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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.09.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-09-11
- Erscheinungsdatum
- 11.09.1903
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- Deutsch
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6952 Nichtamtlicher Teil. 211, 11. September 1903. die sonst nur den Berufsgenossen zugänglich sind, eingehendes Studium des Börsenblatts für den Deutschen Buchhandel und der einschlagenden Literatur, endlich von buchhändlerischen Freunden beraten, es trotzdem nicht vermocht hat, zu einem klaren Bild der Verhältnisse des Buchhandels zu gelangen, geschweige denn sie zu erklären. So wird auch seine Dar stellung des Kampfes gegen den Kundenrabatt zu einem Zerrbild. Der erheblichste Mangel der geschichtlichen Dar stellung Büchers besteht darin, daß er den Motiven der Männer, die in der Bewegung gewirkt haben, sowohl fördernd als hemmend, durchaus nicht gerecht wird, ja sie nicht ein mal versteht. Die Schleudere! sind ihm die tüchtigen Geschäfts leute, die das Publikum mit Hintansetzung ihres eignen Vorteils aus ethischen und wirtschaftlichen Erwägungen heraus fördern und die Literatur verbreiten wollen, die nicht schleudernden egoistische und nur auf ihren Vorteil bedachte Händler, die vom Belt bis an den Rhein ein Lotterleben führen, den Ärmsten der Armen ihre geistige Nahrung ver kümmern und aus diesem schnöden Gewinn, der allen wirtschaftlichen Gesetzen Hohn spricht, Reichtümer ansammeln zum Schaden der ganzen Nation. Ebenso verkannt sind die Motive der Männer innerhalb des Buchhandels, die die Bewegung n^cht glaubten fördern zu können. Daß der Kundenrabatt, d. h. die Negierung des vom Produzenten unter Berücksichtigung aller einschlagenden Momente festgesetzten Preises ein Übel ist, ein wirtschaftlicher Fehler, habe ich schon mehrfach erwähnt und, soweit es im Rahmen dieser Schrift möglich war, zu belegen gesucht. Daß er das Geschäft unsittlich macht, daß er nur zu einem Manöver geworden ist, um Kunden heranzuziehen durch das plumpe Mittel eines scheinbar — darauf komme ich noch zurück — günstigeren Angebots, ist auf der Hand liegend. Schürmann, dem auch Bücher eine ruhige, vorurteilslose Betrachtung nach rühmt, charakterisiert diese Desorganisation mit den Worten: »Bald griff diese Praxis (des Rabattgebens) in toller, das Publikum verwirrender Weise um sich«*), eine Stelle, die Bücher nicht zitiert, während er eine andre Stelle (S. 17) aus dem Zusammenhang reißt und sie als einen »unge duldigen Ausruf« Schürmanns anspricht, während sie im Zusammenhang gelesen nur eine humoristische Wendung ist, die den ganzen Satz belebt.**) In diesen Blättern habe ich versucht nachzuweisen, daß der Kundenrabatt Ende des achtzehnten Jahrhunderts beim Aufhören des Tauschverkehrs entstanden ist, nicht nur um Kunden heranzuziehen, sondern noch viel mehr, um die infolge des Tauschverkehrs überfüllten Läger zu entlasten. Ich verglich den Geschäftsbetrieb der damaligen Firmen Tasche L Müller, die Schumannsche Buchhandlung mit dem heutigen Antiquariat, wobei aber zu beachten ist, daß der heutige wirkliche Antiquar Bücher aus zweiter Hand anbietet, während die Handlungen damals neue Bücher anboten. Dies führte zur Schädigung des übrigen Buchhandels und zu dem Versuch, den Rabatt, wenn nicht abzuschaffen, so doch einigermaßen einzudämmen. Auf der Ostermesse des Jahres 1802 veranstaltete der Börsen vorsteher Horvath eine Versammlung, die Mittel zur Ab schaffung des Kundenrabatts suchen sollte. Diese Versamm lung wählte 16 Deputierte aus allen deutschen Landesstrichen, die die Kollegen in ganz Deutschland aufforderten, ihre Er fahrungen ihnen mitzuteilen. Aus der Durcharbeitung dieses Materials ging der »Vertrag der Buchhändler über *) Schürmann, Buchh. d. Neuzeit. S. 13. **) Die Stelle lautet im Zusammenhang: »Der Ruf nach Reformen kehrt von da ab (1804) periodisch wieder, der Buch handel befindet sich, wenn man den Reformlustigen glauben soll, fortgesetzt im Verfall, so daß es wunder- nehmcn muß, daß gegenwärtig noch ein so ansehnlicher und geordneter Rest davon vorhanden ist.« Die gesperrten Worte geben den von Bücher angeführten Teil des Satzes wieder. einige Gegenstände ihres Handels« hervor, der zur Ostermesse 1804 der Öffentlichkeit übergeben wurde. Schon in diesem Vertrag wird ausgesprochen, daß, wenn ein Mittel ausfindig gemacht werden könnte, den Kundenrabatt als eine Schleuderei abzuschaffen, dies für den Buchhandel das Beste sein würde. Da aber daran gezweifelt wird, ein solches Mittel zu finden, so müsse der Rabatt womöglich verringert werden. Die durch den Vertrag zu schaffenden Handelsgrund sätze sollten dies bewirken. Eine durchschlagende Wirkung hat dieser Vertrag nicht gehabt, konnte sie auch nicht haben, da keine Exekutive hinter ihm stand. Tatsächlich sind aber im ersten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts die Verhältnisse besser geworden, wohl weniger infolge des Vertrags, als da durch, daß die großen festen Läger, die infolge des Tausch verkehrs sich gebildet hatten, geleert oder unverkäuflich wurden, und neue Anschaffungen von den Verlegern nur mit einem Rabatt von 25 bis 33 U Prozent zu beziehen waren, die eine Gewährung eines übermäßigen Rabatts ausschlossen. So herrschten, wie Schürmann a. a. O. ausführt, im Jahre 1816 auch in Berlin erträgliche Zustände, regelmäßige Kunden er hielten allerdings, aber keineswegs durchgängig, einen Rabatt von 10 bis 12'/? Prozent, dagegen wurde der Barverkauf durchgängig zum Ladenpreis bewirkt. Übrigens gab es noch zu Anfang der siebziger Jahre in Berlin zahlreiche große Sortimentsfirmen, bei denen das Rabattgeben unbekannt war.*) Diese Zustände erhielten sich in Berlin bis zum Jahre 1872, bis eben jene bekannte Berliner Firma eine gänzliche Umwälzung herbeisührte. Leipzig freilich hat unter Benutzung der Spesenfreiheit dem Publikum schon früh größere Vorteile zugewendet, doch hat dies dem Gesamtbuchhandel weniger geschadet, da die damals noch teuren Transportgelegenheiten eine große Ausdehnung des Betriebes verboten, das teure Reisen nicht so viel fremde Studenten nach Leipzig führte, und die dort gewesenen und nach Hause zurückgekehrten ihrem Buchhändler nicht zumuteten, die Leipziger Preise zu halten. So war im übrigen Deutschland der Ladenpreis mehr oder weniger eine Wahrheit, und wenn Rabatt gegeben wurde, so geschah diese Gewährung nicht anstandslos an jeder mann, sondern war eine Gegenleistung für größere Bezüge, regelmäßige Kundschaft, Barzahlung und dergleichen. Wenn nun Büchers zweiter Absatz dieses Kapitels lautet: »Es ist fast alles in den letzten Jahren teurer ge worden, nur der Verdienst des Buchhändlers ist nicht gestiegen.« (Buchh. d. I. 1815—58 Tl. V S. 4.) In diesen Worten faßt sich der Inhalt der Klagen kurz zusammen. Und die Quintessenz der Reformen besteht darin: es müsse der Ladenpreis »wieder zu seiner alten Geltung gebracht«, »wiederhergestellt«, »aufrecht erhalten« werden — gleich als ob es je mals eine Zeit gegeben habe, wo der volle Laden preis allgemein im Detailhandel mit Büchern ge fordert und erzielt worden wäre. Schon 1803 werden diejenigen, welche in der Gewährung von Kundenrabatt über das übliche Maß hinausgingen, als Schleuderer bezeichnet; und dieser allen geschichtlichen Tatsachen Hohn sprechende Schimpfname ist seitdem nicht aus den Spalten der buchhändlerischen Fachblätter ver schwunden« und dieser Satz an die Spitze gestellt ist, so müßte man annehmen, daß schon die Reformer von 1802—1804 eine »Wiederherstellung des Ladenpreises in seiner alten Geltung« erstrebt haben. Dies ist natürlich nicht der Fall. Herr Horvath wußte mindestens so gut, wie Herr Bücher es weiß, daß der Ladenpreis im Jahre 1802 eine neue Einrichtung *) Prager, Urheberrecht und Buchhandel in sozialer Beleuch tung. Kleinhandel, Warenhäuser, Rabatt. Sr'15.
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