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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.11.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-11-06
- Erscheinungsdatum
- 06.11.1903
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- Deutsch
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8954 Nichtamtlicher Teil. ^ 258, 6, November 1903. rechtigt, vom Verleger eine andre Provision für seine Tätigkeit zu verlangen, als wer nur ihm zukommende Bestellungen vermittelt, und tatsächlich wird diese Extra- Provision auch (von wenigen Ausnahmen meist ver altender Verleger abgesehen) gern und freudig gegeben. Durch sie dürfte meinen Beobachtungen zufolge der Brutto-Verdienst sich bei Umsätzen wie dem genannten auf zirka 30 bis 31 Prozent stellen, im Höchstfälle — aber nur wo die wissen schaftliche Literatur ganz hinter den Vertrieb von Konkurrenz werken zurücktritt — sollen sich sogar 33(4 Prozent Brutto- Gewinn ergeben haben. Man braucht diese Summe nur mit den genannten 18 Prozent Spesen zusammenzustellen, und die Irrationalität eines Kundenrabatts von 10 Prozent, ja auch von 5 Prozent dürfte auch Ihnen, Herr Geheimrat, sofort in die Augen springen, selbst wenn man Verluste an Außenständen (nach meinen Erfahrungen zirka '/, bis Z/i Prozent des Umsatzes), an Lagerbeständen (ganz unregel mäßig auftretende Summen) und Zinsen noch so bescheiden ansetzt. Selbst für den ja gewiß mit Spesen etwas geringer — ich schätze zirka 3 Prozent — belasteten Leipziger Platz möchte ich die Behauptung von einem -gesunden- Rabatt von 10 Prozent für völlig irrig ansehen, zumal solange dieselbe nur — wie der Fall zu sein scheint — von einem Verleger, und nicht von einem reinen Sortimenter (ohne Antiquariat) ausgeht. Mit der oben den Gesamtspesen entnommenen Kosten summe für die Kommissionäre waren wir bei einem der beiden Hauptvorwürfe angelangt, die dem heutigen Sorti ments-Betriebe gemacht zu werden pflegen, daß er zu teuer arbeite; der Nachweis, daß ohne diese ziemlich bescheidene Summe sich noch höhere Kosten ergeben würden, der Hin weis auf ähnliche Unkostenhöhen auch bei den umfangreichsten Betrieben andrer Branchen dürfte die voreiligen Ankläger doch wohl etwas nachdenklich stimmen. Auch der andre Vorwurf, den der Buchhandel mit un endlich vielen kaufmännischen Betrieben teilen muß, und den auch ich und mit mir viele Kollegen nicht als unberechtigt zu bezeichnen vermögen, der Vorwurf einer starken Über füllung des Fachs, leitet uns aufs neue zwanglos zum Ausgangspunkt der ganzen den Körper des Buchhandels heute durchbebenden Bewegung hinüber, zur Frage des Kundenrabatts. Zunächst ist diese Überfüllung tatsächlich unzweifelhaft gerade infolge der statistischen Ziffern, infolge einer gewissen berauschend wirkenden rage äs nombrss erheblich überschätzt worden: dem Kundigen, der wachen Auges die letzten zwanzig Jahre miterlebt hat, ist es nicht zweifelhaft, daß vielfach weniger eine Vermehrung als eine Verschiebung in der Bezeichnung der Betriebe stattgefunden hat. Hunderte, vielleicht Tausend von Gemischtwarenhändlern, kleinen Druckern, Papierhändlern, Buchbindern rc., die Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre noch Wiederverkäufer benachbarter Provinzialfirmen waren, figurieren infolge der menschenfreundlichen Tätigkeit der Herren Buchbinder- Kommissionäre heute als Buchhändler, ohne darum ein größeres Wirkungsfeld als ehedem zu besitzen. Ihre Zahl mag wohl hier und dort drückend empfunden werden, für das große Sortiment kommen sie, da sie fast nur Schul bücher und Popularia führen, als Konkurrenten nur selten in Betracht. Schwerer wiegt eine andre Grüppe. Als in den siebziger und Anfang der achtziger Jahre noch keine feste Norm für den Kundenrabatt geschaffen war, auch der all gemeine wirtschaftliche Aufschwung ermutigend wirkte, tauchten überall eine Menge Kollegen auf, die sich sagten: »bei dem Umstande, daß doch nominell ein Ladenpreis festgesetzt ist, in der Praxis aber nicht gehalten zu werden braucht, mache ich sicherlich ein schönes Geschäft dadurch, daß ich stets um etwas niedriger liefere als die Konkurrenz und so die Kundschaft an mich reiße.-*) Viele von ihnen sind inzwischen an Blutleere verblichen; wenige, wie Mager L Müller, haben durch den Umstand, daß sie daneben auch ganz eminent tüchtige Buchhändler waren, im übrigen aber ihr Sortiment im wesentlichen nur als Reklame für ihr glänzend geführtes Antiquariat benutzten,**) sich zu besonderer Geltung auf zuschwingen gewußt, ohne sich darum schließlich einer ver ständigen Rabattregelung zu verschließen, die Mehrzahl, vor allem an den beiden Zentralpunkten des Buchhandels, fristet heute verbittert ein Scheindasein, hat zur Überfüllung des Buch handels beigetragen und erschwert den Mitarbeitern die Existenz. Täuscht mich aber nicht Alles, was ich in 20 Jahren buchhändle rischer Tätigkeit an erster Stelle habe beobachten können, so hat seit Jahren eine andere Bewegung eingesetzt: mehr und mehr beginnt sich das Geschäft, wenigstens an den großen Orten zu konzentrieren in der Hand weniger mit Kapital und Kenntnissen besonders ausgestatteter Firmen. Wenige Großstädte gibt es noch, die nicht eine pädagogische oder medizinische Buchhandlung von besonderem Umfange besitzen, wenige auch, die nicht einige qroße allgemeine Sortimente von besonderer Potenz kennen: ihnen allen hat aber erst die seit 1887 sich allmählich vollziehende Konsolidierung und Be schränkung des mörderischen Kundenrabatts die nötige Lebenskraft und Lebenssicherung gebracht. Und wenn schon heute — abgesehen vielleicht von Berlin und Leipzig, die unter etwas veränderten Verhältnissen arbeiten, — in allen Großstädten die absolute Vermehrung des Sortiments zum Stillstand gekommen, relativ sogar hier und dort, wie z. B. in Hamburg, eine Verminderung erfahren hat, .so wird diese Bewegung, sich selbst überlassen, binnen wenigen Jahrzehnten da hin geführt haben, daß die großen mit Kapital, Warenkenntnis, literarischem und kaufmännischem Verständnis geführten Unternehmungen das Terrain in ihrem Arbeitsgebiete zum größten Teil für sich gewonnen und die gar zu kleinen Be triebe aufgesogen haben werden. Parallel damit dürste den heutigen Erfahrungen zufolge eine stets weiter und weiter greifende Verständigung mit den großen Verlagsfirmen ein- treten, auch in bezug auf den Verlegerrabatt, eine Verstän digung, die dem Verleger auch einen sichereren Blick für die Absatzmöglichkeit eingereichter Manuskripte gewährt, indirekt also auch den Produzenten zu statten kommt. Fällt dieser Entwicklung aber eine Institution wie der geplante Schutzverein in den Arm,***) der den leicht erreich baren und mühelosen Absatz der notwendigsten wissen schaftlichen Literatur dem Sortimenter entreißt, ohne darum *) »Natürlich kann der Herr wieder um 5 H billiger liefern I- pflegte ein ehemaliger hochgestellter Bibliotheksbeamter in Breslau von solchen Geschäftsleuten zu sagen. **) Hiermit erledigt sich die Ihnen, Herr Geheimrat, auf getischte Mär von den Berliner Buchhändlern, die bei 15 bis 20 Prozent Kundenrabatt glänzende Geschäfte machten! ***) Ihr Spezialkollege Herr Professor Karl Lamprecht hat in seinem vor wenig Monateki erschienenen Buche -Zur jüngsten deutschen Vergangenheit- Band II, 1, Seite 469, die heute im Gange befindliche wirtschaftliche Entwickelung so zu schildern versucht: -Die freie Konkurrenz trägt in ihrer Unersättlich keit das Element der Antinomie, durch das sie ver nichtet wird. ES ist eine Konkurrenz von jener Willkür, die schließlich alle scheuen lernen; und sie wird abge löst durch eine Konkurrenz von jener Freiheit, die sich selbst begrenzt, von einer gesetzmäßigen Gebundenheit.« Diese Worte, sowie auch die nächsten Zeilen, lesen sich, als seien sie auf die Entwickelung des Buchhandels in den letzten 20—30 Jahren gemünzt, und sind es doch ganz gewißlich nicht. Immerhin müßte der Buchhandel, an Herrn Professor Lamprechts Worten gemessen, beinahe die fortgeschrittenste Entwickelung durch gemacht haben, nach Ihren Worten stehen wir noch im Mittel- alter. Wer hat nun recht?
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