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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.10.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-10-08
- Erscheinungsdatum
- 08.10.1903
- Sprache
- Deutsch
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234, 8. Oktober 1903. Nichtamtlicher Teil. 7871 Hang des Werks stören« (Art. 269). Diese Artikel haben sich noch aus dem Gesetz von 1828 erhalten und stehen in entschiedenem Gegensatz zu dem allgemeinen Streben des Zensurgesetzes, das Publikum nur vor schädlichen Werken zu schützen, ohne sich darum zu bemühen, ihm Werke zu liefern, die vom Standpunkt des Ge setzgebers aus nützlich sind. Dabei fordert die geistliche Zensur, das; ihr auch Werke vorgelegt werden, wie Wundts »Seele des Menschen und der Tiere», Leckys »Geschichte des Rationalismus«, und sic kann sie verbieten wegen Unklarheit oder Mangelhaftig keit der Übersetzung. Ein ganz neues, durch die Zeitweiligen Bestimmungen von 1865 eingeführtes Prinzip ist die Teilung der Zensur in eine präventive und in eine strafende Zensur (dieser letztere Ausdruck findet sich übrigens nicht im Zensurgesetz selbst; es ist darin nur die Rede von administrativen Ahndungen gegen Publikationen, die von der Präventivzensur ausgenommen sind). Die Präventiv zensur besteht darin, daß ein Werk in der Handschrift oder (als Begünstigung, auf besondre Fürbitte) in den Korrekturbogen durchgesehen, gestattet oder verboten wird. Der Zensor, der ein gegebenes Buch prüft, kann es entweder gestatten oder dem Ver fasser und Verleger den Vorschlag machen, die darin nötig er- fcheinenden Änderungen vorzunehmen, oder es schließlich dem Zensurkomitee zum Verbot vorlegen. Gegen die Entscheidung des Zcnfurkomitees kann der Verfasser oder der Verleger bei der Hauptverwaltung in Angelegenheiten der Presse Einspruch erheben. Die Bücher und Journale, die der Präventivzensur nicht unterliegen, werden nach erfolgtem Druck an die Zensur ab geliefert, aber einige Tage vor der beabsichtigten Ausgabe (dem Erscheinen derselben). Die Zensur hat das Recht, einzelne Bücher drei Tage, Monatsjournale zwei Tage (1872 wurden diese Ter mine auf sieben und vier Tage erhöht) zu behalten und dann entweder ihre Ausgabe zu gestatten oder eine gerichtliche "Ver folgung zu veranlassen mit vorläufiger Beschlagnahme des Buchs (bis zum llrteilsspruch des Gerichts). Im Jahre 1872 wurde der Zensur das Recht überlassen, durch Vermittlung des Ministers des Innern im Ministerkomitee vorzuschlagen, daß ein Buch oder eine Journalnummer vernichtet werde, ohne eine gerichtliche Ver folgung gegen den Autor zu erheben. Sonach erweisen sich die Ausdrücke! präventive und strafende Zensur und um so mehr «Publikationen, die der Präventivzensur unterliegen oder von ihr ausgenommen sind«, tatsächlich als ungenau; die sogenannte strafende Zensur ist faktisch ebenfalls eine Präventivzenfur, denn ihr unterliegen die Bücher und Journale, wenn auch nicht vor ihrem Druck, so doch vor ihrem Erscheinen. Nichtsdestoweniger war dieser Unterschied wesentlich nach den Zeitweiligen Bestim mungen von 186b! in dem einen Falle stand das Recht des Ver bots der diskretionären Gewalt des Zensurkomitees zu, in dem andern deni Gericht, das auf Grund des Gesetzes wirkte und eine Verteidigung zuließ. Als die Novelle von 1872 neben der ge richtlichen Verfolgung die Vernichtung von Büchern durch das Zensurkomitee zuließ, und die Praxis, die gerichtliche Verfolgung der Autoren und der Bücher befeitigtc, indem sie an ihre Stelle die für die Zensur bequemere nichtöffentliche Prozedur im Minister komitee setzte, glich sich die oben erwähnte Verschiedenheit be trächtlich aus, obgleich sie auch heute noch nicht ohne Bedeutung ist. Der Unterschied läuft darauf hinaus, daß bei der Präventiv zensur der Zensor das Recht hat, dem Autor den Vorschlag zu machen, diese oder jene Stelle im Buche, ja sogar den oder jenen Ausdruck zu ändern — ein Recht, das sich praktisch in das Recht verwandelt, diese Stelle, diesen Ausdruck zu streichen —, in Bezug auf Bücher aber, die von der Präventivzensur ausgenommen sind, eine Zensurmaßregel nur möglich ist, entweder auf Grund des ganzen Buchs oder eines größern oder kleinern Teils desselben oder auch nur einiger Seiten. Die Praxis hat jedoch die Möglich keit einer Verständigung zwischen dem Autor und dem Zensur komitee in Bezug auf die Vernichtung der inkriminierten Stellen herbeigeführt, worauf die Zensur das Buch freigibt, ohne es dem Ministerkomitee vorzulegen. Aus diesem Wege hat sich ein der Präventivzensur sehr ähnliches Verhältnis ausgebildet. Von der Präventivzensur sind befreit! in den Residenzen alle Originalwerke, die mehr als zehn, und alle Übersetzungen, die niehr als zwanzig Druckbogen Umfang haben; an allen andern Orten diejenigen periodischen Publikationen, die vom Minister des Innern die Erlaubnis zum Erscheinen ohne Präventivzensur er halten haben, sowie die Publikationen der Akademien, der Uni versitäten usw. In Bezug auf die periodischen Publikationen sind außer dem Recht ihrer Beschlagnahme folgende Maßregeln vor gesehen. Zur Begründung einer periodischen Publikation ist die spezielle Erlaubnis des Ministers des Innern erforderlich, und diese wird nur auf den Namen eines bestimmten Herausgebers (Verlegers) und Redakteurs und unter Zugrundelegung eines streng begrenzten Programms gegeben, das nicht überschritten werden darf; jede Änderung des Programms, des Titels, des Subskriptionspreises, des Ortes der Herausgabe erfordert eine spezielle Bewilligung des Ministers; der Übergang der Redaktion rn andre Hände erfordert selbst beim Tode des Redakteurs eine ministerielle Bestätigung; nur die Rechte des Verlegers gingen bis 1897 dadurch über, daß die Hauptverwaltung in Angelegenheiten der Presse einfach davon benachrichtigt wurde. Das bezieht sich auf die Publikationen beider Art, der zensurpflichtigen und der zensurfreien. Von den periodischen Publikationen, die ohne Präventivzensur erscheinen, wrrd eine Geldkaution verlangt. Wegen schädlicher Tendenz können den ohne Zensur erscheinenden periodifchen Publikationen vom Minister des Innern Verwarnungen erteilt werden; nach der dritten Verwarnung wird das Journal auf sechs Monate oder ganz verboten (das letztere nur auf Be stimmung des Senats). Die Verwarnungen erfolgen unter Angabe der Artikel, die die Maßregel veranlaßt haben. Die unter Präventivzensur stehenden periodischen Publikationen können vom Minister auf acht Monate sistiert werden, jedoch ohne vorherige Verwarnung und ohne Angabe der beanstandeten Artikel. Auch eine Aufsicht über die Buchoruckereien, lithographischen Anstalten und Bibliotheken ist eingerichtet; diese Institute können nur auf dem Wege der Konzession begründet werden; jede Veränderung in der Zahl und Größe der Schnell- und Handpressen in einer Buchdruckerei erfordert die Genehmigung der entsprechenden Be hörde; die Aufsicht über diese Etablissements ist besondern Vuch- druckereiinspcktoren übertragen. Für die Überwachung der aus dem Auslande eingehenden Zeitungen ist außer der ausländischen Zensur und der Einzelzensoren noch eine besondre »Postzensur« geschaffen worden, die offiziell unter diesem Namen besteht, obgleich sie im Zensurgesetz nicht erwähnt wird. Ihre Funktionen werden von speziell dazu ernannten Postbeamten ausgeübt. Während die mit Postmarken frankierten Bücher und Zeitungen (die Kreuz bänder), auch die Pakete gewöhnlich in die allgemeine Zensur kommen, werden die ohne Marken eingehenden Zeitungen (also wohl die Postabonnements) den Postzensoren zur Durchsicht übergeben. Auf die Zeitweiligen Bestimmungen vom Jahre 1865 folgte eine lange Reihe von Verordnungen bezüglich der Zensur, die lmit sehr wenig Ausnahmen) auf eine Erweiterung der Rechte oerselben zum Nachteil der Presse gerichtet waren. Die wichtigsten von diesen Verordnungen sind: 1. 1868 wurde dem Minister des Innern das Recht gegeben, auf unbestimmte Zeit den Einzelverkauf periodischer Publikationen zu verbieten. 2. 1872 wurde zugelassen, daß der Präventivzensur nicht unterliegende Bücher vom Ministerkoinitee vernichtet werden konnten, ohne ge richtliche Verfolgung. 3. 1873 wurde dem Minister des Innern das Recht überlassen, den Zeitungen zu verbieten, gewisse Fragen von staatlicher Bedeutung während einer gewissen Zeit (aber ohne Angabe des Termins, d. i. also tatsächlich terminlos) zu berühren, wenn ihre Beurteilung als unzweckmäßig befunden wird, und die Zeitungen wegen der Übertretung dieses Verbots einer Sistierung bis zu drei Monaten zu unterwerfen. 4. 1881 wurde an Orten mit Belagerungszustand deni Generalgouverneur das Recht über lassen, Journale während der ganzen Zeit des Belagerungs zustandes zu verbieten (d. i. auf unbestimmte Zeit, da aber ein Journal, das ein Jahr lang nicht erscheint, für erloschen gilt, tat sächlich auf immer), ohne Angabe der Gründe. 5. 1882 wurde bestimmt, daß nach der zeitweiligen Sistierung einer der Präven- tivzensur nicht unterliegenden Publikation, diese verpflichtet werden kann, ihre Nummern spätestens bis 11 Uhr abends vor dem Er scheinungstag dem Zensurkomitee zur Durchsicht vorzulegen, wobei die Zensoren die Herausgabe der betreffenden Nummer fistieren können. Damit wurde ein Zwitterzustand geschaffen, der besonders lästig für die Tagesblätter in den Städten war, wo andre kon kurrierende Zeitungen ohne Präventivzensur erschienen. 5. In demselben Jahre 1882 wurde neben deni Recht, daß Journale vom Senat gänzlich verboten werden konnten, auch noch ein voll ständiges Verbot derselben zugelassen auf Anordnung einer Be ratung der Minister des Innern, des Unterrichts, der Justiz und des Oberprokurators des Heiligen Spnods. 6. 1884 wurde es dem Minister des Innern überlassen, den öffentlichen Bibliotheken zu verbieten, bestimmte Bücher zum Lesen auszugeben, wie auch die Bibliotheken nötigenfalls ganz zu schließen. 7. 1897 wurde der Übergang periodischer Publikationen von einem Herausgeber (Ver leger) auf einen andern von der Genehmigung des Ministers des Innern abhängig gemacht, wie es früher schon mit dem Übergang der Redaktion in andre Hände geschehen war. 8. 1901 wurde eine jährliche Frist für die Verjährung von Verwarnungen be stimmt. Die Verwarnung tritt nach dieser Zeit außer Kraft, und eine folgende Verwarnung hat wieder als die erste zu gelten. Letzteres ist die einzige Maßregel, die die Rechte der Presse einiger maßen (sehr wenig) erweitert hat. Vom russischen Zensurgesetz gibt es neben den offiziellen Aus gaben auch Ausgaben mit Anmerkungen und den Auslegungen des Senats von Mserianz und Schirkow. 1046*
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