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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.09.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-09-25
- Erscheinungsdatum
- 25.09.1903
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- Deutsch
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^ 223, 25. September 1903. Nichtamtlicher Teil. 7425 leicht hätte dies Herrn Bücher zu einiger Vorsicht veranlassen sollen. Er hat diese Vorsicht aus den Augen gelassen, und wir müssen zusehen, ob er sich an diesem »heißen Eisen« nicht die Hände verbrannt hat. Herr Bücher behauptet, daß der Konsument nicht mehr mitspiele, es gäbe nur Produzenten und zwar durchweg notleidende. Alle diese notleidenden Produzenten verlangen, »daß der Staat ihre Hand mit Almosen fülle, daß er wenigstens die Augen zudrücke, wenn sie durch Kartelle und Preisverabredungen sich diese selber nehmen«. Noch vor fünfzig Jahren »war der Konsument der Angelpunkt der gesamten Wirtschaftspolitik; ihn zu er leichtern, seine Lebenshaltung auf die Höhe eines kultur- gemäßen Daseins zu erheben« erschien für Staat und Gesellschaft das wünschenswerteste Ziel. Es würde zu weit führen, wenn man die Entwicklung, die die Ansichten in wirtschaftlichen Dingen in den letzten fünfzig Jahren genommen haben, und die dazu geführt haben, der Produktion ein größeres Entgegenkommen zu be weisen, hier klarlegen wollte. Ich will nur anführen, daß der absolute Freihandel, der allerdings nie tatsächlich, sondern stets nur in der Idee existiert hat, lediglich das Wohl des Konsumenten im Auge hatte, da ja sein Grundprinzip dahin ging, jede Ware nur da zu produzieren, wo sich die günstigsten Bedingungen für ihre Produktion vorfanden. Es ist kein Zufall, daß diese Ideen von England uns über kommen sind - war doch England das Land, das infolge der Richtung seiner Entwicklung auf einige wenige, aber aus gedehnte Industrien, für die noch dazu die günstigsten Be dingungen zur Erlangung der Rohstoffe und des Heiz materials für die Maschinen vorhanden waren, die Theorie in die Praxis zu übertragen imstande war. England war auf den Freihandel angewiesen: konnte doch seine Industrie nur blühen, wenn sie die ganze Welt als Kunden hatte. Was es aus dem europäischen Festlande importierte, war nicht so bedeutend, und machte, was die Hauptsache war, seiner Industrie keine nennenswerte Konkurrenz. Als aber das Festland sich darauf besann, daß es nicht dazu da sei, um einer Idee willen an England zu zinsen, als auf dem Festlande ebenfalls Industrien entstanden, die den eng lischen Konkurrenz zu machen imstande und willens waren, mutzte der Staat versuchen, die einheimische Produktion zu schützen und leistungsfähig zu erhalten. So trat denn der Konsument etwas zurück im Interesse der leitenden Kreise; an seine Stelle trat der Produzent. War aber an sich das Prinzip richtig, die einheimische Produktion zu schützen, so kam auch der Konsument zu seinem Rechte. Ist doch mehr oder weniger Jeder Produzent und Konsument in einer Person, so daß der Schutz, der dem einzelnen als Produzenten zu teil wird, ihn dafür entschädigt, daß ihm als Konsument ein scheinbarer Nachteil zugefügt wird. Wenden wir diese Sätze auf den Buchhandel an, so ist gerade in wissenschaftlichen Kreisen der Konsument fast immer auch Produzent, letzteres häufig in höherem Grade. Wird ihm die Bücherware als Konsument verteuert, so erhält er als Produzent in dem Mehrerlös der Ware einen Gegenwert. Vor allen Dingen wäre aber doch erst nachzuweisen, daß die Bücherware verteuert ist, dann, wer die Schuld an dieser Verteuerung trägt, endlich, ob dieser Verteuerung über haupt, und mit welchen Mitteln entgegengetreten werden kann. Mit einem großen Aufwand von Worten wird dies behauptet. »Wer deutsche Bücher verteuert, hindert die Aus breitung des deutschen Geistes, erschwert die Jugend bildung, verkümmert einem großen Teil der Nation den weihevollsten Genuß, den das Leben bietet« (S. 140). Dies ist genau so wahr, als wenn man sagt, wer das Schulgeld verteuert, wer die Zulassung zu den Universitäten Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 70. Jahrgang. erschwert, erschwert die Jugendbildung. Es wird sich doch vielmehr darum handeln, ob für das, was geboten wird, mehr verlangt wird als nötig, d. h. ob die Herstellung der Bücher billiger geschehen kann, und ob die Kosten, die die Zuführung an die Konsumenten erfordert, zu hoch sind. Endlich wird zu untersuchen sein, ob die Mißstände, die vor handen sind, oder deren Vorhandensein behauptet wird, dem Buchhandel oder aber andern Faktoren zur Last fallen. Nun sind in den letzten Jahren die Arbeitslöhne rapid in die Höhe gegangen, die Setzerlöhne sind zweimal, jedes mal um etwa 10o/g erhöht worden, ebenso die Buchbinder löhne; die Urheberhonorare sind seit den letzten dreißig Jahren auf das Doppelte gestiegen. Dürfte dies nicht allein eine Verteuerung der Bücher rechtfertigen? Und doch ist diese keineswegs durchgängig, sondern nur sporadisch eingetreten, ein großer Teil der Literatur, namentlich die schöngeistige, ferner Enzyklopädien sind heute erheblich billiger im Preise als vor dreißig Jahren. »In mehreren deutschen Staaten wurde früher der Volksschulbücherbedarf in einem staatlichen Verlag hergestellt und den Schülern gegen bloße Erstattung der Herstellungskosten unmittelbar zugeführt.« (S. 141.) Letzteres stimmt nicht ganz, vielmehr wurden, z. B. in Bayern, die Produkte des k. bayrischen Schulbücherverlags durch das Sortiment vertrieben. Warum hat man aber fast überall diesen staatlichen Verlag aufgegeben und hat die Herstellung der Bücher der privaten Tätigkeit überlassen? Warum scheut man sich heute, in einer Zeit, die staats sozialistischen Versuchen doch gar nicht so abgeneigt ist, wieder zu dem Schulbüchermonopol zurückzukehren? Einfach deshalb, weil dieses Schulbüchermonopol sich als unzweckmäßig und den pädagogischen Fortschritt hindernd herausgestellt hat. Es ist ferner erwiesen, daß die Schulbücher, die der Privatbetrieb herstellt, nicht teurer sind, weil der Privatbetrieb billiger wirtschaftet. Müssen doch auch die Kosten für die Beamten besoldung, für die Räume, in denen diese Beamten arbeiten, und anderes auf die Kosten des Buches aufgeschlagen werden! »Darin liegt« — dies schließt sich an das obige Zitat aus Bücher an — »an sich schon eine An erkennung der Tatsache, daß breite Schichten der Be völkerung nicht genügend wirtschaftliche Kraft besitzen, um den Unternehmergewinn des Verlegers und Sorti menters, den schon bei freier Konkurrenz der Bücher preis einschließt, mit aufzubringen. Wieviel weniger werden sie bei künstlicher Verteuerung dazu imstande sein« (S. 141). Sind meine Auseinandersetzungen richtig, daß M Privatindustrie imstande ist, die Schulbücher nicht teurer zu liefern als der Staat, so liegt eine Anerkennung der be haupteten Tatsache in dem Staatsbetrieb keineswegs. Da für, daß die Schulbücher möglichst billig sind, sorgt schon die Konkurrenz der Verleger unter sich, ferner die Behörde, die über die Zulassung der Bücher zu befinden hat; daß endlich der Gewinn des Sortimenters an Schulbüchern zu hoch ist — er beträgt 20 Prozent, häufig aber nur 16?/, Pro zent des Preises, — wird wohl auch Herr Bücher nicht be haupten. Da bei diesen Rabattsätzen von einem Rabatt geben an das Publikum nicht wohl die Rede sein kann, so ist auch der letzte Absatz von der »künstlichen Verteuerung« hinfällig. Ebensowenig kann die Klage über die Anforderungen, welche die Mittelschulen in betreff der Lehrmittel stellen, über die Zurückweisung älterer Auflagen, andrer Klassiker ausgaben als die von der Schule vorgeschriebenen, über den häufigen Wechsel der Lehrbücher den Buchhandel treffen: er hat sie nicht verschuldet. Aber er hat auch keinen Vorteil davon. Der Verleger läßt viel lieber Auflage nach Auf- 988
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