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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.09.1901
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- 1901-09-21
- Erscheinungsdatum
- 21.09.1901
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7426 Nichtamtlicher Teil. 221. 21. September 1901. Nichtamtlicher Teil »Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung.« Von I. Braun. Wie allgemein bekannt, ist die kleine Schrift, die im Jahre 1806 unter obigem Titel erschienen, die Veranlassung zu der Erschießung des Nürnberger Buchhändlers Johann Philipp Palm geworden. Das Büchlein enthält keinerlei Angaben über den Erscheinungsort, den Drucker oder den Verleger, und da Palm bei allen Verhören, denen er unterzogen wurde, stets angab, daß er die Broschüre auf dem gewöhnlichen buchhändlerischen Wege von einem unbekannten Absender zu gesandt erhalten habe, so entstand die vielfach verbreitete Meinung, daß diese Angabe richtig und Palm somit un schuldig gestorben sei. Später aber wurde in unzweifelhafter Weise festgestellt, daß der Buchdrucker Hessel in Alt dorf das Büchlein im Aufträge Palms gedruckt und dieser thatsächlich der Verleger desselben war. Kurz nach der Erschießung Palms berief dessen Witwe den Buchhändler Joh. Leonh Schräg, der bis dahin in Wien in Stellung war, als Geschäftsführer der Stein'schen Buchhandlung. Schräg leitete das Geschäft bis zu der im Jahre 18l0 erfolgten Begründung der bekannten I. L. Schräg- scheu Verlagsbuchhandlung in Nürnberg und ehelichte im gleichen Jahre die Tochter des Kaufmanns und Markt vorstehers Keßler, des Schwagers von Palm. Schräg fand unter den Papieren einen Brief Palms aus München an seinen Buchhalter Pech und ein Schreiben des letzteren an Palm in München, sowie einige Exemplare der verhängnis vollen Schrift. Die beiden Briefe, die an dieser Stelle bereits wiedergegeben wurden,*) sind im Besitz der Nürnberger Stadtbibliothek, die beide Briefe und ein Exemplar der Schrift von Schräg am 10. August 1854 erhalten hat. Das Buch trägt folgende Inschrift: »Ich übergebe hiermit an die Stadtbibliothek das Oorpue ckslieti, die Druckschrift »Deutsch land« rc., wegen deren Verlag und Verbreitung der hiesige Buchhändler Phil. Palm, Besitzer der Stein'schen Buchhand lung, am 26. August 1806 in Braunau von den Franzosen erschossen wurde. Die beiden schriftlichen Anhänge enthalten 1. den eigenhändigen Brief Palms, den er von München aus, wo er sich zur Jakobi-Duld 1806 befand, nach Hause an seinen Buchhalter Pech geschrieben hat. Die auf der ersten Zeile mit D**'d bezeichnet Piece ist eben die berück sichtigte, nach Altdorf in Druck gegebene Schrift und dieselbe Seite des Briefes schließt mit einer Verwarnung für den Buchdrucker Hessel in Altdorf; 2 einen Brief des Buchhalters Pech au Palm in München. Nürnberg, am 10. August 1854. Joh. Leonh. Schräg, Verwandter der Palm'schen Familie.« Diese beiden von Schräg vor dem Untergang erretteten Briefe sind die einzigen erhaltenen Dokumente für die That- sache, daß Palm wirklich der Verleger der Schrift war. Auffallend ist, daß Graf von Soden, der im Jahre 1814 im Auftrag der Palmschen Familie sein Buch über Palm veröffentlichte, diese Briefe nicht erwähnt und offenbar über haupt nicht gekannt hat, da er in seinem Buche schreibt: »Jetzt, wo Napoleon gestürzt ist, jetzt ist es Pflicht des historischen Darstellers, mindestens so viel einzuräumen, daß wahrscheinlich (I) Palm diese Schrift wirklich versendet haben mag, obwohl ohne ihren Inhalt genau zu kennen und zu prüfen, und daß die Rücksicht auf seine Familie, die er zugleich mit sich in Gefahr setzte, ihn etwas vorsichtiger hätte machen sollen. Dieß ist aber auch äußersten Falls sein ganzes Verbrechen — Jener Umstand beweist aber auch *) Siche Börsenblatt 1884 Nr. 188. den Ungrund des allgemein verbreiteten Gerüchts, als ob Palm sich geweigert habe, den Namen des Verfassers jener Flugschrift zu nennen, und dieses ihm den Tod zugezogen habe.« Wenn Soden von den beiden Briefen Kenntnis gehabt hätte, würde er diese Worte nicht geschrieben haben, die sich auch in der im Jahre 1842 von dem Sohne Palms heraus gegebenen zweiten Auflage des Buches von Soden noch finden. Obgleich Friede. Schultheiß in seiner 1860 er schienenen Schrift über Palm die beiden Briefe abgedruckt hat, bemerkt doch Heinr. Merkens in der Einleitung zu dem 1877 erschienenen Neudruck der Schrift »Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung«, »daß die Stein'sche Buchhand lung die Broschüre in verschlossenen Paketen zur Weiter beförderung an ihre Geschäftsfreunde erhalten habe«, daß also Palm nicht der Verleger gewesen wäre! In dem Briefe Palms aus München an seinen Gehilfen heißt es: »Ist die Piece D'*'d fertig, so schicken Sie mir 12 bis 25, alle anderen verstecken Sie im Gewölbe hinter Ballen. — Hessel schreiben Sie gleich, daß er alle mög liche Vorsicht beobachten soll.« Und in dem Schreiben des Buchhalters Pech an Palm in München antwortet dieser u. a.: »Von H(essel) in Altdorf haben Sie nichts zu be fürchten, der hat keine Gesellen, ich war sogleich selbst bei ihm, um ihn zu warnen.« Dieser Buchdrucker Bonifatura Hessel in Altdorf hatte die Schrift im Auftrag Palms ge druckt und bereits an die Stein'sche Buchhandlung abgeliefert gehabt, als Palm seinen obenerwähnten Brief aus München schrieb. Wie ich in meiner kleinen Biographie Palms*) erwähnte, kann die Schrift nur eine geringe Verbreitung gefunden haben; aber durchaus unhaltbar ist die Behauptung in dem schon erwähnten Büchlein von Merkens (Würzburg 1877), daß nur zwei Exemplare der Schrift in Privatbesitz übergegangen wären, ein Exemplar, das in Augsburg in der Stage'schen Buchhandlung verkauft und ein zweites Exemplar, das im Pfarrhause zu Möttingen vorgefunden wurde. Wie aus dem Briefe des Gehilfen Pech hervorgeht, war eine Anzahl an den Kommissionär Gleditsch in Leipzig zur Auslieferung gesandt worden und waren offenbar schon mehrere Exemplare verkauft worden, denn in dem Briefe heißt es: »Wegen fernerm Verkauf können Sie unbesorgt seyn, ich habe kein Exemplar und in Leipzig ist auch keines mehr. Gleditsch hat 16 an Arnold in Dresden aus geliefert und mehr Exemplare verlangt. Grau hat 6 ver langt, aber nichts erhalten, so auch Schaus 12, die ich zwar schon notirt, die Zettel aber wieder aus Besorgniß zerrissen habe. Monath suchte es gestern schon wieder auf einigen Zetteln, erhielt aber nichts.« Es dürfte hiernach immerhin eine ganze Anzahl von Exemplaren zur Ver breitung gekommen sein; 12—25 hatte sich Palm nach München schicken lassen, und einige Exemplare fand Schräg noch in der Stein'schen Buchhandlung vor. Der größte Teil der Auflage allerdings wurde, wie Schultheiß mitteilt, »in dem Brunnen von Palms Hause versenkt, weil man sich nicht getraute, den Ballen zu verbrennen«. (An diesem Hause befindet sich die Gedenktafel mit der Inschrift: »Hier wohnte Johann Palm, welcher fiel ein Opfer Napoleonischer Tyrannei im Jahre 1806«, die König Ludwig I. am 29. April 1842 hatte anbringen lassen. Palm war, wie jetzt unzweifelhaft feststeht, nicht nur der Verbreiter, sondern auch der Verleger der Schrift; er kannte — entgegen der Behauptung des Grafen v. Soden — zweifellos nicht nur den Inhalt, sondern auch den Verfasser *) In der Allgemeinen Deutschen Biographie. Leipzig, Duncker L Humblot.
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