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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.11.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-11-12
- Erscheinungsdatum
- 12.11.1903
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19031112
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263, 12. November 1903. Nichtamtlicher Teil. 9213 Ära der Umbildung sämtlicher Staats- und Bildungsverhältnisse in Japan ihren Anfang nahm. Dieses Blatt wurde in Hongkong gedruckt und gelangte auf Schmuggelwegen nach Aokohama, von wo aus es im geheimen über das ganze Land verbreitet wurde, ohne daß es jedoch sonderlich viel Einfluß gewonnen hätte. Es mußte, wie auch eine Anzahl späterer Unternehmungen, an der Jdolenz der großen Masse des Publikums scheitern, dessen Neuig keitsbedürfnis durch Erzählungen von Mund zu Mund, die das Land im Flug durcheilten, gestillt wurde. Als Vorläufer des Zeitungswesens in Japan kann man auch die Institution der I^omi-Ouri betrachten. Arme Teufel durchzogen an bestimmten Tagen die Straßen der Städte, nahmen an belebten Punkten Aufstellung und ließen die Ereignisse der Woche Revue passieren. Die Kunde von unerhörten Diebstählen, Selbstmorden aus verschmähter Liebe, Meuchelmorden, allerhand Unfällen und ähnlichen Vorkommnissen des täglichen Lebens war der Inhalt dieser gesprochenen Zeitung. Einer der größten Zeitungen in Tokio ist der Titel lomi-Ouri erhalten geblieben. Die Zulassung der Fremden und der Abschluß von Handels verträgen, durch die Japan der westländischen Kultur erschlossen wurde, führten auch zur Gründung der ersten, in Japan selbst her- gestellten Zeitung, die von drei hervorragenden Literaten 1804 ins Leben gerufen wurde, aber samt ihren Nachfolgern bei der Re volution des Jahres 1868 ein jähes Ende fand. Der eigentliche Journalismus in Japan datiert vom Jahre 1871. Der resormfreundliche Prinz Kido begann 1871 die Revue 8bimdun-2asoüi herauszugeben, der bald weitere Unternehmungen folgten. Der große Anklang, den dieses" Blatt fand, zeigte, daß jetzt die Bedingungen für das Entstehen einer nationalen japani schen Presse vorhanden waren. Das Blatt des Prinzen Kido war bald der Sammelpunkt der geistigen Elite des Landes. Im Jahr 1878 zählte man in Japan bereits 270 Zeitungen und Zeitschriften. Jetzt, nachdem kaum 30 Jahre verflossen sind, bestehen in Japan über 300 Tageszeitungen, denen die fünffache Anzahl Zeitschriften aller Art gegenübcrsteht. In Tokio erscheinen allein 20 bedeutende Tageszeitungen. Die Gesamtzahl der periodischen Publikationen ist auf ungefähr 2000 zu veran schlagen, eine im Hinblick auf die 46 Millionen Einwohner des Landes ungemein große Zahl, die ein beredtes Beispiel für die Leselust dieses jüngsten Kulturvolkes bildet. Mehr als 100 Millio nen Zeitungs- und Zeitschriftcn-Exemplare werden jedes Jahr in Japan verbreitet. Aus der großen Zahl der japanischen Blätter seien die folgen den kurz charakterisiert: Ijiji-8bimbö, gegründet von dem berühmten Fokuzawa, redi giert von den Mitgliedern seiner freien Universität; iSirzw-biisbi-IBsbi, offiziös, Organ des Marquis Jto. Loüoumiv-8bimbun (der Nationale), unabhängig, redigiert von loüoutomi lobiro, eines der verbreitetsten und vorzüglichsten Blätter; » lMwn-8biwduv (der Japaner), ultra-konservativ gefärbt; Naivioüi (der Tag), fortschrittlich; liwwiv (das Volk), liberal; ^omiuri-8bimbuv (der öffentliche Ausrufer), unabhängig, steht der radikalen Partei nahe, litterarisch; Vorc,2u-6bübü (die 10 000 Neuigkeiten der Hauptstadt), unab hängig. schonungsloser Kritiker der öffentlichen Zustände, bringt jedoch auch viel Klatsch. Lieblingsblatt der kleinen Leute. Jeder Beamte muß den Regierungsanzeiger »Lvamxo» halten. Aus dieser Zusammenstellung läßt sich erkennen, wie wenig abweichend Haltung und Richtung der japanischen Blätter gegen über den europäischen sind. Außer den bereits genannten Blättern verdienen noch Er wähnung der Obcmö, der Uoobi, der Ui^aüo (die Hauptstadt) und der Bamako. Letztere beiden werden mit Vorliebe von den Geishas gelesen. Endlich wären noch die laxon Mmes zu nennen, die sich durch einen gutorganisierten Nachrichtendienst aus allen Gegenden der Welt auszeichnet. Die laxem limss erscheint in englischer Sprache. Die Zeitschriften, deren Zahl nicht genau zu schätzen ist und, wie schon erwähnt, 1500 übersteigt, erstrecken sich über die ver schiedensten Gebiete. Am einflußreichsten sind die großen Revuen, von denen 1'aizw (die Sonne) die größte und bedeutendste ist. Zu ihren Mitarbeitern zählt sie fast alle Japaner von Ruf. Gründer dieser Zeitschrift ist das berühmte Verlagshaus Hakoubounkan. Die Auflage des Blattes betrug zeitweilig 80 000 Exemplare. Auch jetzt hat es noch eine große Verbreitung. Die Zeitschriften wirtschafts- und sozialpolitischer Richtung sind durchschnittlich ebenfalls gut geleitet. Weniger wertvoll sind die Zeitschriften, die philosophische, religiöse und geschichtliche Fragen behandeln. In ihnen herrscht ein seichter Ton. Das Organ der Frauen ist Ovva vo tomo; die Interessen der Arbeiter finden Vertretung im RüäS-Zsüai. Handel, Industrie Sörienblatt iür den deutschen Buchhandel. 70, Jahrgana und Handwerk haben ebenso wie Ackerbau und Wissenschaft aut redigierte Fachblätter. Am zahlreichsten vertreten sind die Unterhaltungszeitschriften, deren Bedeutung natürlich sehr verschiedenartig ist. Am minder wertigsten sind in Japan die allerdings wenig zahlreichen Zeit schriften, die Illustrationen bringen, besonders auch die Kunstzeit schristen. Was die japanischen Zeitschriften an Illustrationen bringen, sind meist sehr fragwürdige Nachbildungen von Photo graphien zeitgenössischer Berühmtheiten, Landschaften usw. Diese Abbildungen, die nach unfern Begriffen sehr viel zu wünschen übrig lassen, sind nicht etwa im Text verteilt, sondern stehen an der Spitze des Blattes. Zahlreich vertreten sind auch die Witzblätter. Das beliebteste ist Narn Na,rn-8üimduv, dessen Spalten namentlich der politischen Satire gewidmet sind. Auch in den größer» Tageszeitungen findet man öfters humoristische Zeichnungen, vielfach auch andre Illustrationen. Fast alle Zeitungen haben ein Feuilleton nach europäischem Muster. Heirats- und Geburtsanzeigen usw. sind in den japa nischen Zeitungen nicht üblich. In letzter Zeit macht sich der amerikanische Einfluß in Ton und Inhalt der meisten Blätter kenntlich. Auch ihr Umfang nimmt beständig zu. Der billige Preis von 3 bis 6 Pfennig nach unsrer Münze unterstützt die all gemeine Verbreitung der Blätter. Sämtliche Blätter erscheinen am Morgen. Drei Blätter haben eine Auflage über 100000; die übrigen zählen 20—50 000 Abnehmer. Im Prinzip herrscht in Japan Preßfreiheit, doch sorgt ein die Presse betreffendes Gesetz dafür, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Der Majestätsbelcidigungs - Paragraph fehlt nicht. Es ist dazu jedoch zu bemerken, daß Verfehlungen dagegen kaum Vorkommen dürften, da der Mikado den meisten Japanern noch als Halbgott gilt. Die gewöhnlichen Strafen wegen Preß- vergehens sind Geldbußen von 80 bis 1200 oder Gefängnis strafe von einem Monat bis zu zwei Jahren. Je nach der Schwere des Vergehens, namentlich im Wiederholungsfälle, kann auch auf zeitweilige oder gänzliche Unterdrückung und Be schlagnahme der Einrichtung des Blattes erkannt werden. Die japanischen Journalisten haben eine hohe Meinung von ihrer Mission. In einem Buche, das in Japan viel Aussehen erregt hat, wird diese treffend mit einem Priesteramt verglichen. Sic sind überzeugt von ihrer Aufgabe, Führer des Volks zu sein, und sic suchen diese dominierende Stellung namentlich durch eine gründliche Berufsbildung zu befestigen. Der Gedanke einer Journalistenhochschule, der in der Schweiz und Deutschland zum erstenmal zur praktischen Ausführung gekommen ist, steht seit einer Reihe von Jahren auch in Japan zur Diskussion. Die Mehrzahl der japanischen Journalisten hat eine erweiterte Fach bildung allerdings auch nötig, denn sie sind, namentlich in unter geordneten Stellungen, meist gescheiterte Existenzen, verbummelte Studenten, entlassene Beamte u. a. m. Äußerst gering ist die Bezahlung der Redakteure. Das Durch schnittsgehalt der Chefredakteure der größer» Bljjttcr, größtenteils angesehener Politiker oder Gelehrter von Ruf, beträgt nach unserm Gelde 175 bis 210 ^7, die Ressortredakteure erhalten entsprechend weniger. Am schlechtesten gestellt sind die Bericht erstatter. In der Druckerei herrscht der Metteur, dem zahlreiche Knaben zur Seite stehen. Diese haben die Buchstaben aus den Fächern, deren Zahl (da sich die Japaner der chinesischen Schristzeichen be dienen) etwa 10000 beträgt, herbeizuholen. Unsere Mitteilungen über die japanische Presse würden der Vollständigkeit entbehren, wenn wir die beiden deutschen Zeit schriften, die in Japan erscheinen, nämlich die -Mitteilungen der deutschen Gesellschaft für Natur und Völkerkunde Asiens- und »Von Ost nach West« (letztere mit dem Zweck der Förderung der deutschen Sprache in Japan) unerwähnt ließen. Die japanische Presse hat sich große Verdienste um die Ver breitung europäischer Kultur erworben. Sie hat u. a. auch viel für die Besserung des Loses der Frauen getan und für die Ab schaffung der Vielweiberei gesorgt. Konkurs Veyhelmann in Lahr. — Das Konkursverfahren ist nach Abhaltung des Schlußtermins aufgehoben. (Vergl. die gerichtliche Bekanntmachung auf Seite 9215 d. Bl.) »Nova«, Literarische Vereinigung junger Buch händler in Leipzig. — Die Vereinigung veranstaltete am Sonn abend den 7. d. M. in ihrem Vereinslokal «Keglerheim«, Nordstr. 17, ihren zweiten literarischen Unterhaltungsabend. Unter anregenden gemeinsamen Gesängen und verschiedenen Rezitationen ernsten und heitern Inhalts wurde der sehr stark besuchte Abend zu einem höchst angenehmen, von dem sich die Anwesenden erst nach Mitter nacht trennten. N. 8. 1221
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