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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.10.1901
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- 1901-10-26
- Erscheinungsdatum
- 26.10.1901
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- Deutsch
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8654 Nichtamtlicher Teil. 251, 26. Oktober 1901 im Werke des Photographen alle Merkmale einer persönlichen Schöpfung, sowohl bei der Konzeption wie bei der Aus führung des Bildes, bei welcher die Instrumente nur in dem Maße benutzt werden, wie bei den anderen graphischen Künsten auch. Der Photograph entwirft sein Bild ebenfalls; er muß zu diesem Behufe für die richtige Beleuchtung Zeit, Stunde und Minute wählen, die Gegenstände passend aufstellen, hier etwas Hinzuthun, dort etwas wegnehmen. Die Art, wie er nun das Bild verfertigt, beweist, daß das persönliche Element im Vordergrund steht, denn der gleiche Gegenstand wird, je nachdem er von verschiedenen Menschen wiedergegeben ist, auch ganz verschieden ausfallen; er wird ein wesentlich anderes, ein leicht erkennbares künstlerisches Gepräge tragen, je nachdem der Photograph seine Individualität hineingelegt hat. Diese künstlerische Bethätigung tritt sodann wieder hervor bei der Retouchierung, die in der Wiedergabe alter Gemälde, z. B. von Gemälden von Rembrandt und van Dyk geradezu Triumphe feiert. Nur eine lange künstlerische Beobachtung und ein eingehendes Studium der Meister be fähigt die Photographen einzelner Häuser, welche »Schule machen, zur Wiedergabe dieser Kunstwerke. Dazu kommt nun, daß es nach dieser Ansicht im höchsten Grade ungerecht wäre, den Photographen nicht vollständig zu schützen, denn die Mühe und die Anstrengung, die er zur Gewinnung seiner Bilder auswendet, ist oft nicht weniger groß als diejenige des Künstlers. Warum soll ein Reisender, der mit Lebensgefahr oder mit bedeutenden Opfern an Geld und Gesundheit Aufnahmen in fremden Ländern gemacht hat, seines Lohnes beraubt werden? Warum soll es einem Dritten gestattet sein, eine Photographie, zu welcher der Photograph tagelang Versuche anstellen mußte, ohne irgend welchen Zeit oder Geldaufwand seinerseits zu rauben?* * ***) ) Warum soll ein Zeichner die Photographien nachzeichnen dürfen und dann noch für seine Zeichnung geschützt sein, während der Photograph dies nicht ist? Und wird eine solche ungleiche Behandlung nicht geradezu zum Absurdum, wenn der Zeichner zur Erleichterung seiner Arbeit zuerst das Bild der Photographie aus den Holzstock werfen läßt und dann diese Linien benutzt?") Durch einen minderwertigen Schutz entmutigt man die Photographen in ihrem künstle rischen Streben und würdigt geflissentlich ihre Arbeit, die im Dienste der öffentlichen Bildung steht, herab. Die Photo graphien können nicht aus der Klasse der Kunstwerke heraus genommen werden. Eine dritte Gruppe anerkennt, daß das Ergebnis der Arbeit des Photographen eine Zeichnung ist, die allerdings in den Grundzügen vom Lichte gemacht, aber vom Photo graphen vermöge seiner künstlerischen Schulung vervoll kommnet wird.*") Diese Zeichnungen dürfen nun nicht not wendigerweise und in allen Fällen als jedes künstlerischen Charakters entblößt, als rein technische, materielle Werke an gesehen werden, sind sie doch bis zu einem Grade und in *) Ein typisches Beispiel für die mühevolle Thätigkeit eines Photographen ist folgendes: Ein Herr Gambier-Bolton, Mitglied der Zoologischen Gesellschaft in London, hatte einen großen Teil seines Lebens mit der Ausnahme von photographischen Bildern wilder Tiere verbracht, die er in zoologischen Gärten oder auf seinen Reisen beobachtete. Mit Lebensgefahr und großen Kosten hatte er eine Sammlung von 3000 Photographien angelegt, darunter auch eine Tigerin, die den Rachen weit aufsperrt. Zur Aufnahme dieses Bildes hatte er lange Stunden warten müssen, bis die Tigerin gähnend aus dem Schlafe erwachte. Gerade diese Photographie aber wurde geplündert und ihm dadurch ein Schaden zugesügt, da solche Aufnahmen von Künstlern zu ihren Studien benutzt werden. ") Siehe D. S. Hausmann: Photographie und Kunst im Ur heberrecht. Börsenblatt Nr. 84 vom 12. April 1901, S. 2933. ***) Siehe Ob. Oonstant: 1a xroxrists artistigus st iss plroto- graplriss. Kranes luälioiairs Ho. 11, 1897, p. 325. einem gewissen Maße das Erzeugnis einer Geistesarbeit und des Verständnis- und geschmackvollen Vorgehens des Operateurs. Den Gerichten liegt es ob, diejenigen Fälle herauszufinden, wo der Photograph ein Anrecht auf Kunstschutz hat, die Fälle nämlich, wo er seinen Gegenstand erst ausarbeitet, z. B. bei den Portraits, indem er den aufzunehmenden Personen die richtige Haltung giebt, die Gruppierung vornimmt, Kostüme und Dekoration ordnet; bei den Landschaften, indem er den gefälligsten Standpunkt sich wählt und auf die richtige Ver teilung von Licht und Schatten sieht. Ob das Bild mehr oder weniger gut herauskomme durch genügende Exponierung, durch gute Retouchierung, durch sorgfältiges Abziehen der Abdrücke, — alle diese handwerksmäßigen, auf mechanischen, physischen und chemischen Hantierungen beruhenden Kniffe hat der Richter nicht in Berücksichtigung zu ziehen, wohl aber von Fall zu Fall die geistige Bethätigung des Photo graphen. Dieses System ist auch das System der Vor prüfung genannt worden. Legen wir viertens unseren Standpunkt dar, der implicite die Kritik der anderen drei Systeme in sich schließt. Wir behaupten durchaus nicht, daß der mechanisch-chemische Vor gang bei der Photographie durch die Geistesthätigkeit des Photographen so sehr geleitet werde, daß er auf die gleiche Stufe mit der Anwendung irgend eines Instrumentes (Pinsel Griffel, Stichel u. s. w.) gestellt werden dürfe,*) da letzteres absolut dem Willen des zeichnenden oder malenden Künstlers folgen muß, während der photographische Apparat vornehm lich nach den Gesetzen der Physik und Chemie arbeitet. Allein bei dieser Vereinigung von physischen Vorgängen und menschlicher Arbeit sehen wir in der Mitwirkung des Menschen das Ausschlaggebende, das in erster und nicht in zweiter Linie Stehende. Grundlage jeder Photographie bildet die bewußte Ini tiative, einen Gegenstand anders, als er den Augen erscheint, darzustellen und sestzuhalten, ja unter Umständen durch dieses subjektive Erschauen des Gegenstandes auch ganz sub jektive Regungen und Stimmungen zum Ausdruck gelangen zu lassen. Deshalb geben Photographieküustler ihren Bildern auch Titel und zwar oft ganz charakteristische Titel, wie das jeder aufmerksame Besucher einer Photographie-Ausstellung als Zeichen geistiger Regsamkeit und künstlerischen Sinnes mit freudigem Interesse verfolgt haben wird. Bei einzelnen photographischen Portraits zeigt schon ein flüchtiger Blick, daß der Photograph den seelischen Vorgängen feines Modells nachgespürt hat. Selbst wenn sich die photographische Ausnahme sehr rasch abwickelt, so bilden doch das vorhergehende Suchen nach dem Motiv, sodann die ästhetische Auffassung des wiederzugebenden Bildes und endlich die intel ligente Wiedergabe drei Hauptmomente dieser Art Geistesarbeit. Bei ihr steht das Talent und die ver ständnisvolle, Beherrschung des mechanischen Hilfsmittels, also gewiß eine persönliche, individuelle und intellektuelle Thätigkeit (domo aääitus rwturaoj, im Vordergrund. Auch nachher beim Retouchieren soll der Photograph die Unvollkommenheiten des Bildes heben; dies kann er aber nur, wenn er cs mit den Vorstellungen, die er sich vom Gegenstände (Personenbilder oder Sachenbilder) gemacht hat — Professor Köhler würde sagen, mit dem »imaginären Bilde-; Bigeon spricht von der vision psrsonvsllo äs l'objst rösl L travers lo voils äs l'iinvch Nation —, vergleicht und die Abweichungen konstatiert; auch diese Arbeit schlägt psycho logisch in das Gebiet der Geistesschöpfungen ein. Gerade wenn man nach der Summe der bei der Photo-
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