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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.09.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-09-01
- Erscheinungsdatum
- 01.09.1903
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
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Tagen liebt man kurze Schlagworte: die Zeit, die Woche, der Tag, und schon beginnen auch Zeitungen den Artikel wegzulassen: Jugend, Simplicissimus u. a. Würde die »Wiener Zeitung« seit ihrem Beginn fortlaufend numeriert worden sein, so wäre am 8. August 1903 die Nr. 39 108 erschienen. In jeder der drei großen Wiener Bibliotheken befindet sich selbstverständlich ein voll ständiges Exemplar, und man kann wohl sagen, daß diese 508 Bände eine Bibliothek für sich bilden. Bis 1. Oktober 1812 erschien das »Diarium« wöchentlich zweimal, Mittwoch und Samstag, von da ab täglich, und vom 21. März 1848 gesellte sich zur Morgenausgabe auch ein Abendblatt. Nicht uninteressant ist die Feststellung, daß auch das Format mehrmals geändert wurde: aus dem kleinen Oktavblättchen wurde ein Quartblatt, das im Jahre 1812 wesentlich ver größert und erst im Jahr 1848 seine heutige Form erhielt. Der Titel »Wienerisches Diarium« blieb bis 1780 unver ändert; von da ab finden wir: Wiener Zeitung mit k. k. allergnädigster Freyheit; die staatsrechtlichen Vorgänge spiegeln sich in den weiteren Änderungen: K., auch k. k. privilegirte Wiener Zeitung rc. rc. * -t- — * Durch die Geschichte aller Zeitungen ist längst fest gestellt worden, daß das Inserat sich erst in späterer Zeit dem redaktionellen Teil ungegliedert hat. Die Notwendigkeit, den Verkauf vou Waren durch Ankündigungen zu unter stützen, machte sich erst später geltend, und wenn wir dennoch bereits einen Monat nach Erscheinen der ersten Nummer des Wienerischen Diariums eine Anzeige finden, so bezog sich diese bloß auf Erzeugnisse des Verle'gers: neue Bücher, Broschüren und sonstige »Relationen« seines Verlags. Der »Universitätische Buchhändler beim roten Igel, Johann B. Schönwetter« rückte hinter der Liste der Todesfälle folgende Zeilen ein: »Ilsw ist zu haben die eigentliche llslation von dem von Jhro Römis. Kayserl. und Rom. König!. Majestäten an deß Ertz- Hertzogen Carls Durch!, beschehenen L.otu Osssionis und Osolars,- tionis wegen der Succession der Spanischen Monarchie.» War das bloß ein Füllinserat, wie der moderne tech nische Ausdruck lautet? Durchaus nicht, denn Buchdrucker waren stets die ersten Inserenten; mußten sie doch, wenn ein Buch Anklang beim Publikum fand, befürchten, daß, bei dem Mangel eines Urheberrechtsgesetzes, ein flinker Konkurrent einen Nachdruck veranstalten werde. (vr. Sträßle, Das Anzeigewesen der Wiener Zeitung in seinen Anfängen, in der Festnummer.) Fünf Jahre (1708) nach der Gründung des Blatts findet sich die erste Verlustanzeige, und 1709 treten in bunter Reihe Zahnärzte, Badebesitzer, Händler mit physikalischen Instrumenten, Lotterieunternehmer als Inse renten auf. * * Die innere, geistige Entwicklung der Wiener Zeitung findet in der Jubiläums - Nummer ihre Darstellung in einer Reihe von Monographien literarischen Charakters, deren eingehende Besprechung, so verlockend sie auch ist, außerhalb des Rahmens dieser Skizze liegt (vr. Emil Löbl, Die Entwicklung der journalistischen Technik in der Wiener Zeitung — vr. Eugen Guglia, Zur Geschichte der Wiener Zeitung im Zeitalter der Revolution und Napoleons — Alex. Freiherr von Heifert, Die Wiener Zeitung im Jahre 1848 — vr. Alex, von Weilen, Die Kritik des Schauspieles in der Wiener Zeitung — Armin Friedmann, Die Anfänge der Kunstkritik in der Wiener Zeitung — vr. Robert Hirschfeld, Musikalische Kritik in der Wiener Zeitung — Rudolf Holzer, Die österreichische Wochen schrift). Wer sich mit der Kulturgeschichte Österreichs in den letzten zwei Jahrhunderten befaßt, findet in diesen Essays überreichen Stoff. Zeitungen schreiben ja nicht nur Ge schichte, sie machen mitunter auch Geschichte, sie verzeichnen nicht nur Erfolge, sie schaffen auch Erfolge; sie sind interessant durch das, was sie bringen, und oft durch das, was sie nicht bringen. Für wie viele, deren Namen heute verschollen sind, wurde einst die Pauke des Ruhmes geschlagen, und wie manche, die die Geistesschätze des Volkes dauernd be reicherten. sind lange Zeit unbeachtet geblieben. »Was in der Welt«, sagt Lichtenberg mit Recht, »kann unterhaltender sein, als die vermeintliche Geschichte der Zeit mit der wahren zu vergleichen.« H * Als ich vor mehr als Jahresfrist in diesem Blatte die Frage nach dem Buche der Saison aufwarf und die Ver mutung aussprach, daß Frenssens »Jörn Uhl« diese Stelle einnehmen werde, da war dieser Roman kaum den Kinder schuhen der ersten Auflagen entwachsen — nun klimmt er fröhlich irgendwo in dem zweiten Hunderttausend herum, und wenn auch selbstverständlich die Nachfrage nicht mehr so stürmisch wie im Vorjahre sein dürfte, so kann man doch den Erfolg als nachhaltig bezeichnen. Schon werden im Gegensätze zu den enthusiastischen Kritiken die Gründe dieses Erfolges auf eine für das Publikum nicht sehr schmeichelhafte Weise erörtert; in einem bekannten Berliner Wochenblatte wurde kürzlich »Jörn Uhl« als ein Beispiel für »Wahnideen der Masse« bezeichnet, und schon erschien auch eine Broschüre mit der Absicht, gegen die Beliebtheit von »Jörn Uhl« Sturm zu laufen. Das Publikum liebt die Abwechslung und begünstigt jetzt ein Buch, das einen Wiener Dichter zum Autor hat, dessen Szenen in Wien spielen, und das im Wiener Verlag erschienen ist. »Bodenständigeres« kann man sich nicht vor stellen. Die Vorgeschichte von Arthur Schnitzlers »Reigen« ist vielleicht nicht allgemein bekannt und darf darum hier erzählt werden. Vor zwei Jahren erzählten sich die allzeit gut Unter richteten, daß Schnitzler ein neues Buch geschrieben und so gar dem Druck übergeben habe, das jedoch nicht käuflich sei, sondern vom Dichter seinen persönlichen Freunden zugesandt werde. So war es auch in der Tat; die zweihundert Exemplare des »Reigens«, die teils auswärtigen, teils Wiener Freunden gespendet wurden, erregten den Neid aller jener, die nicht vom Autor bedacht worden waren und alle Hoffnung auf den Besitz eines Buchs ausgeben mußten, in dessen Geleitwort der Dichter u. a. erklärte: »Ein Erscheinen der nachfolgenden Szenen ist vorläufig ausgeschlossen.« Alle Beziehungen wurden aufgeboten, alte Bekanntschaften er neuert, um ein Exemplärchen zu erlangen, natürlich meistens vergeblich, denn nur wenige sind in der Lage jenes hoch stehenden Beamten, der einem Bittsteller die angesuchte Audienz nur deshalb gewährte, um von ihm beim Abschied den »Reigen« zu borgen (Wahrheit oder Dichtung?). Das Exemplar soll von Sr. Excellenz sechs Wochen zurückbehalten worden sein, wahrscheinlich hat es bei seinen Amts kollegen den Reigen durchgemacht. Man muß zugeben, daß Schnitzlers Freunde Altruisten sind; sie wollten den Genuß nicht für sich allein haben, sondern drangen (wohl in Gemeinschaft mit dem Verleger) in den Dichter, er möge den Reigen vor der gesamten Öffentlichkeit tanzen lassen. So wurde dem Buchhandel ein für österreichische Ver hältnisse ungewöhnlicher Erfolg beschert. Denn die Lebejüng linge und Lebegreise machen einander auf das Buch aufmerk sam und erklären, sich bei der Lektüre vor Vergnügen »zu wälzen«; heftige Debatten entspinnen sich darüber, welche Szene die gelungenste sei, und manche Worte aus dem Reigen sind zu geflügelten geworden; insbesondere die Aussprüche des Dichters »Bibiz« haben Aussicht, für einige Zeit dem Sprachschätze einvcrleibt zu werden. Soweit die Kritik sich
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