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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.09.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-09-23
- Erscheinungsdatum
- 23.09.1903
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- Deutsch
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^ 221, 23. September 1903. Nichtamtlicher Teil. 7347 annähernd das gleiche erzielen würden. Daß bei der Überproduktion der Sortimenter sich für viele Erscheinungen nicht verwenden kann, beweist doch nur, daß zuviel produziert wird, nicht daß diese Verkehrsader überhaupt nichts taugt, wie der Herr Professor schonungslos folgert! Auch die erhoffte Verbilligung der Bücher preise, wenn die Verleger an den Leser direkt und zu den bisher den Buchhändlern bewilligten Preisen liefern würden, dürfte, wie schon Kollege Knorrn nachwies, als Traum zerfließen; von der Umständlichkeit des Bezuges ganz abgesehen. Daß aber ungeheuer viel Bücher nicht gekauft würden, wenn die Gelegenheit — die bequeme Kaufgelegenheit — nicht mehr Käufer heranzöge, ist außer jedem Zweifel. Und nun zur Anklage, daß der Sortimenter ohne Risiko, ohne nennenswertes Kapital »in völlig unzureichender Weise« und veralteten Formen seinen Beruf erfüllte, vielmehr nicht erfüllte, noch einige Bemerkungen. Kaufpreis und Betriebskapital unter schätzt der Verfasser unbedingt. Die Spesenlast ist viel höher, als Herr Bücher berechnet. Die Angaben des glücklichen Kollegen aus Sachsen sind mir ein Rätsel. Auch mit den sehr gemäßigten Zahlen in der Angabe des Herrn Knorrn kann ich mich nicht als für den Durchschnitt geltend einverstanden erklären. Dagegen kalkuliere ich in Anlehnung an die eigenen Er fahrungen etwa wie folgt: Gehalt eines Gehilfen pro Monat 120 jährlich 1440 Weihnachtsdouceur 50 Entschädigung an zwei Lehrlinge pro Monat s. 15 ^ „ 360 Lohn für eine Hilfskraft, Schreiber oder Dame „ 600 Lohn für zwei Markthelfer oder Boten „ 1200 Porto und Emballage ab Leipzig mindestens 600 Porto ab hier, — Frachtspeseu u. kleine Unkosten d. Expedit. 1 400 Gas, Feuerung, Inserate, Steuern, Versicherungsprämien, Kontobücher, Reparaturen usw. 600 Drucksachen und Formulare 150 Kataloge, Fachblatt, Fachadreßbuch 100 Ladenmiete 1350 4o/<, Verzinsung des Anlagekapitals von 20 000 ^ 800 Gebühren und Barprovision an die Kommissionäre 200 "H85Ö Die Spesenlast ist im Verhältnis zum Umsatz und Brutto gewinn außerordentlich hoch. Wo bleibt nun die Abschreibung der Lagerwcrte? Wo die der unausbleiblichen Verluste? Gerade weil in der Entgegnung des Herrn Knorrn meines Erachtens die Verhältnisse eines starken Prozentsatzes der Sorti menter noch viel zu rosig angegeben sind, glaubte ich, sollten sich auch andere zum Wort melden und nach ihren Erfahrungen Ein spruch erheben. Der Herr Verfasser der Denkschrift tadelt auch mit hartem Wort das leichtsinnige Kreditgeben in unserm Beruf! Ach! Leicht sinn ist wohl selten die Veranlassung, sondern tief eingewurzelte Gewohnheiten des Publikums, die, wie er ja an andrer Stelle sagt, aus Bequemlichkeit »wie alte Kleider nicht gewechselt« werden. Dem Buchhändler wäre es schon längst recht, wenn er sich die zahllosen Buchungen oft von Posten L 10 H und 15 H sparen könnte. Aber nicht nur die Gewohnheit des Publikums, sondern ebenso der gepriesene »freie Wettbewerb« hat zu dieser Konzession an den Käufer geführt. Gäbe ich nicht Kredit, so tut es der eifrigere Konkurrent. Ich gebe sofort zu, daß das Kreditgeben ein Schaden ist, und behaupte sogar, daß wir alle mit Freuden weiter hin 5°/y Rabatt geben würden, wenn wir nach Muster der gelobten Warenhäuser Barzahlung zur Bedingung machen könnten! Eine Hilfskraft für die Buchführung könnte ich mir dann sofort ersparen. Wenn doch der Herr Verfasser der Kampfschrift das deutsche Volk lieber zur Barzahlung veranlaßte, als zum Kampf gegen den Buchhandel mobil machte! Ob sich Barzahlung durchführen ließe, ist mir zweifel haft, aber absolut nicht zweifelhaft, daß dann sehr viel weniger gekauft würde. Möglichste Steigerung des Umsatzes soll ja unser Ziel sein. Leichtsinn kann beim Kreditgeben Vorkommen; aber in der Regel sind beim Verlust durch Kreditgeben Mißbrauch und irreführende Angaben die Veranlassung. Ich habe Lehrern, Pastoren, andern Beamten, kurz Vertretern aller möglichen an gesehenen Stände, die mir sehr wohl bekannt waren, Kredit gegeben und dabei viel Geld verloren. Es kann niemand bestreiten, daß in jedem Stand traurige Individuen sind, die das Ansehen ihres Standes mißbrauchen und in den geachtetsten Stellungen bleiben, obwohl sie ihre Zahlungsverpflichtungen schlecht oder gar nicht erfüllen. Gern bewilligt man dagegen doch z. B. jüngern Lehrern, auch Studierenden Kredit, da das Interesse und der tatsächliche Bücherbedarf in jungen Jahren im umgekehrten Verhältnis zum Vermögen stehen. Man trägt gern den Zinsverlust, solange man den guten Willen sieht, allmählich die Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Auch im übrigen Kaufmannsstand ist das Kreditgeben trotz aller Vorsicht oft genug von schädlichen Folgen begleitet. Keine Firma bleibt in dieser Beziehung vor Enttäuschungen und Verlusten bewahrt. Auch die Buchführung wird getadelt und pünktlicheres Ausschreiben der Rechnungen verlangt. Ich schreibe, wie wohl die meisten Kollegen, vierteljährlich die Rechnungen aus und sorge dafür, daß sie in den ersten Tagen des Quartals in die Hände des Publi kums kommen, obwohl ich von manchem Kunden dafür einen Ver weis erhielt! Und der Erfolg? Wenn Herr Bücher doch mit mir einmal beobachten wollte, wieviel Rechnungen von dem Emp fänger zwei-, drei-, ja sechsmal ignoriert werden, obwohl letztere hohen Kreisen angehören! Ich glaube, wir könnten alle erstaun liche Dinge erzählen. Die Furcht vor der Mißgunst solcher Per sonen, die hinter dem Rücken in ihren Kreisen großen Schaden anrichten können, verbietet energische Schritte. Wie vieles muß man sich gefallen lassen, um nicht Kunden zu verlieren! Auch glaubt der Verfasser weiterhin, daß sich der Sortimenter nur in ganz unzureichender Weise um das Publikum bewerbe. Ganz im Gegenteil. Wir jagen wie Hunde hinter dem Wild jedem Interessenten, jedem Neuzuziehenden nach und scheuen keine Mühe, keinen Weg und keine Zeit. Auch für den Wert der Zeit schriften und Prospekte sollen wir erstaunlich wenig Verständnis zeigen. Als wüßten wir nicht alle längst, daß wir ohne die meist durch Kolportage unserer Boten gewonnenen Abonnenten gar nicht bestehen könnten! Wir spornen unser Personal sogar noch durch Extraprovisionen au und scheuen nicht Inserate und Beilagegebühren in den Zeitungen. Der Prospektversand mag vom Einzelnen zum eigenen Schaden lässig oder verkehrt behandelt werden, von der Mehrzahl nicht. Wie viele Zeitschriften bringen nur 15—30 H Verdienst pro Quartal bei sechsmaliger Expedition in oft weit entlegene Stadtteile und ebensoviel Buchungen. Trotzdem achtet der Sortimenter mit Eifersucht auf seinen Abonnentenstamm. Es ist auch ganz sicher, daß auch der Zeitschriftenbezug — wenn der Sortimentsbuchhandel tot gemacht wäre — erheblich zurückgehen würde. Wie viel Überredungskunst wendet man an, um den Abonnenten zu weiterem Bezug anzuhalten und zum Abonnement dieser oder jener Zeitschrift zu bewegen. Die Post würde diese Liebeswerbungen nicht so stürmisch betreiben, und der Verleger würde beim besten Willen auch nicht den gleichen Erfolg erreichen können. Schließlich hält der Verfasser dem Sortimentsbuchhandel die Leistungen des Reisebuchhandels vor und sagt in beleidigender Weise: »Nirgends hat derselbe (der Sortimentsbuchhandel) seine Energielosigkeit und Unzulänglichkeit so klar bewiesen wie an dieser Stelle!« Trotzdem muß er selbst die Bedenklichkeit dieses Betriebes zugeben und eingestehen, daß »die aus diesen Umständen hervorgehendcn Prozesse schon zur wahren Landplage für die Gerichte geworden seien.« Das ist doch wohl ein auffallender Widerspruch. Der Reise buchhandel muß doch also oft auf wenig soliden Grundlagen 977*
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