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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.07.1904
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1904-07-15
- Erscheinungsdatum
- 15.07.1904
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
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6Ü82 Nichtamtlicher Teil. 162, 15. Juli 1964. Kultur und Presse. Von Adolph Geipel. (Fortsetzung aus Nr. 161 d. Bl.) Es sei gestattet, auf den Inhalt des an allgemeinen Anregungen reichen Löblichen Buches etwas näher einzu gehen. Der erste Teil beschäftigt sich zunächst mit der Zeitung an sich, begrifflich abgesondert vom Gesamtgebiet der literarischen Produktion, mit den eigentümlichen Merk malen, wodurch sie sich von den sonstigen Erzeugnissen schriftstellerischer Tätigkeit unterscheidet, mit ihrer Begriffsbe stimmung, losgelöst von der Lokaldefinition der einzelnen Ge setzgebungen. Letztere betrachten die Zeitung vornehmlich von polizeilichen, steuer- und strafrechtlichen Gesichtspunkten aus, und daraus resultiert keine einheitliche Definition der perio dischen Druckschriften, namentlich keine den Anforderungen eines Autors genügende, der es unternimmt, die Grundlagen der gesamten Journalistik darzustellen, dein es vielmehr darauf ankommen muß, den Begriff aus der tatsächlichen Erscheinung der Zeitung abzuleiten und seine konstituierenden Elemente aus dem allgemein bekannten und zweifellosen Wesen der Sache zu gewinnen. Für die Begriffsbestimmung der Zeitung kommt nach Lobt die Periodizität sowie die Einheitlichkeit des Unter nehmens, durch die sich die einzelnen Nummern und Aus gaben der Druckschrift als untrennbare Teile eines Ganzen darstellen, in erster Linie in Frage. Sodann rechnet er weiter zu den konstitutiven Merkmalen der Zeitung die Allgemeinheit des Interesses; denn das Rückgrat des Zeitungswesens bildet doch stets nur das, was für den Leser ohne Rücksicht auf dessen persönliche Qualitäten und Interessen von Bedeutung ist; die Aktualität, da nur die jenigen Druckschriften Zeitung genannt werden können, die ihrem wesentlichen Inhalte nach in der unmittelbaren Gegenwart wurzeln und mit ihrer Propaganda von Meinungen und Tendenzen auf die Gegenwart wirken will; ferner die Kollektivität des Inhalts, die die politische Tagespresse sowie die einzelnen Fachblätter vom Buche unter scheidet, und schließlich, als untrennbar vom Begriff -Zeitung«, die Publizität. Wenn Löbl der Publizität noch das Merkmal der mechanischen Vervielfältigung hinzugesellt, so dürfte sich die Verneinung der (aus Gründen der vielerörterten Prioritäts- Ansprüche der einzelnen Städte und Länder in betreff des Ursprungs des Zeitungswesens interessanten) Frage, ob auch die geschriebenen Zeitungen, denen man in verschiedenen Geschichtsabschnitten bis in die neueste Zeit hinein begegnet, als wirkliche Zeitungen auzusprechen sind, von selbst ergeben. Eine Zeitung ist also unter Zusammenfassung des vom Verfasser Gesagten -eine in regelmäßigen Zeiträumen er scheinende, durch mechanische Vervielfältigung allgemein zu gänglich gemachte Publikation von kollektivem, mannig faltigem Inhalte, der durch die Allgemeinheit des Interesses gekennzeichnet, sowie aus den Ereignissen und Zuständen der unmittelbaren Gegenwart geschöpft ist«, und im Widerspruch zum täglichen Sprachgebrauch bezeichnet man auf Grund dieser Ausführungen mit -Zeitung« nicht eine einzelne Nummer eines Blattes, sondern immer das Gesamt-Unter nehmen nach seiner geistigen, sittlichen, politischen und ge schäftlichen Einheit. Aus diesen allgemeinen Begriffen der Zeitung hebt sich besonders hervor die Tagespresse, deren ganz besonders kräftiger, sinnfälliger Einfluß auf das Leben der Völker im wesentlichen auf folgenden Hauptmomenten beruht, wobei allerdings vielfach Ursache und Wirkung ver wechselt werden dürften. Zunächst gibt das tägliche Er scheinen der Tageszeitung die Möglichkeit, die Leser ununter brochen zu fesseln, sic ganz in ihren Bannkreis zu ziehen und sie höchst intensiv zu beeinflussen. Sodann hat die Tagespresse dadurch, daß sie mehr und mehr politisch ge worden ist, das heißt, sich vorwiegend mit den Ereignissen im öffentlichen Leben, mit den Vorgängen auf politischem und wirtschaftlichem Gebiete beschäftigt und sich dadurch der bedeutsamsten Interessen im Leben eines Volkes bemächtigt hat, ein besonderes Übergewicht erlangt, das sie ausnützt und das ihr zu ihrer überragenden Stellung im Kultur leben unsrer Zeit verhelfen hat. »Unsere Zeit,» so führt Löbl aus, -ist eine eminent politische und soziale; mehr denn je lebt und webt der einzelne im allgemeinen. Es gab Epochen, in denen die Menschenseele vor allem durch theologische Fragen, durch inbrünstige Verzückung oder durch Zweifel und Verneinung bewegt wurde, andere wieder, in denen schöngeistige Interessen, die reinen Freuden der Form und des ästhetischen Genusses verwalteten. Das neunzehnte Jahrhundert ist das ausgesprochen politische geworden. Der Einzelmensch mit seinen inneren Regungen und Strebungen, mit aller Sehnsucht seiner Seele gilt nichts: an ihre Stelle sind die Gesamtinteressen getreten. Allerdings haben die dominierenden Gesamtinteressen wechselnde Gestalt gezeigt. Bis zur Mitte des Jahr hunderts standen die eigentlich politischen oder konstitu tionellen, die Freiheitsfragen, auf dem ersten Plan des öffentlichen Lebens; mit den fünfziger Jahren schoben sich die nationalen Interessen in den Vordergrund, denen alsbald ein starker Rivale in den sozialen Problemen erwuchs. Die voreilige Prophezeiung, daß das Ende des neunzehnten Jahrhunderts bereits ausschließlich unter dem Zeichen des sozialen Kampfes stehen würde, ist seither durch die Tatsachen gründlich widerlegt worden, und säst scheint es, als ob der Nationalismus auch der Beherrscher des zwanzigsten Jahrhunderts werden wollte. Doch sei dem wie immer: sicher ist, daß wir heute und auf lange Zeit hinaus in einer Periode des Vorwaltens der Ge samtinteressen stehen. Vergebens war die Empörung einzelner Geister gegen dieses dumpfe Maffenwesen, ver gebens Nietzsches Aufschrei, vergebens jeder Versuch, der Persönlichkeit ihr Recht zu schaffen und den Weg zum Selbsttum, zu einem veredelten Egoismus zu finden. Immer tiefer versinkt die Menschheit in die Knechtschaft der »großen Zahl», die man öffentliches Leben nennt, immer größer wird der Einfluß der Massentriebe, der Massenintelligenz, der Massengeschicke auf das Leben des einzelnen.» Die Tagespresse hat sich im Dienste der Allgemeinheit, als Werkzeug dieser Massentriebe, den Erfolg gesichert. Es kommt noch hinzu, daß sie sich durch die Universalität der Interessen, die sie umfaßt, mehr und mehr unentbehrlich macht, denn von den höchsten Problemen der Zeit bis herab zum kleinen lokalen Ereignisse zieht sie alles und jedes in ihren Kreis, alle Beziehungen, die sich von Bürger zu Bürger und vom Bürger zum Staat und zur Gesellschaft knüpfen, werden in der Tagespresse behandelt; sie nimmt ihre Leser nach allen Seiten hin gefangen, läßt keine Lücke offen, hält sie fest — kurz beherrscht sie völlig. Man wird es entgegen den Anschauungen des Verfassers nicht als eine auffallende Erscheinung betrachten müssen, daß die Haltung des Lese publikums gegenüber der Presse und ihrer Universalität im Gegensätze stehe zu dem sonstigen spezialisierenden Zuge der Zeit, daß, obwohl man sonst überall eine zunehmende Steigung des Publikums für Spezialisierung gewahrt, bei der Zeitung gerade das Gegenteil der Fall ist. Ganz andere Voraussetzungen und Gründe wirtschaftlicher und sozialer Natur sind hier bestimmend und ausschlaggebend.
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