Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.04.1900
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1900-04-09
- Erscheinungsdatum
- 09.04.1900
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19000409
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190004093
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19000409
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1900
- Monat1900-04
- Tag1900-04-09
- Monat1900-04
- Jahr1900
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
82, 9. April 1900. Nichtamtlicher Teil. 2797 Nichtamtlicher Teil Impressionismus, Freilichtmalerei und Symbolismus. Vortrag, im Berliner Wissenschaftlichen Kunstverein gehalten von Eduard Quaas. (Schluß aus Nr. 81.) Die bisher besprochenen beiden Richtungen »Impressio nismus« und »Freilichtmalerei« hatten ihren Schwerpunkt in dem Streben, allen äußeren Erscheinungen entweder eine bezüglich des Lichtes und der Farbe auffallende Seite ab zugewinnen, oder die Gegenstände von einer ruhigen, nüchter nen Tageshelle umfließen zu lassen. Eigene Formen schöpfungen traten bei diesem Verhaftetbleiben an Farben problemen nur selten auf. Die Folge dieser Einseitigkeit war eine Gegenwirkung anderer im Hintergründe müßiger Seelenkräfte. Schon anfangs der siebziger Jahre tritt eine Art von Idealismus zur Erscheinung, — nicht dem körperlich Schönen an sich zugewendet, wie in den Zeiten der Renaissance und im Altertum, sondern Gebilden der Phantasie, einzeln oder in Gruppen, denen eine tiefere seelische Bedeutung inne wohnen soll, die dazu bestimmt sind, Ahnungen von Un- körperlich-Wesenhaftem zu erregen, Prophezeiungen durch Zeichen, Farbe, Licht und Schatten auszusprechen, selbst das düstere unheimliche »Rätsel des Lebens« im Bilde zu ver ewigen. Vereinzelt zeigen sich solche Stimmungen in jeder Kunstepoche (in England schon im 18. Jahrhundert bei William Blake). Werden ihre Themata aber in Genossen schaften zu besonderen Aufgaben für die Kunst erhoben, so mußte daraus die dritte, hier noch zu besprechende Richtung entstehen: der Symbolismus. Für die Malerei treten schon im Zeitalter der Re naissance Symbole und Allegorieen größeren und ge ringeren Umfanges auf: in den Stanzen bei den Fresken Rafaels, in der Sixtina bei denen Michel-Angelo's, im Ve- netianischen Dvgenpalast bei Tizian, P. Veronese und Tinto- retto, ferner bei den Chorführern der Schule von Bologna, endlich bei Rubens und seiner Schule. Damals hatten denkende Künstler in den Humanisten und den feingebildeten Männern der klerikalen Aristokratie treffliche Berater. Selten schuf man Bilder, wie Tizians »irdische und himmlische Liebe«, die von jeglicher Beziehung auf örtliche Zwecke los gelöst dastehen. Die meisten Allegorieen und Symbole waren für den Platz gedacht, auf dem sie, zwischen biblischen oder historischen Kompositionen größeren Stiles, die Jdeen- verbindung herstellten, oder, wenn sie isoliert auftraten, das Verständnis für die Bedeutung des Ortes selbst einleiteten. Der heutige Symbolismus ist dieser Klarheit des Zieles fern; er verdient seine mißtrauenerregende Wort endung in vollem Maße. Seine Entstehung reicht in die vierziger und fünfziger Jahre des abschließenden Jahrhunderts zurück. Schon damals wandte sich die englische Gentry, namentlich der frühere Direktor der Londoner Nationalgalerie, Eastlake, mit Vorliebe dem Ankäufe der italienischen Quattro centisten (Filippo Lippi und dessen Sohn Filippino Lippi, wie dessen Neffen Sandro Botticelli, Cosimo Roselli, Pier de Cosimo u. a.) zu. Auch wir verdanken dem gleichen Jdeen- gange unseres kunstliebenden Friedrich Wilhelm IV. die glanzvolle Vertretung gerade dieser Epoche in unserem Ber liner Museum. Auf uns Deutsche blieben diese Früh schöpfungen damals ohne besondere Wirkung! In England aber wurde die Stimmungseinfalt und das Unpersönliche Sieben,,»bseL-inster Iabrqan». der oft symbolisch hervortretenden Botticellifiguren für die junge Künstlerwelt so gefangennehmend, daß sie ihre Ideale in ähnliche Formen und Stimmungen einkleidete. Trat hierzu noch die Landschaft als Umgebung, so glaubten die Rossetti, Burne Jones u. A. ihre realistischeren, doch sehr vollwichtigen Vorgänger, wie Calcott, Gainsborough, Constable, Mai land rc. rc., weit überflügelt zu haben. Ein weiteres halbes Jahrhundert wird diese in England und Frankreich im Augenblick überhochgehaltenen Schöpfungen auf ihren wahren Wert zurückführen und die Erfahrung bestätigen, daß jeder archaistischen Wiedergeburt die Blässe des Gedankens anhastet, der Duft des Naiven aber fehlt, der aus dem Erzeugnis der Zeit und eines werdenden Volkes uns anweht. Auch in Frankreich fing schon in den achtziger Jahren der Hang nach dem Symbolischen in der Kunst an, seine Kreise zu ziehen. Nur waren hier, im Lande des heiligen Gral, der Wässer von Lourdes, die Unterlagen andere, als in dem nüchternen England, dessen Kunstinteresse mehr in sentimentalen Figurenbildungen nach der biblischen wie arkadischen Seite hin verfangen blieb. In Frankreich stellte man der mythologischen Götterkomik Offenbachs und der Balletfigur die »Mystik des Rosenkreuzes« entgegen. In einem Cafs des Quai St. Blichel aus einer Gesellschaft neuropathischer Träumer Mitte der achtziger Jahre entstanden, war die französische Symbolistengruppe anfangs der neunziger Jahre doch schon so erstarkt, daß am 10. März 1892 beim Kunsthändler Durand-Rusl eine Ausstellung symbolischer Bilder eröffnet werden konnte, die, wie berichtet wird, bei hohem Eintrittspreise in zwei bis drei Tagen etwa 10 000 Besucher zählte. Josefin SLr Pelladan, als Chorführer der Partei, hatte sie mit einem mystischen Aufrufe eingeleitet. Bemerkenswerte litterarische und künstlerische Erscheinungen waren dieser Ausstellung vorausgegangen. An die Stelle des Zolaschen Verismus waren die mystisch-phantastischen Romangebilde eines Baudelaire, Verlaine, Edouard Rod, Paul Adam, CH. Morice, Stephane Mallarms u. a. getreten. Der letzte dieser Gruppe ist I. K. Huysmans, der in seinem Roman »V Ksbours« (Gegen den Strich) die mystischen Be dürfnisse der überfeinerten Gesellschaft schildert. In der Kunst war es Gustave Moreau (geb. 1826), der in seinen Hallu- cinationen uns seine, auf fabelhaften Tieren sich fort bewegenden Märchengestalten, seine krankhaft gequälte Jdeal- schöpfungen als Rätsel des Lebens vorhält; Odilon Redon (geb. 1862), der französische Blake, der sich täglich mit stark duftenden Blumen, ja betäubenden Giftpflanzen umgab, der am Tage von verzerrten Gesichtern, aus see grünen Augen blutenden Medusenhäuptern rc. träumt. Teilweise berührt sich dieser Neo-Symbolismus auch mit den Erfordernissen des französischen Klerikalismus und seiner wunderthätigen Einrichtungen. Er wurzelt auf dieser Seite in der Anschauung, daß dasjenige, was den Einzelnen an religiöser Phantasie, an Festigkeit des Glaubens gebricht, durch den Hinweis auf die Rätsel des Lebens vervollständigt werden könne, — daß die Kunst dazu berufen sei, diese Lücken auszusüllen. Im allgemeinen verwirft dieser Symbo lismus jegliche Anlehnung an Nebenaufgaben. Seine Schöpfungen tragen ihren Zweck in sich selbst. Er schafft Figuren oder figurative Verbindungen zur Bezeichnung eines vorhandenen oder ersehnten Ideals; er verkörpert die Sehnsucht, die Hoffnung, den Schmerz, den Trost wie die Resignation. Ebenso liebt er arkadische Stimmungen; kurz — sein Gebiet ist unbegrenzt. Dabei ist es ihm nur um die Idee, nicht um die Korrektheit der Form zu thun! Für uns, die wir an letztere gewöhnt sind, ist der Mangel der selben doppelt empfindlich, namentlich wenn das mystische 376
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder