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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.03.1900
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1900-03-07
- Erscheinungsdatum
- 07.03.1900
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- Deutsch
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Dili als patriarchalisch hinstellt, das Wohnen rc. im Hause des Chefs, war meistens doch nur eine Existenz, wie sie vielfach von Angestellten der kaufmännischen Detailgeschäfte heute noch geführt wird, das heißt also: schlecht gelegene, kleine Wohnungen, selten ein eigenes Zimmer, unzureichende Kost (daS beliebte Gouvernautenstiickchen!) rc. rc., alles Dinge, die doch kaum zu einer besonderen Ehrung des Standes bei tragen. Selbstverständlich mag eS Ausnahmen gegeben haben und giebt es auch jetzt noch, wo der Gehilfe wirklich liebevolle Aufnahme im Familienkreise des Chefs gefunden hat (Schreiber dieser Zeilen hatte das Glück, das an eigener Person zu erfahren); aber nach dem, was man über diesen Punkt gehört hat, ist die Annahme gerechtfertigt, daß das gerühmte patriarchalische Zusammensein einer Dienstboten- existenz verzweifelt ähnlich war. Nichts aber kann man unseren jungen Leuten weniger vorwerfcn als ein Kleben an der Scholle. Ja, liest denn Herr vixi niemals die Stellengesuche, daß ihm entgangen ist, wie ein großer Teil der Suchenden im Auslande unterzu kommen versucht, ein Streben, das bei den Antiquaren sogar so weit geht, daß fast jeder das Ausland in seinem Inserate bevorzugt? Wie wäre es möglich, alle diese Leute im Auslande unterzubringen? Auf diese Frage wird Herr vixi die Antwort sicherlich schuldig bleiben müssen. Die wenigen Firmen im Auslande, die einen nennenswerten Bedarf an deutschen Arbeits kräften haben, lassen sich an den Fingern herzählen, und die anderen, die Volontäre nach Belieben einstellen, rechnen doch nicht mit, da es kein Kunststück ist, vom eigenen Gelds, resp. vom Gelde seines Vaters lebend in einer großen ausländischen Firma volontierend das Pult zu drücken. Die vielen, vielen Gehilfen, die sich die Finger vergeblich abgeschrieben haben, um eine, wenn auch nur bescheiden bezahlte Stelle im Aus lände zu erlangen, werden den Vorwurf des Klebens au der Scholle gewiß recht belächeln! Die paar Leute, die sich aus ihrer Heimatsstadl nicht fortwagen, sondern es vorziehen, mit geringem Gehalte im alten Geleise fortzuwursteln, sind für das Gros der Gehilfenschaft nicht maßgebend. Die Ansicht von den Idealen, die Herr vixi hat, ist schon so oft acl absuräum geführt, daß ein näheres Eingehen darauf überflüssig ist. Sozialdemokratische Anwandlungen des einen oder des andern haben mit seinen Leistungen nichts zu thun. Das sind politische Anschauungen, die sich jeder nach Gutdünken und nach eigener Erfahrung bildet, und die gerade in der Jugend so schnell und so schroff wechseln, daß man ernstlich mit ihnen nicht rechnen kann. Der ist doch noch kein Umstürzler, kein »Revoluzer«, der den Sonntag für sich haben will. Wer sechs Wochentage hindurch hinter dem Pulte steht, dem ist der freie siebente Tag von Herzen zu gönnen, ob er nun musiziert oder dem »Laster« des Radfahrens oder Skatspieles frönt. Die Sonntagsarbeit, die alten Traditionen zufolge hier und da noch abgefessen wird (kleinstädtische Verhältnisse mit ihren Markttagen rc. sollen hier nicht berührt werden!), ist geringwertig, sie kann ohne Gefahr für das Geschäft unterbleiben. Wer seine Füße unter den eigenen Tisch steckt, wird solche Grenzen natürlich nicht kennen; aber einem Ge hilfen soll man es nicht verargen, wenn er von den Sonn tagen des Jahres möglichst viel für sich reklamiert. Ideale haben hiermit nichts zu thun. Gewiß ehrt jedermann seinen Beruf; ebenso gewiß aber ist es, daß Berufsarbeit bei uns im Buchhandel, wie überall, recht schwer werden kann, namentlich wenn der Erfolg in keinem Verhältnisse zu ihr steht. Ueber diesen Punkt wird auch eine ideale Auffassung des Berufes nicht hinweghelfen, vielmehr wird das eiserne Muß eine kräftigere Triebfeder sein. Es ist ja schön, wenn jemand sagt, er übe seinen Beruf nicht des materiellen Ge winnes wegen aus; aber wie viele von diesen Platonikern ehrlich sind, das zu untersuchen und zu prüfen, ist nicht ratsam! Die zwanzigjährigen, Versammlungen stürmenden und Minimalgehall heischenden Schreier, die Herr vixi erwähnt und dem heutigen Gehilfenstande als Exempel vorhält, die kann man ruhig schreien lassen, denn sobald sie älter ge worden fein werden, lassen sie das Bramarbasieren bleiben, ohne den Buchhandel ruiniert oder reorganisiert zu haben. Der arrogante junge Leutenant mit dem Monocle, wie wir ihm im Simplizissimus und anderen Witzblättern begegnen, ist auch keine besonders angenehme oder nützliche Erscheinung, und doch wird niemand einen solchen jungen Herrn als Maßstab zur Beurteilung des ganzen Offizier-Corps ver wenden. Das Besserwerden im Buchhandel hängt nicht davon ab, ob es eine Hand voll tüchtiger Gehilfen mehr giebt oder weniger, denn intensiver, als heute an der Erhaltung alter Absatzfelder und an dem Gewinnen neuer gearbeitet wird, kann unmöglich gearbeitet werden. Die Kauflust und auch die Kaufkraft des Publikums ist über genug belastet, daran ändern weder die Lehrlinge etwas, auch wenn sie vier Jahre gelernt haben, noch die Gehilfen, auch wenn sie noch so schön einpacken oder Makulatur glatt streichen können. So lange dem Durchschnittsmenschen das stumpfsinnige Brüten über einer kannegießernden Tages zeitung mit den Roman-Portionen lieber ist als die Lektüre eines Buches, so lange werden Chef, Gehilfe und Lehrling im Buchhandel, gescheit, weniger gescheit oder dumm, vergeblich das Besserwerden erwarten. Dresden-Blasewitz. Paul Alicke. Gesetzentwurf» betreffend Aenderungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuches. Kundgebung von Berliner Künstlern und Schrift stellern gegen die Reichslagsbeschlüsse. (Vgl. Börsenblatt Nr. 33, 35, 36, 37, 47.) Im Anschlüsse an unsere gestrige Mitteilung über die Protest- Versammlung vom 4. d. M. von angesehenen Männern der Kunst und Wissenschaft im Saale des Berliner Handwerkervereins gegen die Reichstagsbeschlüsse zur sogenannten -Üsx Heinze- lassen wir nach dem Bericht der -Nationalzeitung- nachstehend eine knappe Schil derung des Verlaufs der Versammlung folgen. Reichtagsabgeordneter Schräder eröffnete die Versammlung mit einer kurzen Darlegung des Zwecks der Veranstaltung. Er verwies darauf, daß zur Zeit Verhandlungen zwischen den Mehr heitsparteien im Reichstage schwebten, um die Annahme der Bestim mungen, soweit sie Litteratur, Theater und Kunst beträfen, durch zusetzen. Gegen Ausschreitungen in der Kunst, die eine Zurück weisung erheischten, biete die Theatercensur und H 183 des Straf gesetzbuches genügende Handhabe. Diese Gesetzgebung werde von Leuten vertreten, die wünschten, daß alles Nackte in der Kunst ver mieden werde. Als zulässig wollten sie höchstens die Laokoongruppe gelten lassen; die Venus von Milo erscheine ihnen schon verdächtig. Wenn im Theater und auf den Spezialitätenbühncn Schaustel lungen stattfänden, die den guten Sitten widersprechen, so liege das nur an der Handhabung der Polizei. (Sehr richtig!) Die neuen Bestimmungen aber könnten auch auf die deutschen und englischen Klasssker Anwendung finden; sie setzten der freien künst lerischen und Literarischen Entwickelung der Nation die engsten Schranken. Der Protest richte sich nicht gegen eine Erhöhung der Sittlichkeit im Volke, sondern man protestiere aus dem höchsten sittlichen Empfinden gegen Bestimmungen, die von einer Behörde angewendet werden sollen, die nicht imstande sei, eine Kontrolle über Kunstwerke auszuüben. Bildhauer Professor Gustav Eberlein führte u. «.folgendes aus: Was ich hier zu sagen habe, vertritt den Standpunkt der schaffenden Kunst. Die Kunst hat die vornehmste Mission im Völkerleben. Erst mit der freien Bethätigung von Kunst und Wissenschaft gelangt die Menschheit auf ihre Höhe. Licht, Luft und Sonne des freudigen Lebens treiben die Kunst zu ihrer schönsten Entwickelung. Die moderne Kunst schreitet neben der Entwickelung des Vaterlandes stolz einher. In Monumenten, kirchlichen und profanen Geistes, in Denkmälern, Fresken und Gemälden will sie den Siegesslug der Deutschen schildern. Uns, die wir mit Pinsel
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