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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.10.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-10-15
- Erscheinungsdatum
- 15.10.1903
- Sprache
- Deutsch
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8122 Nichtamtlicher Teil. ^ 240, 15. Oktober 1903. Wendung von Gewalt droht« (S. 240). Vielmehr erklärt sie lediglich, daß, wenn dem Akademischen Schutz verein Gewalt entgegengesetzt werden sollte, dieser nötigen falls mit Gewalt zu begegnen sein werde. Daß aber die Voraussicht von Gewaltmaßregeln von seiten des Vor standes des Börsenvereins keine unrichtige war, dafür zeugt der Inhalt der »Bekanntmachung«, in welcher das den widerspenstigen Sortimentern gegenüber so oft angewendete Mittel der Sperre auch für die noch nicht einmal in Wirksamkeit getretene Organisation des Schutzvereins an gedroht wird. Es ist nicht wahr, daß die Denkschrift »einen Angriff auf den ganzen ehrenwerten Stand der Buchhändler« unternimmt (S. 239) und den deutschen Buchhandel »zertrümmern« will. Ein ganzer Stand kann nie für Mißbräuche, die einzelnen Individuen zur Last fallen, verantwortlich gemacht werden, und Versuche, eine Organisation zu reformieren, zielen doch nicht auf deren Vernichtung ab. Ebensowenig werden S. 239 sämtliche Verleger als »Ausbeuter« oder sämtliche Sortimenter und Kom missionäre S- 240 als »Parasiten« bezeichnet. Beide Ausdrücke kommen in der Denkschrift überhaupt nicht vor. Es wird auch nicht »dem Börsenverein« S. 170 der Vor wurf »demagogischer Agitation« gemacht. Dieser richtet sich vielmehr gegen eine spezielle Persönlichkeit. Es ist auch nicht richtig, daß es sich bei dem gegen wärtigen Kampfe »um die Ersparnis einiger Pfen nige Rabatts« handelt — beiläufig berechnet der erste Vorsteher des Börsenvereins diese paar Pfennige auf jährlich sechs Millionen Mark: ein Geschenk, das der Verein großmütig den Sortimentern macht aus der Tasche des Publikums. Vielmehr stehen die idealen Interessen der Nation in Frage, und es charakterisiert die Verständnis losigkeit der »Bekanntmachung« für diese, daß sie sich von dein materiellen Standpunkte nicht losreißen kann. Es wirkt doch nur wie eine Bestätigung der Behaup tungen der Denkschrift, wenn man, um sie zu entkräften, zu solchen Entstellungen seine Zuflucht nehmen muß. Wenn schließlich die »Bekanntmachung« vermißt, daß die Verdienste des Börsenvereins in der Denk schrift genügend gewürdigt werden, so war zu deren Hervorhebung um so weniger ein Bedürfnis vor handen, als vorauszusehen war, daß dies vom Vorstande in mehr als geirügender Weise geschehen werde. Und diese Voraussicht hat sich, wie die »Bekannt machung« beweist, vollständig erfüllt. Aber das wird der Vorstand doch wohl kaum selbst zu behaupten wagen, daß alle seine Maßnahmen zu billigen seien, und gerade solche »Ausschreitungen« hervorzuheben, war die Aufgabe der Denkschrift. Schließlich möchten wir, da die »Be kanntmachung« sich auch auf die Autorität des Reichs gerichts beruft, doch an die Entscheidung des I. Zivilsenats vom 25. Juni 1890 (Samml. Bd. 28, S- 238 ff.) er innern und an die noch weiter gehende Entscheidung des Leipziger Landgerichts vom 7. Mai 1892, welche die Handlungsweise des Börsenvereins als eine »rechts widrige« bezeichnet hat. Der Akademische Schutzverein wird sich durch die »Bekanntmachuug« in seinem weiteren Vorgehen keines wegs beirren lassen. Leipzig, den 6. Oktober 1903. Der gcschäftsführende Ausschuß des Akademischen Schutzvereins. vr. Adolf Wach, ord. Professor, z. Z. Rektor der Universität, vr. Emil Friedberg, ord. Professor an der Universität. vr. Karl Bücher, ord. Professor an der Universität, vr. Oskar von Gebhardt, ord. Honorar-Professor, Direktor der Universitätsbibliothek, vr. Karl Schulz, Professor und Oberbibliothekar beim Reichsgericht. Unzüchtige Schriften in wissenschaftlichem Aufputz. Dem deutschen Buchhandel ist es leider längst kein Geheimnis, daß sich seit einigen Jahren eine bedenkliche Schmutzliteratur in ihm breit macht. Dinge, die wohl erzogenen Leuten fremd zu bleiben pflegen, soweit nicht Berufspflicht oder ernstliches wissenschaftliches Studium ie ihnen näher bringt, werden unter dem Vorwand wissenschaftlicher Erörterung an die Öffentlichkeit gezogen, in immer größerer Menge erscheinen Bücher, deren äußere und innere Verkleidung einen leidlich achtbaren Eindruck macht, den schärfer Zusehenden aber nicht darüber täuschen kann, daß es sich lediglich um einen Aufputz handelt. Diesen: Treiben gegenüber haben wir mit Genugtuung die warnen den Stimmen Otto von Leixners nnd Walther Königs in der »Täglichen Rundschau« von der »schlafenden Zensur« gehört und zum Teil auch der Kenntnis der Börsenblattleser vermittelt (vgl. Nr. 131 d. Bl.). In Nr. 172 des Börsen blatts hat sich auch Herr Justus Pape mit gebührender Entrüstung über diese Erscheinung ausgesprochen. Eine Ab nahme des unschönen Handels haben wir zu unserm Be dauern nicht bemerkt. In jüngster Zeit hat der in Bayreuth verhandelte »Fall Dippold« sogar erneut dazu angeregt, Bücher der angedeuteten Gattung auf den Markt zu bringen. Unter diesen Umständen begrüßen wir einen weitern Artikel der »Täglichen Rundschau«, den wir im Morgenblatt der Nr. 477 vom 11. Oktober finden. Der mit H. R. Unter zeichnete Verfasser überschrieb ihn »Zum Prozeß Dippold« und geht den Ursachen dieser unglaublich traurigen Sache auf den Grund. Wir geben aus seinen Betrachtungen fol gendes wieder (Red.): . . . .»Wie aber ist Dippold zu seiner unmenschlichen Grausamkeit gekommen? Er wurde als ein Grausamer aus Wollust, als Sadist, schlimmer als ein Lustmörder, von den Sachverständigen bezeichnet. Das ist er zweifellos, und wenn in der Presse allgemein behauptet worden ist, solch ein Fall sei noch nicht dagewesen, so ist das irrig. Die englische Erziehungs- und Flagellantenliteratur z. B. bietet ähnliche Beispiele in leider nicht allzu beschränkter Anzahl. Neu ist nur, daß wir in Deutschland ähnliches erleben, und da behaupte ich, daß der Fall Dippold ein erschreckendes Zeichen des durch eine freche, ungehindert sich ausbreitende Schundliteratur geförderten Niedergangs der sexuellen Sitten ist. Otto v. Leixner hat in der »Täglichen Rundschau« zu wiederholten Malen darauf hingewiesen, daß in den Schaufenstern unsrer Buchhandlungen die porno graphischen, wenn auch wissenschaftlich aufgeputzten Werke alle andre Literatur verdrängen, und er hätte hinzusetzen können, daß die sadistische und masochistische Literatur, die Flagellantenliteratur hierbei den breitesten Raum ein nimmt. Man mache doch nur einen Gang durch die Friedrich straße in Berlin, oder besehe auch nur die Schaufenster der Buchhandlungen kleinerer Städte — sieht es nicht aus, als ob das deutsche Volk für nichts mehr Sinn hätte als für Pornographie? Es ist schändlich, sagte mir jüngst ein Buchhändler der Friedrichstraße, ich würfe das Zeug lieber ins Feuer; aber es ist der einzige Artikel, der geht. Vor einigen Jahren war es nur eine Buchhandlung, die sich mit derartigen überteuerten Werken ein Vermögen erwarb, heute produzieren schon vier oder fünf deutsche Buchhandlungen
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