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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.07.1901
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- 1901-07-31
- Erscheinungsdatum
- 31.07.1901
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6026 Nichtamtlicher Teil. 176. 31. Juli IS.1. Nichtamtlicher Teil Die Handschriften und Inkunabeln der »Nachfolge Christi«. (Schluß aus Nr. 174 d. Bl.) Als Sohn eines Metallarbeiters Johann Hämerken (--- Hämmerchen), welcher Name auf sein Handwerk zu deuten scheint, wurde Thomas um das Jahr 1380 zu Kempen in der niederrheinischen Tiefebene geboren. Nachdem er die dortige Lateinschule absolviert hatte, folgte er, dreizehnjährig, seinem vierundzwanzig Jahre älteren Bruder Johann, der in Deventer in das Mutterhaus der Genossenschaft des ge meinsamen Lebens als Mitglied eingetretcn war, und bereitete sich an dieser berühmten Stätte der Wissenschaft durch Studien zum Eintritt in den geistlichen Stand vor. Kurz vor Schluß des vierzehnten Jahrhunderts wurde Thomas in das Kloster auf dem St. Agnetenberge bei Zwolle, einem jungen Tochter hause von Windesheim, ausgenommen, wo sein Bruder der erste Prior geworden war. 1408 wurde er Ordensmitglied, 1413 zum Priester geweiht und als zweiundneunzigjähriger Greis »wandertc er dahin«, wie er selbst von manchem seiner Vorgänger in der von ihm geführten Chronik des St. Agneten- berges geschrieben hatte. Thomas war stets ein eifriger Bücherabschreiber gewesen. »Er schrieb unsere Bibel«, sagt der Fortsetzer der Chronik von ihm, »und manche andere Werke ab, von denen einige vom Kloster gebraucht, andere verkauft wurden.« Diese Bibel ist in der That noch vorhanden, ebenso noch eine ganze Reihe von Abhandlungen, die unzweifelhaft von Thomas herstammen. Sein Autograph der Imitativ, ein kleines Bändchen, be findet sich in der Bibliothek zu Brüssel und ist 1879 von dem Konservator der Manuskripte dieser Bibliothek, Karl Ruclens, faksimiliert herausgegeben worden.* **) ) Natürlich hat eine solche Handschrift ihre Geschichte. Nicht allzu lange blieb sie am Orte ihrer Entstehung. Als um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts der Volksgeist in den Niederlanden unter der unerhörten Tyrannenwirtschaft des finsteren Zeloten Philipp II. zu gären anfing, stiegen auch für die große Zahl der Klöster und Abteien ernste Gefahren auf. Nicht allein die Protestanten wurden auf das ärgste verfolgt, sondern auch diese traten als Vernichter des Katholizismus schrecken erregend auf. Es waren wirkliche Geusen, wie sie der Graf Barlaimont der Regentin gegenüber zuerst genannt hatte (Cnsux — Lumpen), die 1566 die katholischen Kirchen und Abteien zerstörten und den Bildersturm veranlaßten. Da muß ten denn auch bald die Insassen des Klosters der heiligen Agnes flüchten. Es geschah im Jahre 1573. Ruelens erzählt,'*) daß der Generalvisitator der Windesheimer Kongregation, Jos. Latomus, im Dezember 1577 die Ruinen des Agnetenklosters besucht und hier das Thomasautograph gefunden habe. Er nahm es mit nach Antwerpen und übergab es kurz vor seinem 1578 erfolgten Tode dem Antwerpener Buchdrucker Jean Belldre. Dieser, ein kenntnisreicher Mann, war einer der bedeutendsten Männer seines Gewerbes in der damals größten Stadt der Niederlande. Er hatte für eine Iwitatio-Neber- setzung 1565 ein Privilegium erhalten und druckte sie bis 1572 in drei Auflagen. Belldres zwei Söhne waren Jesuiten. Fünf Jahre vor seinem Tode, 1590, übergab er den Thomas codex dem Antwerpener Jesuitenkloster. Als der Jesuiten orden dann in Belgien aufgehoben und sein Eigentum vom *) Imitation äs ässus Obrist par l'bomas ä Xsmpis. Ilspro- äuetion sn kaosimils äu manusorit autograpbs äs 144t. ä,vsc uns introäuction par 6b. kuslsns. 12". Leipzig, Harrassowitz. **) A. a. O., krskaoe p. 9. Staate mit Beschlag belegt wurde, gelaugte das Thomas autograph in die Brüsseler Bibliothek. Was beweist nun das Thomasautograph in Bezug auf die Verfasserschaft des berühmten Buches? Ruelens sagt in seinem Vorwort zu dem Faksimile, daß es uns den ent scheidendsten Beweis für die Urheberschaft (la prsuvs la plus äsoisivs ckss äroits ä'antsur äs Vbamas L blsrnpis) liefert. Das ist ein großer Irrtum. In Wirklichkeit beweist das Autograph in dieser Beziehung so gut wie gar nichts; im Gegenteil liefert es Material für die Thomasgegner. Denn erstens ist es, wie schon gezeigt wurde, durchaus nicht die älteste Handschrift, und zweitens enthält es darüber, daß der Schreiber gleichzeitig der Urheber sei, ganz und gar nichts. Das Explicit des ganzen Bandes lautet nämlich: Uinitus st oomplslus a. ä. N0600X1,I psr wauus kratris tbcnns lcsrapis in rnonts sanstas agnstis props e.volüs, also eine Art des Ausdruckes, der jede Abschrift deckt. Die einzige Folgerung, die man mittelbar für die Autorschaft des Thomas aus der Handschrift ziehen kann, beruht in der Thatsache, daß der Band noch neun weitere kleinere Arbeiten enthält, die den Thomas zum Verfasser haben. Auf diesen Umstand wird denn auch großes Gewicht gelegt. Cruise sagt in seiner schon erwähnten Abhandlung, wer Thomas als den Verfasser der Nachfolge verwerfe, be haupte damit, »daß er mit Ueberlegung vor seine eigenen Arbeiten vier Abhandlungen (nämlich die vier Bücher vvn der Nachfolge) stellte, von denen er wußte, daß sie nicht ihm gehörten. Dieser Gedanke ist zu albern, um beachtet zu werden«. Man wird zugestehen, daß dieser Satz die Vor eingenommenheit zum Vater hat. Könnte man nicht ebenso gut die Thatsache der Anonymität der neun kleineren Stücke damit begründen, daß er sich deshalb in dem Explicit auf fallenderweise nicht als Verfasser nenne,*) weil eben nicht alle Arbeiten des Bandes von ihm herrührten? Jedenfalls ist dieser Beweis für die Autorschaft nicht so zwingend, daß man ihm eine so große Bedeutung zuerkennen könnte, wie es z. B. Cruise thut. Anders steht es freilich mit den inneren Beweisen, die das Thomasautograph für seine Verfasserschaft liefert, und die von Hirsche sehr ausführlich behandelt worden sind, auf die ich aber hier schon der Raumverhältnisse wegen nicht ein- gehen kann. Von den alten Handschriften sei nur noch der 6oäsx ^.roueosis erwähnt, weil dieser einen Hauptbeweis für die Thomasgegner liefert. Wer jemals den Lago Maggiore befahren und von dessen Südspitze nach Mailand gefahren ist, erinnert sich der Riesen statue, die ihm bald nach Verlassen der Boromäischen Inseln von einer Anhöhe in der Ferne erschien. Sie ehrt das Andenken des heiligen Karl Boromäus, dessen Familie die nach ihr benannten Inseln aus unwirtlichen nackten Eilanden zu den paradiesischen Gärten umgestaltet haben, die das jährliche Ziel vieler Tausende sind. Am Fuße des Berges mit der Statue dehnt sich Arona aus, die Geburtsstadt des Heiligen, von der auch der in Rede stehende Codex mit der Imitativ seinen Namen trägt. Denn hier war es, wo ihn ein Jesuit, Bernhard Rossignoli, 1604 im Gebäude des dortigen Jesuiten kollegs, das früher einem Benediktincrkloster diente, auffand. Diese Handschrift, die sich jetzt in der, königlichen Bibliothek zu Turin befindet und die wenige Jahre vor ihrer Entdeckung *) Verschiedene Schriftsteller führen als Erklärung für diese Anonymität als Grundsatz des Thomas Spruch an: Xma nssoiri st pro vibilo rsputari, der zwar in der Imitativ vorkommt, aber nicht etwa ein besonders von Thomas betontes Original ist, son dern schon beim heiligen Bonaventura vorkommt.
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