Interessen, die Interessen der Allgemeinheit zwingen dazu, daß die Arbeit in ihrer vollen, Werte erzeugenden, der All gemeinheit dienlichen Natur anerkannt wird, wie Sie es von der bürgerlichen Seite auch behaupten, wenn Sie Gesetze schaffen, die gegen die Arbeit gerichtet sind, daß die Arbeit geadelt wird. Früher galt der allgemeine Rechtsgrundsatz im großen und ganzen: wer Besitz hat, hat das Recht. Genau ebenso wollen Sie in dem jetzigen Zeitalter, wo wir von Sklavenarbeit uns losgelöst haben, wo wir die freie Arbeit zu achten angefangen haben —noch lange nicht so geachtet, wie es die Verhältnisse verlangen —, dem Besitz den Vorzug vor der Arbeit geben? Es ist hier nötig, in einem Gesetz, das über die Rechte der geistigen Arbeit handelt, die Ver schiedenheit der geistigen Arbeit, der Arbeit überhaupt gegenüber einer körperlich greifbaren Ware, der Besitzware, die Eigenart dieser Ware -Arbeitskraft- zu beachten: das heißt in Wahrheit die Arbeit adeln. Was thun Sie aber, wenn Sie dem Verleger das Recht geben wollen, mit der Arbeit, die ihm durch Vertrag über tragen ist, mit der Arbeit, an der ein Teil Arbeitskraft klebt, weil das Urheberrecht ja dem Autor verbietet, seine im Schriftwerk schon einmal entgeltlich verausgabte Arbeitskraft abermals zu verwerten, zu machen, was er will, sie ohne Zustimmung des geistigen Autors dieser Arbeit Dritten zu verkaufen? Damit er kennen Sie wieder an, daß allein der Besitz recht hat, und daß die Arbeit weniger oder nichts wert ist, untergeordneter Natur ist. Muß ich L-ie denn daran erinnern, welche vielen Kämpfe darüber statlgefunden haben? Cs ist ja kein Wunder, daß die Herren, die im römischen Recht, im Besitzrecht ausgewachsen sind, sich so schwer daran gewöhnen können, der Arbeit zu geben, was ihr Recht ist. Die Ausführungen, die Herr Zehnter, Herr Or. Oertel — gegen sein inneres Herz, wie er sagte — machten, erinnerten mich lebhaft an die Ausführungen der alten römischenJuristen, welche sich herumstritten bis weit hinaus über Labeos Zeiten darüber, ob jemand, der ein Stück Leinwand besitzt, jemand, der ein Stück Pergament besitzt, und aus dessen Besitz eine wertvolle Arbeit von Dritten gemacht: ist, nicht auch diese geistige Arbeit ohne weiteres erwerbe. Da hieß es — und das ist in einer aus Sklavenarbeit gegründeten Wirtschaftsperiode oder doch nur in dieser und in der ähnlichen feudalen Produktionsweise —: die Arbeit könne keine Werte schassen, sondern sie nur formen. Diese Miß achtung der Arbeit im heidnischen Rom in der Sklavenwirtschaft ist einer größeren Achtung allmählich gewichen. Und doch ist hier wieder ein Rückschlag: wo man entscheidet zwischen dem Wert des Besitzes und dem der Arbeit, hat sich die Kommission leider zu gunsten des Besitzes ausgesprochen. Herr Schräder scheint diese Dinge weniger vom Standpunkte des Schriftstellers, der Allgemeinheit aus betrachtet zu haben als von dem voreingenommenen Gedanken der Harmonie der Inter essen von Zweien, die einen Vertrag geschlossen haben. Solche Harmonie liegt nicht vor und kann nicht vorliegen zwischen Zweien, die ein entgegengesetztes Interesse haben. Wie aber hier eine Wertung der Arbeit vorliegen soll, wenn Sie cs gestatten wollen, daß ein einzelnes Werk oder eine ganze Branche über gehen soll ohne die Genehmigung dessen, der doch das eigentliche Eigentum au der Arbeit hat, der sie geschaffen hat und üer dem Verleger nur gewissermaßen das Besitz- und Verwallungsrecht gegen über der Allgemeinheit übertragen hat, hat übertragen müssen, um seine Arbeit zu verwerten, ist mir unverständlich. Wenigstens ist nur unverständlich, wie man in einem Atem behaupten kann, man schätze und ehre die geistige Arbeit, und wie man gleich zeitig diesem Paragraphen zustimmen kann, der, wenn auch nicht so stark wie die Regierungsvorlage, so doch den Wert der geistigen Arbeit außerordentlich mißhandelt. Das Wesentlichste ist, hier zwingendes Recht zu schaffen. Geschieht das nicht, bleibt die llebertragbarkeit im voraus zu lässig, so haben diese ganzen Gesetzesbestimmungen keinerlei Wert, weil der Verleger der geschäftsgewandtcre, oft auch der ökonomisch mächtigere Teil ist, der sich die volle Bercinsfreiheit zu nutze ge macht hat. Die Herren Or. Oertel und Schräder sagten: Sie lassen ja die llebertragbarkeit zu, insoweit Sie die Erblichkeit An lassen. Aber im Verlagsrecht ist doch nicht das Erbrecht zu be handeln! Ich würde ja — bei der Debatte über das Erbrecht im bürgerlichen Gesetzbuch haben wir darüber keinen Zweifel gelassen — es für einen außerordentlichen Vorteil ansehen, wenn das Erb recht in der Form, wie cs besteht, beseitigt würde und überhaupt beseitigt würde. Damit würde diese Frage, soweit sie sich auf ein derartiges Recht bezieht, ohne weiteres beantwortet sein. Es ist auch nicht eine Konsequenz, zu sagen: weil ich ein Erbrecht habe, darf ich auch andere Uebertragungen zulassen. Im bürgerlichen Gesetz buche giebt es eine Reihe von Rechten, deren Uebertragung nicht zulässig ist unter Lebenden — die Uebertragung von Todes wegen können ausscheiden. Es kommt gar nicht darauf an, wie die juristische Konstruktion ist. Wir haben uns nicht um die juristische Konstruktion zu küm mern, sondern die juristische Kaste hat sich endlich dazu zu bequemen, die thatsächlichen Verhältnisse zu nehmen und danach ihre juristischen Konstruktionen zu revidieren. Thöricht ist es, anzu nehmen, daß diese oder ähnliche Verhältnisse ständig gewesen sind. Nur, wenn man annehmen wollte, daß sie ständig gewesen seien, sich nie entwickelt hätten, läßt sich von einem berechtigen Einwand der juristischen Konstruktion sprechen. Die juristische Konstruktion hat sich nach den Thatsachen, Zielen, Entwickelungen und Bedürf nissen der Zeit zu richten. Ich befinde mich in der eigentümlichen Lage, daß ich hier den Reichstag besonders bitten muß, doch mehr vom idealen Stand punkte anzusehen, von dem Standpunkte, daß die geistige Arbeit mehr geachtet werden soll, da der nackte, bloße, gemeine Besitz nicht Werke schafft, sondern da die Arbeit sie macht. Von diesem Standpunkte aus müssen Sie sich für das Prinzip erklären, das wir in unserem Anträge ausgesprochen haben. Was nützt es, daß Herr Or. Oertel und einige andere Herren erklärt haben, mit dem Prinzip seien sie einverstanden oder stehen ihm sympathisch gegen über, sie könnten es aber nicht in die praktische Wirklichkeit über setzen! Hier giebt es kein Kompromiß. Ein Kompromiß bei Dingen, wo es sich um ideale Wirkungen, um grundsätzliche An schauungen handelt, ist unzulässig, weil es das Aufgeben des Prinzips bedingt. Diejenigen, die für llebertragbarkeit des Rechts stimmen, versetzen sich in diejenige Wirtschaftsperiode zurück, die darauf beruht, daß das Rechl des Besitzes für das Gemeinwesen das Wichtigste, daß der Besitzer der Herr sei. Diese Wirtschasts- periode ist längst überholt. Wir leben mitten in der Periode, wo das Verkehrsrecht, in der das Arbeitsrecht angefangen hat, an erkannt zu werden, anerkannt werden mußte, weil die ökononrischen Verhältnisse dahin drängten. Und wenn auch juristische Gesetzes paragraphen die thatsächlichen Bedürfnisse des Verkehrslebens nicht zu modeln vermögen, so dürfen sie umgekehrt sich nicht einem vernünftigen, durch das praktische Leben der Gemeinschaft be- lhätigten Gedanken entgegenstellen. Heute steht es so, daß es unter anständigen Verlegern als unehrenhaft gilt, wenn eine Uebertragung einzelner Werke ohne Zustimmung des betreffenden Autors stattfindet, weil man annimmt, daß dies gegen Treu und Glauben verstoße und die Ware geistiger Arbeit herabsetze, also auch gegen das Interesse des Warenbesitzers laufe. Aber, Herr Abgeordneter Schräder, mit dem Richter, mit dem Kadi kann man mit diesem Vorstoß gegen Treu und Glauben nichts ausrichten; damit können Sie gegen das freie Vertragsrecht, wie es zur Zeit besteht, nicht ankämpfen. Meine Herren, wenn Sie zugeben müssen, daß es unzulässig ist, die geistige Arbeit so tief zu stellen, daß der Verfertiger der geistigen Arbeit sich gefallen lassen muß, daß sein Produkt übergeben wird auch an denjenigen, der, statt diese Arbeit zu vervielfäl tigen, sie hintanstellt, dann, meine Herren, glaube ich, werden Sie unserem Anträge ihre Zustimmung geben. Ich nehme um so mehr Veranlassung zu dieser Hoffnung, als ja der Reichstag be reits beim Urheberrecht im Gegensätze zur Regierungsvorlage aus drücklich aus teilweise ähnlichen Erwägungen heraus beschlossen hat, es soll ein Erbrecht des Fiskus nicht stattfinden. Damals wurde hier in der ersten Lesung ausgeführt, wenn auch die übrige llebertragbarkeit für zulässig erachtet würde, daß doch, wenn der Fiskus Erbe geworden ist, es beispielsweise möglich sei, daß eine bestimmte philosophische, eine bestimmte juristische, politische, theologische Richtung unterdrückt werden könnte. Wenn zum Beispiel das prächtige Werk von Marx durch Erbgang auf den Fiskus übergehen würde, würde der Fiskus sich doch angelegen sein lassen können, dieses Werk nicht weiter zu verbreiten. Genau ebenso steht es bei der Ueber tragung an jedweden ohne Zustimmung des betreffenden Verfassers. Es kann an einen politischen oder sonstigen Gegner komme», dem daran liegt, das betreffende Werk nicht zu vervielfältigen. Geben Sie diese Möglichkeit, sv schaffen Sic die Möglichkeit, daß das Kapital seine Ucber- inacht ausdrücklich auch gegenüber der geistige» Arbeit haben soll, theo»
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