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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.10.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-10-15
- Erscheinungsdatum
- 15.10.1903
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- Deutsch
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^ 240, 15. Oktober 1903. Nichtamtlicher Teil. 8123 nur solche Schandbücher, und daß sie gekauft werden, daß der Sinn für diese Perversität vorhanden ist, beweist eben die Tatsache, daß die Buchhändler ihre Schaufenster mit ihnen beschmutzen. In einer mitteldeutschen Provinzial stadt fand ich jüngst unter den 30 ausgestellten Büchern 12 pornographische, und diese am Ehrenplätze. Wenn das Gift sich schon in Mittelstädten so eingefressen hat, darf man sich über Berlin nicht wundern, wo es Buch handlungen gibt, die, nach ihrer Auslage zu schließen, nur solches Giftzeug verschleißen, und wo halbwüchsige Bengels mit lüsternen Augen die ausgestellten Titelbilder besehen, die irgend einen Akt der Grausamkeit darstellen. Zeigt sich aber der Sinn für eine derartige Perversität, die eine tiefe Entartung der gesunden Sinnlichkeit darstellt, so wach im Volke, wie es die Buchhändler auf Grund ihrer geschäftlichen Erfahrungen bekunden, so ist nicht nur etwas, sondern vieles faul im Volke, und der Gesetzgeber hat auf Abhilfe zu denken. Zurzeit ist die Polizei, trotz dem sie den tiefen Schaden, wie wir wissen, ganz genau kennt, ohnmächtig, noch viel ohnmächtiger als gegen das mit diesem Übel zusammenhängende Masseusenunwesen. -Hier muß Wandel geschafft werden; denn das Gift, das heute unter hundert Etiketten in das Volk ge schmuggelt wird, schafft einen Fäulnisprozeß, von dem der Prozeß Dippold nur eine Erscheinung ist, der aber, wenn ihm nicht Einhalt getan wird, unser Volk zerfrißt. Man rede nicht von Schwarzmalerei, sondern beobachte nur vorurteilslos die Erscheinungen, die z. B. das Berliner Leben bietet, man frage nur die Polizei der Großstädte, und man wird finden, daß hier eine Pestbeule eitert, an der mit Achselzucken vorüberzugehen, zwar bequem, aber pflichtwidrig ist. Derartige Dinge in der Öffentlichkeit zu besprechen, ist schwer, weil man nicht in allen Punkten offen und verständlich reden darf und fürchten muß, das Übel durch Hinweis zu vergrößern, statt zu lindern: aber die Verhältnisse sind derart ungesund, die buchhändlerische Spekulation eine so maßlos freche und gewissenlose geworden, daß ihre Festnagelung eine unabweisbare publizistische Pflicht geworden ist. Dippold hat sich in vierstündiger Rede über seinen Bildungsgang ausgelassen; hätte man ihn gefragt, durch welche Lektüre er zur Bestie herabgesunken ist, so hätte er antworten müssen, daß seine schlechten Instinkte durch die bei uns erlaubte offene und zügellose Verführung und Anreizung herausgefordert und zur vollen Bestialität herabgedrückt worden sind. Die Isx Heinze ist seinerzeit abgelehnt worden, in der Haupt sache, weil sie reine Kunst und freie Forschung nicht von Pornographie und Geschäftsgier zu trennen wußte; aber das Thema ist damit nicht abgetan. Der Reichstag hat sogar die Pflicht, sich nochmals an diese Aufgabe im Interesse der Volksgesundheit heranzumachen; vielleicht ge lingt ihm diesmal ihre Lösung besser, wenn die Parteien alle Parteirücksichten vor der Volksnot vergessen und namentlich das Zentrum darauf verzichtet, dem Gesetz seinen Fraktionsstempel aufzudrücken und mit ihm Neben zwecke zu verfolgen, die die andern Parteien zur Abwehr auf die Schanzen rufen müssen. H. R. Gesamt-Überblick über die Vorgänge aus urheberrechtlichem Gebiete (1902 und 1903). Von Professor Ernst Röthlisbergcr (Bern). Mit Ausnahme des Beitritts Dänemarks zur Berner Union, dem die Vereinheitlichung der dänischen Gesetzgebung vorherging, hat sich auf unserm Gebiete kein allzu sehr hervorragendes Ereignis abgespielt, seitdem wir an dieser Stelle die Bewegung zugunsten einer allgemeinern Anerken nung der geistigen Arbeit und zugunsten von Schutzmaß regeln für ihre rechtmäßige Verwertung haben Revue passieren lassen (siehe Börsenblatt 1902, Nr. 10, 12 und 14). Mehrere einen Fortschritt versprechende Vorgänge be finden sich erst im Stadium der Vorbereitung. Die Organi sation der Autoren zu wirksamerer Verteidigung ihrer Rechte hat in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien einige Erfolge erzielt. Die Vereinigungen der Verleger haben ihre Tätigkeit mehr auf interne Angelegenheiten gerichtet. Die internationale Preßvereinigung hat seit dem Berner Kongreß vom Juli 1902 der Ruhe gepflegt. In den wissen schaftlichen Arbeiten machten sich wenige klar hervortretende Strömungen geltend. In Deutschland wurde die Frage des Photographieschutzes von mehrern Schriftstellern gründlicher behandelt und das sogenannte Recht am eignen Bilde oder, allgemeiner gesprochen, das Recht auf Schutz der Persönlich keit genauer geprüft; in Frankreich beschäftigte die dem Urheberrecht in der ehelichen Gemeinschaft eingeräumte Stel lung einigermaßen die Vertreter des Fachs. Trotz dieser scheinbaren Armut an bemerkenswerten Ereignissen aber treffen wir auf eine ganze Anzahl von Tatsachen, die allge meines und wirkliches Interesse beanspruchen. Verbsndsländer. Belgien. Die Proteste gegen das von den Agenten der Pariser Tantieme-Gesellschaft (Looists äss Lutsnrs, oowpositsars si säi- tenrs äs masiqas) angewendete System des Bezugs von Gebühren für musikalische Aufführungen sind in diesem Lande nicht nur nicht verstummt, sondern noch lauter geworden. Der erste Kongreß der Vereinigung der belgischen Gesangvereine, der im August 1902 in Brüssel abgehalten wurde, hat seinen Ausschuß beauftragt, die energischsten Maßregeln bei den ge setzgebenden Behörden zu ergreifen; andre Verbände haben sich diesem Vorgehen angeschlossen und ebenfalls die Revision des Gesetzes von 1886 verlangt, und zwar lauten die Postulats dahin: Jede ohne irgendwelche geivinnsüchtige Ab sicht veranstaltete musikalische Aufführung wäre gänzlich frei zu geben, selbst wenn zur Deckung der Kosten oder zur Er reichung eines wohltätigen Zweckes dabei ein Eintrittsgeld erhoben würde; für die übrigen Aufführungen wäre eine Maximalgebühr von 2 Prozent der Brutto-Einnahme, die auf die einzelnen Stücke und zwar nach Maßgabe ihrer Auf führungsdauer zu verteilen wäre, vorgesehen; jedes tantieme pflichtige veröffentlichte Werk wäre zu hinterlegen und im »Nonitsnr oküoiel« bekannt zu geben; ferner hätten alle herausgekommenen Exemplare einen Vermerk mit dem Vor behalt irgendwelcher besonderen Rechte zu tragen. In einem ausführlichen Bericht ist die Prüfungskom mission für Eingaben an das Parlament auf diese Aus stellungen eingetreten (^nvalos p-rrlsinsntsirss, 1902—1903, S- 851 u. folg.) und hat von der Regierung eine dahinzielende Reform verlangt. Es muß allerdings bemerkt werden, daß die Looists äss antenrs, säitsurs et eowpositsni-s äs nmsiqns, gegen die diese Eingaben gerichtet sind, selbst nunmehr zu gibt, daß in Belgien unnütze Plackereien, die ihre Rechte geradezu aufs Spiel setzen mußten, veriibt worden sind, nnd sie hat das System des Tantieme-Bezugs in Belgien einer- gründlichen Umgestaltung unterworfen. Deshalb sieht denn auch der bekannte Kommentator des belgischen Gesetzes, Herr Wauwermans, der die Rechte der Komponisten sehr geschickt und tapfer verteidigt hat, mit großem Vertrauen in die Zu kunft und hält eine reaktionäre Durchsicht des so fortschritt- 1079*
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