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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.09.1904
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1904-09-14
- Erscheinungsdatum
- 14.09.1904
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- Deutsch
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Kapitel XIV. Und so war denn des Reiches Hauptstadt wieder einmal in großer Aufregung. Der Grund war ja auch kein alltäglicher! Ein Heiliger in des Reiches Hauptstadt! Man stelle sich das nur vor! Daß dieser sonderbare Heilige — der sich einbildete, die Welt reformieren zu können — absolut gar keinen heiligen Lebens wandel führte, sondern ohne verheiratet zu sein ein „Weib" hatte — dazu noch diese bekannte Maria Pentikomska! - das war für die meisten das Pikanteste bei der ganzen Sache! Dabei verheimlichte er diese Tatsache nicht einmal, wie tausend andere das getan hätten — er wäre ja sonst kein Heiliger gewesen! — sondern er bekannte alles offen und forderte dazu noch zur Nachahmung auf! Wie in seinem fanatischen, blassen Mönchsgesicht es auf- loderte^ wie ^die düsteren^ Augen sprühten, wenn er über die Was für ein heikles Thema! Wollte rein philosophische Erziehung und was dergleichen Dinge mehr sind! Die Einfuhr und Ausfuhr, ja die Fabrikation von Alkohol sollte untersagt, das Trinken bestraft werden usw. usw. ^ andere längst vor ihm verlangt hatten; aber Das Neue war, daß er energisch zur Tat, zu einem Streik den Gesetzen gegenüber aufforderte, zu einem offenen Kamps; daß er die Propaganda der Tat predigte! Und dann der Mann selbst, wie er sich gab; das war's, das den Erfolg machte. Es war, als ob alles ins Wanken geraten sollte! Ein zweiter Abraham a Santa Clara wetterte, tobte, fluchte er. Und seine Augen glühten im heiligen Eifer. Man sah, er glaubte, was er lehrte. „Gott, was,für ein interessanter Mensch!" flüsterten die bis ins Innerste von heimlichsten Lüsten erregten Dämchen halblaut; ganz laut rühmten, lobten und kritisierten sie ihn aber erst, wenn sie „unter sich" waren. Die Damenkaffees florierten wie noch nie! Manch ungeniertes Wort fiel da, hart und erbarmungslos herausgeschleudert wie ein Steinwurf, der treffen soll. Auch viel Unüberlegtes wurde in der Hitze des Gefechtes gesprochen, das nachher den Männern hinterbracht wurde. Es waren aufregende Zeiten! Und die Bewegung warf bald Wellen und zog Kreise, daß sie sich nicht mehr übersehen ließ. Die ganze Hauptstadt stand auf dem Kopfe, Männlein und Weiblein. Besonders den „Weiblein" mar ein Teil dieser neuen Lehren in den Kopf gestiegen. Welcher Teil dieser Lehren, braucht wohl nicht gesagt zu werden. Wie schade, daß die Zeit, die der predigte, nicht schon da war! Da konnte man ja alt werden, bis es endlich so weit kam, daß man mehr Luft, mehr Freiheit ergatterte. Ob man da nicht etwas — natürlich bloß ganz heimlich — nachbelfen konnte? Aber wie? Offen die Lehren Vorleben, wie das gefordert wurde, dazu fehlte nun doch der Mut. Man hätte sich dadurch auch zu sehr verraten! Zu schade, daß das nicht alles mit einem Schlage so eingeführt werden konnte, damit kein Mensch mehr etwas dabei fand. Da hätte man doch auch noch etwas von der Sache gehabt! Einmal kam es ja noch so weit! Warum sollte alles allein der nachkommenden Generation zugute kommen! Die war überhaupt zu beneiden, die ging ro sigen Zeiten entgegen; während die Frauen von heute immer noch unter jahrtausendalten Ketten zu schmachten hatten. Merkwürdig war. daß selbst die Dämchen, die erst „Rosen ketten geflochten", diese mit einmal schon als „Ketten" empfanden. Wie von einem Taumel war die Frauenwelt der ganzen „besseren" Gesellschaft erfaßt; alle wollten „sich ausleben". Was für wirres, krauses Zeug sich wohl alle diese erregten Dämchen unter den neuen Lehren vorstellten, die der „Heilige" so fanatisch predigte! Allgemein witterte man das Herannahen eines Affen- und Schlaraffenlebens. Die „Herren der Schöpfung", die sich das leisten konnten, ge nossen dieses Leben freilich schon längst. — Jetzt kam „man" also endlich einmal an die Reihe! Den Männern waren die neuen Lehren natürlich höchst fatal! Bekanntlich wirken solche „modernen" Ansichten bei den Männern stets dann fatal, wenn die „eignen" Frauen davon besessen werden. So kam es, daß man dem „Heiligen" plötzlich aufsässig wurde; während man bisher ihn von der komischen Seite genommen hatte. Aber der, weit davon entfernt, zu widerrufen, predigte nur um so fanatischer; mit einem Eifer, wie ihn nur die Überzeugung von der siegreichen Kraft der Wahrheit eingeben kann. Und so kam es, daß die „Herren", da sie ja die Macht und das Material dazu in Händen hatten, es fertig brachten, daß man ihn — einsperrte! Zwar ein Radikalmittel, aber man war ihn auf billige Art samt seinen Lehren los. Zweitausend Jahre früher hätte man ihn ans Kreuz geschlagen! Man sperrte ihn einfach in eine Irrenanstalt. Da ge hören solche Leute ja auch hin! Wofür baute man denn solche Institute! Und außerdem — Der Bursche mußte ja doch einmal verrückt werden, wenn er es nicht wirklich bereits war! Und dieser Verdacht lag doch entschieden nahe genug!! Was der da sagte, das dachte man ja wohl; aber so vor aller Welt seine innersten Gedanken preisgeben — nein! und viel Licht war da oben, viel mehr als in den dumpfen Straßen und Häußern der Stadt da unten! Es erinnerte überhaupt wenig hier an eine Irrenanstalt. Selbst ein großer Teil der Insassen machte, im Verhältnis zu denen da unten, einen leidlich vernünftigen Eindruck. Der Zweck der Internierung war vollständig erreicht. Die kurze Zeit vorher noch so erregte Hauptstadt des mo dernen Kulturstaates, die „Stadt der Intelligenz" schlief schon wieder den Schlaf des Gerechten. Die Leute hatten den Propheten, der gekommen war, sie zu erlösen, wirklich nicht verdient. Mir haben für die hier angezeigten Werke eine umfangreiche, durchgreifende Reklame eingeleitet, inserieren n. a. dauernd in ZliMüI - LuüuiM — Neue ^uiickscHau — Uewag-n k iilaMgr MonattftMe — cagüchr «rmiüiÄäu — SsnniLgzrmung veuiEaiiäs krauen — Msaenreituiig kür; arui5»e fiau; — -c -c,; ferner auch in d°n Slättern lür kilAerlrrinicke, dc„ Qierarlrcden NeutgUeiteii » de,§, ,»
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