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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.10.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-10-12
- Erscheinungsdatum
- 12.10.1903
- Sprache
- Deutsch
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7996 Nichtamtlicher Teil. 237, 12. Oktober 1903. auf einander angewiesen seien«, völlig bestätigten. Dieses schöne Verhältnis hat auch in Deutschland bestanden und gerade die nahe Verbindung zwischen der Gelehrtenwelt und dem Buchhändlerstand hat die Vertreter des letztem seit jeher dazu befähigt, die schweren Mühen ihres Berufs zu ertragen, im steten Verkehr mit den größten Männern der Wissenschaft die Freude an ihrem Stand und an ihrer mitunter so wenig gewinnbringenden geschäftlichen Tätigkeit zu finden. Zwischen Autor und Verleger hatte ein inniges, freundschaftliches Verhältnis bestanden und besteht meist heute noch; dasselbe gilt von dem Kunden und dem Buchhändler. Sieht doch der Kunde im Buch händler einen Ratgeber und Führer bei seinen geisti gen Arbeiten! Dieses Verhältnis soll aber nun getrübt werden, und der Schlachtruf ertönt gerade aus jener Stadt, die dem Buchhandel so vieles zu danken hat, aus der Metropole des deutschen Büchermarkts, aus Leipzig. Der Professor der Nationalökonomie an der dortigen Universität vr. Karl Bücher hat im Verlag der Firma B. G. Teubner ein Buch erscheinen lassen unter dem Titel: »Der deutsche Buchhandel und die Wissenschaft, eine Denkschrift im Auf träge des akademischen Schutzvereins«, in der er in ver letzendster Weise unsre gesamten historisch entwickelten und praktisch erprobten Institutionen angreist. Es ist geradezu unfaßlich, wie ein Volkswirt die wirtschaftliche Grundlage eines Gewerbes so verkennen konnte, wie es Professor Bücher getan hat, und es ist mit den Ansichten keiner national- ökonomischen Schule vereinbar, in den Institutionen und in der Vereinigung der deutschen Buchhändler ein Gebilde zu erblicken, das dem Publikum zum Schaden gereichen soll. Es wird von Ring und Kartell gesprochen, und Schlagworte, die an andrer Stelle und gegen jene Unternehmerverbände begründet sind, die sich bilden, um die Preise hoch zu halten oder künstlich in die Höhe zu treiben, werden hier ohne jede Berechtigung auf die Vereinigung der Buchhändler ange wendet. Die Volkswirtschaft und besonders jene Vertreter derselben, die sich mit dem in vieler Beziehung ganz eigen tümlichen Erwerbsgebiet des Buchhandels eingehend be schäftigt haben, wissen und lehren, daß gerade so, wie das Buch selbst eine Ware ganz eigentümlicher Art ist, die mit Rücksicht auf ihre Vertretbarkeit, auf ihren urheberrechtlichen Schutz, auf ihren Charakter als der Ausdruck einer geistigen Arbeit mit den übrigen Waren des geschäftlichen Verkehrs nicht verglichen werden kann, auch der zur Förderung des Geschäfts geschaffne Verband des deutschen Buchhandels nicht in dieselbe Kategorie wie die Ringe und Kartelle gestellt werden dürfe. »Fort mit dem Ladenpreis!« sollte eigentlich der Titel der Bücherschen Kampfschrift lauten, und zur Widerlegung derselben müßten alle jene Maßnahmen in allen ihren Stadien aufgezählt werden, die zur Forderung der Verleger geführt haben, daß die von ihnen festgesetzten Preise eingehalten werden müssen, damit das Publikum vor jeder ungleichmäßigen Behandlung geschützt, dem Sortimenter aber der ihm zugedachte Nutzen gesichert bleiben soll. Es entbehrt nicht der Komik, wenn man bedenkt, daß gerade in einer Zeit, wo hervorragende Kultur nationen, wie die Franzosen, die Holländer, die Engländer und die praktischen Amerikaner, immer mehr und mehr von der vorzüglichen Organisation des deutschen Buch handels sich überzeugen und dahin zu wirken beginnen, ihre Institutionen nach deutschem Muster zu reformieren — wissen wir doch, welches Interesse die Besucher aus fremden Ländern im Jahre 1901 beim internationalen Verlegerkongreß in Leipzig unfern Einrichtungen ent gegengebracht haben —, daß gerade zu einer solchen Zeit aus der Metropole des deutschen Buchhandels ein Ruf dringt, der diese Institutionen bekämpft und sie als einen Schaden für die Wissenschaft hinstellt. Die meisten von Ihnen werden die Büchersche Schrift gelesen und wahrgenommen haben, daß dieselbe von Jrrtümern strotzt und daß aus richtigen Tatsachen falsche Schlüsse gezogen werden, weil der Verfasser die Tragweite dieser Tatsachen nicht gekannt hat, weil er insbesondere vorübergehende, ungewöhnliche Er scheinungen, die von uns selbst bekämpft werden und nur als bei einem so großen Verkehr begreifliche Mißbräuche angesehen werden müssen, als regelmäßige Erscheinungen auffaßte. Es ist mir nicht bekannt geworden, daß ein Verleger sich jemals öffentlich über einen Autor ausgesprochen und dabei die mit ihm gemachten Erfahrungen auf alle Autoren angewendet und den ganzen Schriftstellerstand ver höhnt hätte, wie es Professor Bücher in seinem Buche gegen über dem Buchhandel getan hat. Daß ein Schriftsteller, indem er ein ihm bisher viel leicht ganz fremdes Gebiet bearbeitete, sich irren konnte, durch den Auftrag, der ihm geworden war, vielleicht ohne es zu wissen, seine Schrift tendenziöser färbte, als er es selbst wollte, dürfte im literarischen Leben schon öfters vor gekommen sein. Daß aber ein Geschäftsmann sich dazu hergibt, der Helfer bei einem Angriff gegen seinen eignen Stand zu werden, und dem Urheber vertrauliches Material dazu liefert, daß ferner sich ein Buchhändler findet, der eine Schmähschrift wie die Büchersche, von der er ja doch wissen mußte, daß sie geeignet sei, nicht nur den Buchhandel zn schädigen, sondern auch direkt falsche Ansichten über den selben zu verbreiten, in seinem Verlag herausgibt, ist eine Erscheinung, die noch viel peinlicher berühren muß als jene Schrift selbst. Aber nicht genug an dem, die Firma B. G. Teubner hat jene Schrift nicht nur verlegt, sondern hat es sich ganz besonders angelegen sein lassen, sie so stark als möglich zu verbreiten. Die Schrift wurde, wie mir mitgeteilt worden ist, an die Tagesblätter versendet, und die Redaktionen derselben wurden durch eine Korrespondenzkarte auf das große Interesse, das der Schrift angeblich zukomme, und auf die Bedeutung der Streitfrage zwischen Wissenschaft und Buchhandel aufmerksam gemacht, damit nur ja nicht irgendwo einsichtsvolle Leute in Ruhe der Neuordnung sich fügen! Ich glaube, daß sich mit dieser Tat die Firma B. G. Teubner in den Annalen des Buchhandels ein Denk mal gesetzt hat, das nicht leicht seinesgleichen finden dürfte. Sie haben im Börsenblatt gewiß die interessanten und trefflichen Ausführungen unsers Kollegen Prager in Berlin gelesen, und zweifellos wird auch der Börsenverein als solcher in der nächsten Zeit die Schrift Büchers zurückweisen.*) Jeder deutsche Buchhändler hat die Verpflichtung, gegen diesen Angriff auf die Ehre seines Standes Verwahrung einzulegen, und so lassen Sie auch uns heute gegen die Büchersche Schrift protestieren und trachten, auch im privaten Verkehr, wenn die Frage aufgeworfen wird, die Jrrtümer, die jener Professor der Volkswirtschaft ausgestreut hat, zu berichtigen. Die Widersprüche, die in der Begeisterung für den kauf männischen Grundsatz: »Großer Umsatz — kleiner Nutzen« und der gleichzeitigen Verurteilung des frühern Mißbrauchs, Kunden ein und desselben Geschäfts und Bibliotheken ein und derselben Stadt ungleich zu behandeln, liegen, aufzuklären, überlassen wir wohl besser andern Professoren der Volks wirtschaft. Ich glaube, daß das Urteil dieser nicht zum Ruhme Professor Büchers ausfallen wird, und konstatiere bloß, daß es ja das Hauptbestreben des Vorstandes des Börsenvereins ist, gerade diese Mißstände zu beseitigen, allerdings nicht nach dem Rezept Professor Büchers, der das kommerzielle Bindeglied zwischen Verleger und Publikum, den Sortimenter, möglichst beseitigt sehen möchte. Dieser Bericht wird beifällig zur Kenntnis genommen. *) Vgl. Börsenblatt Nr. 225 v. 28. September 1903. (Red.)
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