Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.09.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-09-23
- Erscheinungsdatum
- 23.09.1903
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19030923
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190309231
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19030923
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1903
- Monat1903-09
- Tag1903-09-23
- Monat1903-09
- Jahr1903
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
7346 Nichtamtlicher Teil. 221, 23. September 1903. 12 Monaten steigert und der Kredit doch erst mit dem Verkauf anfängt, weil ja der Verleger bis zum Verkauf Eigentümer der Ware ist! Herr Bücher klagt über den außergewöhnlichen Kredit, den der Verleger dem Sortimenter einräume, und doch ist gerade er darüber empört, daß der Sortimenter so wenig in Kommission (also bei Verkauf ev. auf Kredit) des Verlegers beziehe. Nach meinen, Verständnis ist das ein Widerspruch. Herr Bücher fürchtet wegen dieses Kredits für den Verleger und gibt doch selbst zu, daß im Buchhandel auffallend wenig Konkurse Vorkommen Herr Bücher wird wohl auch nicht von vielen gerichtlichen Klage» zwischen Verleger und Sortimenter berichten können, denn Seite 32 gibt er selbst zu, »daß der Verleger auf pünktliche Zahlung hält!« Warum also die Aufregung? Der Kommissionsbezug der Novitäten ist aber überhaupt nicht eine so erstaunliche Bevorzugung für den Sortimenter, wie Herr Bücher darzustellen sucht. Wenn nach des Verfassers mauchesterlichen Ideen vom freien Wettbewerb das Warenhaus ideal auch für den Buchhandel als notwendige Konsequenz sich verwirklichen wird, daun ist es mit Kommissiousbezug von Novitäten aus, und der Verleger kann ganz allein den Vertrieb seiner Nova übernehmen. — Der Sortimenter schätzt aber den Kommissionsbezug nicht nur als angenehmen Vorzug, sondern als eine Ehrenpflicht. Der Barbezug ist ja viel lohnender und die Ver wendung für erprobte gangbare Lagerartikel zehnmal dankbarer als die mühsame, oft völlig nutzlose Propaganda für Nova. Aber der Sortimenter weiß, daß er einfach seinen Beruf dann nicht erfüllt, wenigstens das Berufsideal, wenn er nicht als Pionier im bescheidenen Kärrnerdienst der Wissenschaft der Kultur dienen will. Diese freudige und optimistische Arbeit aus idealem Interesse an der Sache kann und muß sehr wohl neben ganz nüchterner, kaufmännischer Gewinnberechnung bestehen. Es muß Ehrenpflicht sein, und im allgemeinen wird es auch von der Mehrzahl so auf- gefaßt, für das Neue, das noch Unbekannte werbend tätig zu sein, wenn auch viel Arbeit erfolglos ist und vielleicht ein anderer da Früchte pflückt, wo wir gesät haben. Der Verfasser unterschätzt überhaupt den Wert der von ihm verspotteten »Berieselung« oder Propaganda durch das Sortiment. Herr Bücher sagt mit Bezug auf einen Passus im Vorwort zum Trübnerschen Verlagskatalog: »Man wird nicht umhin können anzunehmen, daß die »Interessenten und Bibliothekare«, die der Schreiber der vor stehenden Sätze im Auge hat, ihrem Berus wenig gewachsen sein müsse», wenn denselben die neu erschienene, wissenschaftliche Literatur erst durch den Sortimenter zur Kenntnis gebracht werden muß.« Und aus Seite 44: »Wenn die Mehrzahl dieser Buchkonsumenten sich des für unsere Verkehrsgewohnheiten viel zu langsam arbeitenden Sorti mentsbuchhandels trotzdem bei ihren Bezügen bedient, so geschieht es aus alter Gewohnheit usw.« Es wäre niederschmetternd, wenn es so wäre! Zunächst möchte ich doch zu dem absprechenden Urteil, »daß der Buchhandel allgemein viel zu langsam arbeite« bemerken, daß selbst kleine Firmen wie die weinige, alle zwei Tage, höchstens ausnahmsweise nach drei Tagen Eil- oder Post - Sammelsendung von Leipzig be ziehen. Wenn also auf dem gut assortierten Lager, dessen Wert natürlich vom Ankläger mit keinem anerkennenden Wort erwähnt wird, dies oder jenes Buch fehlt, so ist es oft binnen 36, vom Provinzialsorliment meist binnen 48 Stunden aus Leipzig, aus nahmsweise binnen 72 Stunden besorgt. Verzögerungen können natürlich, z. B. beim Bezug etwa aus Hamburg nach Schlesien, und durch allerlei Umstände eintreten, sind aber Ausnahmen, nicht Regel. Außerdem benutzt der Sortiments buchhändler den Telegraph, das Telephon (in unserer Stadt haben noch zwei Kollegen außer mir Telephon), die Eilkarte, kurz alle modernen Verkehrsmittel mit Freuden, während Herr Bücher meint, daß wir noch so schwerfällige Verkehrsgepflogenheiten haben, wie zur Zeit der Großväter, als der Dampfwagen noch nicht Fürth und Nürnberg verband. Was nun die Abweisung betrifft, daß der Sortimenter die Interessenten über die Neuerscheinungen unterrichtet, so wird es ja keinem Buchhändler einfallen, sich als unentbehrlichen Mentor für die Professoren in dieser Hinsicht hinzustellen. Aber das übrige, selbst das akademisch gebildete Publikum gibt sich mit Fachblättern oft sehr wenig ab und würde allein durch die Ver- lcgeranzeigen und die Buchkritiken schwerlich zu dem Bedarf an geregt werden, den der Sortimenter erzielt. Der Sortimenter will auch gar nicht Kenntnisse markieren, die er als Laie nicht haben kann, sondern sich dem Gelehrten gegenüber ganz bescheiden als »Dienender« fühlen. Bei der Fülle der Erscheinungen kann sich oft genug selbst der Fachmann schwer orientieren, besonders wenn zur Behandlung einer Materie schnell alles Einschlägige gesucht wird. Da springt der Sortimenter gern nüt seinen bibliographischen Hilfsmitteln bei, und nun kann der »Interessent« mit den, be dienenden Buchhändler — oft genug muß es der letztere allein tun — in den Katalogen die gewünschten Angaben suchen. Ich kann zu meinem Glück sagen, daß von meinem Kundenkreis der artige und ähnliche Dienstleistungen nicht so stolz wie von Herrn Bücher verschmäht, sondern gern in Anspruch genommen werden. Auch den Nutzen der Schaufenster-Reklame sucht der Verfasser so niedrig wie möglich zu schätzen und findet nur spottende Worte. Ich habe vier Schaufenster und wechsele wöchentlich mindestens eine Auslage, was auch dazu beiträgt, mich nicht zu »schläfrigem Dasein« kommen zu lassen. Wieviel aus dem Schaufenster ver kauft wird, kann ich nicht ziffermäßig angeben; aber sicher ist es nicht wenig, und die stille, nicht zu beobachtende Wirkung bleibt dabei noch ganz unberücksichtigt. Von verständigen Verlegern wird deshalb die Propaganda durchs Schaufenster sehr wohl ge schätzt. Auch übersieht der Herr Verfasser ganz, daß auch für ältere gute Literatur, die oft jahrelang, oft für immer nur sehr begrenzte Beachtung findet, immer und immer wieder durch Empfehlung vom Sortimenter gewirkt werden kann. Ich habe so manches Buch, das gelesen zu werden verdient, aber dem oder jenem ganz unbekannt war, empfohlen und ein Exemplar nach dem andern verkauft, anderseits unzählige Male vor der Anschaffung von Büchern, die auf marktschreierische, irreführende Reklame des Verlegers hin verlangt wurden, deren Wert aber zum mindesten zweifelhaft oder deren Inhalt ganz unpassend, oft für den Käufer direkt gefährliches Gift war, gewarnt und de» Kauf besserer Lektüre erreicht, oftmals zu meinem finanziellen Schaden. Von aller dieser Tätigkeit will der Herr Professor nichts wissen. Er glaubt scheinbar nicht, daß der Buchhändler auch ethische Verpflichtungen kennt, und schätzt den ganzen Stand sehr niedrig ein. Daß viele Kollegen gerade die ideale Seite ihres Berufes verkennen oder nicht achten, bestreite ich nicht; aber das kann man ebenso von andern Berufen sagen, die auch manchen unrühmlichen Vertreter zählen. Daß schließlich der Kommissionsversand an eine so große An zahl von Buchhandlungen die Bücherpreise verteuere, widerruft bei Berechnung der Herstellungskosten, die bei einer höheren Auflage verhältnismäßig viel geringer sind, der Verfasser selbst. Wenn also der Wunsch des Autors erfüllt würde, die Boykottierung von mehreren tausend Sortimentsfirmen gelänge und nur eine ganz kleine Zahl »Auserwählter« bliebe, wenn dann der Verleger die Propaganda, die Reklame und Verbreitung ganz allein zu über nehmen hätte, dann würde jeder Bürger vor Prospekten, Anzeigen und Offerten sich bald keinen Rat wissen und jeden Morgen eine halbe Stunde Frühslückszeit mit Ofsertenlektüre verbringen dürfen, bis er dieses Vergnügen satt hat oder, durch verlockende Verleger empfehlungen zu Bestellungen gereizt, sich gründlich enttäuscht sieht. Papierkörbe her! — Auch die Verleger geben in der Mehrzahl gern zu, daß sie selbst durch vermehrte Reklame ihrerseits ohne das Sortiment nicht
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder